Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520103/10/Sch/Si/Pe

Linz, 18.07.2003

 

 

 

VwSen-520103/10/Sch/Si/Pe Linz, am 18. Juli 2003

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein
Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn MH, vertreten durch Frau Mag. MN,
vom 13. August 2002, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom
5.8.2002, FE-1357/2001 wegen Befristung und Beschränkung einer
Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird
behoben und wie folgt entschieden:

Die Lenkberechtigung der Klassen A und B wird bis 7.5.2004 befristet.

Als Auflage werden amtsärztliche Kontrolluntersuchungen in regelmäßigen
Abständen von 3 Monaten, erstmals zum 7.8.2003, jedoch frühestens 3 Wochen
nach Zustellung dieses Bescheides, vorgeschrieben, bei denen die
Laborbefunde von Drogenmetaboliten im Harn und zwar: Opiate,
Benzodiazepine, Cannabinoid, Cocain, Amphetamine und Methadon,
gemeinsam mit dem Führerschein, vorzulegen sind.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG; § 24 Abs. 1 Z. 2 und § 8 Abs. 3 Z. 2 FSG iVm § 14 Abs.
5 und § 2 Abs. 3 FSG-GV

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oa Bescheid wurde Herrn HM gem. § 24 Abs. 1 Z. 2 FSG iVm § 8 Abs. 3
Z. 2 bzw. Z. 3 FSG die Gültigkeit der Lenkberechtigung für die Klassen AB wie folgt
eingeschränkt:

"Befristung bis 5.8.2003

Bedingungen:

2. Gegen den Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Der
Berufungswerber beantragt den Bescheid ersatzlos aufzuheben und auszusprechen,
dass er über eine unbefristete Lenkberechtigung verfüge, in eventu die Befristung auf
mindestens 5 Jahre und die Kontrolluntersuchungen auf mindestens 2 Jahre zu
verlängern.

3. Die Erstbehörde hat die Berufung vorgelegt. Die Zuständigkeit des unabhängigen
Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG)
ist gegeben. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung
war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes
erwogen:

4.1. Nach der Aktenlage ist beim Berufungswerber eine Polytoxikomanie bekannt,
weshalb er auch 2 Jahre im Methadon-Substitutionsprogramm war. Der Bw hat sich
im Verfahren am 15.4.2002 einer fachärztlichen psychiatrischen Untersuchung
unterzogen. Der Facharzt sprach sich - auf Grund der Angaben des Bw und der
Drogentests - nicht gegen das Lenken von Kraftfahrzeugen aus, hielt jedoch auf
Grund der hohen Rückfallgefahr bei einem Zustand nach Drogenabhängigkeit die
regelmäßige Vorlage regelmäßiger Drogentests für erforderlich. Bereits bei der
erstmaligen Vorlage am 18.9.2002 lag eine eindeutige positive Bewertung von
Cannabinoid im Harn (49 ng/ml bei einem Referenzwert von 0-25) vor. Die
Amtsärztin, Frau Dr. W kam daher im Gutachten vom 4.12.2002 auf Grund der nicht
eingehaltenen Bedingung der Drogenfreiheit zum Schluss, dass der Bw zum Lenken
von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist. Dem Bw wurde diese Schlussfolgerung zur
Kenntnis gebracht; er ersuchte um Erstreckung der Frist für die Stellungnahme. Es
folgte keine weitere Stellungnahme. Der Bw hat sich auch zu einer
Berufungszurückziehung nicht geäußert. Weiters ist im Verfahren hervorgekommen
das beim Bw seit 1995 eine HIV-Infektion und Hepatitis C vorliegen.

 

4.2. Mit rechtskräftigem Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des
Landes Oberösterreich vom 18. März 2003 wurde der Bw zur Beibringung von
Befunden aufgefordert.

 

Die medizinische Sachverständige Frau Dr. W hat nunmehr am 7.5.2003, zu San-
232986/6-2003-Wim/Br ein Gutachten erstellt. Dieses Gutachten und die diesem zu
Grunde liegenden Befunde wurden den Bw nachweislich zur Kenntnis gebracht. Der
Bw hat sich dazu nicht geäußert.

