Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520266/2/Bi/Be

Linz, 29.04.2003

 

 

 VwSen-520266/2/Bi/Be Linz, am 29. April 2003

DVR.0690392
 

 

 
 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M, vertreten durch RA Mag. Dr. Heinz Kassmannhuber, Stelzhamerstraße 9, 4400 Steyr, vom 17. April 2003 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 27. März 2003, Fe 345/2002, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs. 4 und 67 a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7; 24 Abs.1 Z1; 25 und 29 FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B (Führerschein Zl 00301/VA/F/2001, ausgestellt von der BPD Steyr am 21. März 2001) für einen Zeitraum von drei Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides entzogen und er aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich abzuliefern, wobei einer Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Begründet wurde dies mit mangelnder Verkehrszuverlässigkeit aufgrund des Urteiles des Landesgerichtes St. Pölten vom 12. Dezember 2002 wegen Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs.1 Z4 StGB.

 

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1



2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Bw beantragt, der Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weil im Hinblick auf den seit dem Tatzeitpunkt 21. Juli 2002 verstrichenen Zeitraum und seinem zwischenzeitigen Wohlverhalten die Voraussetzungen des § 64 Abs.2 AVG nicht mehr vorlägen.

Weiters wird die Aufhebung des Bescheides begehrt mit der Begründung, zwar sei richtig, dass der Bw wegen des Vergehens des schweren Diebstahls zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden sei, jedoch sei darin keine besondere Verwerflichkeit auch unter Berücksichtigung des Geschehensablaufs zu erkennen. Es sei keine die Verkehrszuverlässigkeit ausschließende Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 Z2 FSG abzuleiten, zumal das ihm vorgeworfene Verhalten in der Bestimmung des § 7 Abs.4 FSG nicht angeführt sei. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass er sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen werde. Die Entziehung der Lenkberechtigung sei daher zu Unrecht erfolgt.

 

  1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

In § 7 Abs.3 FSG sind die bestimmten Tatsachen demonstrativ aufgezählt, ua in Z 11 (strafbare Handlung gemäß §§ 102, 131, 142 und 143 StGB).

 

Der Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 12. Dezember 2002,
16 Hv 99/02x, wegen des Vergehens der Bandenbildung nach § 278 Abs.1 StGB und des Verbrechens des schweren Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs.1 Z4 StGB in einem Fall schuldig erkannt und nach § 128 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, nach dem § 43 Abs.1 StGB bedingt mit dreijähriger Probezeit. Dem Bw wurde zur Last gelegt, zusammen mit zwei weiteren Beschuldigten am 21. Juli 2002 in Neufurth der Fa. W fremde bewegliche Sachen, und zwar Kinderkleidung im Gesamtwert von 2.809,70 Euro, mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Mildernd war das Geständnis und die Zustandebringung des Diebsgutes, erschwerend eine einschlägige Vorstrafe.



Zu dieser Vorstrafe findet sich im Akt nichts; im Gegenteil dazu scheint im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung auf.

Aus der Strafanzeige geht hervor, dass der Bw mit den beiden weiteren Beschuldigten vereinbart hat, den Diebstahl zu begehen, zumal einem der Beschuldigten, der bei der genannten Firma als Kraftfahrer beschäftigt war, bekannt war, dass ein Lkw bereits mit Kinderkleidung beladen und unversperrt am Firmengelände abgestellt war. Der Bw lenkte daraufhin den Pkw dieses Beschuldigten in der Absicht zum Firmengelände, den Diebstahl zu begehen. Ein Karton wurde aus dem Lkw in den Pkw verladen und die Kinderkleidung in einem Waldstück ausgepackt, um den Diebstahl zu verschleiern und den Karton wegwerfen zu können. Der Bw hat anlässlich der Einvernahme beim GP St. Peter/Au am 26. Juli 2002 diesen Geschehensablauf bestätigt.

 

Die dem Bw zur Last liegenden Delikte (§§ 127, 128 Abs.1 Z4 StGB) sind in der Aufzählung des § 7 Abs.3 FSG nicht ausdrücklich enthalten, was grundsätzlich ihre Beurteilung als bestimmte Tatsache nicht hindert, wenn sie den im Gesetz aufgezählten bestimmten Tatsachen an Schwere und Verwerflichkeit im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen gleichwertig sind.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können Diebstähle bei Zusammentreffen mit anderen strafbaren Taten oder besonders gelagerte schwere Diebstähle (insbesondere Einbruchsdiebstähle) die Annahme der Gleichwertigkeit mit dem in § 7 Abs.3 FSG beispielsweise aufgezählten Straftaten rechtfertigen (VwGH 23.10.2001, 2000/11/0038; 23.4.2002, 2002/11/0019; 14.3.2000, 99/11/0355; 24.4.2001, 99/11/0132; uva).

Laut VwGH 10.11.1998, 98/11/0191, ist die Häufung von Diebstählen ein die Gleichwertigkeit mit den im § 7 Abs.3 FSG aufgezählten Delikten indizierendes Merkmal, wobei dem do Fall Diebstahl durch Einbruch in einen Pkw in erheblich höherem Wert zugrundelag, der mit dem ggst Fall in keiner Weise vergleichbar ist.

 

Im ggst Fall bestand zwar ein Zusammenhang zwischen den strafbaren Handlungen und der in § 7 Abs.1 Z2 FSG genannten Erleichterung der Begehung durch das Lenken von Kfz, jedoch ist bei der Frage der Gleichwertigkeit im Sinne der obigen Judikatur zu berücksichtigen, dass es sich um einen einzigen Vorfall handelte, der zwar als schwerer Diebstahl wegen des 2.000 Euro übersteigenden Wertes des Diebsgutes zu qualifizieren war, es sich aber um keinen Einbruchsdiebstahl und keine Häufung von strafbaren Handlungen über einen längeren Zeitraum hinweg handelte. Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates ist daher die Annahme der Gleichwertigkeit, vor allem unter Berücksichtigung der Judikatur des VwGH, letztlich nicht zu rechtfertigen. Auch die Erstinstanz hat sich dazu in der Begründung des angefochtenen Bescheides letztlich nicht geäussert, weil sowohl die Verabredung zum Diebstahl, selbst wenn der Vorschlag dazu vom Bw kam, als auch die günstige Gelegenheit durch den Umstand, dass ein Beteiligter


Arbeitnehmer des Bestohlenen war, diesbezüglich nicht ausreichen, wenngleich jedoch betont werden muss, dass im gegenständlichen Fall nichts zu beschönigen ist.

Vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z11 FSG kann aus diesen Überlegungen weder ex lege noch im Umweg über die Gleichwertigkeit an Schwere oder Verwerflichkeit mit den im Gesetz angeführten strafbaren Handlungen ausgegangen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

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