Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103915/11/Br

Linz, 25.09.1996

VwSen-103915/11/Br Linz, am 25. September 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 9. Juli 1996, Zl.:

VerkR96-7758-1994, wegen mehrerer Übertretungen der StVO 1960, nach der am 10. September 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung am 25. September 1996, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in den Punkten 1. bis 3. keine Folge gegeben.

In den Punkten 4. u. 5. wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr.

52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. In den Punkten 1. bis 3. werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 660 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

In den Punkten 4. u. 5. entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2, § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem Straferkenntnis vom 9. Juli 1996, Zl.: VerkR96-7758-1994, wegen mehrerer Übertretungen nach der StVO 1960 über den Berufungswerber Geldstrafen von 1) 800 S, 2) 1.500 S, 3) 1.000 S, 4) 1.000 S und 5) 1.000 S und für den Nichteinbringungsfall 1) 20 Stunden 2) 36 Stunden und 3) bis 5) je 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und in dessen Spruchpunkten 1) bis 5) folgende Tatvorwürfe erhoben:

"Sie lenkten am 2.10.1994 in der Zeit zwischen 18.30 und 18.45 Uhr den Kombi Nissan Sunny mit dem Kennzeichen auf der I im Bereich des "S" in Fahrtrichtung W, wobei Sie 1) kurz vor Strkm 13,365 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten, 2) das für den Bereich von km 12,770 bis km 13,365 in beiden Fahrtrichtungen geltenden 'Überholverbot von mehrspurigen Kraftfahrzeugen' mit der Zusatztafel 'ausgenommen Zugmaschinen, selbstfahrende Arbeitsmaschinen und Motorkarren' mißachteten und kurz nach Beginn des Überholverbotes in Fahrtrichtung W den Kombi überholten, 3) im Zuge dieses Überholvorganges die im Bereich von km 13,194 bis 13,087 befindliche Sperrfläche überfuhren, 4) Sie durch diesen vorschriftswidrigen Überholvorgang den Lenker des überholten PKWs behinderten, weshalb dieser drei bis vier kurze Blinkzeichen mit der Lichthupe abgab, Sie unmittelbar darauf Ihre Fahrgeschwindigkeit abrupt und ohne zwingenden Grund auf ca. 20 km/h verminderten, dadurch der Lenker des überholten PKWs gezwungen wurde, eine Vollbremsung durchzuführen, um einen Auffahrunfall zu vermeiden, und 5) Sie danach Ihren PKW wieder beschleunigten, aber nach wenigen Kilometern Fahrt - größere Entfernung vor der Kreuzung mit der W in Richtung E - Ihren Kombi wieder abrupt abbremsten und anhielten, wodurch der nachwievor hinter Ihnen fahrende Anzeiger sein Fahrzeug ebenfalls stark abbremsen und anhalten mußte, um einen Auffahrunfall zu vermeiden und Sie weiters den Anzeiger an der Weiterfahrt behinderten, in dem starker Gegenverkehr herrschte und dieser seine Fahrt nicht fortsetzten konnte." 1.1. Begründend führte die Erstbehörde folgendes aus:

"Die strafbaren Tatbestände sind aufgrund der Aktenlage als erwiesen anzunehmen.

Sie lenkten am 2.10.1994 zwischen 18.30 Uhr und 18.45 Uhr den Kombi Nissan Sunny mit dem Kennzeichen auf der I auf dem sogenannten "S" in Richtung W. Dabei zeigten Sie Fahrweisen, welche den in gleicher Richtung fahrenden H veranlaßten, am gleichen Tag um 19.30 Uhr bei der Bundespolizeidirektion Linz Anzeige zu erstatten und gab dieser dazu sinngemäß folgendes an:

"Ich lenkte heute, den 2.10.1994 zur oben angeführten Zeit meinen Kombi Kennzeichen auf der in Richtung W. Die ist im Bereich des S auf zwei Fahrstreifen in jeder Fahrtrichtung befahrbar. Ich überholte einen PKW mit Anhänger und ordnete mich anschließend wieder auf dem rechten Fahrstreifen ein.

