Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103703/9/Br

Linz, 22.05.1996

VwSen-103703/9/Br Linz, am 22. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G R, S J., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J W, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 29. März 1996, Zl: VerkR96-10329-1-1995-Li, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach der am 22. Mai 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Dem Berufungswerber werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 100 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretung der StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 500 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 5.5.1995 um etwa 13.10 Uhr als Fußgänger die Fahrbahn der S Bezirksstraße bei Strkm 14,0 im Ortschaftsbereich von S, Gemeinde S, ohne sich vorher überzeugt zu haben, daß er hiebei andere Straßenbenützer nicht gefährden würde, betreten habe.

2. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung im wesentlichen auf das Sachverständigengutachten des Prof. Mag. P. Aus diesem ginge im wesentlichen hervor, daß der Berufungswerber die Fahrbahn unmittelbar vor der Fahrzeuglenkerin betreten haben mußte, sodaß dieser eine Vermeidung des Unfalles, nämlich die Kollision mit dem Körper des die Fahrbahn überquerenden Berufungswerbers, nicht möglich gewesen wäre.

Ebenfalls habe auch der Zeuge D angegeben, daß der Berufungswerber ohne links oder rechts zu schauen die Fahrbahn überquert hätte.

Bei der Strafzumessung hat die Erstbehörde die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd gewertet.

Eine noch weitere Ermäßigung der Strafe sei sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Gründen nicht möglich gewesen.

2.1. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung und Verfahrenseinstellung eingebrachte Berufung. Es wird darin in der Sache selbst auf den Inhalt bezogen nichts vorgebracht. Lediglich wird im Ergebnis behauptet, daß das verkehrstechnische Gutachten widersprüchlich sei. Er beantrage die Einholung eines neuen verkehrstechnischen Gutachtens und die Durchführung eines Lokalaugenscheines.

Im übrigen vermeint der Berufungswerber, daß er sich als schwer geschädigtes Unfallopfer verhöhnt und verspottet fühle. Er bezeichne die Aussage des Buschauffeurs als erlogen und führe dies auf die Tatsache, daß er Ausländer sei, zurück. Er habe im vorgängigen Schreiben der Behörde gegenüber mehrfach seine Schilderung des Unfalles abgegeben, was die Behörde zur Gänze mißachtet habe. Zumal er mit einer neuerlichen Ablehnung rechne (gemeint wohl im Berufungsverfahren) sei er auch bereit zum Höchstgericht zu gehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme und der Erörterung des erstbehördlichen Verfahrensaktes anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

Ferner durch Vernehmung der Zeugin A im Rahmen dieser Verhandlung, anläßlich welcher nach entsprechender Darlegung der Gründe für dessen Notwendigkeit durch den Berufungswerber auch die Vornahme eines Ortsaugenscheines ins Auge gefaßt gewesen wäre.

4. Da keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Zumal einerseits ein diesbezüglicher konkreter Antrag gestellt wurde, andererseits die Tatvorwürfe auch dem Grunde nach bestritten wurden, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen.

4.1. Der Berufungswerber überquerte als Fußgänger zum oben angeführten Zeitpunkt die S Bezirksstraße bei Straßenkilometer 14,0 im Ortschaftsbereich von S, Gemeinde S, in Richtung des auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehenden Linienbusses, welchen er offenbar zu erreichen versuchte. Die Fahrbahn ist an dieser Stelle 5,9 m breit. Er betrat dabei die Fahrbahn laufend und gelangte so unmittelbar vor das Fahrzeug der Zeugin A, welche in Richtung M S unterwegs war. Zum Zeitpunkt des Betretens der Fahrbahn, war das Fahrzeug laut Gutachten bereits auf ca. 17 Meter der späteren Querungslinie des Fußgängers angenähert.

Ihre Fahrgeschwindigkeit betrug während der Vorbeifahrt am Bus etwa 50 km/h. Sie war nicht mehr in der Lage noch eine wirksame Bremsung einzuleiten. Der Berufungswerber wurde vom Fahrzeug erfaßt und auf die gegenüberliegende Straßenseite geschleudert, wo er schwer verletzt liegen blieb.

Die gerichtlichen Untersuchungen gegen die PKW-Lenkerin endeten mit einer Verfahrenseinstellung gegen diese.

4.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die glaubwürdigen Angaben der Zeugin A. Diese Angaben decken sich auch mit jenen bei der Gendarmerie vom 5. Mai 1995 und den Feststellungen des im Rahmen des Gerichtsverfahrens erstatteten Sachverständigengutachtens. Dies führte letztlich auch zum positiven Sachausgang für die Zeugin A vor dem Strafgericht.

