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VwSen-520492/9/Zo/Pe

Linz, 29.03.2004

VwSen-520492/9/Zo/Pe Linz, am 29. März 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J G, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H B und Dr. J B, vom 23.12.2003 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 9.12.2003, VerkR21-402-2003, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 15.3.2004 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d AVG iVm §§ 7, 24 und 25 FSG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen und ausgesprochen, dass ihm auf die Dauer von 15 Monaten gerechnet ab Abnahme des Führerscheines, das ist der 29.7.2003, keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf. Das Ende der Entziehungszeit ist damit der 29.10.2004, 24.00 Uhr. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug aberkannt.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber den Lkw, welcher nicht gestartet werden konnte, bergab rollen ließ, wobei er auf dem Lenkerplatz gesessen ist und den Zündschlüssel zur Überwindung der Lenkradsperre angesteckt hatte. Er habe damit zweifelsfrei ein Kraftfahrzeug gelenkt. Er habe sich dabei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand von 0,74 mg/l Atemluftalkoholgehalt befunden und seinem Einwand, dass ihm von einer unbekannten Person Schnaps in das Bier geschüttet worden sei, wurde kein Glauben geschenkt. Die Entzugsdauer wurde damit begründet, dass dem Berufungswerber wegen eines Alkoholdeliktes am 5.9.1999 die Lenkberechtigung für die Dauer von 3 Monaten und wegen eines weiteren Alkoholdeliktes am 13.7.2000 für die Dauer von 5 Monaten entzogen worden war. Weiters hat er am 17.12.1999 ein Fahrzeug gelenkt, wobei sein Atemluftalkoholgehalt 0,29 mg/l betragen hat. Weiters habe der Berufungswerber am 29.9.2003 gegen 16.10 Uhr den Pkw auf einer öffentlichen Straße gelenkt, obwohl ihm die Lenkberechtigung mit Bescheid entzogen worden war. Es bedürfe daher der festgesetzten Entziehungsdauer, um die Sinnesart des Berufungswerbers zum Positiven zu verändern.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass die Batterie des Klein-Lkw leer gewesen sei und dieser daher gar nicht mehr gestartet werden konnte. Der Berufungswerber wollte das Fahrzeug nur deshalb vom Abstellplatz wegbringen, um anderen parkenden Fahrzeugen das Wegfahren zu ermöglichen. Der Berufungswerber habe das Fahrzeug lediglich eine geringe Strecke zum Parkplatz des Gasthauses rollen lassen. Der Fahrzeugschlüssel war nicht mehr auffindbar, weshalb ein Kollege den Reserveschlüssel aus der Firma geholt hätte, wobei der Berufungswerber in dieser Zeit eine Halbe Bier getrunken habe. Die gemessene Alkoholisierung könne daher nur darauf zurückzuführen sein, dass dem Berufungswerber von einem Unbekannten im Gasthaus Schnaps ins Bier gegeben worden sei, als er sich gerade auf der Toilette aufgehalten habe. Er habe auch einen entsprechenden anonymen Anruf erhalten, nachdem ihm der Führerschein abgenommen worden war. Der Berufungswerber habe sich keinesfalls völlig verantwortungslos hinter das Steuer gesetzt, sondern habe vielmehr lediglich im Interesse anderer Verkehrsteilnehmer nur eine kurze Strecke mit dem Fahrzeug zurücklegen wollen. Der Unrechtsgehalt seiner Tat bleibe daher deutlich hinter dem typischerweise mit Übertretungen des § 5 StVO verbundenen Unrechtsgehalt zurück, weshalb die Dauer der Entziehung wesentlich überhöht erscheint. Es sei überhaupt nicht vom Vorliegen der Verkehrsunzuverlässigkeit auszugehen.

3. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) zu entscheiden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15.3.2004, bei welcher der Berufungswerber gehört sowie der Meldungsleger unter Erinnerung an die Wahrheitspflicht zum Sachverhalt als Zeuge einvernommen wurde.

