Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103669/7/Br

Linz, 10.05.1996

VwSen-103669/7/Br Linz, am 10. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn J P, E gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 27. März 1996, AZ.

III/VU/P/4758/95 W, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 10. Mai 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, daß die verhängten Geldstrafen auf 700 S und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 24 Stunden ermäßigt werden; der Schuldspruch wird jedoch in beiden Punkten bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG, iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf je 70 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem Straferkenntnis vom 27. März 1996, AZ. III/VU/P/4758/95 W über den Berufungswerber wegen der ihm zur Last gelegten Übertretungen der Straßenverkehrsordnung eine Geldstrafe von je 2.000 S und für den Nichteinbringungsfall je drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 16.6.1995 um 18.00 Uhr in L, auf der L. in Rtg. S. nächst A das KRAD mit dem Kennzeichen gelenkt und es unterlassen habe 1) nach einem Verkehrsunfall mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, indem er, obwohl es sich um einen Verkehrsunfall mit Personenschaden gehandelt habe, bei dem es zu einer amtlichen Aufnahme des Sachverhaltes durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu kommen hat, die Verkehrsunfallstelle vor der amtlichen Aufnahme mit seinem KFZ verlassen habe, 2) sei er als Lenker dieses KFZ an einem Verkehrsunfall mit Personenschaden beteiligt gewesen und habe somit als Person, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, nicht sofort die nächste Sicherheitsdienststelle verständigt.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde in der Sache sinngemäß aus, daß die Verwaltungsübertretungen auf Grund des Anzeigeinhaltes vom 11.9.1995 erwiesen seien. Schon bei seiner Ersteinvernahme habe der Berufungswerber angegeben, daß seine Hand von einem nachkommenden Kradlenker gestreift worden wäre. Dieser Lenker sei anschließend zu Sturz gekommen. Er selbst sei mit dem Krad gestanden und daher nicht gestürzt. Weiters habe der Berufungswerber ausgeführt, daß er sich an diesem Verkehrsunfall nicht beteiligt erachte. Ebenfalls habe der Berufungswerber erklärt, daß der Zweitbeteiligte über Schmerzen im Schulterbereich geklagt habe. Diese Angaben stünden im Gegensatz zu den Einspruchsangaben des Berufungswerbers, wonach dieser darin angebliche Hinweise auf Verletzungen des Zweitbeteiligten bestritt.

Die Erstbehörde verwies folglich auf die Angaben des Zweitbeteiligten T K in dessen Einvernahme vor der Erstbehörde. Dabei habe dieser ausgeführt, daß er an der Unfallstelle gegenüber dem Berufungswerber sehr wohl auf seine Verletzungen hingewiesen hätte. Der Berufungswerber habe gegenüber ihn gemeint er solle sich verarzten lassen, man brauche keine Polizei und er (der Berufungswerber) fühle sich nicht schuldig.

2. Der Berufungswerber führte in seiner fristgerecht erhobenen Berufung aus, daß er "die ihm zur Last gelegten Tatbestände" nur bestreiten könne. Der Zweitbeteiligte habe keine Anzeichen von Verletzungen gehabt und sich auch nicht dahingehend geäußert. Der Zweitbeteiligte sei unter Zeitnot gestanden und habe ständig wiederholt zum Bundesheer zu müssen und schon spät dran zu sein. Nach mehrmaligem Zureden habe er ihn erst bewegen können zum Straßenrand zu gehen.

Dort habe er ihn ausdrücklich hinsichtlich Verletzungen gefragt, was dieser jedoch ausdrücklich verneint habe. Dann habe er notdürftig die zerbrochenen Verkleidungsstücke des Motorrades fixiert, woraufhin beide ihre Fahrt fortsetzten.

Er beantragt abschließend die Verfahrenseinstellung, in eventu die Milderung der ohnedies hohen Strafe.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz und dessen Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, an welcher auch ein Vertreter der Bundespolizeidirektion Linz teilgenommen hat.

Ferner wurde Beweis geführt durch die Vernehmung von T K als Zeugen und des Berufungswerbers als Beschuldigten.

3.1. Zumal keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da mit der Berufung mit dem Vorbringen keinen Hinweis auf Verletzungsfolgen gehabt zu haben auch die Schuldfrage angefochten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen gewesen (§51e Abs.1 VStG).

4. Der Berufungswerber mußte unmittelbar vor dem hier gegenständlichen Vorfall sein Motorrad in der L, Fahrtrichtung L, an der Kreuzung "A" ampelbedingt anhalten.

Wenige Sekunden später wurde er von dem von T. K gelenkten Motorrad gestreift, wobei in weiterer Folge dieser Motorradlenker etwas weiter vorne zu Sturz gelangte. Er ging folglich zu dem gestürzten Lenker, half ihm auf und bog einige Plastikteile an dessen Motorrad zurecht. Dabei erklärte der gestürzte Motorradfahrer, daß er sogleich weiterfahren wolle, weil er zum Bundesheer müsse. Auf die Frage durch den Berufungswerber ob er verletzt sei, gab er an, daß er dies nicht annehme, jedoch hätte er Schmerzen im Bereich der linken Brusthälfte bzw. des Schlüsselbeins. Er bat den Berufungswerber, daß dieser nachschauen möge, ob er an ihm eine Verletzung im Brustbereich sehen könne.

