Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520269/4/Br/Pe

Linz, 29.04.2003

 

 

 VwSen-520269/4/Br/Pe Linz, am 29. April 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn MP, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 10.  April 2003, FE 1530/2002, mit welchem die am 21.5.2002, zu Zl.: F 2158/2002, erteilte Lenkberechtigung der Klasse B durch eine Befristung und Auflagen eingeschränkt wurde, nach ergänzender Abklärung des Sachverhalts und Parteiengehör zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass

  1. die Befristung der o.a. Lenkberechtigung bis 29. April 2004 erstreckt wird;
  2. beim Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B Kontaktlinsen zu verwenden sind mit welchen die erforderliche Sehschärfe erreicht wird;
  3. der Berufungswerber sich bis spätestens zum 26.9.2003 einer amtsärztlichen Nachuntersuchung zu unterziehen hat und alle zwei Monate Befunde des LFP (GOT, GGT, GPT, MCV, CDT) - erstmals spätestens eine Woche nach Zustellung dieses Berufungsbescheides - mit einer Toleranzfrist von einer Woche - bei der Behörde vorzulegen hat;
  4. der Führerschein innerhalb des im Punkt 3. genannten Zeitraums der Behörde erster Instanz zur Eintragung der Beschränkung bzw. Neuausstellung vorzulegen ist.

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

 

§ 66 Abs.4 AVG, BGBl.I Nr. 117/2002 iVm § 3 Abs.1, § 8 Abs.3 Z2, § 13 Abs.2 FSG idF BGBl.I Nr.81/2002
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde Nachfolgendes ausgesprochen:

"Gem. § 24 Abs. 1 Z 2 FSG in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Z. 2 bzw. Z 3 FSG wird die Gültigkeit der mit Führerschein der BPD Linz, vom 21.5.2002, ZI.: F 2158/2002, KI.: B, erteilten Lenkberechtigung wie folgt eingeschränkt:
 


Beschränkungen bzw. zur Neuausstellung vorzulegen."

 

2. Begründend stützte sich die Behörde erster Instanz auf den Inhalt des amtsärztlichen Gutachtens vom 26.3.2003, wonach dem Berufungswerber (nur) eine bedingte Fahreignung bescheinigt wurde, weshalb aus Gründen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu befristen und die im Spruch genannten Auflagen vorzuschreiben gewesen seien. Rechtlich wurde diese Entscheidung auf § 24 Abs.1 iVm § 3 Abs.1 Z2 bis 4 sowie auf § 8 Abs.3 Z2 FSG gestützt.

 

Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit bringe ich Ihnen zur Kenntnis, dass ich gegen den Bescheid vom 10.4.2003-04-22

vollinhaltlich Berufung einlege.

 

Nicht nur gegen die in diesem Bescheid auferlegten Auflagen, die meiner Meinung nach vollkommen überzogen sind, sondern auch dagegen, dass diese Berufung keine aufschiebende Wirkung habe.

Diese "nicht-aufschiebende Wirkung" ist sofort außer Kraft zu setzen und das allfällige Urteil

des "UVS" abzuwarten.

 

Die neuerliche Befristung auf sechs Monate bis 26.9.2003 ist zu löschen und die unbefristete Gültigkeit meiner Lenkerberechtigung wiederherzustellen.

 

Wöchentliche Besuche bei Therapeuten, monatliche Blutwertanalysen (CTT) sind fern jeder "erzieherischen Maßnahme" -

Die Besuche bei Therapien sind zu streichen, CTT-Tests sind 3-monatlich anzuordnen.

 

Begründung dieser Forderungen:

 

Seit Führerschein-Entzug am 12. Jänner 2002 wurden verschiedenste und wiederholte Auflagen erteilt. Diese wurden genauest eingehalten und gaben keinen Grund zur Beanstandung, mit der Ausnahme, dass einmal ein Leberwert erhöht war, dies im November 2002. Seit Jänner 2003 trinke ich nurmehr alkoholfreie Getränke, was sich auch bei der Leberwerterstellung im April 2003 in der Weise bemerkbar machte, dass wieder alle Werte innerhalb der Grenzwerte waren.

Da ich seit 1982 Auto fahre, mit Ausnahme eines Auffahrunfalles in den FS-Anfängen keinen weiteren Verkehrsunfall verursachte - in den letzten zehn Jahren annähernd 1 Mio. KM im Auto zurücklegte - bin ich der Auffassung, sehrwohl körperlich geeignet zu sein, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Bei der Erstellung sämtlicher Gutachten ist immer davon die Rede, dass "erhöhter Alkoholkonsum nicht ausgeschlossen werden kann".

Ich stelle diesen erhöhten Alkoholkonsum entschieden in Abrede.

 

Da es sich im laufenden Verfahren um ein Erstdelikt handelt, das auch in der Begründung der Herabsetzung der Entzugsdauer von 12 auf vier Monate durch den "UVS". Zum Ausdruck kam und unter Würdigung meiner vorstehenden Schilderung ich um Entscheidung im Sinne meiner Berufung."

