Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520240/6/Fra/Vie/Ka

Linz, 13.06.2003

 

 

 VwSen-520240/6/Fra/Vie/Ka Linz, am 13. Juni 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn CC. vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. MH, eingebracht am 20. März 2003, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 10. 3. 2003, FE-901/2002, wegen Entziehung der Lenkberechtigung unter Wiederaufnahme des Verfahrens, Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung sowie Aufforderung zur unverzüglichen Ablieferung des Führerscheines, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch hinsichtlich der Entziehung der Lenkberechtigung wie folgt zu lauten hat:

"Die Bundespolizeidirektion Linz entzieht die Lenkberechtigung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, ausgestellt am 8. 8. 1994, Zl VerkR20-2368-94/LL, für die Klasse B mangels Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von sechs Wochen ab Zustellung dieses Bescheides".

 

 

 
Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG; §§ 3, 7, 24 und 26 FSG
 
 


Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem oa Bescheid wurde Herrn CC unter Wiederaufnahme des
  2. Verfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung unter der Zahl FE-901/2002 gemäß § 69 Abs. 3 AVG die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 8. 8. 1994 unter der Zahl VerkR20-2368-94/LL für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 6 Wochen, gerechnet ab Zustellung des Bescheides (ab 12. 3. 2003) entzogen. Gemäß § 24 Abs. 3 FSG wurde die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, welches eine verkehrspsychologische Stellungnahme zu umfassen hat, vor Wiederausfolgung des Führerscheines angeordnet. Einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung versagt. Ferner wurde gemäß § 29 Abs. 3 FSG angeordnet, dass der Führerschein unverzüglich bei der Behörde abzuliefern ist.

  3. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber (Bw) rechtzeitig Berufung

erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Bundespolizeidirektion Linz (belangte Behörde) nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) gegeben. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

  1. Die Berufung richtet sich einerseits gegen die Zulässigkeit der Wiederaufnahme

des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 3 AVG, andererseits gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG.

Das der belangten Behörde am 3. 12. 2002 übermittelte Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Krems betreffend eine am 3.4.2002 begangene Geschwindigkeitsüberschreitung stelle weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 Z2 AVG dar. Das mit 28. 10. 2002 datierte Straferkenntnis sei erst nach dem Bescheid der Erstbehörde vom 24. 9. 2002 über die Entziehung der Lenkberechtigung ergangen. Die Entscheidung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde in einer bestimmten Rechtssache sei weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel. Ergehe oder entstehe nach Abschluss des Erstverfahrens eine gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Entscheidung, so sei sie nicht neu hervorgekommen und könne keinen Wiederaufnahmegrund bilden.

In § 69 Abs. 2 werde eine Frist für den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens von zwei Wochen festgesetzt und zwar beginnend von der nachweislichen Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes. Der Behörde sei dieses Straferkenntnis am 3. 12. 2002 übermittelt worden. Die amtswegige Wiederaufnahme sei am 10. 3. 2003 erfolgt, sohin nicht binnen 14 Tagen ab nachweislicher Kenntnis von neuen Tatsachen, sondern mehr als 4 Monate später.

Der Entzug der Lenkberechtigung aus den in § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG genannten Gründen setze ein erstinstanzliches Straferkenntnis voraus. Insoferne könne das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 28. 10. 2002 keine neue hervorgekommene Tatsache sein, sondern sei diese Tatsache erst nach dem Bescheid der Erstbehörde vom 24. 9. 2002 entstanden.

Ein nicht ausreichend geführtes Ermittlungsverfahren könne im Rahmen einer von Amts wegen durchzuführenden Wiederaufnahme des Verfahrens nicht beseitigt werden, nicht einmal dann, wenn die Partei des Verfahrens unrichtige Angaben mache.

Infolge Rechtswidrigkeit der Wiederaufnahme sowie Rechtswidrigkeit des Bescheides in der Sache selbst werde die Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt.