Ebenfalls wurde an der Bekleidung des Gestürzten am rechten Hosenbein ein Loch gerissen. Eine Verständigung der Polizei wurde vom Unfallbeteiligten K glaubhaft strikt abgelehnt.

4.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Dabei kam hervor, daß der Berufungswerber wohl mit dem Vorliegen einer Verletzung hätte rechnen müssen. Dies insbesondere angesichts des Umstandes, daß K über Schmerzen klagte und immerhin alleine schon der Sturz eine solche vermuten läßt. Dem steht gegenüber, daß der Gestürzte offenbar eine Intervention der Polizei aktiv ablehnte, der Berufungswerber bemüht war sich um den Gestürzten zu kümmern und er schließlich mehr zum "Opfer" der Ablehnung einer Intervention der Polizei seitens des Verletzten wurde. Der Berufungswerber vermochte glaubhaft darzutun, daß er keineswegs sich mit einer "Fahrerflucht" abfinden hat wollen. Sein Fehlverhalten beruhte ausschließlich auf seine "unzulängliche Rechtskenntnis" hinsichtlich der Verhaltenspflichten nach einem Verkehrsunfall. Diese sind jedoch für den Inhaber einer Lenkerberechtigung nicht entschuldbar. Glaubwürdig legte der Zeuge dar, daß er auf Schmerzen im Brustbereich hinwies. Der Zeuge war sichtlich bemüht dem Berufungswerber nicht zu schaden, was seine Aussage besonders glaubwürdig erscheinen läßt.

5. Gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960, haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

5.1. Gemäß Abs.2 leg.cit haben bei einem Verkehrsunfall wenn Personen verletzt worden sind, die im Abs.1 genannten Personen Hilfe zu leisten; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben sie die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.

Zutreffend führt die Erstbehörde in rechtlicher Hinsicht aus, daß bei einem Verkehrsunfall anläßlich welchen Personen verletzt wurden, die im § 4 Abs.1 StVO 1960 genannten Personen (alle Personen deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht) u.a. auch die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen haben....

Dies setzt wohl grundsätzlich voraus, daß eine Verletzung einer Person (mit Ausnahme seiner selbst) als solche erkannt wird bzw bei gehöriger Aufmerksamkeit erkannt werden müßte.

Es kann bei dieser Fallkonstellation dahingestellt bleiben, wen bei einem derartigen Verkehrsunfall das Verschulden trifft. Nachdem mit Verletzungen zumindest gerechnet werden hätte müssen, ist auch die unterbliebene Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung und auch die sofortige Verständigungspflicht ausgelöst worden.

Es wird diesbezüglich auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach auch der offenbar nicht unbegründete - Verdacht, daß eine andere Person verletzt worden sein könnte, genügt, um die Meldepflicht auszulösen (vgl. ua VwGH vom 22.3.1991, 90/18/0266). Es kommt nicht auf den Grad der Verletzung an, auch nicht nennenswerte Verletzungen lösen die Verständigungspflicht nach § 4 Abs.2 StVO 1960 aus (VwGH 27.4.1984, 83/02/0392 = ZfVB 1984/6/3415; 20.4.1988, 87/02/0118 = ZfVB 1989/1/152).

Kommt bei einem Verkehrsunfall ein Motorradfahrer zu Sturz, muß mit Verletzungen gerechnet werden, auch wenn solche nicht äußerlich erkennbar sind (VwGH 25.11.1985, 85/02/0208 = ZFVB 1986/3/1349). Dies umso mehr, wenn ein Gestürzter darüber hinaus noch über Schmerzen klagt.

Inhalt dieser Pflicht ist einerseits die Ermöglichung der Sachverhaltsfeststellung und der späteren Durchsetzungsmöglichkeit allfälliger zivilrechtlicher Ansprüche. Der Meldepflicht wird folglich nur dann entsprochen, wenn der Inhalt der Verständigung den Polizei- oder Gendarmeriebeamten in die Lage versetzt, eine vollständige Meldung zu erstatten. Eine vollständige, ihren Zweck erfüllende Meldung ist aber nur möglich, wenn die Verständigung neben den Personalien des Beschädigers (des am Unfall in ursächlichem Zusammenhang stehenden Beteiligten) genaue Angaben über Unfallort, Unfallzeit, beschädigendes sowie beschädigtes Objekt und die Unfallursache enthält.

Durch dieses Unterbleiben gelangte die Behörde erst Wochen später in Kenntnis dieses Vorfalles.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Hier ist jedoch von einer bloß geringen Tatschuld auszugehen. Der Berufungswerber zeigte sich auch einsichtig, sodaß daher mit einer bloß geringfügig das gesetzliche Mindeststrafausmaß von 500 S übersteigenden Strafe das Auslangen gefunden werden konnte. Zumal dem Berufungswerber jedoch nicht mehr der zusätzliche Milderungsgrund der völligen Unbescholtenheit zugute kommt, konnte die Mindeststrafe jedoch nicht verhängt werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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