 

3. Der Berufungsakt wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat von der Behörde erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Demnach hat dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier nach ergänzender Sachverhaltsklärung und Parteiengehör unter Hinweis auf die sich aus dem Akt ergebenden Beweislage in Wahrung der durch Art. 6 Abs. 1 EMRK intendierten Rechte unterbleiben.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt unter Berücksichtigung der darin befindlichen Gutachten. Ergänzend Beweis erhoben wurde durch Rückfrage beim Amtsarzt der Bundespolizeidirektion Linz Dr. H hinsichtlich der Notwendigkeit in Zeitabständen von nur einem Monat Laborbefunde vorzuweisen und durch Gewährung des Parteiengehörs über die diesbezügliche in einem Aktenvermerk festgehaltenen Fachmeinung des Amtsarztes.

 

4. Soweit dem Verfahrensakt entnommen werden kann verfügt der Berufungswerber seit 1982 über eine Lenkberechtigung der Klasse B. Er legte jährlich etwa 60.000 bis 80.000 km zurück. Seit dem Jahr 1992 sind drei Trunkenheitsfahrten (1992, 1996 und 2002) evident.

Aus Anlass der zuletzt erfolgten Trunkenheitsfahrt wurde der Berufungswerber am 14.5.2002 einer verkehrspsychologischen Untersuchung zugeführt, im Rahmen welcher u.a. unter Hinweis auf eine "alkoholaffine Einstellung" eine bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen festgestellt wurde. Als Empfehlung wurde zwecks Verlaufskontrolle eine Befristung der LB für die Dauer eines Jahres ausgesprochen. Im nachfolgend erstellten amtsärztliche Endgutachten wurde u.a. die Feststellung getroffen, dass es dzt. keinen Hinweis auf einen regelmäßig erhöhten Alkoholkonsum gebe.

Per Bescheid vom 4.12.2002 wurde dem Berufungswerber schließlich aufgetragen sich abermals einer amtsärztlichen Untersuchung zwecks Feststellung seiner gesundheitlichen Eignung zu unterziehen. Am 3. März 2003 wurde der Berufungswerber einem Facharzt für Psychiatrie zwecks Untersuchung auf eine bestehende Alkoholabhängigkeit zugeführt.

In diesem Gutachten wurde nach einer umfassend erhobenen Anamnese "ein langjähriger, schädlicher Gebrauch von Alkohol festgestellt" und ein Abhängigkeitssyndrom nicht ausgeschlossen. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass die Angaben des Berufungswerbers zu seinem Trinkverhalten ausweichend, verwaschen, diffus und nicht verwertbar waren. Die Trunkenheitsfahrt vom 12.1.2002 wurde als Indiz gewertet, die beim Berufungswerber auf eine bestehende Toleranzentwicklung bei längerem gesteigerten Alkoholkonsum schließen lässt. Dies seien lt. Gutachten Hinweise auf ein Abhängigkeitssyndrom. Der Facharzt empfahl die Befristung der Lenkberechtigung, die monatliche Bestimmung von Leberfunktionsparametern und die Kontaktaufnahme mit einer Spezialambulanz (z.B. Ambulanz für Alkohol- und Medikamentenabhängige) und den Nachweis einer mit dieser Abteilung getroffenen Vereinbarung.

Im Endgutachten wurde schließlich vom Amtsarzt der Behörde die hier angefochtenen Auflagen empfohlen.

 

4.1. Über Erörterung des hier im Monatsabstand auffällig knapp und in der Praxis kaum üblich, vorgeschriebene Vorweisung der sogenannten Leberwerte, erklärte der Amtsarzt u.a., dass auch gerade noch mit einem zweimonatigem Intervall das Auslangen gefunden werden könnte. Da sich in weiterer Folge neben dem Berufungswerber auch die belangte Behörde nicht gegen die zweimonatige Frist für den Nachweis dieser Parameter aussprach, scheint diese Vorgangweise im Sinne der Sache, nämlich des Nachweises einer ausreichenden Stabilität gegenüber dem Alkohol allenfalls noch instabil strukturierten Berufungswerber und damit der Minimierung der Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Alkofahrt durch den gegenwärtig als fahrtauglich geltenden Berufungswerber, angemessen. Mit dem strengen Nachweis der Stabilität der Leberwerte - vorerst bis zu einer abermaligen amtsärztlichen Untersuchung bis zum 26.9.2003, ist es am Berufungswerber selbst gelegen seine Stabilität und im positiven Fall wohl auch seine weiterbestehende Fahreignung ausreichend unter Beweis zu stellen. In diesem Fall könnte die Befristung bereits gestrichen werden oder im Zweifelsfall noch weitere sechs Monate entsprechende Nachweise - allenfalls nur mehr in Abständen von drei Monaten - aufgetragen werden.