Der Bescheidausspruch betreffend die Versagung der aufschiebenden Wirkung der Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG sei nicht begründet worden. Ein Entzug der Lenkberechtigung aufgrund der Bestimmung des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG könne aus seiner Intention heraus eine Gefahr im Verzug nicht begründen, zumal hier immer eine rechtskräftige Abstrafung der ersten Instanz verlangt werde, ohne die ein Entzug der Lenkberechtigung gar nicht möglich sei. Im Regelfall ergehe eine rechtskräftige Abstrafung wegen einer Geschwindigkeitsbeschränkung Monate nach dem Tatzeitpunkt und erscheine im gegenständlichen Fall die vorgenommne Versagung der aufschiebenden Wirkung der Berufung besonders unverständlich. Die Annahme der Behörde von Gefahr im Verzug vier Monaten, nachdem der Behörde das Straferkenntnis der BH Krems zugestellt wurde, sei unerklärlich und willkürlich, jedenfalls sachlich und rechtlich keineswegs gerechtfertigt.


4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den Verwaltungsakt Folgendes erwogen:

4.1. Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung den Sachverhalt zugrunde, dem Bw sei mit Bescheid vom 24. 9. 2002 unter der Zahl FE-901/2002 die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen (ab 27. 9. 2002) entzogen worden, da er mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann/Pongau vom 12. 8. 2002 wegen Überschreitung der auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h (um 59 km/h) rechtskräftig bestraft worden sei (Tatzeit: 25. 6. 2002).

Am 3. 12. 2002 sei der Behörde von der Bezirkshauptmannschaft Krems ein Straferkenntnis, wonach er am 3.4.2002 um 15.58 Uhr in Spitz auf der B3 bei Km 132.399 als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 44 km/h überschritten habe, übermittelt worden. Dieser Sachverhalt stelle ebenfalls eine die Verkehrszuverlässigkeit ausschließende Tatsache dar, war der Behörde jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung im Verwaltungsverfahren FE-901/2002 noch nicht bekannt. Die vorerst Grundlage für die zweiwöchige Entziehung der Lenkberechtigung gewesene bestimmte Tatsache (Tatzeit 25. 6. 2002) sei nun als zweite Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren zu werten. Als erste Begehung einer derartigen Übertretung sei der Sachverhalt mit Tatzeit vom 3. 4. 2003 anzusehen. Gemäß § 26 Abs. 3 FSG sei somit die Entziehungszeit mit 6 Wochen festzusetzen.

Innerhalb der letzten 5 Jahre habe dem Bw die Lenkberechtigung bereits zum 4. Mal (seit 1999) mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen werden müssen. Die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erweise sich somit als äußerst fragwürdig. Zusätzlich habe der Bw laut Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 7.11.2002, Zl. S 25.172/01-3, am 8. 3. 2001 um 10.36 Uhr auf der Innkreisautobahn als Kraftfahrzeuglenker ebenfalls eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h (Überschreitung um 70 km/h) begangen.

Die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sei Voraussetzung für das Erteilungskriterium "gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen". Da diese in Frage gestellt sei, müsse spätestens vor Wiederausfolgung der Lenkberechtigung ein amtsärztliches Gutachten, welche eine verkehrspsychologische Stellungnahme umfasse, vorgelegt werden.

Nicht verkehrszuverlässige Lenker seien von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen, da sie eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen. Insoferne bestehe Gefahr im Verzug und war daher einer Berufung die aufschiebende Wirkung zu versagen.

 

4.2. Gemäß § 69 Abs. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

  1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere
  2. gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist

    oder

  3. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne

Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in

Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im

Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder 3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine

solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen

Punkten anders entschieden wurde.

 

Unter den genannten Voraussetzungen kann nach Abs. 3 leg.cit. die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7).

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg cit. insbesondere (auch) zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

Gemäß § 26 Abs. 3 FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1, 2 oder 4 vorliegt - die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

 

Gemäß § 26 Abs. 7 FSG darf eine Entziehung gemäß Abs. 3 und 4 erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist. Bei erstmaligen Entziehungen gemäß Abs. 3 und 4 darf die Behörde keine begleitenden Maßnahmen anordnen, es sei denn, die Übertretung erfolgte durch einen Probeführerscheinbesitzer.

