Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520362/2/Ki/An

Linz, 27.08.2003

 

 

 VwSen-520362/2/Ki/An Linz, am 27. August 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des G S, D, O, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. F H, Dr. O U, Mag. A M, Mag. T L, F, G, vom 5.8.2003 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28.7.2003, VerkR21-558-1-1999, wegen einer Aufforderung, innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Bescheides ein amtsärztliches Gutachten und rechtzeitig vorher das für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens erforderliche Facharztgutachten für Neurologie und Psychiatrie beizubringen, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Berufungswerber aufgefordert wird, innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Berufungsbescheides ein amtsärztliches Gutachten und rechtzeitig vorher den für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befund eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie beizubringen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und § 67a AVG iVm § 8 und 24 Abs.4 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde Herr G S aufgefordert, innerhalb von drei Monaten nach Zustellung dieses Bescheides ein amtsärztliches Gutachten und rechtzeitig vorher das für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens erforderliche Facharztgutachten für Neurologie und Psychiatrie beizubringen.

 

Die Erstbehörde stützt diese Entscheidung darauf, dass auf Grund zahlreicher Anzeigen betreffend Belästigung weiblicher PKW-Lenkerinnen und auffälligem Verhaltens seit dem Jahre 1998 und der zuletzt eingegangenen Anzeige vom 5.3.2003 beim Gendarmerieposten A der Auftrag zur Fahrtauglichkeitsuntersuchung an den Sanitätsdienst der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gegeben worden sei. Die Amtsärztin habe am 7.7.2003 mitgeteilt, dass ein amtsärztliches Gutachten nicht erstellt werden konnte, da der Berufungswerber das erforderliche Facharztgutachten für Neurologie und Psychiatrie bis zu diesem Tage nicht erbracht habe. Außerdem seien bereits zwei neuerliche Anzeigen und zwar vom Gendarmerieposten S, Anzeige vom 20.6.2003, und vom Gendarmerieposten S vom 30.6.2003 bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingelangt, wonach der Bw wiederum eine Panne vorgetäuscht und anschließend eine Autolenkerin anhalten wollte.

 

Da die Abklärung des Gesundheitszustandes im Interesse der Verkehrssicherheit unbedingt erforderlich sei, habe die Erbringung des ärztlichen Gutachtens und der für die Erstellung des Gutachtens erforderlichen Befunde nunmehr bescheidmäßig angeordnet werden müssen.

 

2. Dagegen erhob der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 5.8.2003 Berufung mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aufzuheben.

 

3. In der Begründung wird ausgeführt, der Berufungswerber sei jederzeit bereit, sich einer neuerlichen amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, es sei ihm jedoch die vorherige Beibringung eines Facharztgutachtens für Neurologie und Psychiatrie aus finanziellen und beruflichen Gründen nicht möglich.

 

Die Bestimmung des 24 Abs.4 FSG berechtige die Behörde lediglich ein vom Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 10 einzuholen und den Führerscheininhaber aufzufordern, sich innerhalb der festgesetzten Frist ärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen. Es sei davon nicht die Rede von einem fachärztlichen Gutachten, zumal es sich dabei um keinen Befund handelt. Es müsse somit ausreichend sein, ein amtsärztliches Gutachten einzuholen und habe dieses bereits einmal ergeben, dass keine begründeten Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung zum Lenken eines KFZ bestehen würden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Es liegen von verschiedenen Gendarmerieposten des Bundeslandes Oberösterreich seit dem Jahre 1998 Anzeigen vor, wonach der Berufungswerber im Raum Oberösterreich in bedenklicher Weise in Erscheinung tritt, indem er mit den von ihm gelenkten Kraftfahrzeugen offensichtlich Fahrzeugpannen vortäuscht und versucht, weibliche, allein fahrende Fahrzeuglenker anzuhalten und diese dann in Gespräche zu verwickeln. Bereits im Jahre 2000 wurde ihm mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aus diesem Grunde aufgetragen, einen Facharztbefund für Neurologie und Psychiatrie beizubringen. Einer Berufung gegen diese Entscheidung wurde jedoch mit einem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20.2.2001 Folge gegeben, der medizinische Amtssachverständige habe in einem Gutachten vom Februar 2001 ausgeführt, dass der Berufungswerber am 8.1.2001 amtsärztlich untersucht worden sei. Auf Grund von vorliegenden Anzeigen und Beschreibungen bzw. auf Grund der durchgeführten Untersuchung habe mit ausreichender Sicherheit auch ohne Beibringung eines psychologischen oder psychiatrischen Befundes bestätigt werden können, dass bei Herrn S ein krankhafter Zustand bzw. eine psychologische Störung nicht bestehe. Aus amtsärztlicher Sicht seien keine Veranlassungen erforderlich. Weitere ärztliche Untersuchungen oder eine Befristung des Führerscheines sei nicht begründbar.

