Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-520287/6/Sch/Si/Ka

Linz, 24.07.2003

 

 

 

VwSen-520287/6/Sch/Si/Ka Linz, am 24. Juli 2003

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

 


Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein
Mitglied Dr. Schön über die Berufung des AD, vertreten durch RA Mag. CK, vom
8.5.2003, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 29.4.2003,
F1467/2003, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid - mit
Ausnahme der Auflage Kraftfahrzeuge mit Automatik und Linksbedienung zu
lenken - wird behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem oa Bescheid wurde Herrn AD die Lenkberechtigung für die Klasse B
    gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 5 und 24 Abs. 1 Z. 2 FSG eingeschränkt:

Befristung bis 24.4.2004
Auflagen:

 
2. Gegen den Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom
Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch
gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen
Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG)
gegeben. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung
war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).
 
3. In seiner Berufung bekämpft der Berufungswerber den Bescheid zur Gänze. Er
beantragt den Bescheid ersatzlos aufzuheben sowie auszusprechen, dass eine
unbefristete Lenkberechtigung zu erteilen sei. Der Berufungswerber führt aus, dass
auf Grund der fehlenden Begründung nicht nachvollziehbar sei, welchen Sachverhalt
die Behörde unter welche Rechtsvorschriften subsummiert hat.
 
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes
erwogen:
 
Dem Vorbringen des Berufungswerbers kann nicht entgegen getreten werden.
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des
Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und
die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich
zusammenzufassen. Die Begründung des Bescheides sollte in eindeutiger, einer
nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise aufzeigen, von welcher konkreten
Sachverhaltsannahme sie bei ihrem Bescheid ausgegangen ist und worauf sich die
getroffene Tatsachenfeststellungen im Einzelnen stützen
. Die bloße Wiedergabe des
Gesetzestextes genügt den Anforderungen, die das AVG an die Begründung eines
Bescheides stellt, nicht (vgl. hiezu auch VwGH 15.6.1955, Slg. 3787 A, 13.3.1978,
2790/76; 16.6.1980, 2677/79; 9.4.1984, 83/12/0059 ua.).
 
Diese Ausführungen zur Nachvollziehbarkeit betrifft insbesondere die Auflage, beim
Lenken eines Kraftfahrzeuges einen Sehbehelf zu verwenden. Diese Auflage ist im
Bescheid wohl markiert, ist nicht aus der Begründung, aber auch nicht aus dem Akt
nachvollziehbar.
 
Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die
Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht
mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der
Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen
oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.
Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden,
die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).
Um die gesundheitliche Eignung darzulegen, ist der Behörde ein ärztliches
Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.
 
Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer
bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für
das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das
Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

  1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
  2. die nötige Körpergröße besitzt,
  3. ausreichend frei von Behinderungen ist und
  4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische
    Leistungsfähigkeit verfügt.

Gemäß § 5 Abs. 5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des
ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den
Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden
Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen
der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs.3 Z 2).

Gemäß § 8 Abs.3 Z. 2 FSG hat u.a. bei Personen, deren Eignung nur für eine
bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche
Nachuntersuchungen erforderlich sind, das ärztliche Gutachten "bedingt geeignet" zu
lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche
Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne
Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann.

Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen anzunehmen,
bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter
Sachverhaltsfeststellungen
darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in
ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine
gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die
Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden
Verschlechterung gerechnet werden muss. - Es geht nicht darum, dass eine
Verschlechterung "nicht auszuschließen" ist, sondern darum, dass - aus
darzulegenden fallbezogenen Gründen - mit einer Verschlechterung gerechnet
werden muss.

Aus dem Akt ergibt sich, dass die gesundheitliche Eignung im Sinne des § 10 FSG-
GV im Hinblick auf Bluthochdruck, periphere arterielle Verschlusskrankheit (st.p.
Unterschenkelamp. re 01/2002) und koronare Herzerkrankung, sowie im Sinne des §
16 FSG-GV im Hinblick auf st.p. Lebertransplantation 04/99 mit immunsuppressiver
Dauermedikation, in Frage steht.

