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des Landes Oberösterreich
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VwSen-520491/2/Ki/Pe

Linz, 20.01.2004

 

 

 VwSen-520491/2/Ki/Pe Linz, am 20. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn Ing. G S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G M, vom 19.12.2003 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1.12.2003, FE-1066/2003, wegen einer Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung wird auf fünf Monate, gerechnet ab 3.9.2003, festgesetzt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 AVG und 67a AVG iVm §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z3, 7 Abs.4, 24 Abs.1 und 29 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gemäß § 24 Abs.1 FSG ein an den Berufungswerber gerichteter Mandatsbescheid vom 10.9.2003 vollinhaltlich bestätigt und einer Berufung gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Mit dem genannten Mandatsbescheid vom 10.9.2003, FE-1066/2003, wurde dem Berufungswerber die von der Bundespolizeidirektion Linz am 6.6.1966 unter Zl. VA 4874/65 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 14 Monaten, gerechnet ab 3.9.2003, entzogen und es wurden weiters die Absolvierung einer Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker, die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme vorgeschrieben.

 

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 19.12.2003 fristgerecht Berufung (ausschließlich hinsichtlich der Entziehungsdauer) erhoben, diese Berufung wurde von der Bundespolizeidirektion Linz dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, der hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Berufungswerber stellt ausschließlich den Antrag, die Entziehungsdauer in Stattgebung der Berufung zu reduzieren und zwar auf angemessene fünf Monate.

 

Die übrigen angeordneten unbekämpften Maßnahmen würden den Berufungswerber in die Lage versetzen, die Verkehrszuverlässigkeit zu beweisen. Es genüge daher eine weitaus kürzere Entziehungsdauer, da die Entziehung ohnedies bis zum Nachweis der angeordneten Schulungen bzw. bis zur Beibringung der Gutachten ausgesprochen sei.

 

Tatsächlich habe der Berufungswerber auf der Autobahn gewendet, eine Geisterfahrt im eigentlichen Sinne sei ihm jedoch nicht vorzuwerfen. Nach dem sofortigen Erkennen seines Fehlverhaltens habe er in einer Ausweichstelle gewartet, bis ihm die anhaltenden Verkehrsteilnehmer ein neuerliches Wenden ermöglicht hätten. Dieser Sachverhalt sei auch durch das Bezirksgericht Linz festgestellt worden.

 

Er sehe eine Folgekollision zwar als adäquate Folge seines Handelns, aber nicht unmittelbar durch das Wendemanöver verursacht. Tatsächlich habe einer der Betroffenen, statt wie die vor ihm befindlichen Fahrzeuglenker in der Kolonne zu warten, unvorsichtig die Spur gewechselt und sei in die Nebenkolonne gedrängelt, ohne den Nachfolgeverkehr zu beachten.

 

Diese richtige Sicht des Sachverhaltes nehme dem vorzuwerfenden Fahrmanöver die Dramatik, insbesondere die Erschwerung durch einen Unfall. Auch die Fahrerflucht sei bei dieser richtigen Sicht des Sachverhaltes nicht anzunehmen, da dem Berufungswerber nicht vorzuwerfen sei, eine weit von ihm entfernt in einer Kolonne stattfinde Streifenkollision beim Fahrspurwechsel wahrzunehmen.

 

Die Entziehungsdauer von 14 Monaten sei daher völlig überzogen. Sie stehe in keinem Verhältnis zum vorzuwerfenden Fahrmanöver. Auch die Begleitmaßnahmen und das bereits abgewickelte Strafverfahren beim Bezirksgericht Linz würden beim Berufungswerber den erforderlichen Eindruck hinterlassen, um von einer künftigen Verkehrszuverlässigkeit auszugehen.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Der Berufungswerber lenkte am 3.9.2003 um 14.05 Uhr in Linz, auf der A7, RFB Nord, von der VÖEST-Brücke kommend in Fahrtrichtung Freistadt das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen . In Höhe der Auffahrt Freistädterstraße, am Beschleunigungsstreifen (160 m nach km 13,0) kehrte er mit seinem Fahrzeug um und fuhr eine kurze Strecke entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung als sogenannter "Geisterfahrer" auf der Richtungsfahrbahn Nord in Fahrtrichtung Süd.

 

In der Folge ist es zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden zwischen zwei anderen Verkehrsteilnehmern gekommen, da ein Unfallbeteiligter sein Fahrzeug verriss und mit einem weiteren Fahrzeug kollidierte. Aufgrund der entgegenkommenden Fahrzeuge hat der Berufungswerber erneut sein Fahrzeug gewendet und ist in Richtung Ausfahrt Dornach weitergefahren, wo er auch von der Autobahn abfuhr. Er hat an der Unfallstelle nicht angehalten und konnte erst an der Wohnadresse angetroffen werden.