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte am 29.7.2003 gegen 21.25 Uhr den Firmen-Lkw mit dem Kennzeichen in Sierning vom Bereich der Baustelle vom Kirchenplatz kommend über die Schiedlberger-Landesstraße bis zum Haus Bahnhofstraße. Dabei saß er auf dem Fahrersitz und hatte den Zündschlüssel angesteckt, der Motor des Klein-Lkw war aber nicht gestartet, sondern das Fahrzeug rollte lediglich aufgrund der Schwerkraft bergab. Es war nicht mehr möglich, das Fahrzeug zu starten, weil die Batterie völlig leer war. Der Berufungswerber hatte vorerst noch beabsichtigt, nach Hause, also nach W, zu fahren, nachdem er aber festgestellt hat, dass es nicht mehr möglich war das Fahrzeug zu starten, hat er davon Abstand genommen.

Der Alkotest wurde um 21.43 Uhr bzw. 21.46 Uhr am Gendarmerieposten Sierning mit dem Alkomat W646 durchgeführt und ergab eine Atemluftalkoholkonzentration von 0,74 mg/l (kleinerer Wert). Der verwendete Alkomat der Firma Siemens M 52052/A15 mit der Nummer W05-646 war zum Zeitpunkt des Alkotestes gültig geeicht. Die nach der Betriebsanleitung erforderliche Wartefrist von 15 Minuten wurde eingehalten.

Hinsichtlich der sonstigen Angaben werden die aufgenommenen Beweise wie folgt gewürdigt:

Der Gendarmeriebeamte machte als Zeuge einen glaubwürdigen und sicheren Eindruck. Seine Schilderung des Vorfalles ist widerspruchsfrei und kann gut nachvollzogen werden. Der Berufungswerber hingegen machte Angaben, welche teilweise nur schwer nachvollziehbar sind. So behauptet er z.B., dass ihm jemand Schnaps ins Bier geschüttet habe, obwohl er im Gasthaus niemanden gekannt hat. Das von ihm unterstellte Motiv für diesen "Racheakt" ist daher nicht erklärbar. Auch hinsichtlich des Ablaufes des Alkotestes sowie der darauffolgenden Abnahme des Fahrzeugschlüssels bzw. des Umstandes, warum dieser nicht abgenommen wurde, ist die Schilderung des Berufungswerbers vorerst so, als ob die Amtshandlung völlig reibungslos und unproblematisch abgelaufen sei. Erst auf Vorhalt der Aussagen des Zeugen räumte der Berufungswerber ein, dass er doch versucht habe, die Gendarmeriebeamten vom Alkotest abzubringen. Insgesamt machte der Berufungswerber bei seiner Einvernahme den Eindruck, dass er den gesamten Vorfall in einem für ihn möglichst günstigen Licht schildern wollte. Das ist zwar verständlich, führt aber dazu, dass seinen Angaben insgesamt weniger Glauben geschenkt werden kann als jenen des Gendarmeriebeamten.

Zu der Behauptung, jemand hätte ihm Schnaps ins Bier geschüttet ist anzuführen, dass aufgrund des festgestellten Alkoholisierungsgrades und der vom Berufungswerber behaupteten geringen Mengen an konsumierten alkoholischen Getränken (nämlich ein Bier zu Mittag und ein Bier am Abend) es sich dabei um eine größere Menge Schnaps gehandelt haben müsste. Eine derartige Menge Schnaps im Bier hätte der Berufungswerber aber jedenfalls sowohl am Geschmack als auch an der Alkoholkonzentration erkennen müssen. Der Umstand, dass der Berufungswerber versucht hat, die Gendarmeriebeamten vom Alkotest abzuhalten, ist ein deutliches Indiz dafür, dass ihm seine Alkoholisierung ohnedies bewusst war. Der Gendarmeriebeamte hat beim Berufungswerber deutliche Alkoholisierungssymptome wahrgenommen, unter Berücksichtigung dieser Symptome musste auch dem Berufungswerber seine Alkoholisierung erkennbar sein.

