Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103711/8/Br

Linz, 28.05.1996

VwSen-103711/8/Br Linz, am 28. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn F R, p.A. L, H, vertreten durch Dres. H, Rechtsanwälte, H, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt vom 7.

März 1996, Zl.: 101-5/3 - 570004108, wegen Übertretung der StVO 1960 nach der am 28. Mai 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung zu Recht erkannt:

I.a) Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß dessen Spruch zu lauten hat: "Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma L, L, und somit als solcher zur Vertretung dieser Firma nach außen Berufener, zu verantworten, daß sowohl am 26.7.1995 um 20.10 Uhr und am 1.8.1995 um 19.47 Uhr vor dem Cafe A, H, der vor dem Lokal befindliche Schanigarten eine Tiefe von ca. drei Meter aufwies, obwohl lt. straßenpolizeilicher Bewilligung (für die Errichtung des Schanigartens) lediglich eine Tiefe von 1,5 m bewilligt worden ist." b) Die Strafe wird mit je 250 S und die Ersatzfreiheitsstrafe mit je 6 Stunden festgesetzt. Den im Spruch zitierten Rechtsnormen ist hinzuzufügen "iVm § 9 Abs.1 VStG".

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 100,- S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz Bezirksverwaltungsamt hat mit dem Straferkenntnis vom 7.

März 1996, Zl.101-5/3 - 570004108, wegen der Übertretungen nach § 82 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma L, H, zu verantworten habe, daß a) am 26.7.1995 um 20.10 Uhr und b) am 1. 8.1995 um 19.47 Uhr vor dem Cafe A, H der befindliche Schanigarten eine Tiefe von ca. drei Meter aufwies, obwohl lt. straßenpolizeilicher Bewilligung lediglich eine Tiefe von 1,5 m bewilligt worden sei." 1.1. Begründend hat die Erstbehörde zur Sache inhaltlich sinngemäß ausgeführt, daß der Meldungsleger der Bundespolizeidirektion Linz die Umstände vor Ort wahrgenommen habe. Dabei sei die Breite des Schanigartens um das Doppelte ausgedehnt worden.

W. R habe anläßlich einer Befragung durch ein Organ des städtischen Erhebungsdienstes angegeben, daß kein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden wäre.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung macht der Berufungswerber im wesentlichen Verfahrensmängel im Hinblick auf § 44 a VStG geltend. Ferner vermeinte er in der Berufung, daß eine Zuständigkeit der Erstbehörde hier nicht gegeben wäre und auch in § 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 eine falsche Rechtsnorm herangezogen worden sei. Ebenfalls bestritt der Berufungswerber die Überschreitung der Breite des Schanigartens um 1,5 m. Er beantragte die Einvernahme des Meldungslegers.

Schließlich vermeinte der Berufungswerber, daß nicht ihn, sondern gemäß der bestehenden Aufgabenteilung, den gewerberechtlichen Geschäftsführer, Herrn R, die Verantwortung treffe. Weil ebenfalls gegen den Letztgenannten eine Strafverfügung erlassen wurde, könne bei ihm mit einer Ermahnung vorgegangen werden.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde angesichts der Tatsachenbestreitung anberaumt (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt, GZ: 101-5/3 - 570004108, welchem die Berufungsschrift des Berufungswerbers beigeschlossen ist. Ferner durch die Vernehmung des Meldungslegers als Zeugen anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

5. Sachverhalt:

5.1. Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma L. Eine Bestellung eines Verantwortlichen im Sinne des § 9 Abs.2 bzw. 4 VStG besteht bzw. bestand zu den Vorfallszeitpunkten nicht.

Zu den oa. angeführten Zeiten war der Schanigarten auf drei Meter von der Mauer weg ausgedehnt worden. Eine Stuhlreihe befand sich dabei auf der Mauerseite, sodaß die auf der gegenüberliegenden Tischseite sitzenden Personen drei Meter in die Verkehrsfläche hinein positioniert waren.

5.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich insbesondere auf die glaubwürdige Aussage des BezInsp. S. Dieser führte dazu aus, daß er die Distanz ausgeschritten habe und er dabei vier Schritte gemacht hätte. Dabei habe er, so der Meldungsleger, die Maße zugunsten des Angezeigten mit (nur) drei Metern angenommen. Immerhin ist der Meldungsleger über 1,8 m groß, sodaß sich schon daraus ergibt, daß hier mit gutem Grund von drei Metern ausgegangen werden kann und dies glaubwürdig ist. Die im Verhandlungsraum vorgenommene Nachstellung dieser Situation läßt diese Angaben zusätzlich realistisch erscheinen.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma L und ist somit auch verwaltungsstrafrechtlich d.h. für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich (§ 9 Abs.1 VStG).

6.1.1. Eine Anwendung des § 21 VStG scheitert jedenfalls an der Voraussetzung des Vorliegens der mit der Übertretung verbundenen bloß "unbedeutenden Folgen". Die Zuwiderhandlung gegen den Bescheid durch Ausdehnen des Schanigartens um die doppelte Breite strebt dem Regelungszweck doch beträchtlich entgegen.

Der hier verhängten Strafe von 500 S kann objektiv nicht entgegengetreten werden. Sie ist offenbar irrtümlich mit der Strafverfügung so niedrig verhängt worden, sodaß diese auch im ordentlichen Verfahren nicht mehr erhöht werden konnte, obwohl lt. Straferkenntnis bereits vier einschlägige Vormerkungen bestehen.

Nur wenn sich dem erstinstanzlichen Straferkenntnis auch iVm seiner Begründung nicht direkt entnehmen läßt, wie die verhängte Gesamtstrafe für mehrere Verwaltungsübertretungen auf die zur Last gelegten beiden Verwaltungsübertretungen aufzuteilen ist, wäre bei Fehlen eines sonstigen Maßstabes anhand dessen sich zweifelsfrei beurteilen läßt, wie die Strafe aufgeteilt werden soll, könnte die Fehlleistung der Behörde erster Instanz von der Berufungsbehörde nicht (mehr) saniert werden; der Strafausspruch wäre in einem solchen Fall von der Berufungsbehörde ersatzlos aufzuheben (VwGH v.

30.6.1994, 94/09/0049). Eine Aufteilung der Strafsätze konnte hier vorgenommen werden, zumal offenbar jede Tathandlung mit dem gleichen Unwertgehalt verbunden ist und ein anderer Aufteilungsschlüssel der Erstbehörde nicht zugesonnen werden kann.

6.1.2. Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis Z5 VStG festgelegten Erfordernissen besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 VStG erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatortund Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit.Judikat). Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt - sie auch VwGH 14.12.1985, 85/02/0013 - sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen, zu messendes Erfordernis sein.

Hier war der Berufungswerber weder in seinen Verteidigungsrechten verkürzt, noch bestand je die Gefahr einer Doppelbestrafung. Die vorgenommene Spruchänderung diente der genaueren Tatumschreibung im Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers und der Aufteilung der Strafe auf beide Delikte. Diese Vorgangsweise stellt auch keine Verschlechterung des Berufungswerbers im Berufungsverfahren dar.

Die im Berufungsverfahren vorgenommene Spruchergänzung diente der Vervollständigung und Abrundung der Tatumschreibung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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