Meine Fahrgeschwindigkeit betrug ca. 100 km/h. Nach einer kurzen Fahrtstrecke war auf der das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" angebracht und der linke Fahrstreifen in der Fahrtrichtung W endet. Unmittelbar vor dem Verkehrszeichen "Überholen verboten" bemerkte ich auf dem linken Fahrstreifen ein Fahrzeug, welches immer näher kam.

Der Fahrzeuglenker überholte mich im Überholverbot und überfuhr weiters eine Sperrfläche. Durch die Fahrstreifenverminderung war der Fahrzeuglenker gezwungen, knapp vor mir auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln. Ich mußte mein Fahrzeug nicht abbremsen bzw. verrenken, ich fühlte mich aber durch dieses Verhalten behindert. Anführen möchte ich, daß zum Zeitpunkt des Überholvorganges meine Fahrgeschwindigkeit ca. 110 km/h betrug. Ich habe meine Geschwindigkeit während des Überholvorganges nicht erhöht.

Aufgrund der Behinderung gab ich 3-4 kurze Blinkzeichen mit der Lichthupe ab. Unmittelbar darauf - die Fahrgeschwindigkeit betrug zwischen 80 und 90 km/h - bremste der vor mir fahrende PKW-Lenker abrupt und veminderte seine Geschwindigkeit ohne zwingenden Grund auf ca. 20 km/h. Ich wurde dadurch zu einer Vollbremsung gezwungen und konnte einen Auffahrunfall gerade noch vermeiden. Ich kam bis auf ca. 20 cm an das vor mir fahrende Fahrzeug heran. Ich setzte meine Fahrt hinter dem Fahrzeug fort. Nach ca. 4 km Fahrt, ca. 2 km vor der Kreuzung mit der Richtung E, bremste der Fahrzeuglenker wieder abrupt und hielt sein Fahrzeug an. Ich mußte mein Fahrzeug ebenfalls stark abbremsen und ebenfalls anhalten. Da nur ein Fahrstreifen in Richtung W bestand und starker Gegenverkehr herrschte, konnte ich meine Fahrt nicht fortsetzen. Der Lenker des PKW , Mann ca. 30 Jahre alt, brünettes gewelltes Haar, gepflegtes Äußeres, näheres unbekannt, stieg aus und kam auf mein Fahrzeug zu. Ich verriegelte die Fahrzeugtüren und öffnete mein Seitenfenster einen Spalt. Es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung wegen des Überholvorganges am S. Während des Streitgespräches griff der Mann in das Fahrzeuginnere und versuchte mich zu ergreifen. Ich wich aus und der Mann streifte nur mein linkes Auge. Ich wurde dadurch nicht verletzt. Der Mann gab in weiterer Folge an, daß er den Vorfall bei der Polizei anzeigen werde, weshalb ich ihm weiter folgte. Wir fuhren auf der weiter in Richtung W. Über die und bis zur Ausfahrt A und von dort bis zum Gasthaus S.

Dort führten wir ein neuerliches Gespräch. Da die Person angab mich anzuzeigen, erstattete ich die Anzeige. In meinem Fahrzeug befand sich auch noch mein Sohn P; es wurde niemand verletzt. Den zweiten Bremsvorgang hat auch der Lenker des PKWs Kennzeichen , beobachtet". Der Anzeiger führte an, daß seine Gattin mittfuhr und die Fahrweise bezeugen könne.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.3.1995 wurden Ihnen die angeführten Übertretungen vorgeworfen. Dazu teilten Sie mit Schreiben vom 14.4.1995 mit daß Sie diesen Vorfall mit Schreiben vom 23.3.1995 den Sachverhalt bereits geschildert hätten und nannten als Zeugen B, P, B.

Mit unserem Schreiben vom 23.5.1995 wurde Ihnen unter Bezugnahme auf Ihre Mitteilung vom 14.4.1995 bekanntgegeben, daß nicht erwähnt ist, in welcher Angelegenheit dieses Schreiben vom 23.3.1995 erging. Sollte dieses Schreiben im Zusammenhang mit dem Führerscheinverfahren ergangen sein, wurden Sie darauf hingewiesen, daß dieser Akt derzeit beim Amt der 0.Ö. Landesregierung zur Berufungsentscheidung aufliege und wir über dieses Schreiben vom 23.3.1995 nicht verfügen. Überdies benötigen wir Ihre konkrete Rechtfertigung zu den Ihnen angelasteten Übertretungen. Zu Ihrer geltend gemachten Zeugin wurden Sie ersucht, uns mitzuteilen, in welchem deutschen Bundesland der Wohnort P liegt, um die Einvernahme im Wege der zuständigen deutschen Behörden durchfahren lassen zu können, da jedes deutsche Bundesland eine eigene Kontaktstelle hat.