 

Im Gutachten wird ausgeführt:

"Anamnestisch gab Herr H im Rahmen der Untersuchung an, seit der
Letztuntersuchung im September 2002 keine wesentlichen weiteren Erkrankungen
gehabt zu haben und seit längerer Zeit auch keine Drogen mehr konsumiert zu
haben. Obgenannter befindet sich in gutem Allgemeinzustand und es zeigen sich
klinisch keine Hinweise auf aktuellen Drogenmissbrauch. Die Bewusstseinslage ist
klar, der Gedankengang geordnet, im Gespräch gut fixierbar, FFV sowie FNV sicher,
im Vorhalteversuch kein Tremor sichtbar.

Weiteres aus dem BEFUND:

184 cm groß, 75 kg schwer, Sehschärfe: 6/6 bds., Gehör: Flüstersprache wird
gehört, obere und untere Extremitäten: gerade, frei beweglich, Cor, Pulmo:
unauffällig, RR 120/80.

 

Aus der vorliegenden internistischen fachärztlichen Stellungnahme aus dem A.ö.
Krankenhaus der Stadt Linz vom 16.04.2003 geht hervor, dass Obgenannter
regelmäßig im Abstand von 3 Monaten im AKH zur Kontrolle sei und in Bezug auf
seine HIV-Infektion zur Zeit asymptomatisch sei und in einem sehr guten
Gesundheitszustand sich befindet. Außerdem sei er seit Jahren äußerst verlässlich
in der Einhaltung der Kontrolluntersuchungen, wie auch Teilnahme der empfohlenen
Therapien. Bezugnehmend auf die bekannte bestehende HIV-Infektion und Hepatitis
C ergeben sich somit zur Zeit keinerlei Auswirkungen, die das Lenken von
Kraftfahrzeugen beeinträchtigen könnten.

 

Aus der fachärztlichen Stellungnahme von Dr. KS, Facharzt für Psychiatrie und
Neurologie vom 27.04.2003 geht hervor, dass derzeit eine manifeste
Abhängigkeitserkrankung nicht vorliege und Einschränkungen hinsichtlich
Fahrtauglichkeit aufgrund der klinischen Untersuchung nicht anzunehmen sei und
Obgenannter deshalb zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B mit einer
Befristung geeignet sei.

 

Weiters wurde ein Laborbefund vom 16.04.2003, Drogen-Metabolite im Harn aus der
Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg vorgelegt, wobei auf die Untersuchung Opiate,
Benzodiazepine, Cannabinoid, Cocain, Amphetamine und Methadon alle Befunde
negativ waren.

 

BEURTEILUNG:

Es handelt sich bei Herrn H anamnestisch um eine Polytoxikomanie inklusive Opiate
mit einer bis 1999 stattgefundenen Substitutionsbehandlung. Im Rahmen der letzten
ho. amtsärztlichen Untersuchung gab Herr H an, seit dieser Zeit keine Drogen mehr
konsumiert zu haben, ein Harntest vom 18.09.2002 zeigte jedoch eine eindeutig
positive Bewertung auf Cannabinoid. Ein aktueller Laborbefund auf
Drogenmetabolite im Harn zeigte nunmehr, bezogen auf Opiate, Benzodiazepine,
Cannabinoid, Cocain, Amphetamine und Methadon negative Befunde, auch im
Rahmen der ho. amtsärztlichen Untersuchung, wie der fachärztlichen Untersuchung
von Dr. KS vom 27.04.2003 zeigten sich keinerlei Anhaltspunkte auf aktuellen
Drogenkonsum. Aus fachärztlicher Sicht wurde bestätigt, dass derzeit eine manifeste
Abhängigkeitserkrankung nicht mehr vorliege und klinisch keinerlei Einschränkungen
auf die Fahrtauglichkeit anzunehmen seien, sodass Obgenannter zum Lenken von
Kraftfahrzeugen der Gruppe B befristet geeignet sei, aus fachärztlicher Meinung die
Kontrollintervalle ausgedehnt werden könnten.

 

Allerdings wurde in die fachärztliche Stellungnahme vom 27.04.2003 der eindeutig
positive Harnbefund auf Cannabinoid vom 18.09.2002 nicht miteinbezogen und
bewertet. Aus ho. Sicht ist deshalb eine weitere engmaschige Kontrolle von
Harnbefunden auf Drogen notwendig.

