Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520407/9/Fra/Ka

Linz, 27.01.2004

 

 

 VwSen-520407/9/Fra/Ka Linz, am 27. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung der Frau GA, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 16.9.2003, Zl. F 2523/2003, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid den Antrag der Berufungswerberin (Bw) auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung abgewiesen. In der Begründung wird ausgeführt, dass die Bw vom sachverständigen praktischen Arzt Dr. H wegen Einnahme von Medikamenten (Trittico 25 mg - Antidepressivum) einer amtsärztlichen Untersuchung zugewiesen wurde. Vom Amtsarzt der Bundespolizeidirektion Linz, Herrn Dr. H, wurde anschließend die Beibringung eines psychiatrisches Facharztgutachtens und die Absolvierung einer verkehrspsychologischen Untersuchung vorgeschrieben, da eine tieferliegende psychiatrische Problematik nicht ausgeschlossen werden konnte. Aufgrund der verkehrspsychologischen Untersuchung zur Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit vom 19.8.2003 sei die Bw vom Standpunkt der verkehrspsychologischen Leistungsbegutachtung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B derzeit nicht geeignet. Der Amtsarzt der Bundespolizeidirektion Linz kam in seinem Gutachten vom 27.8.2003, gestützt auf die oa verkehrspsychologische Stellungnahme, zum Ergebnis, dass die Bw zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klasse B gesundheitlich nicht geeignet sei.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung bringt die Bw vor, dass sie sich aufgrund ihrer körperlich schlechten Verfassung (Menstruationsprobleme, Übelkeit, anstehende Operation, Entfernung eines Tumores) und wegen Verärgerung durch das kurzfristige Erfahren des Termines für die verkehrspsychologische Stellungnahme bei der Prüfung nicht adäquat verhalten hätte. Dies sei sonst nicht ihr Naturell. Sie ersuche, ihr noch einmal die Möglichkeit zu geben, dieses Gutachten vor Ablauf eines Jahres machen zu dürfen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

3.1. Folgende Rechtsvorschriften sind für den vorliegenden Berufungsfall relevant:

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Gemäß § 8 Abs.2 FSG ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen, wenn zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich ist; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt durchzuführen.

 

Gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG hat, wenn der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet ist, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Z4 FSG-GV hat das ärztliche Gutachten gegebenenfalls auszusprechen, ob der Bewerber oder Führerscheinbesitzer nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Ärztliche Kontrolluntersuchungen können in den Fällen der §§ 5 bis 16 als Auflage gemäß § 8 Abs.3 FSG im Zusammenhang mit eine Befristung als Voraussetzung für die amtsärztliche Nachuntersuchung vorgeschrieben werden.

 

Gemäß § 2 Abs.4 FSG-GV darf bei der Erstellung des ärztlichen Gutachtens keine fachärztliche oder verkehrspsychologische Stellungnahme miteinbezogen werden, die älter als sechs Monate ist. Aktenkundige Vorbefunde sind jedoch heranzuziehen, um einen etwaigen Krankheitsverlauf beurteilen zu können. Zu diesem Zweck hat die Behörde dem Sachverständigen bei Nachuntersuchungen in diese Vorbefunde Einsicht zu gewähren.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z4 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt. Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs.1 oder 2 FSG vorzulegen.

 

Ergibt sich aus der Vorgeschichte oder anlässlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, so ist gemäß § 3 Abs.3 FSG-GV gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen. Diese Stellungnahmen sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten.

 

3.2. Aufgrund des Berufungsvorbringens hat der Oö. Verwaltungssenat vor dem Hintergrund der oa Rechtslage die Bw zu einer verkehrspsychologischen Untersuchung im Sinne des § 18 Abs.2 FSG-GV zwecks Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit zugewiesen. Die Untersuchung wurde am 24.11.2003 vom Institut für Nachschulung und Fahrer-Rehabilitation (INFAR), Weingartshofstraße 37, 4020 Linz, durchgeführt. Der Verkehrspsychologe fasste seine Stellungnahme wie folgt zusammen: "Frau GA, geb. am t den Befund einer durchschnittlichen Intelligenz. Die Kurzzeitmerkfähigkeit (hauptsächlich des Immediatgedächtnis betreffend) ist verkehrsspezifisch vorhanden. Bei der kraftfahrspezifischen Leistungsprüfung bot sich folgendes Bild: In der reaktiven Dauerbelastbarkeit ist derzeit eine Schwäche festzustellen und die Konzentrationsfähigkeit liegt derzeit im unteren Normbereich. Bei der sensomotorischen Koordinationsfähigkeit bot sich eine unbefriedigende Genauigkeitsleistung. Die übrigen Leistungsfunktionen (Reaktionsfähigkeit, verkehrsspezifisches Wahrnehmungspotential und gezielte visuelle Orientierungsfähigkeit) sind befriedigend gegeben. Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit ist derzeit in der Gesamtschau knapp ausreichend gegeben. Im Vergleich zum Vorgutachten ist eine Leistungsverbesserung im Bereich Beobachtungsfähigkeit und Überblicksgewinnung sowie eine leichte Leistungsverbesserung im Bereich reaktiver Belastbarkeit und Konzentrationsvermögen festszustellen. Zudem konnte die Untersuchte eine befriedigende Intelligenzleistung nachweisen.

Aus verkehrspsycholgischer Sicht ist Frau GA derzeit geeignet Kraftfahrzeuge der Klasse B zu lenken. Eine zeitliche Befristung der Lenkberechtigung auf 1 Jahr wird empfohlen, um die Gefahr einer Leistungs- und Gesundheitsverschlechterung kontrollieren zu können."

 

Die Amtsärztin der Oö. Landessanitätsdirektion, Frau Dr. EW, kommt in ihrem Gutachten vom 21.1.2004, gestützt auf die am selben Tag durchgeführte Untersuchung unter Miteinbeziehung der verkehrspsychologischen Untersuchung vom 24.11.2003 sowie des fachärztlichen Befundes von Frau Dr. EN vom 26.8.2003, zum Ergebnis, dass die Bw derzeit geeignet ist, Kraftfahrzeuge der Klasse B zu lenken, jedoch aufgrund der rez. depressiven Episode eine zeitliche Befristung von einem Jahr unter Vorlage eines weiteren fachärztlichen Befundes (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) erforderlich ist.

 

Das oa Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar. Auch die Bw hat dagegen keinen Einwand erhoben. Der angefochtene Bescheid war daher zu beheben. Da sich der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gemäß § 66 Abs.4 AVG auf die "Sache" - das ist der angefochtene Spruch - zu beschränken hat, hat nicht dieser, sondern die belangte Behörde im fortzusetzenden Erteilungsverfahren zu beurteilen, ob die beantragte Lenkberechtigung - wie von der Amtsärztin vorgeschlagen - zeitlich zu befristen ist. Die Vorschreibung einer Befristung durch den UVS verbietet sich auch unter dem Aspekt der Rechtsstaatlichkeit, zumal der Bw auch dagegen ein ordentliches Rechtsmittel zur Verfügung stellen muss.

 

Der Bw ist sohin die beantragte Lenkberechtigung zu erteilen, sofern sie die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen (§ 3 Abs.1 FSG) erfüllt.

 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

 
 

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