Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520393/28/Kof/He

Linz, 24.06.2004

 VwSen-520393/28/Kof/He Linz, am 24. Juni 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn F M, geb. , L, L, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. A P, M, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 20.10.2003, Fe-754/2003 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 23.6.2004 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als Herrn F M die Lenkberechtigung für die Klasse B wie folgt eingeschränkt wird:

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 Abs.1 Z2 iVm § 8 Abs.3 Z2 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) hat durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Der nunmehrige Berufungswerber (Bw) ist seit dem Jahr 1970 im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasse B.

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem Bw die Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 5.11.2003 erhoben.

 

Die belangte Behörde hat daraufhin mit Berufungsvorentscheidung vom 2.1.2004, Fe-754/2003 dem Bw die Lenkberechtigung für die Klasse B wie folgt eingeschränkt:

  1. beim Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, Klasse B ist eine Brille zu verwenden
  2. es dürfen nur Fahrzeuge, die mit Servolenkung und Automatikgetriebe ausgestattet sind, gelenkt werden
  3. amtsärztliche Nachuntersuchung bis spätestens 2.1.2005
  4. augenfachärztlichen Kontrolluntersuchung (inklusive Dämmerungssehen und Augenhintergrund) in einem Jahr

 

Der Bw hat gegen diesen Bescheid innerhalb offener Frist den Vorlageantrag vom 9.1.2004 eingebracht. Dieser bewirkt gemäß § 64a Abs.2 AVG, dass die oben angeführte Berufungsvorentscheidung außer Kraft getreten ist.

 

Somit hat der UVS über die gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 20.10.2003, Fe-754/2003 rechtzeitig eingebrachte, begründete Berufung vom 5.11.2003 zu entscheiden.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (u.a. § 3 Abs.1 Z3 leg.cit.) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen .... einzuschränken.

Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 leg.cit. in den Führerschein einzutragen.

 

Am 23. Juni 2004 wurde beim UVS eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter, die amtsärztliche Sachverständige Frau
Dr. E.W. und der Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie Herr Dr. R.H. teilgenommen haben.

Dabei wurde das - vom Bw selbst vorgelegte - Führerscheingutachten, erstellt vom Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie Herrn Oberarzt Dr. P.H. vom 29.3.2004 ausführlich erörtert.

 

In diesem Gutachten ist ua. Nachstehendes wörtlich angeführt:

"Bis auf eine Katarakta senilis sind derzeit keine fortschreitenden Augenerkrankungen sichtbar."

 

Dass diese Katarakta senilis vorliegt, bestreitet der Bw selbst nicht.

Im Gegenteil: der Bw hat (siehe dessen Stellungnahme in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung) selbst angegeben, dass er mit Herrn Dr. P.H. bereits die Kernstaroperation besprochen hat und diese demnächst auch durchführen lassen wird.

 

Der bei der Verhandlung anwesende Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie Herr Dr. R.H. hat nachfolgende gutachtliche Stellungnahme abgegeben:
"Bei(m) Bw besteht lt. Gutachten von Oberarzt Dr. P.H. vom 29.3.2004 ein Kernstar rechts mehr als links, incipiente epirentinale Gliose rechts, trockene Makuladegeneration beiderseits incipient mit Pigmentverklumpungen links.
Der Kernstar ist als fortschreitende Augenerkrankung einzustufen und daher eine Befristung der Lenkberechtigung für Gruppe 1 auszusprechen.
Da im Vergleich zur letzten Untersuchung vom Juli 2003 eine geringgradige Sehverschlechterung am rechten Auge eingetreten ist und sich die Refraktion verändert hat ist davon auszugehen, dass sich der Kernstar verschlechtert hat.
Lt. dem Bw ist mit Herrn Oberarzt Dr. P.H. bereits eine Kataraktoperation ins Auge gefasst worden.
Von augenärztlicher Seite ist eine Befristung von einem Jahr zu empfehlen."

 

Anschließend hat die amtsärztliche Sachverständige Frau Dr. E.W. nachfolgende gutachtliche Stellungnahme abgegeben:
"Aufgrund des aktenkundigen Gutachtens von Herrn Dr. P.H. vom 29.3.2004 sowie der fachärztlichen Stellungnahme von Herrn Dr. R. H. (siehe oben) handelt es sich beim Bw um eine fortschreitende Augenerkrankung, sodass - wie augenfachärztlich empfohlen - eine zeitliche Befristung der Lenkberechtigung der Gruppe 1 auf ein Jahr auch aus amtsärztlicher Sicht empfohlen wird."

 

Zur anschließenden Stellungnahme des Bw bzw. dessen Einwendungen ist Nachfolgendes festzustellen:

Die beantragte zeugenschaftliche Einvernahme des Augenfacharztes Dr. P.H. ist nicht erforderlich, da es sich bei diesem nicht um einen Zeugen iSd § 48 AVG, sondern um einen Sachverständigen iSd § 52 AVG handelt.