 

4.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 75 Abs. 1 KFG 1967 in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass Gegenstand eines nach dieser Gesetzesstelle eingeleiteten Ermittlungsverfahrens der seit der Erteilung der Lenkberechtigung eingetretene Wegfall jeder einzelnen der maßgebenden Eignungsvoraussetzungen (§ 64 Abs. 2 KFG 1967) ist. Daraus folgt, dass bis zur Erlassung des Entziehungsbescheides verwirklichte Tatsachen, die eine der Eignungsvoraussetzungen betreffen, im Bescheid bereits zu berücksichtigen sind. Die wiederholte Ergreifung von Maßnahmen nach § 73 Abs. 1 KFG 1967 jeweils nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich einzelner Erteilungsvoraussetzungen ist daher ebenso wenig zulässig wie die wiederholte Entziehung der Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit auf Grund mehrerer nacheinander (aber vor Bescheiderlassung) begangener strafbarer Handlungen. Erlangt die Behörde erst nach der Rechtskraft eines Entziehungsbescheides von Tatsachen Kenntnis, die sie ohne ihr Verschulden im rechtskräftig abgeschlossenen Entziehungsverfahren nicht verwenden konnte, so stellt dies gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. Abs. 3 AVG einen Grund für die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens dar (siehe dazu u.a. die Erkenntnisse vom 3. Juli 1990, Zl.89/11/0224, und vom 10. Oktober 1995, Zl. 94/11/0178). Ausnahmen von diesem Grundsatz wurden wegen der Besonderheit der im Gesetz gesondert geregelten Entziehungsmaßnahmen nur in jenen Fällen gemacht, in denen schon vom Gesetzgeber zwingend die Entziehung mit einer bestimmten Entziehungszeit festgesetzt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsprechung auch im Geltungsbereich des FSG fortgeführt. Auch das Entziehungsverfahren nach dem FSG ist ein einheitliches im oben beschriebenen Sinne. Ausgenommen davon sind nur jene Fälle, in denen schon vom Gesetz eine bestimmte Entziehungszeit festgesetzt wurde (siehe hiezu die VwGH-Erkenntnisse vom 17. November 1992, Zl. 91/11/0140, 19. April 1994, Zl. 92/11/0272, vom 22. März 2002, Zl. 2001/11/0342, 28. Mai 2002, Zl. 2001/11/0284).

Die Wiederaufnahme des Verfahrens öffnet den Weg, eine durch Bescheid erledigte Rechtssache in einem neuerlichen Verfahren sachlich zu prüfen. Bei den in § 69 Abs.1 Z2 AVG bezeichneten "neuen Tatsachen und Beweismittel" muss es sich um neu hervorgekommene, d.h. um solche handeln, die bereits zur Zeit des Verfahrens bestanden haben, aber erst später nach Abschluss des Verfahrens bekannt wurden. Es kann sich hiebei immer nur um den Sachverhalt betreffende Tatsachen und Beweismittel handeln, die im durchgeführten Verfahren, wenn sie schon damals hätten berücksichtigt werden können, zu einer anderen Feststellung des Sachverhaltes und voraussichtlich zu einem anders lautenden Bescheid geführt hätten.

Der Sachverhalt der vom Bw am 3. 4. 2002 begangenen, auf Seite 3, Pkt. 4.1. näher beschriebenen und eine die Verkehrszuverlässigkeit ausschließende, bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG darstellende Verwaltungsübertretung war der belangten Behörde aufgrund des von der Bezirkshauptmannschaft Krems übermittelten Rechtshilfeersuchens vom 22. 7. 2002 (eingelangt am 30. 7. 2002) bereits vor Erlassung (27. 9. 2002) des Entziehungsbescheides vom 24. 9. 2002 im zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren FE-901/2002 bekannt. Das Strafamt der belangten Behörde hat dem Bw einen mit 4. 9. 2002 datierten Ladungsbescheid übermittelt. Dass der Aktenlage nach zwar das Strafamt, offensichtlich jedoch nicht auch das Verkehrsamt der belangten Behörde von dem in Rede stehenden Sachverhalt Kenntnis erlangt hat, ist hier von keinerlei Relevanz. Das von der Bezirkshauptmannschaft Krems übermittelte Straferkenntnis vom 24. 10. 2002 stellt

keine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG dar (vgl. hiezu auch VwGH vom 26. 4. 1994. Zl. 91/14/0192 bzw. vom 8. 6. 1994, Zl. 94/12/0138). Die Voraussetzung für eine Wiederaufnahme des Verfahrens aus den in § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG genannten Gründen lag somit nicht vor. Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Krems stellt keinen Grund für die amtswegige Wiederaufnahme des Entziehungsverfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 iVm. Abs. 3 AVG dar.

Der Berufung ist dennoch nicht Erfolg beschieden.

Wie bereits zitiert, setzt eine Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 3 FSG den Abschluss eines Strafverfahrens in erster Instanz durch Strafbescheid voraus. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Entziehungsbescheides vom 24. 9. 2002 war das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich des Vorfalls vom 3. 4. 2002 noch nicht abgeschlossen. Vor dessen Abschluss war der belangten Behörde die Verfügung einer Maßnahme im Sinne des § 26 Abs. 3 FSG jedenfalls verwehrt; dies ungeachtet des Umstandes, dass der vom Bw am 3. 4. 2002 verwirklichte Tatbestand zum Zeitpunkt der Erlassung des Entziehungsbescheides vom 24. 9. 2002 bekannt war.

Die Bestimmung des § 26 Abs. 3 FSG hat im Gesetz gesondert geregelte Entziehungsmaßnahmen, in denen schon vom Gesetzgeber zwingend die Entziehung mit einer bestimmten Entziehungszeit festgesetzt wurde, zum Inhalt. Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates ist es - im Hinblick auf die oben angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - im gegenständlichen Fall rechtlich zulässig, ohne Zuhilfenahme des Rechtsinstitutes der Wiederaufnahme des Verfahrens wegen des am 3. 4. 2002 verwirklichten Sachverhaltes eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Wochen zu verfügen.

Im Hinblick darauf, dass eine Entziehungsmaßnahme gemäß § 26 Abs. 3 FSG den Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens mittels Strafbescheid voraussetzt, stellt nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates die dem Entziehungsbescheid vom 24.9.2002 zugrundeliegende Geschwindigkeitsüber-schreitung vom 12. 8. 2002 die "erstmalige Begehung" einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung dar. Hingegen ist die dem gegenständlichen angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Geschwindigkeitsüberschreitung vom 3. 4. 2002 (obgleich zeitlich vor dem 12. 8. 2002 gelegen) als "zweite derartige Übertretung" anzusehen, welche im Sinne des § 26 Abs. 3 FSG eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Wochen rechtfertigt.

Im Lichte dieser Ausführungen war daher der Spruch des angefochtenen Bescheides abzuändern.

4.4. Bezüglich der Einwendungen gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung, stellt der Unabhängige Verwaltungssenat Folgendes fest:

 

Gemäß dem ersten Satz des § 64 Abs. 2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass es dem Gesetz entspricht, einer Berufung gegen eine Entziehung der Lenkberechtigung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, weil es im gegebenen Zusammenhang aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten ist, verkehrsunzuverlässige Kfz-Lenker von der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit Kraftfahrzeugen (auch) für die Dauer des Berufungsverfahrens fernzuhalten (vgl. die Erkenntnisse vom 17. Dezember 1986, Zl. 86/11/0161, und vom17. Oktober 1989, Zl. 88/11/0237). In diesem Stadium des Verfahrens bzw. bei Fällung dieser Entscheidung ist von dem Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung auszugehen. Nach dieser ist der Berufungswerber verkehrsunzuverlässig. Mit der Herstellung seiner Verkehrszuverlässigkeit ist nicht vor Ablauf der im Erstbescheid ausgesprochenen Entziehungsdauer von 6 Wochen von der Zustellung des Entziehungsbescheides an zu rechnen. Die vom Gesetz geforderte Gefahr im Verzug wird schon durch die Teilnahme eines verkehrsunzuverlässigen Kfz-Lenkers am Straßenverkehr bewirkt.

5. Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.
 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

Hinweise:

1. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

2. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 
 
 

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