Da Sie auf unser Schreiben vom 23.5.1995 keine Angaben machten, im Straferkenntnis jedoch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen sind, diese uns nicht bekannt waren, wurden diese geschätzt und Ihnen mit unserem Schreiben vom 13.2.1996 mitgeteilt. Auch auf dieses Schreiben gaben Sie keine Antwort, sodaß nunmehr das Straferkenntnis ohne Ihre weitere Anhörung und unter Berücksichtigung der von uns geschätzten persönlichen Verhältnisse erlassen werden mußte.

Nach § 9 Abs. 1 StVO 1960 dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs. 2) nicht überfahren, Sperrflächen (§ 55 Abs. 4) nicht befahren werden.

Nach § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 darf außer den im § 16 Abs.1 angeführten Fällen der Lenker eines Fahrzeuges mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken nicht überholen, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind; ...

Nach § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller 100 km/h fahren, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt.

Nach § 21 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker das Fahrzeug nicht je und für den Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abbremsen, wenn andere Straßenbenützer dadurch gefährdet oder behindert werden, es sei denn, daß es die Verkehrssicherheit erfordert.

Beim angeführten Streckenabschnitt handelt es sich um eine Freilandstraße, für welche die allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h gilt. Durch Verkehrszeichen ist weder eine geringere Geschwindigkeit vorgeschrieben noch eine höhere erlaubt. Über das bestehende Überholverbot wurde von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen eine Kopie der diesbezüglichen Verordnung übersendet und scheint darin auf, daß von km 12,770 bis 13,365 für die B 137 in beiden Fahrtrichtungen ein Überholverbot von mehrspurigen Kraftfahrzeugen ausgenommen Zugmaschinen, selbstfahrenden Arbeitsmaschinen und Motorkarren besteht. Überdies sind die Bodenmarkierungen für die I Straße zwischen km 13,064 und 13,365 verordnet und somit rechtswirksam.

Der Anzeiger H gab an, zum Überholzeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von ca. 110 km/h gefahren zu sein, wobei nach Abzug einer geringen Tachovoreilung, welche bei den meisten Kraftfahrzeugen besteht, eine tatsächliche Geschwindigkeit von ca. 100 km/h anzunehmen ist. Ein Überholvorgang erfolgt in der Regel mit einem Geschwindigkeitsunterschied von etwa 20 km/h, und ist davon auszugehen, daß Sie während des Überholvorganges mit einer Geschwindigkeit von mindestens 120 km/h fuhren. Der Anzeiger hat die Örtlichkeit genau beschrieben und steht außer Zweifel, daß es sich beim Überholverbot um jenes bei der Zufahrt zum sogenannten "M" handelt, bei welchem Bereich auch die erwähnten Bodenmarkierungen vorhanden und auch verordnet sind. Die ausführlich geschilderten örtlichen Umstände lassen ausschießlich auf diese Örtlichkeit schließen, sodaß zweifelsfrei feststeht, wo Sie die Ihnen vorgeworfenen Übertretungen begangen haben.

Auf die mehrmaligen kurzen Blinkzeichen des Anzeigers als Hinweis auf Ihre vorschriftswidrige Fahrweise reagierten Sie darauf, daß Sie die Geschwindigkeit abrupt veminderten und so den Anzeiger H zu einer Vollbremsung zwangen. Diesen Vorgang wiederholten Sie etwas später vor der Kreuzung mit der W, welche in Richtung E fährt. Der Anzeiger schilderte die Geschwindigkeitsverringerung in einer Weise, welche in der einschlägigen Judikatur begründet ist, wonach zum Beispiel "unter einem jähen Bremsen eine plötzliche, ruckartige Herabsetzung der Fahrgeschwindigkeit verstanden wird" (OHG 18.9.1979, ZVR 1980/95). Aber auch seitens des Verwaltungsgerichtshofes gibt es eine diesbezügliche Entscheidung vom 26.4.1991, ZFVB 1992/2/1093, wonach eine Anlastung des § 21 Abs. 1 StVO 1960 drei Elemente aufweisen muß:

1) jähes und überraschendes Abbremsen, 2) Gefährdung oder Behinderung, 3) das dieses Manöver aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht nötig war. Alle Elemente treffen im gegenständlichen Fall zu, zumal der Anzeiger G auf Ihr jähes Abbremsen nur durch eine Vollbremsung einen Unfall vermeiden konnte und somit eine Gefährdung oder zumindest Behinderung des Anzeigers bestand, sowie das Bremsmanöver aus Verkehrssicherheitsgründen nicht nötig war.

Die von Ihnen geltend gemachte Zeugin B konnte nicht einvemommen werden, da Sie es unterließen, unserem Ersuchen vom 23.5.1995 zu entsprechen. Bei Einvernahmen durch in der Bundesrepublik Deutschland wohnhafte Personen benötigen wir stets das jeweilige Bundesland, um im Wege der bilateral vereinbarten Kontaktstelle das Rechtshilfersuchen durchfahren lassen zu können.

Die Angaben des Anzeigers sind nachvollziehbar und sehen wir keine Veranlassung, dessen Beobachtungen anzuzweifeln, zumal Sie es unterlassen haben, zu den einzelnen Vorwürfen konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Da es an solchen konkreten Vorbringen fehlte, ist kein Verfahrensmangel zu erblicken, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt (so zum Beispiel VWGH 28.9.1988, 88/02/0030).

Die Tatorte sind ausreichend konkretisiert, da sie in Verbindung mit der Tatzeitangabe zu sehen sind. Überdies kommen bei den von Ihnen begangenen Übertretungen punktförmige Angaben der Tatorte schon begrifflich nicht in Betracht (siehe VWGH 20.3.1996, 95/03/0331).

Bei der Bemessung des Strafausmaßes konnte als mildernd nichts, als erschwerend hingegen mußten die teilweise einschlägigen Verwaltungsvorstrafen gewertet werden.

Bemerkenswert ist dabei, daß Sie zwischenzeitlich, das heißt nach dem 2.10.1994 wieder zweimal wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen bestraft wurden. Bei Ihnen handelt es sich offenbar um eine Person, der wenig daran liegt, die im Straßenverkehr geltenden Rechtsnormen zu beachten.

Der verhängte Strafsatz ist dem Verschulden angemessen und erscheint geeignet Sie in Hinkunft von der Begehung weiterer gleicher Delikte abzuhalten.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden dabei berücksichtigt (monatliches Einkommen ca. S 15.000,--, kein Vermögen, keine Sorgepflicht; wie bereits erwähnt, mußten diese Angaben geschätzt werden und gaben Sie dazu keine Korrektur ab).

Die vorgeschriebenen Kosten sind in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit der fristgerecht erhobenen Berufung. Darin führt er folgendes aus:

"VERK R 96 - 7758 - 1994 EINSPRUCH GEGEN STRAFERKENNTNIS Begründung: Völlig unwahre Angaben des Lenkers vom Fahrzeug Zeugin B, B wurde nicht vernommen obwohl genaue Adresse bekannt war.

R (e.h. Unterschrift)." 2.1. Im Akt erliegt ein Schreiben des Berufungswerbers vom 14.4.1995, worin er auf eine angebliche Rechtfertigung vom 23. März 1995 hinweist. Diese Rechtfertigung findet sich jedoch nicht im Akt, sodaß zumindest im Zweifel vom Vorliegen einer solchen Rechtfertigung und in Verbindung mit dieser vom Vorliegen eines inhaltlich begründeten Berufungsantrages auszugehen ist.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war erforderlich, weil die zur Last gelegte Übertretung vom Berufungswerber zumindest in einzelnen Punkten auch dem Grunde nach bestritten wurde (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Schärding, Zl.: VerkR96-7758-1994, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10.

