Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520317/2/Fra/Vie/An

Linz, 03.09.2003

 

 

  
VwSen-520317/2/Fra/Vie/An
Linz, am 3. September 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die rechtzeitig eingebrachte Berufung des Herrn TB, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 11. Juni 2003, Zl. FE-6543/2003, wegen Aufforderung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird behoben.

 
Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG; § 24 FSG
 
 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oa Bescheid wurde Herr Thomas Brunner gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, binnen vier Monaten ab Rechtskraft des Bescheides ein (amtsärztliches) Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG beizubringen.

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber (Bw) rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) gegeben. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Der Inhalt des umfangreichen Rechtsmittels lässt sich im Wesentlichen dahingehend zusammenfassen, dass der Bw die Schwierigkeiten und Probleme im nachbarschaftlichen Zusammenleben zwischen dem Bw und seiner Freundin (als von der Stadt "Zugereiste") einerseits sowie namentlich näher genannten Nachbarn im Ortsgebiet von Raab, Bezirk Schärding, andererseits schildert. Die Angaben des (in der Anzeige des Gendarmeriepostens Raab vom 7.4.2003 namentlich näher bezeichneten) A. stellten gegen ihn gerichtete Lügen und Beleidigungen dar. Die Aussage in dieser Anzeige, wonach er "bereits seit längerer Zeit als Alkoholiker und äußerst aggressiver Mensch" bekannt sei, wird von ihm bestritten. Auch treffe es nicht zu, dass sich sein früherer Arbeitgeber wegen einer Schlägerei auf einer Baustelle in Graz von ihm getrennt hätte. Vielmehr sei die Trennung wegen eines Krankenstandes erfolgt. Der Vorwurf einer Ruhestörung werde von ihm nicht bestritten.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
 

4.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z 3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist gemäß § 24 Abs.4 FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

4.2. Das Vorbringen des Bw verhilft seinem Rechtsmittel im Ergebnis zum Erfolg.

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid damit begründet, der Bw leide laut einer Anzeige des Gendarmeriepostens Raab vom 7.4.2003 an Alkoholproblemen und neige zu aggressiven Wurtausbrüchen, indem er Schlägereien in Gastlokalen und an der Arbeitsstelle anfinge.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat diese, mit der Geschäftszahl A1/210/03/Brü versehene Anzeige einer näheren Überprüfung unterzogen.

Nach dem auf dem Titelblatt angeführten Betreff wurde gegen den Bw Anzeige wegen des Verdachtes der Übertretung nach dem Meldegesetz, einer Übertretung nach § 81 (Störung der öffentlichen Ordnung) sowie einer Übertretung nach dem KFG erstattet.

Unter der Rubrik "Darstellung der Tat" wurde unter Punkt 1 angeführt, der Bw habe im April 2002 das Haus T bezogen und es in der Folge unterlassen, den Hauptwohnsitz von Linz nach Raab zu verlegen und beim Marktgemeindeamt Raab anzumelden, obwohl er seither in Raab wohnhaft und in Linz nicht mehr aufhältig sei.

Unter Punkt 2 wurde festgehalten, der Bw habe am 13.3.2003 in der Zeit zwischen 22.15 Uhr und 22.45 Uhr vor seinem Haus so laut geschrien, dass namentlich näher genannte Nachbarn in ihrer Nachtruhe gestört waren. Nach erfolgter Aufforderung durch die Gendarmerie habe sich der Bw beruhigt, um in der Folge, nachdem die Gendarmerie den Tatort verlassen hatte, in der Zeit zwischen 23.00 und 23.15 Uhr wieder laut zu schreien.

Unter Punkt 3 wurde schließlich angeführt, der Bw habe es unterlassen, einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten, am Scheinwohnsitz in Linz angemeldeten LKW bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding anzumelden.

Unter der Rubrik "Beweismittel" wird vorerst festgehalten, der unter "Darstellung der Tat" geschilderte Sachverhalt sei von MA, R, T, angezeigt und in weiterer Folge von Rev. Insp. WB, GP Riedau, und BezInsp. B, GP Raab, festgestellt worden.

Unter der Rubrik "Beweismittel" wurde in weiterer Folge ausgeführt, der Bw sei bereits seit längerer Zeit als Alkoholiker und äußerst aggressiver Mensch bekannt. So habe er zB. in allen Gastlokalen in Raab Lokalverbot, da er meist zu stänkern und zu raufen anfange. 2001 habe er bei der Leasingfirma "Team 24" gearbeitet. Auf einer Baustelle in Graz habe er "durchgedreht" und eine Schlägerei angefangen. Wegen seines aggressiven Verhaltens habe sich die genannte Firma vom Bw getrennt. Im August 2002 habe er beim Haus eines namentlich näher bezeichneten Nachbarn einen zynisch-beleidigende Worte enthaltenden Brief hinterlegt. Laut Auskünften aus der Bevölkerung dürfte der Bw krank sein. Er leide angeblich an zu wenig Gehirnflüssigkeit und sollte deswegen auch Medikamente einnehmen. Dies dürfte er möglicherweise auch wegen seines übermäßigen Alkoholgenusses unterlassen und könnten Aggressionsausbrüche daherrühren. Seitens der Gendarmerie werde deswegen eine Überprüfung der Verkehrszuverlässigkeit des Bw für erforderlich erachtet.

Ferner wurde noch angeführt, laut Auskunft der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer Ontlstraße, konnte der Bw am 4.4.2003 nicht in seiner Wohnung in Linz angetroffen werden. Es habe sich herausgestellt, dass er sich in Raab aufhalte.

Unter der Rubrik "Angaben des Verdächtigten" ist ersichtlich, der Bw habe am 13.3.2003 gegen 22.50 Uhr angegeben, er habe geschrien, dass sein Nachbar A. ein "Arschloch" sei.

Dass der Bw den Gendarmeriebeamten gegenüber ein aggressives Verhalten an den Tag gelegt hätte, kann der Anzeige dabei nicht entnommen werden.

Die belangte Behörde hat die Ausführungen in der zitierten Anzeige des Gendarmeriepostens Raab offenkundig ungeprüft übernommen und den angefochtenen Bescheid - wie oben schon angeführt - damit begründet, der Bw leide an Alkoholproblemen und neige zu aggressiven Wutausbrüchen, indem er Schlägereien in Gastlokalen und an der Arbeitsstelle anfinge. Es hätten sich somit Anhaltspunkte für Zweifel an der gesundheitlichen Eignung bzw. fachlichen Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ergeben.

Ungeachtet des Umstandes, dass das FSG eine dem § 75 Abs.1 KFG 1967 entsprechende Bestimmung nicht enthält, ist auch im Geltungsbereich des FSG Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens betreffend Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung und damit auch für einen Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 leg. cit., dass begründete Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z 2 bis 4 leg. cit.) noch gegeben sind. Dies folgt schon aus dem allgemeinen Grundsatz, dass die Verwaltungsbehörden nicht grundlos Ermittlungsverfahren einzuleiten und Aufforderungsbescheide mit der Folge eines Rechtsverlustes bei Nichtbefolgung zu erlassen haben (vgl. hiezu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 1998, Zl. 98/11/0120, vom 14. März 2000, Zl. 99/11/0185, vom 23. Jänner 2001, Zl. 2000/11/0240 und vom 30. Mai 2001, Zl. 2001/11/0013). Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides setzt demnach begründete Bedenken, dass der Berufungswerber eine der in § 3 Abs.1 FSG-GV genannten Voraussetzungen für das Vorliegen der gesundheitlichen Eignung nicht erfüllt, voraus. In diesem Stadium des Verfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann. Es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände unter der hiefür notwendigen Mitwirkung des Besitzers der Lenkerberechtigung geboten erscheinen lassen.

Dass das Verhalten (sowohl in Wort und Schrift) des Bw, träfen die Angaben in der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Anzeige zu, als unhöflich und ungehörig zu qualifizieren wäre, steht außer Zweifel. Dies allein rechtfertigt jedoch noch nicht Bedenken in Hinblick auf einen Mangel der geistigen und körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen hervorzurufen (vgl. hiezu die VwGH-Erkenntnisse vom 21. April 1998, Zl. 96/11/0170 bzw. vom 24. April 2001, Zl.2000/11/0231). Das beschriebene Verhalten des Bw mag als öffentliche Anstandsverletzung oder ungebührliche Lärmerregung zu qualifizieren sein, es weist keinen ausreichenden Bezug zu kraftfahrrechtlichem oder straßenverkehrsrechtlichem Fehlverhalten auf.
 

Die Hinweise in der in Rede stehenden Anzeige des Gendarmeriepostens Raab betreffend Alkoholprobleme stellen mangels näherer, konkreter Angaben zum angesprochenen Problem keine entsprechend verwertbaren Beweismittel bezüglich Bedenken der gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen dar. Derartige Angaben wären jedoch erforderlich gewesen, um der Behörde eine entsprechende Beweiswürdigung zu ermöglichen. Es wäre Aufgabe der belangten Behörde gewesen, diesbezüglich im Rechtshilfeweg über die zuständige Bezirkshauptmannschaft Schärding den dem Gendarmerieposten Raab zugeteilten Meldungsleger aufzufordern, diese Hinweise näher zu konkretisieren.

 

Gleiches gilt auch für die Aussage, der Bw sei als aggressiver Mensch bekannt und beginne in Gastlokalen zu stänkern und zu raufen. Diesbezüglich hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, der Bw habe in allen Gastlokalen wegen seines Verhaltens Lokalverbot. Damit ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates die Gefahr, der Bw werde zu stänkern und zu raufen beginnen, jedenfalls reduziert: dies wiederum unter der Voraussetzung, dies träfe tatsächlich zu, wobei jedoch wiederum konkrete Angaben hiezu nicht ersichtlich sind. Nähere Umstände bezüglich dieses dem Bw angelasteten Verhaltens fehlen zur Gänze. "Aggressive Wutausbrüche" werden in der Anzeige vom 7.4.2003 im Übrigen nicht erwähnt. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Gemeinde Raab zu den im sogenannten "Sauwald" gelegenen Gemeinden gehört. Von den männlichen Bewohnern dieser Region war bzw. ist hinlänglich bekannt, dass sie zumindest bis in die jüngere Vergangenheit Raufereien als Volkssport betrachteten und dabei in der Wahl ihrer Mittel keinesfalls zimperlich waren. Dass Einheimische gegenüber "Zugereisten", wenngleich nicht generell, so doch in Einzelfällen eine reservierte bzw. ablehnende Haltung einnehmen und ein solches Verhalten möglicherweise auch im Falle des Bw (gewissermaßen als "nicht hergehörend") an den Tag gelegt wurde, kann nicht völlig von der Hand gewiesen werden.

 

Ob der Bw anlässlich der laut Niederschrift der belangten Behörde vom 11. Juni 2003 stattgefundenen Erörterung des Sachverhaltes und der Rechtslage bereits damals die in der gegenständlichen Berufungsschrift enthaltenen Argumente vorgebracht hat, kann weder der Bescheidbegründung noch dem Akteninhalt entnommen werden. Bei Zutreffen der Behauptungen des Bw kann jedenfalls von einem Verhalten, das Zweifel an der gesundheitlichen Eignung desselben hervorrufen könnte, nicht ernsthaft die Rede sein.

Zusammenfassend vermag der Unabhängige Verwaltungssenat alleine aufgrund des ihm vorliegenden Sachverhaltes nicht zu erkennen, dass das - zweifellos nicht völlig unproblematische - Persönlichkeitsbild des Bw Anlass zu begründeten Zweifeln im Sinne des § 24 Abs.4 FSG gibt.

 
Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.
 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Dr. F r a g n e r

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