Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520656/5/Kof/He

Linz, 27.08.2004

 

 

 VwSen-520656/5/Kof/He Linz, am 27. August 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung der Frau JM gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29.6.2004, VerkR21-837-2003 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 26.8.2004 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm §§ 69 Abs.1 Z2 und 69 Abs.3 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der nunmehrigen Berufungswerberin (Bw) wurde die Lenkberechtigung für die Gruppe/Klasse B ursprünglich am 21.3.1977 unbefristet erteilt.

Am 10.7.1998 wurde diese Lenkberechtigung durch Befristung auf zwei Jahre,
bis einschließlich 10.7.2000, eingeschränkt.

Am 6.7.2000 wurde der Bw die Lenkberechtigung, befristet auf drei Jahre, bis einschließlich 6.7.2003, erteilt.

Am 26.6.2003 wurde der Bw die Lenkberechtigung für die Klasse B unbefristet erteilt.

 

Die Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 9.3.2004, 15 HV 21/04 p
u.a. wegen dem Verbrechen nach § 28 Abs.2, zweiter und dritter Fall, Abs.4 Z3 Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt.

Diese Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

 

Grund für diese Verurteilung war, dass die Bw - gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten, Herrn RH -- im Zeitraum Februar 1999 bis Ende 2002 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter ein Suchtgift, dessen Menge zumindest das 25fache der Grenzmenge (§ 28 Abs.6 SMG) ausmachte, nämlich insgesamt ca. 10.890 Gramm Cannabisharz (Wirkstoffgehalt mindestens ca. 544,5 g reines THC) ein- und ausgeführt hat, indem sie bei 11 Suchtgiftbeschaffungsfahrten ca. Ende Februar 1999, Ende August 1999, Ende Oktober 1999, Mitte März 2000, Ende Mai 2000, Mitte August 2000, Ende November 2000, Mitte April 2001, Ende Oktober 2001, Anfang Mai 2002 und Ende Oktober 2002 jeweils zumindest ca. 990 g Cannabisharz aus den Niederlanden aus- und über Deutschland nach Österreich eingeführt hat.

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid der nunmehrigen Bw die Lenkberechtigung für die Klasse B auf die Dauer von vier Monaten - gerechnet ab Zustellung des Bescheides - entzogen.

 

Die Bw hat dagegen innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 13.7.2004 eingebracht.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) - nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 26.8.2004 -- erwogen:

 

Die Bw hat - wie dem oben angeführten Gerichtsurteil zu entnehmen ist - die
Suchtgiftbeschaffungsfahrten im Zeitraum Februar 1999 bis Oktober 2002 durchgeführt.

 

Am 26. Juni 2003 wurde der Bw von der belangten Behörde die Lenkberechtigung für die Klasse B unbefristet erteilt. Der belangten Behörde waren zu diesem Zeitpunkt die von der Bw gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten RH durchgeführten Suchtgiftbeschaffungsfahrten nicht bekannt bzw. konnten gar nicht bekannt sein, da die diesbezügliche Strafanzeige des Gendarmerieposten Traun erst am 2.12.2003 erfolgte.

 

Das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung wurde mit der Ausstellung und Aushändigung des Führerscheines am 26. Juni 2003 abgeschlossen.

Wenn die Lenkberechtigung nicht mit gesondertem Bescheid erteilt, sondern nur ein Führerschein ausgestellt wurde, kommt diesem Führerschein Bescheidcharakter zu; VwGH vom 17.12.2002, 2001/11/0051 mit Vorjudikatur.

 

Eine Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kommt nur dann in Betracht, wenn sich seit ihrer Erteilung die Umstände u.a. in Bezug auf die bei der Erteilung angenommene Verkehrszuverlässigkeit entscheidend geändert haben.

Ist dies nicht der Fall, so folgt aus der Rechtskraft der Erteilung der Lenkberechtigung, dass diese nur als Folge einer Wiederaufnahme des Erteilungsverfahrens entzogen oder eingeschränkt werden darf; siehe ebenfalls VwGH vom 17.12.2002, 2001/11/0051.

 

Das Verfahren zur Erteilung/Entziehung der Lenkberechtigung ist insofern ein einheitliches, als die Behörde bei der Erteilung/Entziehung der Lenkberechtigung sämtliche Erteilungs-/Entziehungs-Voraussetzungen zu beurteilen und in diesem Zusammenhang alle bis zur Bescheiderlassung verwirklichten Umstände zu berücksichtigen hat. Waren der Behörde solche Umstände nicht bekannt, kommt unter den Voraussetzungen des § 69 Abs.3 AVG die Wiederaufnahme des Verfahrens von amtswegen in Betracht; VwGH vom 22.3.2002, 2001/11/0342 und vom 23.10.2001, 2001/11/0185 jeweils mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

 

Im gegenständlichen Fall hatte die Bw am 26. Juni 2003 (= Zeitpunkt der Erteilung der Lenkberechtigung) jene Tatsachen, welche ihre Verkehrsunzuverlässigkeit bewirkt hätten, bereits zur Gänze verwirklicht (letzte Tathandlung: Oktober 2002).

Der belangten Behörde waren und konnten - wie bereits dargelegt - diese Umstände im Zeitpunkt der Erteilung der Lenkberechtigung nicht bekannt (sein).

 

Gem. der zitierten Judikatur des VwGH war bzw. ist jedoch eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht möglich, sondern hätte die belangte Behörde mit einer Wiederaufnahme des am 26.6.2003 abgeschlossenen Verfahrens zur Erteilung der Lenkberechtigung vorgehen müssen.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben, der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Kofler

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