Die Ausführungen des Berufungswerbers in seiner Berufung bzw. im Schriftsatz vom 16. März 1996 sind im Gegensatz dazu offenkundig völlig haltlose Behauptungen. Auch ohne dem zweifelsfrei schlüssigen Gutachten des Sachverständigen läßt sich auch aus laienhafter Sicht nachvollziehen, daß die Zeugin A nicht schneller als 50 km/h fuhr. Mangels wirksamer Bremsung ist diese Geschwindigkeit mit der Aufprallgeschwindigkeit glaubhaft ident zu erachten. Wäre diese höher gewesen, wären wohl die Verletzungsfolgen für den Berufungswerber viel schwerwiegender, wahrscheinlich letal gewesen.

Schließlich ist weder er, noch sein laut Aktenlage noch immer ausgewiesener Rechtsvertreter, trotz beidseitig eigenhändig übernommener Ladung, ohne Entschuldigung zur Berufungsverhandlung nicht erschienen. Das offenbar vom Berufungswerber selbst verfaßte, bloß bestreitende und teilweise jeder Sachlichkeit entbehrende Vorbringen, kann daher nur als reine Zweckbehauptung gewertet werden. Es gibt sich nämlich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, daß die Zeugin den Berufungswerber bereits früher hätte erkennen können und ihr eine verspätete Reaktion vorgeworfen werden könnte. Es wird hier zwar nicht übersehen, daß der Berufungswerber schwer verletzt wurde und er somit der Hauptleidtragende an diesem Unfall ist.

Trotzdem muß sein Vorbringen als geradezu mutwillig und haltlos bezeichnet werden. Dies gelangt insbesondere auch durch das Fernbleiben an der, aus Gründen der allfälligen Durchführung eines Ortsaugenscheines, in Braunau ausgeschriebenen öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zum Ausdruck. Hätte der Berufungswerber sachliche Anhaltspunkte die hier festgestellten Tatsachen zu widerlegen, wäre es wohl naheliegend gewesen dies auch anläßlich der Verhandlung getan zu haben.

Auch ist die offenbar zu vermitteln versuchte Rechtsansicht des Berufungswerbers verfehlt, daß ein Fahrzeuglenker damit rechnen muß, daß von einem an der gegenüberliegenden Straßenseite haltenden Bus ein Fußgänger gleichsam auf die Fahrbahn springt. Ebenso verfehlt ist, daß - was hier ohnedies nicht zutrifft - im Falle des Erkennens einer (offenbar erwachsen wirkenden) Person am Fahrbahnrand, mit einem plötzlichen Überqueren dieser Person gerechnet werden hätte müssen (Vertrauensgrundsatz).

5. Rechtlich war folgendes zu erwägen:

5.1. Nach § 76 Abs.4 lit.b dürfen Fußgänger an Stellen, wo der Verkehr weder durch Arm- noch durch Lichtzeichen geregelt wird, wenn ein Schutzweg nicht vorhanden ist, erst dann auf die Fahrbahn treten, wenn sie sich vergewissert haben, daß sie dabei andere Straßenbenützer nicht gefährden.

Ein jeder Aufmerksamkeit entbehrendes plötzliches Betreten der Fahrbahn vor einem auf etwa 20 Meter angenähertes Fahrzeug, ist nur unschwer dieser Gesetzesbestimmung zu subsumieren. Die Begehung der Übertretung ist folglich auf grober Fahrlässigkeit beruhend zu erachten, wenngleich dieses Fehlverhalten sich überwiegend zum Nachteil des Beschuldigten selbst auswirkte.

6. Zur Strafzumessung:

6.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage bei der Strafzumessung stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1.1. Der hier verhängten Strafe kann selbst unter Annahme ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Berufungswerbers und dessen völligen Unbescholtenheit objektiv nicht entgegengetreten werden. Das Verschulden war hier nicht bloß geringfügig. Auch das Gefährdungspotential gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern - hier der beteiligten Fahrzeuglenkerin - war nicht unbeträchtlich. Die Bestrafung erfolgte daher durchaus zu Recht. Das dem Berufungswerber in diesem Zusammenhang widerfahrene, letztlich von ihm aber ausschließlich selbst verschuldete Leid, vermag den gesetzlichen Strafanspruch nicht zu kompensieren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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