Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520242/5/Sch/Vie/Pe

Linz, 27.05.2003

 

 

 VwSen-520242/5/Sch/Vie/Pe Linz, am 27. Mai 2003

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S
 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn ET vom 17. Februar 2003, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. MS, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 10. Februar 2003, Zl. III-F-1049830, wegen Befristung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG;

§ 3 Abs. 1 Ziff. 3 FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Nach dem Spruch des oa Bescheides wurde von der Bundespolizeidirektion Wels (belangte Behörde) Herrn ET auf Grund seines Antrages gemäß §§ 3, 7 und 8 Führerscheingesetz (FSG) die Lenkberechtigung bis 29. Jänner 2004 befristet und diese Entscheidung damit begründet, dass nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens unter Berücksichtigung des amtsärztlichen Gutachtens vom 29. Jänner 2003 spruchgerecht zu entscheiden war.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

 

3. Der Berufungswerber macht in seinem Rechtsmittel formelle und materielle Rechtswidrigkeit geltend. Konkret bringt der Berufungswerber dazu vor, die Begründung des gegenständlichen Bescheides entspreche nicht dem Gebot des § 58 AVG. Es könne in keinster Weise nachvollzogen und überprüft werden, von welchem Sachverhalt die Behörde ausgegangen sei, von welchen maßgebenden Erwägungen die Behörde bei der Beweiswürdigung ausgegangen sei und wie darauf die Beurteilung der Rechtsfrage erfolgen konnte. Überlegungen, die für eine rechtliche Beurteilung gemäß § 8 FSG erforderlich gewesen wäre, könnten dem Bescheid nicht entnommen werden. Daran ändere auch der Hinweis auf das amtsärztliche Gutachten vom 29. Jänner 2003 nichts. Der Berufungswerber rügte weiters, dass sich im ärztlichen Gutachten bloß der Hinweis "siehe Psychotest 15.01.2003" finde. Auch der Amtsarzt habe es unterlassen, darzulegen, aufgrund welcher Überlegungen er zur Auffassung einer befristeten Verlängerung komme und welche Gründe gegen die Aufhebung der Befristung selbst sprechen. Auch datiere der "Psychotest" (gemeint wohl: verkehrspsychologische Stellungnahme gemäß § 17 FSG-GV) vom 17. Jänner 2003 und nicht wie irrtümlich angegeben vom 15. Jänner 2003. Selbst unter Berücksichtigung der verkehrspsychologischen Stellungnahme würden keine gegen die Aufhebung der Befristung sprechenden Gründe vorliegen. In der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 17.1.2003 werde eine zeitliche Befristung der Lenkberechtigung, anders noch in der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 21. Dezember 2001, nicht mehr empfohlen bzw. vorgesehen.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den Verwaltungsakt Folgendes erwogen:

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, das der Berufungswerber am 5. Dezember 2002 bei der belangten Behörde die Verlängerung der ihm am 26. August 2002 mit Führerschein Nr. 1047158 bis 14. Jänner 2003 befristet erteilten Lenkberechtigung für die Klasse B beantragt hat. Der Amtsarzt der belangten Behörde hat laut dem von ihm am 29. Jänner 2003 nach § 8 FSG erstellten Gutachten den Berufungswerber als zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 (Kraftfahrzeuge der Führerscheinklasse B sind hievon umfasst) als "befristet geeignet" beurteilt und dies mit dem Hinweis "siehe Psych.Test 150103.o." begründet. Eine nähere Begründung hiefür ist der Stellungnahme des Polizeiarztes vom 12. März 2003 zu entnehmen. Danach hat der Berufungswerber keinen Nachweis über eine im Rahmen der verkehrspsychologischen Untersuchung vom 20. Dezember 2001 empfohlene Psychotherapie vorgelegt (diesbezüglich hat der Polizeiarzt verkannt, dass er eine älter als sechs Monate verkehrspsychologische Stellungnahme herangezogen hat).

Der vom Institut für Nachschulung und Fahrer-Rehabilitation (INFAR), Linz, am 17. Jänner 2003 gemäß § 17 FSG-GV erstellten verkehrspsychologischen Stellungnahme ist zu entnehmen, das sich der Berufungswerber bei der genannten Untersuchungsstelle am 15. Jänner 2003 (insoferne ist der Hinweis des Polizeiarztes der belangten Behörde auf das Datum 150103 zutreffend) einer verkehrspsychologischen Untersuchung unterzogen hat. Der zusammenfassenden Stellungnahme ist zu entnehmen, dass der Berufungsweber aus verkehrspsychologischer Sicht als zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B "derzeit geeignet" beurteilt wurde. Hinsichtlich der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit zeigte sich insgesamt eine hinreichende Leistungsfähigkeit, wobei gegenüber dem letzten Leistungsbefund (hier wird wohl auf die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 21. Dezember 2001 Bezug genommen) eine Leistungssteigerung festgestellt wurde. Die psychologische Bereitschaft zur Verkehrsanpassung wurde als derzeit ausreichend beschrieben. Anhaltspunkte, wonach aus verkehrspsychologischer Sicht eine Befristung der Lenkberechtigung für erforderlich erachtet wird, können der verkehrspsychologischen Stellungnahme nicht entnommen werden.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat im Rahmen des Berufungsverfahrens die Amtsärztin der Landessanitätsdirektion beim Amt der Oö. Landesregierung um Miteilung, ob auf Grund des zwischen verkehrspsychologischer Stellungnahme und erstinstanzlichem ärztlichen Gutachten zutage getretenen Widerspruches im Falle des Berufungswerbers aus medizinischer Sicht eine Befristung (einschließlich Nachuntersuchung) erforderlich ist, ersucht.