Gelingt ihm dies nicht wird ihm allenfalls per Bescheid mangels gesundheitlicher Eignung die Lenkberechtigung wieder zu entziehen sein.

Als nicht nachvollziehbar und vor allem als überschießende und vom Berufungswerber aus Kosten- und vor allem beruflichen Gründen wohl kaum zumutbare Maßnahme stellt sich hier auch aus der Sicht der Berufungsbehörde die Auflage über eine monatliche Teilnahme an einer Abstinenzberatung dar. Der Berufungswerber erklärte im Rahmen seines Parteiengehörs in nachvollziehbarer Weise, dass er die Problematik der sogenannten Risikoeignung für die Teilnahme am Straßenverkehr sehr wohl verstanden hat. Wenn er - wie er selbst versichert - das Gebot einer weitestgehenden Alkoholabstinenz begriffen hat, wird die Einhaltung dieses Gebotes schon durch die Laborwerte belegt. Auch noch eine Beratung darüber zu fordern was dem Betroffenen ohnedies bereits als Problemfeld hinreichend bekannt und letztlich ausschließlich in dessen Disposition und Interesse steht, scheint in diesem Zusammenhang der Sache nicht mehr dienlich. Mit Blick auf den auch für die Anordnung von Maßnahmen - hier in Form einer Auflage - geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergibt sich für diesen Auflagepunkt vor allem keine ausreichende sachliche Grundlage (siehe dazu HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 443). Sollte der Berufungswerber selbst der Auffassung sein es ohne psychologische Unterstützung nicht zu schaffen, so bleibt ihm die Inanspruchnahme einer solchen Hilfe immer noch unbenommen.

Im Gegensatz dazu scheint es aber sehr wohl sachgerecht und vor allem nachvollziehbar dem Berufungswerber seine Risikoeignung durch die Erbringung von Laborbefunden entsprechend unter Beweis stellen zu lassen um in weiterer Folge von der verwaltungsaufwändigen Befristung und der damit ständig verbundenen "Administrierung" einer Lenkberechtigung wieder wegzukommen.

 

4.2. An dieser Stelle ist der Berufungswerber jedoch darauf hinzuweisen, dass er offenbar den Inhalt des von ihm angefochtenen Bescheides teilweise verkannte, wenn er die ihm aufgetragenen Maßnahme als Teil des Entzugsverfahrens hinsichtlich seiner Alkofahrt im Jänner 2002 zurückführte. Ebenso unlogisch erweist sich sein Hinweis auf das Einlegen einer vollen Berufung, wenn er sich durch die Auflage, beim Lenken Kontaktlinsen - mit denen die erforderliche Sehschärfe erreicht wird - zu tragen, wohl nicht wirklich beschwert erachten konnte. Verfehlt ist schließlich auch der Hinweis auf die Aberkennung einer aufschiebenden Wirkung. Nicht den Tatsachen dürfte es entsprechen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat mit dem Entzugsverfahren nach der Alkofahrt betraut gewesen wäre.

Wohl ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass der objektive Erklärungsinhalt der im angefochtenen Bescheid formulierten Auflagen für einen Durchschnittsleser wohl nur schwer lesbar sind. Dies insbesondere, "wenn ...unter Vorlage von Befunden: Kontrolluntersuchungen in Abständen von einem Monat auf normwertige Parameter..." genannt werden und diese in einem Satz mit einer amtsärztlichen Nachuntersuchung und in einem weiteren Absatz fast inhaltsgleich nochmals formuliert wurden.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Beim Berufungswerber ist gemäß dem Gutachten dzt. von einer ausreichenden gesundheitlichen Stabilität und einem ausreichenden Problembewusstsein hinsichtlich der Bedeutung und Wirkung des Alkohols im Straßenverkehr auszugehen und damit letztlich eine positiv zu bewertenden "Risikoeignung" für die Teilnahme am Straßenverkehr gegeben (siehe dazu HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 284 u. 512 ff).

Demnach erfüllt er vorläufig die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 3 Abs.1 Z3 FSG iVm § 14 Abs.1 FSG-GV) für die Erteilung und Belassung der Lenkberechtigung aus gesundheitlicher Sicht, wobei dies vorerst einmal für ein Jahr, bei einer ärztlichen Zwischenüberprüfung in einem halben Jahr in vertretbarer Weise angenommen werden kann. Das Gebot einer Befristung ergibt sich aus der Intention des § 8 Abs.3 FSG.

 

Ausdrücklich soll der Berufungswerber an dieser Stelle noch darauf hingewiesen werden, dass im Falle der Nichterfüllung bzw. der Säumigkeit in der Erfüllung der Auflagen, insbesondere aber sich ergebenden erhöhten Werte einen Grund für den Wegfall der Annahme der Eignungsvoraussetzungen indizieren könnte (vgl. VwSlg 14732 A/1).

 

Ebenfalls wird noch darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 
 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r
 
 

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