Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520272/20/Sch/Pe

Linz, 22.10.2003

 

 

 VwSen-520272/20/Sch/Pe Linz, am 22. Oktober 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des RE, vertreten durch die Rechtsanwälte G L T & P, vom 7. April 2003, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1. April 2003, VerkR21-52-230/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 14. Oktober 2003, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als im Spruch des angefochtenen Bescheides die Wortfolge "und des Verbotes des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen" sowie die Zitierung des § 32 Abs.1 FSG zu entfallen haben.

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 67a AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Bescheid vom 1. April 2003, Verkr21-52-2003/LL,

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.2 zweiter Satz AVG) gegeben.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Die Erstbehörde stützt ihren Bescheid auf das amtsärztliche Gutachten Dris. Ü vom 1. April 2003. In diesem ist im Wesentlichen ausgeführt, dass - wiederum bezugnehmend auf die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 21. Jänner 2003 - beim Berufungswerber die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit derzeit nicht ausreichend gegeben sei. Auch wenn er seine Ängste bereits in einer Psychotherapie bearbeitet habe, zeigten sich im persönlichkeitsbezogenen Screeningtest noch ungünstige Verarbeitungsmechanismen, die auf eine erhöhte Disposition zur Verkehrsauffälligkeit hinwiesen. Es falle eine deutliche Neigung zum Wirkungstrinken auf. Daher könne auch die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht bestätigt werden.

 

Zur Wiedererteilung der Lenkberechtigung sei die Vorlage einer befürwortenden verkehrspsychologischen Stellungnahme erforderlich.

 

4. Die Berufung bekämpft den Bescheid argumentativ insbesondere damit, dass jener Verkehrspsychologe, der die erwähnte Untersuchung durchgeführt und die entsprechende Stellungnahme abgegeben hat, nämlich Mag. D von der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle "INFRAR", es an der gebotenen Objektivität mangeln habe lassen. Es wurde ein Befangenheit des Genannten behauptet.

 

Dem Aktenvorgang kann allerdings dafür keine hinreichende Grundlage entnommen werden. Ein Gutachter, der ein für eine Partei nicht genehmes Gutachten erstellt, ist nicht schon deshalb befangen. Abgesehen davon sind die Befangenheitsgründe für andere als Amtssachverständige in § 7 Abs.1 Z1 bis 3 und 5 AVG abschließend geregelt, zudem kann ein solcher abgelehnt werden, wenn die Partei Umstände glaubhaft macht, die die Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel stellen (§ 53 Abs.1 AVG).

 

Solche sind, wie bereits oben angeführt, für die Berufungsbehörde bezüglich des verkehrspsychologischen Gutachters Mag. D nicht erkennbar, welcher Umstand aber aus folgenden Gründen ohnehin nicht primär entscheidungsrelevant ist:

 

Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde dem Rechtsmittelwerber im Sinne einer höchstmöglich objektiven Entscheidungsgrundlage Gelegenheit gegeben, eine neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung durchzuführen und eine entsprechende Stellungnahme - naturgemäß von einem anderen Gutachter - vorzulegen.

 

5. Dieser Untersuchung hat sich der Berufungswerber bei der 1A Sicherheit Kooperationsgemeinschaft für verkehrspsychologische Untersuchungen auch tatsächlich unterzogen und die verkehrspsychologische Stellungnahme Dris. T vorgelegt. Dieser Verkehrspsychologe beurteilt den Berufungswerber jedoch gleichfalls als derzeit nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B geeignet. Diese negative Stellungnahme wird besonders gestützt auf laut Verkehrspsychologen beim Berufungswerber sich darstellende grundlegende Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner sämtlichen Angaben, welche in dieser Untersuchung von ihm gemacht wurden. Daneben wären noch Schwächen im Bereich der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit gegeben.

 

6. Auch diese verkehrspsychologische Stellungnahme wurde vom Berufungswerber in Frage gestellt. Es sei ihm - und auch seiner Mutter, was diese bei der Verhandlung bestätigte - vom Verkehrspsychologen im Anschluss an die Untersuchung mitgeteilt worden, dass ein positives Ergebnis vorläge. Offen gelassen wurde vom Verkehrspsychologen lediglich, ob die Lenkberechtigung für ein halbes oder ein ganzes Jahr wiedererteilt werden könne. Diesbezüglich müsse er sich noch mit einer Kollegin bereden bzw. einen bestimmten Bescheid die Vorgeschichte des Berufungswerbers betreffend einsehen, zumal eine sofortige Entscheidung nicht möglich wäre.

 

Dr. T befand sich zum Untersuchungszeitpunkt noch unter Supervision einer Ausbildnerin, war also noch kein abgeschlossen ausgebildeter Verkehrspsychologe.

 

Im Hinblick auf die Schlüssigkeit der vom Verkehrspsychologen getätigten Aussagen ist für die Berufungsbehörde nicht erkennbar, aus welchem Grund diese nicht gegeben sein sollte. Der Verkehrspsychologe Dr. T ist anlässlich der o.a. Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen worden und hat glaubwürdig die wesentlichen Vorgänge der gegenständlichen verkehrspsychologischen Untersuchung - soweit ihm diese erinnerlich waren - geschildert. Demnach habe der Berufungswerber bei den kraftfahrspezifischen Leistungsbereichen gewisse Schwächen aufgewiesen, zu denen sich noch eine deutliche Dissimulationstendenz im Rahmen des standardisierten Persönlichkeitsverfahrens gesellt habe. Diese Umstände - im Übrigen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme genau dargestellt - hätten ihn zu der Aussage der derzeitigen Nichteignung des Berufungswerbers geleitet.

