Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520465/8/Zo/Pe

Linz, 18.02.2004

 

 

 VwSen-520465/8/Zo/Pe Linz, am 18. Februar 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn JH, vom 17.11.2003, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 4.11.2003, VerkR21-468-2003, wegen Befristung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E sowie F auf zwei Jahre und der Aufforderung zur unverzüglichen Vorlage des Führerscheines, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 8 Abs.3, 24 Abs.1 Z2 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Perg hat mit Bescheid vom 4.11.2003, VerkR21-468-2003, die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E sowie F des Berufungswerbers auf zwei Jahre bis zum 4.11.2005 befristet und den Berufungswerber aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich ab Rechtskraft des Bescheides vorzulegen. Mit einem weiteren Bescheid vom 4.11.2003, VerkR21-468-2003, hat der Bezirkshauptmann von Perg dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen C und E für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung gerechnet ab Zustellung des Bescheides entzogen und den Berufungswerber aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich abzuliefern. Dieser Bescheid wurde gemäß § 57a AVG erlassen und als Rechtsmittel die Möglichkeit der Vorstellung angeführt. Es handelt sich daher bei diesem Bescheid um einen Mandatsbescheid.

 

Begründet wurden beide Bescheide mit einem Gutachten der Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Perg, wonach der Berufungswerber für die Gruppe 2 wegen der erhöhten Anforderungen nicht geeignet sei und für die Gruppe 1 eine Befristung auf zwei Jahre notwendig sei, weil ein neuerlicher Schlaganfall nicht ausgeschlossen werden könne.

 

2. Der Berufungswerber hat gegen diese Bescheide "Berufung" eingebracht und darin angeführt, dass aus seiner Sicht die Verkehrstauglichkeit gegeben ist, weil er seit Bekanntwerden der Krankheiten weder einen Verkehrsunfall noch etwaige Verkehrsübertretungen begangen habe. Außerdem habe sich sein Gesundheitszustand stabilisiert.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Perg hat den gesamten Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie Einholung eines Gutachtens der Landessanitätsdirektion vom 12.1.2004 zur Frage der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen und Wahrung des Parteiengehörs. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 67d Abs.2 Z1 AVG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber erlitt im April 2002 einen Schlaganfall mit linksseitiger Lähmung. Außerdem besteht ein Zustand nach Herzinfarkt sowie Stent-Implantation und eine koronare Herzerkrankung. Bei ihm liegen multiple Risikofaktoren und bereits diagnostizierte Gefäßverengungen im intraceribralen Bereich vor. Es wurde eine nervenfachärztliche Stellungnahme vom 13.10.2003 eingeholt, wonach der Berufungswerber weder in der Auffassungsfähigkeit noch in der Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt ist. Auch die Reaktionsfähigkeit scheint in ausreichendem Maß gegeben zu sein. Insgesamt sind die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen in ausreichendem Maß vorhanden, sodass aus nervenfachärztlicher Sicht nichts gegen das Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 spricht. Für die Gruppe 2 ist der Berufungswerber wegen der erhöhten Anforderungen nicht geeignet. Nach einem Arztbrief des Krankenhauses der barmherzigen Schwestern vom 16.5.2003 besteht ein Zustand nach Multiinfarktgeschehen. Die Amtssachverständige der Bezirkshauptmannschaft Perg kam aufgrund dieser Unterlagen zu dem Schluss, dass der Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 nicht geeignet sowie zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 befristet geeignet auf zwei Jahre ist. Die Befristung wurde damit begründet, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass beim Berufungswerber neuerlich ein Schlaganfall auftreten könne.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im Berufungsverfahren ein weiteres Gutachten der Landessanitätsdirektion zur Frage der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen eingeholt. Dieses stützt sich auf eine Untersuchung am 12.1.2004 sowie die bereits im erstinstanzlichen Verfahren verwendete nervenfachärztliche Stellungnahme vom 13.10.2003 und die Diagnose im vorläufigen Arztbrief des Krankenhauses der barmherzigen Schwestern Linz vom 16.5.2003. Aus der nervenfachärztlichen Stellungnahme kann abgeleitet werden, dass der Berufungswerber nach einem Herzinfarkt und Schlaganfall bei bekanntem positiven Risikoprofil derzeit ausreichend stabil ist, um Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 zu lenken. Spezifische Befristungsgründe lassen sich aus dieser nervenfachärztlichen Stellungnahme derzeit nicht ableiten. Für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 ist der Berufungswerber im Hinblick auf die erhöhten Lenkanforderungen und bestehenden Grunderkrankungen mit nach wie vor vorhandener verminderter Stressbelastbarkeit nicht geeignet.

 

Dieses Gutachten wurde dem Berufungswerber zur Kenntnis gebracht, wobei er sich mit dem Inhalt des Gutachtens einverstanden erklärte.

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

"geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund

  1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten "geeignet" für diese Klassen zu lauten;
  2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrsicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.
  3. ......
  4. ......

 

5.2. Vorweg ist festzuhalten, dass die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen C und E von der Bezirkshauptmannschaft Perg mittels Mandatsbescheid erfolgte. Dies ergibt sich eindeutig aus der Anführung des § 57 AVG in den zitierten Rechtsgrundlagen sowie aus der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides (vgl. VwGH vom 30.1.1996, 95/11/0146). Das als "Berufung" bezeichnete Rechtsmittel hinsichtlich der Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen C und E kann daher nur als Vorstellung iSd § 57 AVG gewertet werden. Dabei kommt es nicht auf die Bezeichnung des Rechtsmittels an, weil vom rechtsunkundigen Berufungswerber kein strenger Formalismus verlangt werden darf. Der Bezirkshauptmann von Perg ist daher zur Erledigung dieses Rechtsmittels selbst zuständig. In diesem Zusammenhang wird das von der Landessanitätsdirektion bereits eingeholte Gutachten vom 12.1.2004 in Kopie übermittelt.

 

Hinsichtlich der Befristung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E sowie F hat das eingeholte Gutachten ergeben, dass die Befristung nicht erforderlich ist. Das Gutachten der Landessanitätsdirektion ist ausführlich begründet und nachvollziehbar. Auch aus dem erstinstanzlichen Gutachten geht nicht eindeutig hervor, warum beim Berufungswerber mit einer solchen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zu rechnen ist, welche eine Befristung erforderlich machen würde. Es war daher der Berufung stattzugeben, wobei nochmals darauf hinzuweisen ist, dass über das Rechtsmittel gegen den Mandatsbescheid hinsichtlich der Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen C und E die Erstinstanz zu entscheiden hat.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Z ö b l

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