Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520092/21/Sch/Si/Pe

Linz, 25.08.2003

 

 

 

VwSen-520092/21/Sch/Si/Pe Linz, am 25. August 2003

DVR.0690392

 

 

B e s c h e i d

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Schön im Berufungsverfahren betreffend Frau AH wegen der Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung für die Klasse B auf Grund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3.12.2002, VerkR20-1532-1997/UU, wie folgt:

"Frau HA, wird aufgefordert innerhalb einer Frist von 4 (vier) Wochen, ab Zustellung dieses Bescheides,

  1. eine nervenfachärztliche Stellungnahme, die die kraftfahrspezifischen psychophysischen Leistungsfunktionen mitbeurteilt und auf die Alkoholproblematik eingeht, beizubringen
  2. und sich einer amtsärztlichen Untersuchung beim Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Landessanitätsdirektion, Harrachstraße 16a, 4021 Linz, zur Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens zu unterziehen."

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 67a AVG

§§ 24 Abs. 4 FSG, 13 Abs. 1 und 14 Abs. 1 und Abs. 5 FSG-GV

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oa Bescheid wurde Frau AH gem. § 24 Abs. 1 Z. 2 FSG die Gültigkeit der Lenkberechtigung für die Klasse B wie folgt eingeschränkt:

"Befristet bis 2.6.2003

Einschränkungen: 01.01; 104 (3-monatige Kontrolluntersuchungen)"

2. Gegen den Bescheid hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben.

3. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) gegeben. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Bescheid betreffend die Einschränkung der Gültigkeit ist mangelhaft, da er keine Begründung enthält. Aus dem Akt der Erstbehörde geht jedoch hervor, dass bei der Berufungswerberin eine schizoaffektive Störung besteht, die durch eine Alkoholproblematik kompliziert wird.

 

Im Berufungsverfahren wurde die Erstattung eines weiteren amtsärztlichen Gutachtens veranlasst. Die medizinische Sachverständige führt unter "Anamnese (eigene Angaben bei hiesiger Untersuchung am 23.7.2003) und hierorts gewonnener Untersuchungseindruck" wie folgt aus:

 

"Eine Exploration und genauere Erhebung der laut Aktenlage langjährig bekannten psychischen Störung (schizoaffektive Störung bzw. schizoaffektive Psychose, Alkoholmissbrauch bzw. Alkoholabhängigkeit, letzter stationärer Aufenthalt in der Landesnervenklinik 23.8. - 30.8.2002) ist mit Frau H nicht durchführbar, Frau H ist im Gespräch nicht kooperativ, extrem angespannt und unruhig, zittrig und fahrig mit ausgeprägtem Händetremor, bei der Frage nach Alkoholproblemen wird sie zunehmend erregt, aggressiv und ablehnend, sie spricht immer wieder von ‚Vorfällen mit dem Gatten' und ‚es reicht mir, ich verzichte auf den Führerschein', somit insgesamt kein angepasstes Verhalten; Frau H ist derzeit zur Gänze uneineinsichtig, Krankheitsgefühl und Problembewusstsein sind nicht vorhanden, es zeigen sich immer deutlichere Aggressionstendenzen und aus amtsärztlicher Sicht ist derzeit ein instabiler psychischer Zustand (möglicherweise akute Verschlechterung bzw. akute Exazerbation der jahrelang bekannten schizoaffektive Psychose mit Alkoholmissbrauch) feststellbar und ein vorausschauendes und verkehrssicheres Fahrverhalten kann gegenwärtig nicht angenommen werden;

 

3.) im Zuge der Untersuchung am 23.7.2003 von Frau H vorgelegter Laborbefund, Krankenhaus Elisabethinen 13.6.2003:

CD-Tect deutlich erhöht (Messwert 37,2, Referenzbereich unter 25)"

"Beurteilung:

Unter Bezug auf den vorstehend beschriebenen Untersuchungseindruck und die vorhandene Befundlage liegt bei Frau H derzeit ein instabiler psychischer Zustand vor. Durch die offensichtlichen Aggressionen, durch die Uneinsichtigkeit und Unangepasstheit, durch die Unruhe und Erregtheit von Frau H ein sicheres und angepasstes Fahrverhalten im Straßenverkehr nicht zu erwarten.