In der Folge ist es jedoch immer wieder zu Vorfällen der oben geschilderten Art gekommen und es erfolgte aus diesem Grunde im Jänner 2002 auch eine Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft in W, diese Anzeige wurde jedoch vom Staatsanwalt gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt.

 

Am 26.4.2002 stellte der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck fest, dass bei Herrn S keine eigentliche Geisteskrankheit vorliege, sondern eine Abnormität der menschlichen Wesensart, die sich als Psychopathie bezeichnen lasse. Ein Psychopath sei ein charakterlich abnorm veranlagter Mensch, wobei diese Diagnose über die Intelligenz nichts aussage. Er könne geistig hochbegabt, durchschnittlich oder schwachsinnig sein. Im Falle des Herrn S handle es sich um eine sexuelle Psychopathie. Es würden ihm mehrere Delikte vorgeworfen werden, bei denen er Frauen sexuell belästigt hätte. Führerscheindelikte in Bezug auf Alkohol- oder Drogenmissbrauch würden bisher nicht vorliegen. Bis jetzt sei Herr S ein angepasster KFZ-Lenker, der beruflich auf seinen Führerschein angewiesen sei. Im Berufungsgutachten der Oö. Landesregierung vom 20.2.2001 sei Herrn S kein krankhafter Zustand bzw. psychologische Störung bestätigt worden. Auf Grund dessen würden auch keine weiteren Veranlassungen für die Einholung psychiatrisch-neurologischer Gutachten bestehen.

 

Am 27.3.2003 hat der Gendarmerieposten A wiederum eine Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erstattet. Danach habe eine namentlich benannte Frau dem Gendarmerieposten angezeigt, sie sei am 27.3.2003 gegen 13.30 Uhr im Gemeindegebiet von H mit ihrem PKW auf der DGemeindestraße in Richtung R unterwegs gewesen. Kurz vor der Gemeindegrenze R sei in einem Feldweg ein s PKW abgestellt gewesen und kurz vor ihr sei eine männliche Person auf die Fahrbahn gesprungen und hätte sie anhalten wollen. Sie sei dem Burschen jedoch ausgewichen und in Richtung R weiter gefahren. Der Bursche sei noch ein paar Schritte hinter ihrem PKW hergelaufen. Nach einigen Minuten habe sie im Rückspiegel gesehen, dass der s PKW hinterherfahren würde. Der PKW sei ihr bis A (ca. 7 km) nachgefahren. Als sie im Marktplatz zum Parkplatz zugefahren sei, habe sie gesehen, dass der verfolgende PKW ebenfalls blinkte, in eine Parklücke einparkte und der Bursche ausstieg. Da sie sich gefürchtet hätte, sei sie dann einfach ins nächste Geschäft gelaufen und habe von dort die Gendarmerie verständigt. Außerdem habe sie das Schuhgeschäft am Marktplatz, in dem die arbeite, angerufen und einen Kollegin informiert. Die Anzeigerin habe weiters angegeben, sie sei bereits im Herbst des Vorjahres an der gleichen Stelle von diesem Burschen angehalten worden und dieser hätte damals eine Panne vorgetäuscht. Sie sei damals auch weiter gefahren. Damals sei ihr der PKW jedoch nicht gefolgt.

 

Als Zulassungsbesitzer jenes PKWs, welcher von der Frau M. bezeichnet wurde, wurde der Berufungswerber ausgeforscht.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat daraufhin am 10.4.2003 den Sanitätsdienst neuerlich ersucht, ein Gutachten zu erstellen, ob der Berufungswerber gesundheitlich geeignet erscheine, Kraftfahrzeuge der Klassen A, B, C, E, F und G zu lenken. Der Berufungswerber ist jedoch zur Untersuchung nicht erschienen.