September 1996. Die vorfallsbezogene Strecke wurde auf Video dokumentiert und anläßlich der Berufungsverhandlung, zu welcher der Berufungswerber unentschuldigt trotz ordnungsgemäß erfolgter Ladung und auch Behebung derselben vom Postamt S, nicht erschienen war, in Verbindung mit der Vernehmung der Augenzeugin M. G, abgespielt.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber lenkte zur fraglichen Zeit sein Fahrzeug im Bereich des sogenannten S in Richtung W. Im Bereich des zw. Strkm 13,365 bis 12,770 verordneten und vorschriftsmäßig kundgemachten Überholverbotes, überholte der Berufungswerber das mit zumindest 100 km/h fahrende Fahrzeug der Familie G, wobei er auch die in diesem Bereich (Strkm 13.194 bis 13.087) befindliche Sperrfläche befuhr.

Die Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers lag daher erheblich über 100 km/h. Wegen dieses Fehlverhaltens betätigte der Lenker des überholten Fahrzeuges drei bis viermal die Lichthupe. In weiterer Folge bremste der Berufungswerber - offenbar aus Ärger über die ihm zuteil gewordene Ermahnung mittels Lichthube - ohne, daß dies von Umständen der Verkehrssituation erforderlich gewesen wäre, sein Fahrzeug so plötzlich und stark ab, daß er dadurch den Lenker G zu einer Vollbremsung nötigte, wobei die Fahrgeschwindigkeit von 80 bis 90 km/h auf 20 km/h reduziert werden mußte. Dabei gelangte G ganz knapp an das Heck des ihn behindernden Fahrzeuges. Dieser Vorgang wiederholte sich schließlich - ebenso grundlos - im Bereich des Strkm 10,2 (ca. ein bis zwei Kilometer vor der Abzweigung nach Wallern), wobei der Berufungswerber dabei sein Fahrzeug völlig zum Stillstand brachte und so auch das hinter ihm fahrende Fahrzeug von G zum Anhalten nötigte. Auch diesmal wurde G zum starken Abbremsen genötigt, wobei er wiederum sein Fahrzeug nur weniger als eine Fahrzeuglänge vor dem Heck "seines Behinderers" zum Stillstand bringen konnte. Der Berufungswerber begab sich zu seinem Hintermann zurück und versuchte den Lenker zu ergreifen, wobei es lediglich zu einer Streifung am linken Auge des Herrn G gekommen sein soll. Die im Fahrzeug des Berufungswerbers mitfahrende Beifahrerin drückte dabei über dieses Verhalten offenbar ihre Mißbilligung aus.

Der unabhängige Verwaltungssenat erachtet das Verhalten in den Punkten 4. und 5. als gerichtlich strafbar.

Diesbezüglich wurde mit Schreiben vom 10. September 1996 eine Sachverhaltsmitteilung an die Staatsanwaltschaft W erstattet. Von dort wird (wurde) laut zwischenzeitiger Mitteilung eine strafrechtliche Verfolgung eingeleitet.

5.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die Anzeigeangaben und die Angaben der Zeugin M. G, welche als Beifahrerin im Fahrzeug ihres Ehegatten mitfuhr.

Letztgenannter vermochte wegen einer Waffenübung beim Bundesheer entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teilnehmen. Die Zeugin legte anhand des abgespielten Videos vom Bereich der Vorfallsörtlichkeit in glaubwürdiger und den Denkgesetzen entsprechenden Weise den Vorfallsablauf dar.

Sie vermochte sich an den Überholvorgang im fraglichen Bereich und das dabei erfolgte Befahren der Sperrfläche zu erinnern. Ebenfalls ist es mit der Anzeige in Einklang zu bringen, wenn die Zeugin die Fahrgeschwindigkeit mit 100 km/h glaubte. Insbesondere gelangte in deren Schilderungen zum Ausdruck, daß es sich betreffend die Nötigung zum Abbremsen um eine besonders rücksichtslose Verhaltensweise gehandelt hat. Die Zeugin vermochte - trotz des bereits fast zwei Jahre zurückliegenden Vorfalls - noch glaubhaft anzugeben, daß sie anläßlich dieser erzwungenen Bremsmanöver um ihr am Rücksitz mitfahrendes Kind Angst gehabt hätte. Von diesem Bremsmanöver sei sie völlig überrascht worden, wobei sie glaubte, daß bei der Bremsung sogar die Reifen gequietscht hätten. Die Zeugin habe schließlich durch ihr ca. fünf Zentimeter geöffnetes Seitenfenster auch hören können, daß die Beifahrerin im gegnerischen Fahrzeug sich über das Verhalten des Berufungswerbers negativ geäußert hätte, indem diese kopfschüttelnd meinte, was denn dies solle (gemeint wohl die erzwungene Debatte mit ihrem Gatten).