§ 10 FSG-GV lautet:
(1) Personen mit Herzrhythmusstörungen, die zu unvorhergesehenen
Bewusstseinstrübungen oder -störungen führen können, darf eine Lenkberechtigung
weder erteilt noch belassen werden. (2) Personen mit Herzschrittmacher darf eine
Lenkberechtigung nur vorbehaltlich einer befürwortenden fachärztlichen
Stellungnahmeerteilt oder belassen werden. (3) Ob einer Person, die unter
Blutdruckanomalien leidet, eine Lenkberechtigung erteilt oder belassen werden kann,
ist nach den übrigen Ergebnissen der ärztlichen Untersuchung, den möglichen
Komplikationen und der daraus gegebenenfalls für die Sicherheit im Straßenverkehr
erwachsenden Gefahr zu beurteilen.

Gemäß § 16 Abs. 1 FSG-GV darf Personen, an denen eine Organtransplantation
vorgenommen wurde oder die ein Implantat erhalten haben, wenn sich dies auf die
Fahrtüchtigkeit auswirken kann, eine Lenkberechtigung nur nach einer
befürwortenden Stellungnahme eines zuständigen Facharztes und gegebenenfalls
ärztlicher Kontrolluntersuchungen erteilt oder belassen werden.

 
Gemäß § 7 Abs. 2 Z. 1 FSG-GV liegt die im § 6 Abs. 1 Z. 6 angeführte mangelhafte
Sehschärfe vor, wenn nicht erreicht wird eine Sehschärfe mit oder ohne Korrektur für
das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 von mindestens 0,5 auf einem Auge
und von mindestens 0,4 auf dem anderen Auge
; wird gemäß Abs. 3 die in Abs. 2
geforderte Sehschärfe nur mit Korrektur erreicht, so ist die Verwendung eines
entsprechenden Sehbehelfes beim Lenken eines Kraftfahrzeuges vorzuschreiben.


Im Berufungsverfahren wurde das Ermittlungsverfahren durch die Einholung eines
weiteren amtsärztlichen Gutachtens ergänzt. Unter Bezugnahme auf die letzte
Gutachtenerstellung im Jahre 2002 wurde die Frage nach der Notwendigkeit von
Nachuntersuchungen gestellt. Welche "Krankheit" wurde konkret festgestellt, bei der
ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum
Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss.
Die medizinische Sachverständige Frau Dr. H hat im Gutachten vom 18.7.2003, San-
233402/1-2003-Has/Pa, unter Einbeziehung der fachärztlichen Stellungnahmen
ausgeführt:
 
"Befund:

 
  1. Relevante ärztliche Befunde im Akt eingesehen:
  1. Letztes amtsärztliches Gutachten, Dr. GH, 24.4.2003
  2. Ärztliche Bestätigung II. Medizinische Abteilung AKH Linz, 25.3.2003 (im April
    1999 erfolgreiche Lebetransplantation bei kryptogener Lebercirrhose,
    nachfolgend eine Hepatico-Jejunostomie, seither eine vollständig unauffällige
    Leberfunktionssituation ohne Einschränkung der Syntheseleistung, Hypertonie
    ohne klinische Symptomatik bei sehr guter Einstellung, Zustand nach
    Unterschenkelamputation im Jänner 2002, welche mittels
    Unterschenkelprothese versorgt ist; immunsupressive Therapie mit
    Sandimmun ohne Nebenwirkungen, Labor und klinische Situation vollständig
    stabil, internistischerseits kein Einwand gegen das selbstständige Lenken
    eines PKW´s)
  3. Augenfachärztliches Attest, Dr. TE, 17.4.2002 (Visus rechts ohne Korrektur
    0,5 und links ohne Korrektur 0,8, Computerperimetrie bzw. Gesichtsfeld
    unauffällig, Dämmerungssehen unauffällig, seit 7 Jahren unveränderter
    Augenbefund, gegen das Lenken eine Kraftfahrzeuges ohne Brille besteht von
    augenfachärztlicher Seite kein Einwand)

 
  1. Akutelle amtsärztliche Begutachtung in der hiesigen Abteilung am 18.7.2003
    einschließlich aktueller internistischer Stellungnahme:

