Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-520285/2/Kei/Vie/An

Linz, 09.07.2003

 

 

 VwSen-520285/2/Kei/Vie/An Linz, am 9. Juli 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein
Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Herrn J F, L, vertreten durch Herrn
Rechtsanwalt Dr. F K, Linz, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz
vom 24.4.2003, Zl. FE-1186/2002, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu
Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Aus Anlass der Berufung wird
verfügt, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides unmittelbar nach dem
Wort Lenkberechtigung die Wortfolge "für die Klasse B" eingefügt wird.

 
Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG;

§§ 3 Abs.1 Ziff. 3 und 24 Abs.1 Führerscheingesetz (FSG).

 
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

 

1. Nach dem Spruch des oa Bescheides wurde von der Bundespolizeidirektion Linz
(belangte Behörde) in Anwendung der Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z. 2 FSG der
Antrag des Berufungswerbers vom 11.4.2003 auf Ausfolgung des Führerscheines
abgewiesen und die weitere Entziehung der Lenkberechtigung mangels
gesundheitlicher Eignung angeordnet.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben.
Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde nicht
Gebrauch gemacht und die Berufung dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Dieser
hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu
entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen
Berufungsverhandlung konnte unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

 

3. Der Berufungswerber bringt in seinem Rechtsmittel vor, die Erstbehörde habe in
keiner Weise begründet und es sei für ihn deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb
nach Auffassung der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle seine
Testergebnisse außerhalb der Norm liegen. Die im vorliegenden Bescheid aus der
verkehrspsychologischen Stellungnahme abgeleiteten Beurteilungen der einzelnen
Leistungsfunktionen seien mangels Angabe der der jeweiligen Beurteilung zugrunde
gelegten, nach dem Erkenntnisstand der Verkehrspsychologie maßgebenden
Grenzwerte nicht nachvollziehbar. Dazu komme, dass den beigefügten Bewertungen
wie "Einschränkungen im Bereich der Überblicksgewinnung", "der
Reaktionssicherheit", "der Belastbarkeit", "des Konzentrationsvermögens und der
Sensomotorik" mangels Bezugnahme auf den jeweiligen Grenzwert nicht
entnehmbar sei, ob und in welchem Ausmaß dieser Grenzwert erreicht oder verfehlt
wurde. Diesen Anforderungen entspreche die Begründung des angefochtenen
Bescheides, das diesem zugrundeliegende amtsärztliche Gutachten und die diesem
Gutachten zugrundeliegende verkehrspsychologische Stellungnahme nicht.

 

Die mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesene Wiederausfolgung des
Führerscheines und die Entziehung der Lenkberechtigung beruhe somit auf einem
mangelhaften Ermittlungsverfahren.

 

In dem von ihm vorgelegten fachärztlichen Attest des Dr. S vom 5.2.2003, in
welchem auch seine kraftfahrspezifischen und psychophysischen
Leistungsfunktionen beurteilt wurden, werde ausgeführt, dass die neurologisch-
psychiatrische Untersuchung keine Anhaltspunkte für einen chronischen
Alkoholmissbrauch seinerseits ergeben habe, der Tremor der Arme aufgrund seiner
Diabeteserkrankung nicht überbewertet werden solle und die angegebenen
Leberfunktionswerte wahrscheinlich im Zusammenhang mit der chronischen
Hepatitis C stehen.

 

Zusammenfassend sei der Facharzt zum Ergebnis gekommen, dass unter strikter
Alkoholabstinenz, Einhaltung der Medikation, regelmäßiger fachärztlicher Kontrollen
und Laboruntersuchungen (Leberfunktionsprüfung) die Eignung zum Lenken von
Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 gegeben sei.

 

Das von der Behörde eingeholte amtsärztliche Gutachten habe sich in keiner Weise
mit diesem fachärztlichen Attest auseinander gesetzt bzw. in keiner Weise
begründet, warum dieses fachärztliche Attest für unrichtig oder unschlüssig gehalten
werde. Dies wäre vor Verneinung der gesundheitlichen Eignung jedenfalls
erforderlich gewesen, weshalb ein erheblicher Verfahrens- bzw. Begründungsmangel
vorliege.

 

Einen weiteren Verfahrensmangel erblickte der Berufungswerber darin, dass auf die
Beibringung einer internistischen Stellungnahme verzichtet wurde und wäre diese zur
Beurteilung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen
jedenfalls erforderlich gewesen und wäre bei Einholung einer internistischen
Stellungnahme jedenfalls zu erwarten gewesen, dass trotz seiner Vorerkrankungen
die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sei.

 

Abschließend beantragte der Berufungswerber, in Stattgebung seiner Berufung den
angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dieser behoben werde und
seinem Antrag vom 11.4.2003 auf Ausfolgung seines Führerscheines stattgegeben
werde.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht
in den Verwaltungsakt Folgendes erwogen:

4.1. Die belangte Behörde stützt sich nach der Begründung des angefochtenen
Bescheides auf das (von der Polizeiärztin der belangten Behörde erstellte)
amtsärztliche Gutachten vom 9.4.2003. Die Polizeiärztin hat danach die mangelnde
gesundheitliche Eignung primär mit dem Ergebnis der verkehrspsychologischen
Untersuchung vom 12.2.2003 begründet. In verkehrspsychologischer Hinsicht wurde
der Berufungswerber aufgrund nicht ausreichender kraftfahrspezifischer
Leistungsfähigkeit (Einschränkungen im Bereich der Überblicksgewinnung, der
Reaktionssicherheit, der Belastbarkeit, des Konzentrationsvermögens und der
Sensomotorik), wobei aufgrund der deutlich eingeschränkten optischen Merkfähigkeit
auch die intellektuellen Voraussetzungen als nicht mehr ausreichend beurteilt
wurden, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B "nicht geeignet" beurteilt.