Die Amtsärztin hat in ihrer gutachterlichen Äußerung vom 17. April 2003 Folgendes mitgeteilt:

"Bei der gegenständlichen Führerscheinangelegenheit sind keine medizinischen Belange, sondern ausschließlich Fragestellungen im verkehrspsychologischen Bereich betroffen. Bei einer früheren verkehrspsychologischen Untersuchung der Untersuchungsstelle INFAR vom 20. Dezember 2001 wurde aus verkehrspsychologischer Sicht zur "Ich-Stabilisierung" eine Psychotherapie sowie eine zeitliche Befristung auf ein Jahr empfohlen. Bei der nunmehr aktuellen verkehrspsychologischen Nachuntersuchung der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle INFAR vom 17. Jänner 2003 (richtig wohl: 15. Jänner 2003) wurde aus verkehrspsychologischer Sicht in der zusammenfassenden Stellungnahme die derzeitige Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B ausgesprochen. Eine zeitliche Befristung wurde aus verkehrspsychologischer Sicht nicht mehr empfohlen.

Auf Grund dieser aktuellen Befundlage lassen sich keine Befristungsgründe mehr objektivieren und Herr ET ist unter Zugrundelegung des neuen verkehrspsychologischen Untersuchungsergebnisses vom 17. Jänner 2003 geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B."

Der Spruch des angefochtenen Bescheides enthält keinerlei Angaben darüber, auf welche Führerscheinklasse sich die ausgesprochene Befristung der Lenkberechtigung bezieht. Die Begründung des angefochtenen Bescheides erschöpft sich im oben angeführten Hinweis auf das amtsärztliche Gutachten vom 29. Jänner 2003.
 

Gemäß § 58 Abs.1 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. Nach Abs.2 leg. cit. sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.

 

Gemäß § 59 Abs.2 1. Satz AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

 

In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Nach der Regelung des § 60 AVG sind hiebei die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründungserfordernisse schließen nach Lehre und Rechtsprechung (vgl. u.a. die Ausführungen bei MANNLICHER-QUELL, Das Verwaltungsverfahren, 8. Auflage, 1975,Seite 318 f; WALTER-MAYER, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 7. Auflage, Rz 417 ff insbesondere Rz 420 und HAUER-LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 5. Auflage, Seite 433 ff bzw. Seite 461 ff und die dort jeweils angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) unter anderem auch die Verpflichtung der Behörde mit ein, in der Begründung des Bescheides in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise aufzuzeigen, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie bei ihrem Bescheid ausgegangen ist und worauf sich die getroffene Tatsachenfeststellungen im Einzelnen stützen. Dieser Rechtspflicht nicht entsprechend gestaltete Bescheide werden nicht nur dem Sinn und Zweck der §§ 58 und 60 AVG nicht gerecht, sondern hindern im Falle seiner Anrufung durch die Partei auch den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie im § 41 Abs.1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als nicht oder nur unzureichend begründete Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen.

Im Lichte dieser Ausführungen erweist sich der erstinstanzliche Bescheid jedenfalls als mangelhaft. Im gegenständlichen Fall ist es der Spruch des angefochtenen Bescheides schon deswegen, da die belangte Behörde nicht angeführt hat, auf welche Führerscheinklasse sich die ausgesprochene Befristung der Lenkberechtigung bezieht. Mangelhaft ist auch die Begründung, da ihr nicht entnommen werden kann, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme die Bundespolizeidirektion Wels bei ihrem Bescheid ausgegangen ist und worauf sich die getroffene Tatsachenfeststellung im Einzelnen stützt. Bei entsprechender Würdigung des ihr vorliegenden Sachverhaltes wäre die belangte Behörde bereits vor Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides verhalten gewesen, den medizinischen Amtssachverständigen auf den Widerspruch zwischen dem ärztlichen Gutachten einerseits und der aktuellen verkehrspsychologischen Stellungnahme andererseits hinzuweisen und zur Gutachtensergänzung aufzufordern.

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

  1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
  2. die nötige Körpergröße besitzt,
  3. ausreichend frei von Behinderungen ist und
  4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Gemäß § 8 Abs. 3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten "geeignet" für diese Klassen zu lauten.

Im Hinblick auf die Äußerungen der Amtsärztin der Landessanitätsdirektion vom 17. April 2003 lassen sich beim Berufungswerber keine Gründe für eine Befristung mehr objektivieren. Aus verkehrspsychologischer Sicht wurde laut der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 17. Jänner 2003 weder eine Befristung noch die Absolvierung einer Psychotherapie (anders noch laut der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 21. Dezember 2001) für erforderlich erachtet. In gesundheitlicher Hinsicht ist dem Berufungswerber somit, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass er die empfohlene Psychotherapie nicht absolviert hat, die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der in Rede stehenden Führerscheinklasse ohne Einschränkung zu attestieren.

Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

S c h ö n

 

 
 

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