 

Der Zeuge hat bei der Berufungsverhandlung auch glaubwürdig angegeben, er habe vom Berufungswerber damals über Befragen hin die Auskunft erhalten, dass jener Vorfall, der ein Grund für die Untersuchung war, der erste des Berufungswerbers im Zusammenhang mit Alkohol im Straßenverkehr gewesen wäre. Demgegenüber wird vom Rechtsmittelwerber - ebenso wie von dessen Mutter - behauptet, dass der Umstand, dass sich schon ein vorangegangener weiterer einschlägiger Vorfall ereignet hätte, bei der Untersuchung bekannt gegeben worden wäre. Der Verkehrspsychologe habe lediglich eine Ausfertigung des damaligen behördlichen (Straf-)Bescheides verlangt, welche ihm in der Folge auch im Faxwege zugegangen sei. Der Berufungswerber habe nach eigenen Angaben bei der Untersuchung den Vorfall sehr wohl erwähnt, aber nicht mehr in Erinnerung gehabt, wie hoch der festgestellte Wert der Alkoholbeeinträchtigung damals gewesen sei.

 

Tatsächlich betrug dieser nach der Aktenlage 0,5 mg/l Atemluftalkoholgehalt. Beim zweiten Vorfall war die Alkoholbeeinträchtigung im Ausmaß von 0,47 mg/l gegeben gewesen. Beide Vorgänge ereigneten sich in einem relativ kurzen Zeitraum (11. März 2001 bzw. 4. November 2001).

 

7. Wengleich es für die Berufungsbehörde nach der gegebenen Beweislage nicht mit quasi hundertprozentiger Sicherheit möglich ist, eine Aussage dahin zu treffen, ob der erste Vorfall seitens des Berufungswerber bei der Untersuchung tatsächlich unerwähnt geblieben ist oder hier dem Verkehrspsychologen etwas entgangen sein könnte, so spricht in der Zusammenschau des gesamten Vorganges doch wesentlich mehr dafür, dass dieser Vorfall noch nicht im Rahmen der Untersuchung, sondern erst im Anschluss daran bekannt gegeben oder auch nur angedeutet worden ist. Es sind keine Anhaltspunkte hervorgetreten, die an der Objektivität und Glaubwürdigkeit des zeugenschaftlich einvernommenen Dr. T Zweifel zuließen. Demgegenüber ist naturgemäß eine gewisse Tendenz lebensnah, dass jemand in eigener Sache oder ein sehr naher Verwandter eine solche Objektivität nicht immer an den Tag legen kann oder will, was nicht bedeutet, dass damit die Aussagen des Berufungswerbers oder seiner zeugenschaftlich einvernommenen Mutter von vornherein gänzlich unglaubwürdig wären. Bemerkenswert ist für die Berufungsbehörde auch, dass dem Rechtsmittelwerber das Ausmaß der Alkoholbeeinträchtigung im Hinblick auf den ersten Vorfall zum Untersuchungszeitpunkt nicht erinnerlich gewesen sein will. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung müsste aber für einen durchschnittlichen Kraftfahrzeuglenker eine solche Amtshandlung - noch dazu nach einem Verkehrsunfall - einen besonderen Eindruck hinterlassen und kann nicht gänzlich nachvollzogen werden, wie einem das Ausmaß der festgestellten Alkoholbeeinträchtigung in so kurzer Zeit wieder entfallen sein kann, wobei naturgemäß auch die Annahme eines gewissen Verdrängungsbedürfnisses nicht realitätsfremd sein dürfte; die Schlüssigkeit der verkehrspsychologischen Stellungnahme Dris. T geht hier mit der allgemeinen Lebenserfahrung einher.

 

Dem eingangs geschilderten Gespräch zwischen Berufungswerber, dessen Mutter und Dr. T nach der Untersuchung kommt nicht die vom Rechtsmittelwerber vermutete Bedeutung zu. Selbst wenn vom Verkehrspsychologen eine positive Beurteilung angedeutet worden wäre - die diesem bei der Berufungsverhandlung nicht erinnerlich war -, so ist die entgültige Entscheidung nach übereinstimmenden Aussage aller drei Obgenannten vom Inhalt des nachgeforderten Bescheides bzw. der noch folgenden Erörterung der Untersuchung mit der Ausbildnerin Dris. T abhängig gemacht worden.

 

8. Es darf im gegenständlichen Fall unbeschadet der getroffenen Berufungsentscheidung aber auch nicht unbeachtet bleiben, dass aus der Sicht des Verkehrspsychologen Dr. T es sich beim Berufungswerber nicht um einen Fall gehandelt hätte, der zwingend und ohne weiteres eine negative verkehrspsychologische Stellungnahme geboten erscheinen hätte lassen. Vorliegend hat sich das amtsärztliche Gutachten sehr wesentlich und überwiegend auf die - hier nicht mehr verfahrensgegenständliche - erste verkehrspsychologische Stellungnahme gestützt, die, wie das Berufungsverfahren ergeben hat, nicht im Widerspruch zu der nunmehr eingeholten steht. Es kann also die Prognose gestellt werden, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür gegeben ist, dass es dem Berufungswerber möglich sein müsste, in absehbarer Zeit eine solche positive Stellungnahme beizubringen, die dann auch zu einem positiven amtsärztlichen Gutachten führen könnte, immer vorausgesetzt, dass zwischenzeitig keine Umstände zutage treten, die eine andere Beurteilung des Sachverhaltes geboten machen würden.

 

9. Der Berufung hatte zum Teil Erfolg beschieden zu sein, zumal für die Annahme der Erstbehörde, der Berufungswerber wäre auch zum Lenken von Motorfahrrädern u.ä. gesundheitlich nicht geeignet, keine fachliche Aussage als Beweismittel vorliegt.

 

10. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

S c h ö n

 
 

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