 
Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden,
die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer
bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für
das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das
Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2. die nötige Körpergröße besitzt,

3. ausreichend frei von Behinderungen ist und

4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

 

Den Berufungseinwendungen betreffend das Ergebnis der verkehrspsychologischen
Untersuchung ist zu erwidern, dass die verkehrspsychologischen Tests so ausgelegt
sind, dass die Leistungskriterien dergestalt im Zusammenhang mit den
Persönlichkeitskriterien berücksichtigt werden, dass ein Unterschreiten von
Grenzwerten bei den Leistungskriterien durch Erfahrung und tatsächlich vorhandene
Bereitschaft zur Ausrichtung des Verhaltens nach den altersbedingt vorhandenen
Leistungsdefiziten ausgeglichen werden kann und nicht zur Annahme einer
mangelhaften kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit führen muss (siehe dazu z.B.
das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1992, Zl.92/11/0056). Auch sind die mit
computergesteuerten Bildschirmen durchgeführten Tests unter Berücksichtigung des
Umstandes gestaltet, dass auch im Umgang mit Computern nicht vertraute Personen
ihrer konkreten Leistungsfähigkeit entsprechende Ergebnisse erzielen können (vgl.
z.B. das VwGH-Erkenntnis vom 21. November 2000, Zl. 2000/11/0223, ferner die
Erkenntnisse vom 30. Juni 1992, Zl. 92/11/0056, vom 28. Februar 1995, Zl.
95/11/0042, vom 22. September 1995, Zl. 93/11/0245 , und vom 23. Jänner 2001, Zl.
2000/11/0138).

Der Ordnung halber wird in diesem Zusammenhang auf die herrschende Judikatur
des Verwaltungsgerichtshofes, wonach derjenige, der in einem
Verwaltungsverfahren ein schlüssiges und widerspruchsfreies
Sachverständigengutachten in Zweifel zieht, in einem solchen Fall von sich aus
nitiativ zu werden und durch ein fachlich fundiertes Gutachten allenfalls den
Gegenbeweis zu erbringen hat und durch bloße gegenteilige Behauptungen alleine
der Gegenbeweis nicht erbracht werden kann (auf die VwGH-Erkenntnisse vom
14. Februar 1985, 85/02/0113; 16. Dezember 1987, 87/02/0130; 8. Juli 1988,
86/18/0127; 25. April 1989, 88/11/0083 wird hiebei verwiesen). Die Vorlage einer für
ihn günstigen verkehrspsychologischen Stellungnahme und - darauf gestützt -
eines für ihn günstigen ärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG ist im Falle des

Berufungswerbers jedenfalls erforderlich. Ein derartiges Beweismittel wurde vom
Berufungswerber weder vorgelegt noch in Aussicht gestellt.

Was das angesprochene fachärztliche Attest des Dr. S vom 5.2.2003 betrifft, so hat
dieses eine Beurteilung des Berufungswerbers aus neurologisch-psychiatrischer,
nicht jedoch aus verkehrspsychologischer Sicht zum Inhalt. Dieses Attest enthält
insbesondere auch keinerlei Angaben betreffend die beim Berufungswerber nicht im
erforderlichen Ausmaß vorhandenen kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen.

Hinsichtlich der Rüge betreffend die nicht erfolgte Beibringung einer internistischen
Stellungnahme mangelt es dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen an konkreten
Angaben darüber, aus welchen Gründen die Beibringung und Zugrundelegung einer
derartigen Stellungnahme eine Beurteilung seiner gesundheitlichen Eignung zu
seinen Gunsten bewirkt hätte. Im Übrigen war es dem Berufungswerber durchaus
nicht verwehrt bzw. wäre es an ihm gelegen gewesen, von sich aus initiativ zu
werden und gleichzeitig mit der Berufung ein solches Beweismittel vorzulegen oder
zumindest in Aussicht zu stellen, was jedoch nicht erfolgt ist.

Das amtsärztliche erstinstanzliche Gutachten, aus welchem sich die derzeitige
Nichteignung des Berufungswerbers zum Lenken der in Rede stehenden
Führerscheinklassen ergibt, ist daher geeignet, (auch) im Berufungsverfahren als
Beurteilungsgrundlage herangezogen bzw. der gegenständlichen Entscheidung
zugrundegelegt zu werden.

 

Im Falle des Berufungswerbers ist hinsichtlich des Lenkens von Kraftfahrzeugen der
Klasse B die erforderliche gesundheitliche Eignung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 3 FSG
nicht gegeben. Diese konnte ihm auch im Berufungsverfahren nicht attestiert werden
und es liegt im Zusammenhang damit eine der in § 3 FSG angeführten
Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung nicht vor.

 

Im Ergebnis ist die Vorgangsweise der belangten Behörde, aufgrund des Fehlens
einer Erteilungsvoraussetzung die weitere Entziehung der Lenkberechtigung zu
verfügen und den Antrag auf Ausfolgung des Führerscheines abzuweisen, als
rechtmäßig anzusehen.

Die Berufungsbehörde verkennt keineswegs die Problematik, die sich für den
Berufungswerber aufgrund der Entziehung der Lenkberechtigung ergibt. Im Hinblick
auf die relevanten Bestimmungen des Führerscheingesetzes bzw. der
Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung konnte jedoch keine für ihn günstigere
Entscheidung getroffen werden.

Die verfügte Ergänzung des Spruches des angefochtenen Bescheides war zu
dessen näherer Konkretisierung notwendig.

 

Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden

 

Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine
Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof
erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem
Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180
Euro zu entrichten.
 
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.
 
 

Dr. K e i n b e r g e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum