Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520322/10/Br/Gam

Linz, 29.07.2003

 

 VwSen-520322/10/Br/Gam Linz, am 29. Juli 2003

DVR.0690392

 

 
 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn CH K, vertreten durch RAe Dr. E P u. Dr. G W. H MAS, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. Juni 2003, FE-272/2003, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach der am 29. Juli 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:
 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 und 67d Abs.1 AVG iVm § 7 Abs.1 u. Abs.3, § 24 Abs.1 Z1, § 25 Abs.1, § 26 Abs.2, 3 u. 4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 idF BGBl. I Nr. 129/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber die ihm von der Bundespolizeidirektion Linz am 4. Juli 2001, F 2914/2001, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung gestützt auf die o.a. Rechtsvorschriften, wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zwei Wochen entzogen.

 

    1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:

"Gem. § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung ( § 3 Abs. 1 Z 2 bis 4 ) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Diese Voraussetzungen sind: Verkehrszuverlässigkeit, gesundheitliche Eignung und fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

 

Gem. § 7 Abs. 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1 . die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gem. § 7 Abs. 3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;
 

Gem. § 26 Abs. 3 FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z.4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§7Abs. 3 Z.3) oder auch eine Übertretung gem. Abs.1, 2 oder 4 vorliegt - hat die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Lt. Strafverfügung des Strafamtes der BPD L, lenkten Sie am 21.7.2002 um 12.05 Uhr in St, auf der B 3 bei Strkm 232.188 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen und überschritten die in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 51 km/h.
 

Nach diesem Sachverhalt sind Sie nicht verkehrszuverlässig. Nicht verkehrszuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern ist die Lenkberechtigung zu entziehen bzw. ist das Lenken von Kraftfahrzeugen zu untersagen. Die Entziehungsdauer ist gesetzlich begründet."

 

  1. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachten Berufung, worin folgendes ausgeführt wird:
  2.  

    "1. Sachverhalt:

    mit Strafverfügung der Bpd. L vom 18.3.2003, AZ: S 0008535/LZ/03/3, wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, am 21.7.2002 um 12.05 Uhr in St, B3, km 232.188, mit dem Fahrzeug PKW, polizeiliches Kennzeichen, die durch Verbotszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h (Lasermessung 121 km/h gemessene Geschwindigkeit) überschritten zu haben. Dieser Strafverfügung liegt die Anzeige des Gendarmeriepostens G vom 21.2.2003 zugrunde.

     

    Gegen diese Strafverfügung hat der Berufungswerber kein Rechtsmittel eingelegt, sodass diese in Rechtskraft erwachsen ist.

     

    Mit Bescheid vom 16.6.2003, AZ: FE 272/2003, entzieht die belangte Behörde dem Berufungswerber nunmehr die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides. Der Führerschein ist unverzüglich nach Vollstreckbarkeit des Bescheides bei der belangten Behörde abzuliefern.

     

    Dieser Bescheid wurde dem Berufungswerber am 20.6.2003 zugestellt.

     

    II. Der Berufungswerber erhebt durch seine bevollmächtigten Vertreter gegen den Bescheid der Bpd. L vom 16.6.2003, AZ: FE-272/2003, zugestellt am 20.6.2003 in offener Frist

     

    B e r u f u n g

     

    an den Unabhängigen Verwaltungssenat von Oberösterreich und stellt den

     

    A n t r a g,

     

    1 . der Unabhängige Verwaltungssenat von Oberösterreich möge nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung den angefochtenen Bescheid vom 16.6.2003, AZ: FE-272/2003, zugestellt am 20.6.2003, ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen; in eventu

    2. den angefochtenen Bescheid vom 16.6.2003, AZ: FE-272/2003, aufheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung an die Behörde erster Instanz verweisen.

     

    Der erstinstanzliche Bescheid wird zur Gänze angefochten. Als Berufungsgründe werden materielle Rechtswidrigkeit sowie wesentliche Verfahrensmängel geltend gemacht.

     

     

    III. Der Berufungswerber begründet seine Anträge im Einzelnen wie folgt:

     

    1. Unrichtiger Sachverhalt:

     

    Voraussetzungen, die einen Führerscheinentzug rechtfertigen, liegen nicht vor.

