Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103906/9/Br

Linz, 30.08.1996

VwSen-103906/9/Br Linz, am 30. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn S, H, zu Hd. RA Dr. M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. Juni 1996, Zl.

VerkR96-10310-1996, nach der am 30. August 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird k e i n e F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß dessen Spruch zu lauten hat: "Sie haben am 16.6.1996 um 04.30 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der R von der sogenannten W kommend in Richtung mit der H, Strkm. 0,840, auf die Hauptstraße in Richtung Ortszentrum in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt." Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr.

52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 1.800 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. Juni 1996, Zl.:

VerkR96-10310-1996, wegen einer Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 9.000 S und im Nichteinbringungsfall von 168 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

2. Dieses Straferkenntnis wurde, wie dem Akt zu entnehmen ist, im Beisein des Berufungswerbers und des von ihm für Dolmetscherzwecke mitgenommenen H durch Verkündung im Anschluß an die mündliche Verhandlung erlassen.

In diesem sogenannten "Kurzerkenntnis" wird begründend die Tat durch ein volles Geständnis des Beschuldigten und durch die dienstliche Wahrnehmung eines Straßenaufsichtsorganes als erwiesen angenommen. Die Bemessung der Strafe sei unter Zugrundelegung des § 19 VStG erfolgt.

Der Berufungswerber bestätigte mit seiner Unterschrift und jener des "Dolmetschers" die Belehrung über die Rechtswirkung des Rechtsmittelverzichtes und er erklärt gleichzeitig auf die Einbringung einer Berufung zu verzichten.

2.1. Mit Schreiben des Rechtsvertreters des Berufungswerbers vom 11. Juli 1996 an die Erstbehörde, der Post zur Beförderung übergeben am 12. Juli 1996, erhebt er gegen das oben bezeichnete Straferkenntnis Berufung und führt einerseits aus, daß der von ihm erklärte Rechtsmittelverzicht auf einen Willensmangel beruhe und er die Bedeutung der Amtshandlung nicht verstanden hätte. Er sei unter psychischen Druck gestanden und es hätte ihm auch sein Begleiter den von ihm unterfertigten Rechtsmittelverzicht nicht erklärt.

Inhaltlich führte er im Ergebnis aus, daß er die ihm zur Last gelegte Übertretung nicht begangen hätte.

3. Weil keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da mit der Berufung insbesondere Tatsachen bestritten wurden, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG). Dabei war vorerst zu klären, ob ein Rechtsmittelverzicht wirksam erklärt worden ist und nach Verneinung dieser Vorfrage in der Sache selbst.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Erstbehörde, ferner durch Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten und des das die erstbehördliche Amtshandlung führende Organ, Herrn OAR D und den als Dolmetscher tätig gewordenen H. L, folglich die Gendarmeriebeamten BezInsp. S und RevInsp. R als Zeugen.

4.1. Der Berufungswerber erschien in Begleitung des Hasan L am 28. Juni 1996 bei der Erstbehörde, wo er mit dem Anzeigeinhalt vertraut gemacht wurde und ihm erklärt wurde, daß er bestraft werden müsse. Dabei brachte er wohl zum Ausdruck die Sache erledigt haben zu wollen und unterfertigte in der Folge das "Kurzerkenntnis". Der Berufungswerber ist der deutschen Sprache nur sehr wenig mächtig.

Wie im Zuge des diesbezüglichen Beweisverfahrens anläßlich der Berufungsverhandlung dargelegt wurde, vermochte ihm dabei der als Dolmetscher fungierende L nicht mit Sicherheit zu erklären, daß er mit der auf dem "Kurzerkenntnis" geleisteten Unterschrift einen Rechtsmittelverzicht unterfertigte. Es war daher zumindest angesichts der nicht restlosen Ausschließbarkeit eines auf mangelhaftes Sprachverständnis auch des Dolmetschers beruhenden Willensmangels von der Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichtes und somit von der Rechtzeitigkeit der hier vorliegenden Berufung auszugehen.

4.2. Der Berufungswerber lenkte zum oben angeführten Zeitpunkt und den genannten Örtlichkeiten seinen Pkw, wobei er sich alleine im Fahrzeug befand. Zu diesem Zeitpunkt herrschte bereits fortgeschrittene Morgendämmerung. Das im Anschluß durchgeführte Untersuchungsergebnis mittels Alkomat erbrachte ein positives, den Grenzwert deutlich überschreitendes Ergebnis (0,61 u. 0,59 mg/l Atemluftalkoholgehalt).