Um den psychischen Zustand von Frau H näher beurteilen zu können, ist unbedingt eine ausführliche, schlüssige nervenfachärztliche Stellungnahme, welche genau das Krankheitsbild beschreibt, die Compliance und Auswirkungen auf die Fahreignung auch längerfristig beurteilt, notwendig.

Je nach Ergebnis der nervenfachärztlichen Stellungnahme werden voraussichtlich noch weitere Befunde (beispielsweise ein verkehrspsychologischer Befund) notwendig sein. Im übrigen lässt der von Frau H im Zuge der Untersuchung am 23.7.2003 vorgelegte CD-Tect-Laborwert auf vermehrten Alkoholmissbrauch und möglicherweise einen Rückfall in die Alkoholabhängigkeit schließen, der Grenzwert von 25 ist laut Laborbefund vom 13.6.2003 mit 37,2 deutlich überschritten. Auch bezüglich der Alkoholproblematik hat sich die nervenfachärztliche Stellungnahme genauer zu befassen." (Zitatende)

 

Im Berufungsverfahren betreffend die Einschränkungen der Lenkberechtigung ist es auf Grund des Gebotes der materiellen Wahrheitsfindung erforderlich geworden, bei der Berufungswerberin die Mitwirkungspflicht einzufordern.

Gemäß § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.

 

§ 24 Abs. 4 erster Satz FSG: Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

 

§ 24 Abs. 4 dritter Satz FSG: Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) enthält die Bestimmungen über die ärztlichen Gutachten und darüber unter welchen Auflagen oder Beschränkungen Personen, bei denen bestimmte Leiden oder Gebrechen vorliegen, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet zu gelten haben.

Gemäß § 14 Abs. 1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen. Gemäß Abs. 5 leg.cit. ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

Gemäß § 13 Abs. 1 FSG-GV gelten Personen als ausreichend frei von psychischen Krankheiten im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifischen psychophysischen Leistungsfunktionen mitbeurteilt.

 

§ 1 Abs. 1 Z. 2 FSG-GV: Eine fachärztliche Stellungnahme hat das Krankheitsbild zu beschreiben und dessen Auswirkungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen zu beurteilen und ist von einem Facharzt des entsprechenden Sonderfaches abzugeben. In dieser sind gegebenenfalls auch die kraftfahrspezifischen psychophysischen Leistungsfunktionen mitzubeurteilen.

 

Auf Grund des bisherigen Verfahrens und insbesondere auch auf Grund der Ausführungen der medizinischen Sachverständigen Frau Dr. H bestehen Bedenken am Vorliegen der gesundheitlichen Eignung der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Im Sinne der §§ 13 und 14 FSG-GV ist eine fachärztliche Stellungnahme erforderlich. Gemäß § 2 Abs. 4 FSG-GV darf bei der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens keine fachärztliche Stellungnahme miteinbezogen werden, die älter als sechs Monate ist; aktenkundige Vorbefunde sind zur Beurteilung eines Krankheitsverlaufes beizuziehen. Da der vorliegende Befund älter ist und vor allem die Mitwirkung der Berufungswerberin am Verfahren erforderlich ist, wird die Berufungswerberin zur Beibringung der nervenfachärztlichen Stellungnahme aufgefordert. Die Beibringung der nervenfachärztlichen Stellungnahme erfolgt durch die Vorlage bei der amtsärztlichen Untersuchung.

 

Die gesundheitliche Eignung ist eine Sachfrage, die durch ein amtsärztliches Gutachten und der - von Gesetzes wegen - erforderlichen fachärztlichen Stellungnahmen geklärt werden muss.

 

Die Frist für die Beibringung der für das Gutachten erforderlichen Stellungnahmen ist im Hinblick auf das bereits anhängige Verfahren angemessen und insbesondere im Interesse der Verkehrssicherheit geboten.

 

Terminvereinbarungen mit dem Facharzt und der Amtsärztin (Frau Dr. H) in der Landessanitätsdirektion obliegen der Berufungswerberin.

 

Die Kosten der fachärztlichen Stellungnahme sind von der Berufungswerberin zu tragen.

 Für die amtsärztliche Untersuchung wird die Abteilung Landessanitätsdirektion von diesem Bescheid in Kenntnis gesetzt.

Im Fall der Nichtbefolgung dieses Bescheides wird auf Grund der Gesetzeslage die Lenkberechtigung ohne weiteres Verfahren entzogen werden (§ 24 Abs. 4 letzter Satz FSG).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

S c h ö n

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