 

Aus dem internistisch-fachärztlichen Gutachten geht hervor, dass Obgenannter
bezugnehmend auf die bekannte HIV-Infektion und Hepatitis C aufgrund des stabilen
guten Gesundheitszustandes zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet sei. Herr H
ist deshalb auch aus ho. Sicht geeignet Kraftfahrzeuge der Klassen A und B zu
lenken mit einer zeitlichen Befristung von vorerst 1 Jahr und unter der Auflage im
Abstand von 3 Monaten einen Kurzbefund der regelmäßigen Kontrolluntersuchungen
aus dem AKH der Behörde vorzulegen, sowie der Vorlage regelmäßiger
Laborbefunde von Drogenmetaboliten im Harn wie folgt: Opiate, Benzodiazepine,
Cannabinoid, Cocain, Amphetamine und Methadon, ebenso im Abstand von 3
Monaten." (Zitatende)

4.3. Gemäß § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die
Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4) nicht
mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der
Verkehrssicherheit 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder 2. die Gültigkeit der
Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder
sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß
§ 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.

 

Die gesundheitliche Eignung ist durch ein Gutachten gemäß § 8 FSG dazulegen.
Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde erforderlich, so ist
das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen.

Ist der zu Begutachtende gemäß § 8 Abs. 3 Z. 2 FSG nach dem ärztlichen Befund
um Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der
Voraussetzung geeignet, dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht,
so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten
und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen
der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der
Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung
nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche
Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) enthält die
Bestimmungen über die ärztlichen Gutachten und darüber unter welchen
Bedingungen oder Beschränkungen Personen, bei denen bestimmte Leiden oder
Gebrechen vorliegen, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet zu gelten
haben:

Gemäß § 14 Abs. 1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder
Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken
können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit
nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen
werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder
Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische
Stellungnahme beizubringen.

Gemäß Abs. 4 leg.cit. darf Personen, die aus medizinischen Gründen Sucht- oder
Arzneimittel erhalten, die geeignet sind, die Fahrtauglichkeit zu beeinträchtigen, nach
einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme eine Lenkberechtigung erteilt
oder belassen werden.

Gemäß Abs. 5 leg.cit. ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder
arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben,
nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage
ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen
oder wiederzuerteilen.

Werden ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage vorgeschrieben, so ist gemäß 
§ 2 Abs. 3 FSG-GV letzter Satz der Befund oder das Gutachten in den
vorgeschriebenen Zeitabständen gemeinsam mit dem Führerschein der Behörde
vorzulegen.

4.4. Der Bw ist im Sinne des § 8 Abs. 3 Z. 2 FSG iVm § 14 Abs. 5 FSG-GV zum
Lenken von Kraftfahrzeugen "bedingt geeignet". Nach dem amtsärztlichen Gutachten
ist die Lenkberechtigung auf die Dauer eines Jahres zu befristen und dem Bw
Auflagen vorzuschreiben. Die Behörde geht bei der Anordnung der Auflage vom
amtsärztlichen Gutachten und den diesem zu Grunde liegenden fachärztlichen
Stellungnahmen aus. Es ist auf Grund der Vorgeschichte schlüssig, die
Lenkberechtigung zu befristen; es ist auch schlüssig, dem Bw die Vorlage
regelmäßiger Laborbefunde von Drogenmetaboliten im Harn (Opiate,
Benzodiazepine, Cannabinoid, Cocain, Amphetamine und Methadon) alle 3 Monate
vorzuschreiben.

 

Es liegen jedoch keine Ausführungen vor, inwiefern sich HIV-Infektion und Hepatitis
C auf die gesundheitliche Eignung beim Lenken eines Kraftfahrzeuges im Sinne der
Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung auswirken. Nach den ärztlichen
Ausführungen ergeben sich aber konkret beim Bw zur Zeit keinerlei Auswirkungen,
die das Lenken von Kraftfahrzeugen beeinträchtigen könnten. Eine Einschränkung
der Lenkberechtigung aus diesem Grund ist derzeit nicht begründbar.

Der Bw ist im Besitz der Lenkberechtigung. Der angefochtene Bescheid ist nicht
vollstreckbar. Die Lenkberechtigung wird ab der Beurteilung der gesundheitlichen
Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch die Amtsärztin, somit ab 7.5.2003,
befristet. Auch die übrigen Fristen richten sich nach diesem Datum.

5. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro
angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine
Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den
Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen
abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser
Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 
 

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