Bei der mündlichen Verhandlung war ein Augenfacharzt - als Sachverständiger - anwesend war, sodass die Einvernahme/Beiziehung eines weiteren Augenfacharztes nicht erforderlich ist.

 

Der Bw wird demnächst eine Kernstaroperation durchführen lassen und anschließend ein augenfachärztliches Gutachten vorlegen. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass der UVS hat nach der heutigen und nicht nach einer allfälligen künftigen Sachlage zu entscheiden hat; VwGH vom 30.5.2001, 2001/11/0113 unter Verweis auf die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren,
Band I., 2. Auflage, E289 zu § 66 AVG (Seite 1295f) zitierten zahlreichen höchstgerichtlichen Entscheidungen; siehe ebenso VwGH vom 17.11.1992, 92/11/0069 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 16.4.1991, 90/11/0133 m.w.N.

 

Der Bw bringt vor, dass er durch die Wiederbeantragung der Lenkberechtigung in seinen wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigt werde (gemeint sind dabei offenkundig die Kosten für allfällig erforderliche ärztliche Befunde).

Diesem Einwand ist zu erwidern, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH der Antragsteller die zur Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde auf eigene Kosten beizubringen hat. Dabei ist belanglos, ob dies allenfalls eine unzumutbare finanzielle Belastung darstellt; VwGH vom 22.3.2002, 2001/11/0137 und vom 23.1.2001, 2000/11/0217 jeweils mit Vorjudikatur.

 

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen iSd § 8 Abs.3 Z2 FSG ist dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss.

Eine derartige gesundheitliche Beeinträchtigung liegt beim Bw aufgrund des festgestellten grauen Star vor; siehe VwGH vom 23.5.2001, 2001/11/0066.

 

Dass der "graue Star" vorliegt, bestreitet der Bw - wie oben bereits dargelegt -- selbst nicht; im Gegenteil: der Bw wird nach eigener Angabe demnächst eine Kernstaroperation durchführen lassen.

 

Die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen gutachtlichen Stellungnahmen des Augenfacharztes sowie der amtsärztlichen Sachverständigen sind vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei und werden daher der Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Bw ist diesen gutachtlichen Stellungnahmen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten; VwGH vom 21.1.1992, 91/11/0079; vom 7.4.1992, 91/11/0010; vom 30.4.1991, 90/11/0173; vom 30.4.1991, 90/11/0169.

 

Einer gem. §24 Abs.1 Z2 iVm §8 Abs.3 Z2 FSG verfügten Befristung der Lenkberechtigung liegt die Annahme zugrunde, dass der Besitzer der Lenkberechtigung zwar zum Lenken von KFZ der betreffenden Klasse(n) geeignet ist, diese Eignung jedoch nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann;

VwGH vom 18.3.2003, 2003/11/0254.

 

Aufgrund der gutachtlichen Stellungnahmen des Augenfacharztes sowie der amtsärztlichen Sachverständigen sowie unter Berücksichtigung des
VwGH- Erkenntnisses vom 30.5.2001, 2001/11/0066 ist daher die dem Bw erteilte Lenkberechtigung für die Klasse B auf ein Jahr, somit bis 23.6.2005 zu befristen.

 

Die von der belangten Behörde in der Berufungsvorentscheidung vom 2.1.2004,
Fe-754/2003 vorgeschriebenen Auflagen:

  1. beim Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, Klasse B ist eine Brille zu verwenden und
  2. es dürfen nur Fahrzeuge, die mit Servolenkung und Automatikgetriebe ausgestattet sind, gelenkt werden

wurden vom Bw ausdrücklich akzeptiert (siehe Erklärung des Rechtsvertreters des Bw vom 27.1.2004, vermerkt auf dem Vorlageantrag - Rückseite).

Obendrein ergibt sich die Vorschreibung des Punkt 2. (Fahrzeuge mit Servolenkung und Automatikgetriebe) aus dem im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltenen Gutachten des kraftfahrzeugtechnischen Amtsachverständigen Ing. H.T. vom 23.12.2003, VT-010.036/1086-03.

 

Die in der Berufungsvorentscheidung der belangten Behörde enthaltenen Punkte 3. und 4. (amtsärztliche Nachuntersuchung, augenfachärztliche Kontrolluntersuchung) dienen ausschließlich der Vorbereitung der künftigen Entscheidung über die (Wieder)erteilung der Lenkberechtigung für die Zeit nach dem 23. Juni 2005.

Für eine derartige "Auflage" bietet das Gesetz keine Grundlage;

VwGH vom 20.4.2004, 2003/11/0315.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Mag. Kofler

 
Beschlagwortung:

Befristung der Lenkberechtigung wegen "grauer Star"

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