4.2.1. In der Sache selbst behauptet der Berufungswerber nun in der Berufungsverhandlung erstmals, daß nicht er das Fahrzeug vor der Anhaltung durch die Gendarmerie, sondern seine sich damals illegal in Österreich aufhaltende Frau gelenkt hätte. Um seine Frau zu schützen habe er die Amtshandlung bei der Gendarmerie über sich ergehen lassen und habe dies auch im Zuge der Amtshandlung vor der Erstbehörde nicht aufgeklärt.

Wie die Vernehmung des Zeugen L ergab, hat er auch diesem gegenüber von der angeblichen Lenkereigenschaft seiner Frau keine Erwähnung gemacht. Das Ergebnis der Atemluftuntersuchung bestreitet der Berufungswerber nicht.

Die zeugenschaftlich vernommenen Gendarmeriebeamten gaben inhaltlich übereinstimmend an, daß sie den Berufungswerber unmittelbar vor der Anhaltung alleine im Fahrzeug als Lenker wahrgenommen hatten. Der Zeuge BezInsp. S erkannte den Berufungswerber bereits während der Vorbeifahrt im Gegenverkehr, wobei sich der Berufungswerber am Fahrersitz befand und sonst keine weitere Person im Fahrzeug sichtbar war. Der Zeuge RevInsp. R vermochte dies während der Nachfahrt zu erkennen.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat bestehen an diesen zeugenschaftlichen Angaben keine Zweifel. Diese Angaben sind schlüssig und den Denkgesetzen nachvollziehbar. Es kann von zwei Gendarmeriebeamten erwartet werden, daß sie eine derartige Wahrnehmung in zweifelsfreier Form zu machen in der Lage waren. Beim Berufungswerber handelt es sich um einen großen und kräftigen Mann, sodaß alleine schon aus diesem Umstand eine Erkennbarkeit einer Person mit solcher Statur am Lenkersitz logisch besehen nicht fehlgedeutet werden kann.

Demgegenüber waren die Angaben des Berufungswerbers als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren, wobei bezeichnend ist, daß der Berufungswerber nicht einmal seinem Vertrauten, Herrn L, von der angeblichen Lenkereigenschaft seiner Frau erzählt hat. Dies wäre wohl naheliegend gewesen das zu tun, wenn es so gewesen wäre. Dieser Zeuge erklärte aber ausdrücklich, daß ihm der Berufungswerber von einem solchen Umstand keinerlei Erwähnung machte.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Zum Rechtsmittelverzicht:

Ein Berufungsverzicht eines Fremden ist nur dann wirksam, wenn feststeht, daß dieser im Zeitpunkt der Abgabe des Berufungsverzichtes der deutschen Sprache so hinlänglich mächtig ist, um sich der Tragweite des Verzichtes bewußt zu sein und ein Willensmangel bei seiner Abgabe ausgeschlossen werden kann (VwGH 16.3.1994, Zl. 93/01/0143). Das Vorliegen eines solchen Verzichtes ist streng zu prüfen; dabei war in diesem Fall - zumindest im Zweifel - davon auszugehen, daß diese Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung objektiv nicht vorlagen, wenngleich seitens der Behörde subjektiv durchaus der Eindruck eines erklärten Rechtsmittelverzichtes entstanden sein mochte.

5.2. In der Sache:

5.2.1. Eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 begeht, wer ein Fahrzeug lenkt und sich dabei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 Promille oder darüber, oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Nach § 99 Abs.1 lit.a ist hiefür ein Geldstrafrahmen von 8.000 S bis 50.000 S festgesetzt.

6. Zur Strafzumessung wird ausgeführt:

6.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

7.1.1. Im Hinblick auf einen bis zu 50.000 S reichenden Strafrahmen ist die mit 9.000 S verhängte Geldstrafe selbst bei dem unterdurchschnittlichen Einkommen des Berufungswerbers, und dieser Sorgepflichten hat, als sehr niedrig bemessen zu erachten und jedenfalls erforderlich um dem Berufungswerber den Tatunwert seines Fehlverhaltens zu verdeutlichen und ihn von einer abermaligen Begehung einer derartigen Übertretung abzuhalten (vgl. VwGH 5.11.1987, 87/18/0111). Dem Berufungswerber kann für die Strafzumessung weder ein Milderungsgrund zugute gehalten noch ein Erschwerungsgrund zugerechnet werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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