Das Beweisverfahren hat keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, dass der Berufungswerber tatsächlich durch Einlegen eines Ganges bei dem bergabrollenden Klein-Lkw versucht hat, das Fahrzeug zu starten. Ein derartiger Versuch konnte von den Gendarmeriebeamten nicht beobachtet werden. Es ist daher zu Gunsten des Berufungswerber davon auszugehen, dass er tatsächlich das Fahrzeug nur bergab rollen lassen wollte, um es von der ungünstigen Abstellposition zu entfernen. Dazu ist allerdings festzustellen, dass der Berufungswerber auch einen seiner Arbeitskollegen, welche ihm den Reserveschlüssel gebracht haben, darum hätte ersuchen können.

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

die Lenkberechtigung zu entziehen oder

die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz zu beurteilen ist.

Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind gemäß § 7 Abs.4 FSG deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

5.2. Was den Umstand anbelangt, dass der Berufungswerber das Fahrzeug nicht gestartet hat, sondern dieses nur bergab rollen ließ, wobei er es auf dem Lenkerplatz sitzend gelenkt hat und der Zündschlüssel angesteckt war, ist auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides zu verweisen. Der Berufungswerber hat jedenfalls den Klein-Lkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und damit eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begangen. Selbst wenn ihm tatsächlich eine unbekannte Person die zur Erreichung des gemessenen Atemluftalkoholgehaltes notwendige Menge Schnaps ins Bier geschüttet hätte, so hätte er dies jedenfalls bemerken und auch seine Alkoholbeeinträchtigung wahrnehmen müssen. Die Alkofahrt ist dem Berufungswerber damit auch subjektiv vorwerfbar.

Im Rahmen der Wertung dieser bestimmten Tatsachen ist zugunsten des Berufungswerber zu berücksichtigen, dass dieser den Klein-Lkw lediglich auf einer Strecke von 100 bis 150 m ohne Motorkraft bei relativ niedriger Geschwindigkeit (10 bis 20 km/h) bergab rollen ließ. Dieses Verhalten ist sicherlich nicht so gefährlich, wie das Lenken eines Kraftfahrzeuges mit höherer Geschwindigkeit über eine längere Fahrtstrecke. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit um einen charakterlichen Wertbegriff handelt und der Berufungswerber selbst eingeräumt hat, dass er ursprünglich beabsichtigt hatte, mit dem Klein-Lkw noch nach Hause zu fahren. Er konnte seine ursprüngliche Absicht nur deshalb nicht in die Tat umsetzen, weil eben die Batterie des Klein-Lkw völlig leer war. Der Berufungswerber hat den Umstand, dass er nicht den Klein-Lkw nach Hause gelenkt hat, sondern diesen nur eine kurze Strecke bergab rollen ließ, also letztlich nur dem Zufall zu verdanken, weil sein ursprünglicher Willensentschluss, wie er auch zugesteht, darauf gerichtet war, mit dem Firmenfahrzeug nach Hause zu fahren.

Die Erstinstanz hat zutreffend bei der Wertung die beiden Vorentzüge aus den Jahren 1999 und 2000 sowie die Minderalkoholisierung vom 17.12.1999 berücksichtigt. Auch unter Berücksichtigung des Verhaltens des Berufungswerbers seit dem Vorfall, ergibt sich für diesen kein besseres Bild, hat er doch am 29.9.2003 trotz Entziehung der Lenkberechtigung neuerlich ein Kraftfahrzeug gelenkt.

Insgesamt macht der Berufungswerber bei der mündlichen Verhandlung keinen einsichtigen oder gar reumütigen Eindruck, sondern er versuchte, die Schuld an dem Vorfall einem unbekannten Dritten zuzuschieben. Es ist daher auch nach Ansicht des erkennenden Mitgliedes des unabhängigen Verwaltungssenates eine Entziehungsdauer von 15 Monaten erforderlich, um beim Berufungswerber eine Verhaltensänderung dahingehend zu erwirken, dass er in Zukunft keine Kraftfahrzeuge mehr in Alkohol beeinträchtigten Zustand lenken wird.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung wegen Gefahr in Verzug erfolgte nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Recht. Die Berufung musste daher abgewiesen werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

Mag. Z ö b l

Beachte: Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 28.06.2005, Zl.: 2004/11/0097-6

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