 

Aus einer im Akt aufliegenden Niederschrift mit einer der unfallbeteiligten Person (Bundespolizeidirektion Linz am 4.9.2003) geht hervor, dass dieser Person am Ende der Heilhammerkurve aufgefallen ist, dass die vor ihr befindlichen Fahrzeuge gebremst haben. Sie bremste ebenfalls und hat dabei bemerkt, dass am linken Fahrbahnrand der A7 ein weißer Mercedes gestanden ist. Der Mercedes ist Richtung VÖEST-Brücke gestanden, also in entgegengesetzter Fahrtrichtung von ihr. Sowohl am rechten als auch am linken Fahrstreifen sind die Fahrzeuglenker stehengeblieben. Die Fahrzeuge, die sich am linken Fahrstreifen befanden, haben rechts geblinkt, weil sie wegen dem Mercedes die Spur wechseln wollten. Der Verkehr am rechten Fahrstreifen hatte sich dann wieder fortbewegt, am linken Fahrstreifen sind die Fahrzeuge gestanden. Auch sie hat die Fahrt am rechten Fahrstreifen fortgesetzt, als sie ein Stück gefahren ist, hat sie gespürt und auch gehört, dass ihr hinten links jemand hineingefahren ist. Sie habe gesehen, dass sie mit einem Auto kollidiert sei.

 

Gegen einen zunächst erlassenen Mandatsbescheid vom 10.9.2003 hat der Berufungswerber Vorstellung erhoben. In weiterer Folge hat die Bundespolizeidirektion Linz den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1.12.2003 erlassen.

 

Im Verfahrensakt findet sich ferner ein Vermerk, wonach (Tagesdatum 8.9.2003) für den Berufungswerber für verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen keine Datensätze aufscheinen.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 - 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbei zu führen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gilt u.a. das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Dass das dem Berufungswerber zur Last gelegte Verhalten eine bestimmte Tatsache iSd zitierten § 7 Abs.3 Z3 FSG darstellt, bleibt unbestritten. Es wird ausschließlich die Entzugsdauer der Lenkberechtigung bemängelt.

 

Was die gemäß § 7 Abs.4 vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

 

Ein Fahrmanöver auf Autobahnen, wie es der gegenständlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist, stellt einen gravierenden Verstoß gegen die Verkehrssicherheit dar und ist sohin allgemein als besonders verwerflich anzusehen. Wenn auch der Berufungswerber sein Fehlverhalten rechtzeitig erkannt hat und versuchte, das Fahrzeug zu wenden, so ist doch festzustellen, dass, es herrschte zumindest mittleres Verkehrsaufkommen, dieses Fahrmanöver als extrem gefährlich einzustufen ist, schließlich ist nicht auszuschließen, dass durch solche Manöver es zu gravierenden Verkehrsunfällen mit schwerwiegenden Folgen für die übrigen Verkehrsteilnehmer kommen kann. Letztlich ist zwar auch der festgestellte Verkehrsunfall durch ein offensichtliches Fehlverhalten eines der beiden Unfallbeteiligten zustande gekommen, es kann aber die Kausalität des Verhaltens des Berufungswerbers für dieses Ereignis nicht abgesprochen werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass konkret lediglich Sachschaden entstanden ist.

 

Im positiven Sinne ist auch zu vermerken, dass der Berufungswerber offensichtlich sofort sein Fehlverhalten erkannt hat und er auch versuchte, diesen Umstand zu korrigieren. Dass er letztlich in der konkreten Situation den weiter entfernt stattgefundenen Verkehrsunfall nicht bemerkt hat, ist durchaus als zutreffend anzusehen.

 

Zu berücksichtigen ist auch, dass der Berufungswerber bisher offensichtlich verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist und er sich auch seit dem der Entscheidung zugrundeliegenden Vorfall wohlverhalten hat.

 

Dem Berufungswerber wurde weiters eine entsprechende Nachschulung sowie die Beibringung entsprechender Nachweise hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung vorgeschrieben. Insbesondere was die Nachschulung, welche akzeptiert wurde, anbelangt, wird davon ausgegangen, dass hiedurch eine positive Sinneswandlung des Berufungswerbers bewirkt werden kann. Sollte eine gesundheitliche Nichteignung Ursache für das gegenständliche Verhalten sein, so wäre dies in einem eigenen Verfahren zu beurteilen.

 

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass es im vorliegenden konkreten Falle im Hinblick auf die grundsätzliche Gefährlichkeit des Verhaltens des Berufungswerbers zwar einer längeren Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung bedarf, dass jedoch erwartet werden kann, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers nach einer Entzugsdauer von fünf Monaten wieder hergestellt ist.

 

Dem Antrag der Berufung entsprechend, konnte daher dieser Folge gegeben werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. K i s c h

 

 

 
 

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