     

    Die Behörde hat zwar die Lenkerberechtigung zu entziehen, wenn ihr Besitzer als verkehrsunzuverlässig gilt (§ 24 FSG iVm § 3 Abs 1 Z 2 FSG); doch gilt eine Person nur dann als verkehrsunzuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (z.B. Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebietes von mehr als 50 km/h gem. § 7 Abs 3 Z 4 FSG) und ihrer Wertung (für die Wertung sind deren Verwerflichkeit, Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit gem. § 7 Abs 4 FSG maßgebend) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird (§ 7 Abs.1 FSG).

     

    Der Berufungswerber hat am 21.7.2002 nicht die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h Überschritten. Der Beschuldigte hielt sich zum vermeintlichen Tatzeitpunkt nachweislich in Zwettl an der Rodl auf. Zum Beweis dafür beantragt der Berufungswerber die Einvernahme der Zeugen K Sch und Dr. H Sch, und legt unter einem die von den Zeugen unterfertigte Bestätigung vor.

     

    Der Berufungswerber konnte daher gar nicht die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung zu diesem Zeitpunkt begehen.

     

    Dem bekämpften Bescheid liegt ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde, weshalb er jedenfalls zu beheben sein wird.

     

    2. Verjährung:

     

    In der Anzeige des Gendarmeriepostens G scheint das Begehungsdatum mit 21.7.2002 auf. Die Anzeige hingegen datiert vom 21.2.2003. Zwischen dem vermeintlichen Begehungszeitpunkt und dem tatsächlichen Anzeigezeitpunkt liegen sieben Monate. Die erste Verfolgungshandlung gegen den Berufungswerber wurde somit frühestens mit der Anzeige gesetzt.

     

    Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist (S 31 Abs 1 und 2 VSTG).

     

    Im gegenständlichen Fall sind zwischen vermeintlichem Tatzeitpunkt und tatsächlichem Anzeigezeitpunkt mehr als sechs Monate vergangen, sodass zum Anzeigezeitpunkt bereits Verfolgungsverjährung eingetreten war. Die Strafverfügung der Bpd. Linz vom 18.3.2003 ist damit rechtswidrig sowie von Amts wegen zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber einzustellen.

     

    Verjährte Sachverhalte sind einem Führerscheinentzugsverfahren nicht zugrundezulegen. Der bekämpfte Bescheid ist damit inhaltlich rechtswidrig und zu beheben.

     

    3. Rechtliches Gehör:

     

    Die belangte Behörde hat dem Berufungswerber im Führerscheinentzugsverfahren kein rechtliches Gehör gewährt. Das Ermittlungsverfahren ist damit mangelhaft.

     

    Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (§ 37 AVG).

     

    Hätte die belangte Behörde dem Berufungswerber im Führerscheinentzugsverfahren Gehör gewährt, indem sie ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme bzw. Rechtfertigung eingeräumt hätte, hätte der Beschuldigte die belangte Behörde auf den unrichtigen Sachverhalt hinweisen können.

     

    Indem die belangte Behörde dies unterlassen hat, belastet sie den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel.

     

    Linz, am 1. Juli 2003 Ch K"

    Ls R197e001

     

    1. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Ergebnis im Recht!

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat angesichts des Berufungsvorbringens mit h. Schreiben vom 9. Juli 2003 bei der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde, dem Landeshauptmann von Oö. als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung - Abteilung Verkehr, angeregt, die mit Blick auf die Tatzeit offenbar erst nach Verfolgungsverjährung erlassene, jedoch in Rechtskraft erwachsene Strafverfügung, von Amts wegen zu beheben. Beigeschafft wurden vom verfahrensgegenständlichen Bereich der B3 Luftbilder aus dem System Doris. Im Wege der Bezirkshauptmannschaft U-U wurde der Bereich der verordneten erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h zwischen Strkm 232,400 und 232,012 bestätigt. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde die Messung durch führende Gendarmeriebeamte zeugenschaftlich einvernommen. Verlesen wurde die von der Bundespolizeidirektion Linz am 28.7.2003 erfolgte amtswegige Behebung der Strafverfügung vom 18. März 2003 und die am 27.7.2003 vom Messbeamten der Bundespolizeidirektion Linz übermittelte Stellungnahme, welche ihrerseits per FAX dem Oö. Verwaltungssenat weitergeleitet wurde.

Der Berufungswerber nahm wg. berufsbedingter Verhinderung entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil (s. vorgelegte Bestätigung). Auch der Vertreter der Behörde erster Instanz entschuldigte seine Nichtteilnahme an der Berufungsverhandlung.

 

3.1. Auf Grundlage dieser im Vorfeld eingeholten und im Rahmen der Berufungsverhandlung erörterten Beweisergebnisse steht fest, dass es auf Grund eines nicht nachvollziehbaren Irrtums zu einer Fehlbezeichnung der Tatzeit "21.7.2002", anstatt richtig "21.2.2003" kam. Mit Blick darauf kommt dem Berufungsvorbringen Berechtigung zu, weil dem Entzug der Lenkberechtigung hinsichtlich der Tatzeit ein Verhalten zu Grunde gelegt wurde, welches offenkundig nicht stattgefunden hat und der diesbezügliche - für dieses Verfahren präjudizielle - in Rechtskraft erwachsene Schuldspruch durch die Verfügung der Strafbehörde am 28.7.2003 aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde. Die zur Last gelegte Tat war zum Zeitpunkt der Erlassung der Strafverfügung bereits verfolgungsverjährt.

 

3.1. Der Zeuge RevInsp. H führte sowohl anlässlich der Übermittlung des Dienstberichtes an die Bundespolizeidirektion Linz als auch im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Befragung aus, dass er diese Geschwindigkeitsüberschreitung durch Lasermessung am 21.2.2003 und offenkundig nicht am 21.7.2002 feststellte. Dies mittels geeichtem Lasermessgerät der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E, Nr. 5796, im Umfang von 51 km/h (121 km/h anstatt der durch VZ kundgemachten 70 km/h).

Auch aus dem bei der Berufungsverhandlung vorgelegten Messprotokoll ergibt sich offenkundig als Zeit des verfahrensgegenständlichen Ereignisses der 21.2.2003. Über die Umstände dieses Irrtums in der Bezeichnung der Tatzeit im Umfang von sieben Monaten vermochte der Zeuge unter Hinweis, dass von ihm die Meldung nicht verfasst wurde, keine Auskunft zu geben. Die vom Lasermessgerät abgelesene Fahrgeschwindigkeit habe er dem Kollegen S durch Zuruf mitgeteilt, welcher die Anhaltung des auf der B3 aus Richtung M kommenden Berufungswerbers durchführte. Sowohl die Messung als auch die Anhaltung erfolgte vom Beschleunigungsstreifen in westlicher Richtung. Die exakte Messentfernung ergibt sich aus den Unterlagen nicht. Die Meldung und das Messprotokoll wurde ebenfalls vom Gendarmeriebeamten S verfasst. RevInsp. H räumte sinngemäß ein, dass sich zum Zeitpunkt der Messung keine sonstigen Fahrzeuge im Bereich des übersichtlichen Kreuzungsbereichs der B3 befanden und demzufolge mit dieser Fahrgeschwindigkeit keinerlei konkrete Gefährdungsaspekte erkennbar waren.

Wie sich aus dem ebenfalls beigeschafften Luftbildmaterial ergibt verläuft die B3 in diesem Bereich auf mehrere hundert Meter geradlinig, wobei der Kreuzungsbereich gut einsehbar zu sein scheint. Es kann durchaus davon ausgegangen werden, dass der Meldungsleger von seinem Standort aus eine einwandfreie Lasermessung durchführten konnte. Ebenfalls liegt der sich aus der Anzeige ergebende "Tatort" bei Strkm 232,188 im rechtsrelevanten Beschränkungsbereich.

Somit wird hier - was in diesem Verfahren auf sich zu bewenden hat - an der Richtigkeit der Messung wohl nur schwer gezweifelt werden können. Mit diesen Feststellungen soll jedoch einem abermals durchzuführenden erstinstanzlichen Beweisverfahren, welches allenfalls noch durch die Einvernahme des anhaltenden Beamten S zu vervollständigen sein wird, keinesfalls vorgegriffen werden. Diese Feststellungen ergaben sich hier angesichts der bereits anberaumten Berufungsverhandlung, wobei der offenkundige Datumsirrtum dem Unabhängigen Verwaltungssenat erst einen Tag vor der Berufungsverhandlung bekannt wurde. Zur allfälligen Vermeidung von aufwändigen Sachverhaltsermittlungen im Rahmen eines abermaligen Berufungsverfahrens sollten aus verfahrensökonomischen Gründen an dieser Stelle die Gelegenheit zu inhaltlichen Erörterungen des Sachverhaltes nicht versäumt werden.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen ...

Gemäß § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die ... Z2 verkehrszuverlässig sind (§7).

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
  2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer Handlungen schuldig machen wird.

Gemäß § 7 Abs.3 hat als bestimmte Tatsachen iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand: ...

Z4: die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

 

4.1.1. Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. ...

Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen und nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde oder auch eine Übertretung gemäß Abs.1, 2 oder 4 vorliegt - die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

Nach § 26 Abs.7 FSG darf eine Entziehung gemäß Abs. 3 und 4 erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist.

Zumal mit Blick auf die Tatzeit weder hinsichtlich des ursprünglichen Tatvorwurfs, noch mit der offenbar bereits am 28.7.2003 erlassenen [den zutreffenden Tatzeitpunkt zum Gegenstand habende] Strafverfügung ein abgeschlossenes Strafverfahren nicht vorliegt, war der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

4.1.2. Ebenfalls aus verfahrensökonomischen Überlegungen wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2003, G203/02 u. jüngst 10. Juni 2003, G 360/02-6 ua, verwiesen, wonach auch bei einem zeitlichen Auseinanderklaffen zwischen vorübergehender Verkehrszuverlässigkeit und faktischer Wirksamkeit der Erziehungsmaßnahme kein Verstoß gegen Art 7 EMRK und auch keine Unsachlichkeit vorliegt.

Der Verfassungsgerichtshof erachtet die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger, mit Erkenntnis vom 1.10.1996, 96/11/0197 beginnenden, Rechtsprechung vertretene Auffassung, dass der Entziehung der Lenkerberechtigung wegen Vorliegens einer bestimmten Tatsache [damals noch] im Sinne des § 66 Abs. 2 lit.i KFG 1967 und der Bemessung der Entziehungszeit gemäß § 73 Abs. 3 dritter Satz KFG 1967, idF BGBl. 1995/162, eine vom Gesetzgeber selbst getroffene Wertung eines derartigen strafbaren Verhaltens unter dem Gesichtpunkt seiner Relevanz für die Verkehrszuverlässigkeit des Lenkerberechtigten und der zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit zu setzenden Maßnahme zugrunde liegt, weshalb eine davon abweichende eigenständige Wertung im Sinne des § 66 Abs. 3 KFG 1967 einer unter § 66 Abs.2 lit.i KFG 1967 fallenden Geschwindigkeitsüberschreitung durch die Kraftfahrbehörde grundsätzlich ausgeschlossen ist, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten für vertretbar.

Der Bestimmung des § 66 Abs. 2 lit. i KFG 1967 liegt eine Wertung des Gesetzgebers zugrunde, nämlich dass exzessive Geschwindigkeitsüberschreitungen als verwerflich und gefährlich anzusehen sind. Der Gesetzgeber hat daher auch die Maßnahme der vorübergehenden Entziehung der Lenkerberechtigung an schwere -

exzessive Geschwindigkeitsüberschreitungen geknüpft, die zusätzlich zum Schutz des Kfz-Lenkers - mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt worden sein müssen. Eine davon abweichende eigenständige Wertung durch die Kraftfahrbehörde widerspräche der Intention des Gesetzgebers, drastische Geschwindigkeitsüberschreitungen - selbst wenn dies empirisch nicht für jeden Einzelfall zutreffen mag - als eine der Hauptunfallursachen wirksam zu verhindern."

Im Lichte dieser Rechtsprechung ist der Gesetzgeber offenbar geneigt - neben einer für solche Fälle zu verhängende Geldstrafe [hier per Strafverfügung vom 18.3.2003 und neuerlich vom 28.7.2003 in Höhe von 255 Euro] - auch noch eine vom Betroffenen zusätzlich als Strafsanktion empfindbare Maßnahme zu verhängen. Der Verfassungsgerichtshof erachtet dies mit Blick auf die Notwendigkeit im Sinne der Verkehrssicherheit bei gleichzeitiger Konfliktnähe zum Grundsatz "ne bis in idem" verfassungskonform (VfGH G 360/02).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

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