Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520532/9/Zo/Pe

Linz, 11.08.2004

 

 

 VwSen-520532/9/Zo/Pe Linz, am 11. August 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn C H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A W, vom 4.12.2003, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 20.11.2003, VerkR21-528-2002, wegen der befristeten Erteilung einer Lenkberechtigung unter Auflagen, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Befristung der Lenkberechtigung bis 22.10.2004 sowie die Auflage, dass vor Ablauf der Befristung ein amtsärztliches Gutachten zu erbringen ist, aufgehoben.

Die Auflage, dass für die Dauer eines Jahres jeweils in Abständen von drei Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides bei Zuerkennung einer Toleranzzeit von einer Woche ein Abstinenznachweis durch Abgabe einer Harnprobe zu erbringen ist, wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Abs.1 Z2 iVm § 5 Abs.5 und § 8 Abs.3 FSG, § 14 Abs.5 FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Bezirkshauptmann von Gmunden dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B (Führerschein ausgestellt am 6.6.1998 zu Zl. VerkR20-5431-1998) bis 22.10.2004 befristet und als Auflage vorgeschrieben, dass für die Dauer eines Jahres jeweils in Abständen von drei Monaten, gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides bei Zuerkennung einer Toleranzzeit von einer Woche ein Abstinenznachweis durch Abgabe einer Harnprobe zu erbringen ist. Vor Ablauf der Befristung ist ein amtsärztliches Gutachten zu erbringen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass weder für die Befristung noch für die Auflagen eine ausreichende Rechtsgrundlage gegeben ist. Es habe zwar eine Harnanalyse einen Wert von > 135 ng/ml ergeben, eine Suchtgiftabhängigkeit sei aber im fachärztlichen Befund nicht festgestellt worden. Die Anregung des Facharztes einer Befristung sowie der Auflage der dreimonatigen Harnabgabe überschreitet die Kompetenzen des Facharztes und entspreche nicht den rechtlichen Erfordernissen. Der Berufungswerber sei zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 geeignet. Ein bloß gelegentlicher Konsum von Cannabis sei nicht geeignet, die Lenkberechtigung einzuschränken. Es sei die Nichtabhängigkeit von Suchtgift attestiert worden, weshalb davon auszugehen sei, dass kein regelmäßiger oder die Verkehrszuverlässigkeit beeinträchtigender Suchtgiftkonsum vorliegt. Der Berufungswerber sei auch nicht beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges in einem suchtgiftbeeinträchtigten Zustand betreten worden.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Gmunden hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Einholung einer Stellungnahme der Landessanitätsdirektion sowie zweimalige Aufforderung an den Berufungswerber, einen aktuellen Harnbefund betreffend Cannabis sowie eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vorzulegen. Diesen Aufforderungen ist der Berufungswerber nicht nachgekommen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und erschien auch nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 23.9.2002 wurde der Berufungswerber aufgefordert, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten innerhalb von vier Monaten ab Zustellung des Bescheides beizubringen. Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass der Berufungswerber einen Missbrauch von Suchtmitteln begangen hätte.

 

Eine Harnuntersuchung vom 19.3.2003 ergab einen Cannabiswert von > 135 ng/ml. Die fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vom 22.4.2003 ergab als Diagnose einen schädlichen Gebrauch von Cannabis ICD 10 F 12.1 sowie einen gelegentlichen schädlichen Gebrauch von Alkohol. Es lagen keine Hinweise auf eine Abhängigkeitserkrankung vor, das Ausmaß der angegebenen Konsumation entspricht einem gelegentlichen Missbrauch, wenngleich auch wahrscheinlich in größeren Mengen. Darauf weise insbesondere der doch beträchtlich erhöhte THC-Gehalt anlässlich der Drogenharnuntersuchung im März hin. Die psychophysische Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die Fahrtauglichkeit erschien aus der fachärztlichen Sicht unbeeinträchtigt. Der Facharzt plädierte daher für die Beibehaltung des Führerscheines der Gruppe 1, wobei im Rahmen einer Befristung im Abstand von drei bis sechs Monaten noch einmal eine Überprüfung der Drogenparameter erfolgen sollte. Die vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden neuerlich geforderte Harnprobe hat der Berufungswerber bis 25.8.2003 nicht beigebracht. Das amtsärztliche Gutachten vom 22.10.2003 ergab eine befristete Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 für ein Jahr, wobei eine Nachuntersuchung mit dreimonatigem Harnbefund erforderlich ist.

 

Auf Grund dieses Gutachtens wurde der bereits angeführte Bescheid erlassen und gegen diesen rechtzeitig Berufung erhoben.

 

Es wurde eine Stellungnahme der Landessanitätsdirektion zu der Frage eingeholt, ob bzw. aus welchen Gründen die Vorlage von Kontrolluntersuchungen (Harnprobe auf Cannabis) bzw. eine Befristung der Lenkberechtigung erforderlich ist. Dazu wurde von der Landessanitätsdirektion mitgeteilt, dass zur Erstellung eines Gutachtens eine neuerliche fachärztliche psychiatrische Stellungnahme erforderlich ist, weil gemäß § 2 Abs.4 FSG-GV bei der Erstellung des ärztlichen Gutachtens keine fachärztliche oder verkehrspsychologische Stellungnahme miteinbezogen werden darf, die älter als sechs Monate ist. Der Berufungswerber wurde daher zweimal aufgefordert, einen aktuellen Harnbefund betreffend Cannabis sowie eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme, welche nicht älter als sechs Monate ist, vorzulegen. Diesen Aufforderungen ist er nicht nachgekommen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, ist gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Eine wesentliche Vorsaussetzung für die Erteilung einer Lenkberechtigung stellt die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der entsprechenden Klasse dar.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

"geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund

  1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten "geeignet" für diese Klassen zu lauten;
  2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrsicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;
  3. zum Lenken nur eines bestimmten Fahrzeuges nach § 2 Z24 KFG 1967 geeignet, so hat das Gutachten "beschränkt geeignet" zu lauten und anzugeben, durch welche körperlichen Mängel die Eignung beschränkt ist und in welcher Form diese körperlichen Mängel ausgeglichen werden können;
  4. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten "nicht geeignet" für die entsprechende Klasse zu lauten.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die von Alkohol, Sucht- oder Arzneimittel abhängig waren, oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

5.1. Das Berufungsvorbringen ist insofern richtig, als dem Berufungswerber weder eine Suchtmittelabhängigkeit noch das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand vorgeworfen wird. Wäre der Berufungswerber tatsächlich von Suchtmitteln abhängig, so müsste ihm gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV die Lenkberechtigung zur Gänze entzogen werden. Hätte er in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt, so würde die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen und die Wiedererteilung wäre nur unter den in § 14 Abs.3 FSG-GV genannten Voraussetzungen möglich.

 

Dies hat aber nichts damit zu tun, ob die Befristung der Lenkberechtigung sowie die Vorschreibung von Auflagen gerechtfertigt ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass bei einem bloßen gelegentlichen Missbrauch von Cannabis die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht beeinträchtigt wird. Im vorliegenden Fall ist aber aus folgenden Gründen nicht mehr nur von einem gelegentlichen Missbrauch auszugehen:

Die fachärztliche Stellungnahme spricht zwar noch von einem gelegentlichen Missbrauch, stützt sich dabei aber lediglich auf die persönlichen Angaben des Berufungswerbers. Auf Grund des Ergebnisses des Harntestes vom 19.3.2003 spricht aber auch die fachärztliche Stellungnahme davon, dass der Missbrauch von Cannabis wahrscheinlich in größeren Mengen erfolgte. Der Berufungswerber wurde seither dreimal aufgefordert, einen aktuellen Harnbefund vorzulegen, um eben genauere Aufschlüsse über Zeitraum und Menge des Konsums von Cannabis zu erhalten. Dies wäre wegen des deutlich überhöhten THC-Wertes vom 19.3.2003 notwendig gewesen. Er ist aber allen drei Aufforderungen nicht nachgekommen, weshalb davon auszugehen ist, dass seine persönlichen Angaben anlässlich der Untersuchung durch den Facharzt hinsichtlich des Cannabiskonsums nicht den Tatsachen entsprechen. Der Berufungswerber hätte es selbst in der Hand gehabt, durch die Vorlage entsprechender Befunde nachzuweisen, dass es sich tatsächlich lediglich um einen gelegentlichen Missbrauch von Cannabis gehandelt hat. Diese Möglichkeit hat er nicht wahrgenommen, weshalb davon auszugehen ist, dass ein gehäufter Missbrauch von Cannabis iSd § 14 Abs.5 FSG-GV vorliegt. Die Vorschreibung von ärztlichen Kontrolluntersuchungen in Form der regelmäßigen Untersuchung des Harns auf Cannabis erschien daher notwendig. Die vom Amtsarzt der Erstinstanz vorgeschlagene Vorgangsweise, nämlich die viermalige Untersuchung in Abständen von jeweils drei Monaten erscheint angemessen und notwendig, um ein verlässliches Bild über den zukünftigen Cannabiskonsum des Berufungswerbers zu erhalten. Dem zuständigen Mitglied des Oö. Verwaltungssenates ist aus anderen ähnlichen Berufungsverfahren bekannt, dass zumindest ein Jahr lang alle drei Monate ein entsprechender Harnbefund erforderlich ist, um für die Zukunft davon ausgehen zu können, dass kein gehäufter Missbrauch von Suchtmitteln mehr zu erwarten ist.

 

Die Befristung der Lenkberechtigung sowie eine neuerliche amtsärztliche Untersuchung vor Ablauf der Befristung ist jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in derartigen Fällen nicht erforderlich. Die Führerscheinbehörde erhält durch die viermalige Vorlage von Harnbefunden ausreichende Entscheidungsgrundlagen, um entweder festzustellen, dass nunmehr kein gehäufter Missbrauch iSd § 14 Abs.5 FSG-GV mehr vorliegt oder andererseits der Verdacht auf Suchtmittelabhängigkeit iSd § 14 Abs.1 FSG-GV gegeben ist. Sollte der Berufungswerber aber diese Auflagen nicht einhalten und trotzdem Kraftfahrzeuge lenken, steht der Führerscheinbehörde § 7 Abs.3 Z13 FSG zur Verfügung. Die Befristung sowie die Vorschreibung, ein amtsärztliches Gutachten zu erbringen, waren daher aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

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