 
  1. Amtsärztliches grobklinisches Untersuchungsergebnis, 18.7.2003:

  2. Herr AD zeigt sich in gutem Allgemeinzustand, Blutdruck 135/80, Visus ohne
    Korrektur rechts 0,5 und links 0,8, große blande Narbe über dem Abdomen bei
    Zustand nach Lebertransplantation (wegen kryptogener Lebercirrhose) 1999,
    gute Globalbeweglichkeit, prothetisch gut versorgter Zustand nach
    Unterschenkelamputation rechts 2001 wegen Durchblutungsstörungen und
    Komplikation der Bypassoperation, das Gangbild zügig und nur leicht hinkend,
    gute Kniebeweglichkeit rechts;
    Im psychischen Bereich unauffällig und stabil, im Gespräch kooperativ und
    einsichtig, wirkt zuverlässig und verantwortungsbewusst, keine Hinweise auf
    psychische Beeinträchtigungen;
     
  3. Aktuelle internistische Bestätigung II. Medizinische Abteilung AKH Linz,
    11.7.2003 in Kopie beiliegend:

Von Seiten der Lebertransplantation besteht ein vollständig unauffälliges
Zustandsbild mit normalen Lebersyntheseparametern, eine Einschränkung
diesbezüglich ist nicht vorliegend, von Seiten der Durchblutungsstörungen
besteht ebenfalls eine stabile Situation ohne klinische Symptomatik,
ausgezeichnete Blutdruckeinstellung der bekannten Hypertonie ohne
Risikodisposition, immunsupressive Therapie ohne Nebenwirkungen und ohne
klinische Einschränkungen, von kardialer Seite ebenso keine Risikodisposition
mit klinischer Symptomatik, stabile Nierenfunktionsparamter mit etwas
erhöhtem Kreatin bedingt durch Sandimmun und ohne Progression;
 

Beurteilung:

 
Hauptbeurteilungsgrundlage stellt im vorliegenden Fall die aktuelle internistische
Bestätigung des AKH Linz vom 11. Juli 2003 dar, worin derzeit ein stabiler
Gesundheitszustand von Herrn AD ohne Hinweise auf eine besondere
Risikodisposition und ohne Hinweise auf eine Progression oder
Verschlechterungstendenz beschrieben wird.
 
Von Seiten der Lebertransplantation wird aus internistischer Sicht ein vollständig
unauffälliges Zustandsbild ohne Einschränkungen beschrieben, auch die
immunsupressive Dauertherapie wird laut internistischer Stellungnahme
uneingeschränkt und ohne Nebenwirkungen vertragen. Die stabile klinische Situation
wird in dieser gegenständlichen internistischen Bestätigung ebenso für die kardiale
Seite, die ausgezeichnet eingestellte Hypertonie und die Nierenfunktion bestätigt.
 
Auch bei der aktuellen amtsärztlichen Untersuchung in unserer Abteilung am 18. Juli
2003 zeigt sich Herr D in stabilem unauffälligem Allgemeinzustand und im Bezug auf
die internistische Bestätigung des AKH Linz scheint es insgesamt nach
gegenwärtiger Befundlage unwahrscheinlich, dass sich der Gesundheitszustand von
Herrn D in den nächsten Jahren in fahrrelevanter Weise verschlechtern wird. Herr D
hat in den letzten Jahren eine Reihe von schwereren Erkrankungen erlitten, welche
laut internistischen Aussagen jedoch ausreichend behandelt und stabilisiert werden
konnten.
 
Unter Berücksichtigung der Gesamtsituation liegen aus unserer amtsärztlichen Sicht
keine zeitlichen Befristungsgründe der Lenkerberechtigung für die Klasse B mehr
vor. Herr AD ist geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B. Die
technischen Auflagen mit der Verwendung von Automatikgetriebe und
Linksbedienung bleiben weiterhin aufrecht (gut prothetisch versorgter Zustand nach
Unterschenkelamputation rechts)."
(Zitatende)
Das amtsärztliche Gutachten, gestützt auf die fachärztlichen Stellungnahmen im
Sinne der FSG-GV, ist schlüssig und unbedenklich; es wird daher der Entscheidung
zugrunde gelegt. Der Bw ist zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B geeignet.
Die Beschränkungen der Gültigkeit der Lenkberechtigung werden unter Hinweis auf
die obigen Ausführungen, behoben.
Die Auflage, nur Kraftfahrzeuge mit Automatik und Linksbedienung zu lenken, bleibt
aufrecht.
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine
Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts
hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils
von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine
Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

S c h ö n

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum