Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520623/6/Bi/Be

Linz, 12.07.2004

VwSen-520623/6/Bi/Be Linz, am 12. Juli 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau L R, vertreten durch Dr. R W, Rechtsabteilung des Ö, vom 4. Juni 2004 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 21. Mai 2004, FE-454/2004, wegen der Aufforderung, sich binnen vier Monaten zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gemäß § 8 FSG amtsärztlich untersuchen zu lassen, aufgrund des Ergebnisses der am 2. Juli 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde die Berufungswerberin (Bw) gemäß
    § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich binnen vier Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zur Feststellung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gemäß § 8 FSG amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 25. Mai 2004.

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Am 2. Juli 2004 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Bw, ihres Rechtsvertreters Dr. Ralph Wiplinger, des
Behördenvertreters Mag. Ewald Huber sowie des Zeugen RI G A durchgeführt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie sei im Vollbesitz ihrer geistigen und körperlichen Kräfte. Der von ihr verwendete Gehstock habe eher die Funktion eines Spazierstockes und sie verwende ihn seit der bereits vor 10 Jahren erfolgten Hüftoperation fallweise zur Erleichterung, sei aber nicht auf ihn angewiesen. Die in § 5 Abs.1 FSG-GV angeführten Erkrankungen und Beeinträchtigungen lägen bei ihr mit Sicherheit nicht vor. Sie besuche den Hausarzt nur routinemäßig zur Gesundenuntersuchung, wobei ihr bestätigt worden sei, vollkommen gesund zu sein und volles Seh- und Hörvermögen zu besitzen. Begründete Bedenken im Sinne des § 24 Abs.4 FSG bestünden daher nicht. Der bekämpfte Bescheid sei vermutlich auf ihr Alter zurückzuführen, wobei jedoch Alter keine Krankheit darstelle. Beantragt wird daher Bescheidaufhebung und Einstellung des Verfahrens.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und der damalige Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen wurde.

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass die Bw, die an der Donau mit ihrem Hund spazieren war und ihren Pkw in der Zwischenzeit auf einem Gasthausparkplatz abgestellt hatte, beim Verlassen des Parkplatzes den etwas engeren Teil zum Ausfahren auf die Linke Brückenstraße benutzen musste. Dort kamen ihr Fahrzeuge entgegen, wobei der letzte Pkw sie zum Ausweichen veranlasste. Sie stieß dabei gegen einen rechts abgestellten Pkw, wobei dieser und ihr eigener erheblich beschädigt wurden. Sie ging ins Gasthaus und verständigte telefonisch ihren Sohn und die Polizei, worauf ihr Sohn und der Meldungsleger, ein Beamter des Wachzimmers O, eintrafen. Beim Warten und im Zuge der Erhebungen an der Unfallstelle benutzte sie einen Gehstock, den sie auch bei der mündlichen Verhandlung dabei hatte. Sie betonte jedoch, sie habe vor ca 10 Jahren eine Hüftoperation gehabt und verwende den Stock zur Erleichterung beim Stehen und längeren Gehen, sei darauf aber nicht wie bei einer Krücke angewiesen.

Der Meldungsleger bestätigte zeugenschaftlich, sowohl der geparkte als auch der Pkw der Bw seien erheblich beschädigt gewesen; der der Bw habe sogar abgeschleppt werden müssen. Die Bw habe zum Unfallshergang befragt angegeben, sie habe einem entgegenkommenden PKw ausweichen müssen, habe aber weder Marke noch Type noch Farbe dieses Pkw nennen können, obwohl dieser sich doch auf dem Parkplatz befinden habe müssen, weil es dort nur diese eine Ausfahrt gebe.

Die Bw führte aus, sie habe angesichts des Anstoßes rechts nicht auf den weiterfahrenden Pkw in der Weise geachtet, dass sie diesen auf dem Parkplatz identifizieren hätte können. Der Meldungsleger habe sie auf dem Parkplatz zum

Gehstock und der in der Verhandlung geäußerten Vermutung, der Unfall könne darauf zurückzuführen sein, dass sie den Gehstock wegen körperlicher Schwierigkeiten benutze und der Unfall darauf zurückzuführen sei, dass sie die Pedale nicht ordnungsgemäß bedienen könne und möglicherweise abgerutscht sei, überhaupt nicht angesprochen. Sie habe einen Pkw mit normaler Gangschaltung und der Unfall hätte jedem anderen Lenker aufgrund des Verkehrsgeschehens genauso passieren können.

Der Meldungsleger hat in der Verhandlung zugestanden, dass der Unfall von den Beschädigungen und deren Lage her so zustande gekommen sein könnte, wie von der Bw geschildert. Er habe den Gehstock und den Umstand, dass die Bw zum entgegenkommenden Fahrzeug absolut nichts sagen habe können, als Anhaltspunkt für seine in der Anzeige geäußerten Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung der Bw gesehen.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Die bescheidmäßige Erteilung eines Auftrages zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens nach Abs.4 setzt die begründete Annahme der Behörde voraus, dass seit Erteilung der Lenkberechtigung eine der für ihre Erteilung maßgeblichen Eignungsvoraussetzungen weggefallen ist (vgl VwGH 24.4.2001, 2001/11/0231, uva).

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist die Schilderung der 1923 geborenen Bw vom Zustandekommen des Unfalls angesichts der örtlichen Verhältnisse am Unfallsort schlüssig und nachvollziehbar. Schlüssig ist auch, dass sie nach dem Auslenkmanöver und dem Anprall am geparkten Pkw rechts, der aufgrund der Schilderungen von den Beschädigungen beider Fahrzeuge doch heftig gewesen sein muss, sich darauf konzentriert hat und deshalb nicht auf das Kennzeichen oder Marke/Type/Farbe des weiterfahrenden Pkw geachtet hat, von dem sie nicht ausgeschlossen hat, dass der Lenker von dem Anstoß gar nichts bemerkt haben müsse. Auch wenn dieser Pkw weiter hinten auf dem Parkplatz abgestellt worden wäre, hätte ihn die Bw aus diesen Gründen nicht mehr identifizieren können.

Zum Gehstock ist zu sagen, dass sich dieser in der Verhandlung eher als Spazierstock darstellte und nicht als Krücke. Wenn die Bw ihn zB bei längeren Spaziergängen mit ihrem Hund und bei längerem Stehen benutzt, ist dem im Sinne des § 24 FSG nichts entgegenzuhalten. Allein aufgrund des Gehstockes ergibt sich vom persönlichen Erscheinungsbild der Bw her nicht der Eindruck, diese könnte

insofern gesundheitliche Probleme haben, als sie die Pedale bei ihrem Pkw nicht ordnungsgemäß bedienen könne. Die vom Meldungsleger geäußerte Vermutung, die Bw könnte vom Bremspedal abgerutscht und deshalb mit dem geparkten Pkw kollidiert sein, hat sich in der Verhandlung nicht bestärkt. Der Meldungsleger hat ausdrücklich bestätigt, die festgestellten Beschädigungen der beiden Pkw könnten, so wie von der Bw beschrieben, auf eine durch ein Auslenkmanöver hervorgerufene Streifung der beiden Fahrzeuge zurückzuführen sein.

Im Ergebnis hat das Beweisverfahren keine wie immer gearteten Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B ergeben, die die Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG rechtfertigen könnten.

Den Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Bescheides, es bestünden insofern begründete Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Bw, weil die Verwendung eines Gehstockes, um eine altersbedingte Gehbehinderung auszugleichen, auf eine eingeschränkte Beweglichkeit der Gelenke, Muskulatur oder Gliedmaßen bzw auf Defekte an den Gliedmaßen hinweise, die unter Umständen das sichere Beherrschen von Kraftfahrzeugen beeinträchtigen könnten, vermag sich der Unabhängige Verwaltungssenat im ggst Fall aufgrund des Erscheinungsbildes der Bw in der mündlichen Verhandlung nicht anzuschließen. Die Verwendung eines Gehstocks zur Schonung und Erleichterung bei zu erwartender längerer Belastung lässt nicht auf eine derartige Beeinträchtigung der Beine schließen, die eine ordnungsgemäße Bedienung der Pedale auszuschließen geeignet ist. Vor allem im Hinblick auf diesen einzigen Vorfall, bei dem sogar der Meldungleger den von der Bw geschilderten Unfallshergang für nachvollziehbar erklärt hat, sind Bedenken im Sinne des § 24 Abs.4 FSG nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Gehstock zur Schonung und Erleichterung bei zu erwartender Belastung rechtfertigt nicht die Bedenken hinsichtlich ordnungsgemäßer Bedienung der Pedale, wenn Gehstock = Spazierstock = Krücke → Aufhebung

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