 

Dem Berufungswerber wurde daraufhin mit Bescheid vom 5.5.2003, VerkR21-558-1999, aufgetragen innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Bescheides ein amtsärztliches Gutachten beizubringen. Eine Berufung gegen diesen Bescheid wurde mit Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 17.6.2003, VwSen-520301/2/Ki/An, als unbegründet abgewiesen.

 

In weiterer Folge langten wiederum Anzeigen vom Gendarmerieposten S und vom Gendarmerieposten S bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ein, wonach der Berufungswerber wiederum eine Panne vorgetäuscht und anschließend eine Autolenkerin angehalten haben soll.

 

Mit Schreiben vom 17.7.2003 teilte die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit, dass ein amtsärztliches Gutachten nicht erstellt werden konnte, da das erforderliche Facharztgutachten nicht beigebracht worden sei. In der Folge wurde der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken und zu entziehen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzung der gesundheitlichen Eignung noch gegeben ist. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs.4 FSG sind laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Es geht hiebei nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es reicht hin, wenn genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH 2002/11/0244 u.a.). Im vorliegenden Falle stützen sich die Bedenken bezüglich der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers in Anbetracht der oben dargelegten Vorfälle dahingehend, dass bei ihm möglicherweise eine Persönlichkeitsstörung dahingehend vorliegt, dass von einer sexuellen Psychopathie die Rede sein könnte. Wohl konnten bisher konkret keine tatsächlichen Übergriffe nachgewiesen werden, die gehäuften, das Verfahren auslösenden Vorfälle lassen pro futuro jedoch die Befürchtung aufkommen, dass letztlich doch eine abnorme Veranlagung vorliegen könnte und dass diese Veranlagung letztlich dazu führen könnte, dass sich der Berufungswerber zu entsprechenden Übergriffen hinreißen lässt. Sollten sich diese Bedenken bestätigen, wäre die Belassung der Lenkberechtigung völlig inakzeptabel. Wenn auch zunächst der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck im April 2002 keine Veranlassung für die Einholung psychiatrisch-neurologischer Gutachten gesehen hat, so führt das beharrliche Verhalten des Berufungswerbers dazu, dass sich die Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung verstärkt haben und daher eine neuerliche amtsärztliche Untersuchung unabdingbar ist. Die Argumente bzw Begründungen, mit welchen er sein Verhalten zu bagatellisieren versucht, stellen nach Auffassung der Berufungsbehörde bloße Schutzbehauptungen dar. Das Vorbringen, er lebe in einer festen Beziehung, kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, zumal trotz einer derartigen Beziehung im Allgemeinen eine Persönlichkeitsstörung der geschilderten Art nicht schlechthin ausgeschlossen werden kann.

 

Das beschriebene und wiederholt an den Tag gelegte Verhalten des Berufungswerbers erscheint auch der Berufungsbehörde in einem Maße ungewöhnlich, dass es vertretbar erscheinen lässt, eine Überprüfung seiner (geistigen) Eignung in die Wege zu leiten.

 

Dass bisher gegen den Berufungswerber im Zusammenhang mit dem geschilderten Verhalten keine Strafverfahren eingeleitet worden sind, ist nicht relevant, zumal es im vorliegenden Zusammenhang nicht um die Eignungsvoraussetzung der Verkehrszuverlässigkeit, sondern jene der hinreichenden (geistigen) Gesundheit zum Lenken von Kraftfahrzeugen geht.

 

In Anbetracht der geschilderten Umstände ist es auch schlüssig, dass die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zwecks Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens den Befund eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie (hinsichtlich der Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen) benötigt, sodass der Berufungswerber auch aufzufordern war, entsprechende Befunde beizubringen.

 

Dass die Beibringung des entsprechenden Facharztbefundes für den Berufungswerber eine wirtschaftliche Belastung darstellt, mag durchaus zutreffen. In Anbetracht dessen, dass jedoch die Überprüfung des Gesundheitszustandes des Berufungswerbers im Interesse der öffentlichen Sicherheit aus den dargelegten Gründen dringend geboten ist, kann auf diesen Umstand nicht Rücksicht genommen werden.

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass Herr S durch den angefochtenen behördlichen Auftrag nicht in seinen Rechten verletzt wird, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

 

Um dem Berufungswerber einen vertretbaren Zeitraum für die Abwicklung der aufgetragenen Maßnahme zu ermöglichen, wurde die Frist durch die Berufungsbehörde neu bemessen.

 

6. Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung im gegenständlichen Fall mit 13 Euro zu vergebühren ist.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 

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