Diese Angaben waren glaubwürdig, weil diese selbst nach fast zwei Jahren noch mit dem Anzeigeinhalt gut in Einklang stehen.

Der Berufungswerber brachte demgegenüber nichts schlüssiges vor. In seiner Berufung, worin er lediglich die unterbliebene Vernehmung einer nicht durch die Erstbehörde einvernommene Person rügt, macht er keine inhaltlichen Angaben. Lediglich das im Akt erliegende Schreiben vom 14.

April 1995 läßt ein erfolgtes inhaltliches Vorbringen, welches sich aber nicht im Akt findet, erschließen. Da der Berufungswerber jedoch unentschuldigt und trotz entsprechenden Hinweises in der Ladung auf die Folgen nach § 51f Abs.2 VStG zur Berufungsverhandlung nicht erschienen ist, war sowohl diese in seiner Abwesenheit durchzuführen und auch die Entscheidung ohne seine weitere Anhörung zu fällen gewesen.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgendes erwogen:

6.1. Hinsichtlich der Punkte 1. bis 3. wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen der Erstbehörde verwiesen.

Hinsichtlich der Nötigung zum Abbremsen vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß hiedurch ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt. Diesbezüglich wurde mit h. Schreiben vom 10. September 1996 der Sachverhalt der Staatsanwaltschaft W zur Kenntnis gebracht und wird von dieser ein gerichtliches Strafverfahren eingeleitet.

Nach § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine in Abs.2, 2a, 2b, 3 oder 4 bezeichnete Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht. Im Lichte des vorliegenden Beweisergebnisses waren daher die Punkte 4. u. 5. einzustellen.

Eine plötzlich durchgeführte Vollbremsung eines Pkw, die dazu führt, den Hintermann zum Anhalten seines Fahrzeuges zu nötigen, um einen Auffahrunfall zu vermeiden, ist, falls diese Vorgangsweise eine allfällige Sachbeschädigung und Körperverletzung befürchten läßt, als Nötigung durch gefährliche Drohung iSd § 105 StGB zu qualifizieren (OLG Wien 16.5.1988, 21 Bs 201/88, Messiner StVO-Kommentar 9.

Aufl. E19, Seite 526). Diese strafrechtliche Qualifikation hatte der unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsbehörde hier selbst vorzunehmen.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Hier liegt eine auf mangelhafte Verbundenheit mit den Verkehrsvorschriften schließen lassende Verhaltensweise vor.

Der Berufungswerber brachte durch sein Verhalten eine besonders geringe Selbstbeherrschung und eine mangelhafte Verbundenheit mit dem gesetzlich geschützten Wert "Verkehrssicherheit" zum Ausdruck. Diese Verhaltensweise wäre objektiv durchaus geeignet Zweifel an der Verkehrszuverlässigkeit aufkommen zu lassen. Mit seinem Verhalten hat er offenbar potentiell sogar einen Verkehrsunfall in Kauf genommen. Dies war schließlich auch der Anlaß für die Sachverhaltsmitteilung an die Staatsanwaltschaft betreffend der Punkte 4. u. 5.

Zur Strafzumessung ganz konkret ist auszuführen, daß hier die Strafsätze ohnedies schon ungewöhnlich niedrig bemessen wurden, sodaß selbst bei Zuerkennung sämtlicher sonstiger Milderungsgründe und selbst bei ungünstigsten wirtschaftlichen Verhältnissen dieser Strafe nicht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte.

8. Abschließend sei bemerkt, daß hier - insbesondere das zweimalige plötzliche Abbremsen - in geradezu typischer Weise als besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern darstellt und offenbar auch durchaus die Bereitschaft bestanden hat, auch einen allfälligen Auffahrunfall in Kauf zu nehmen. Ein solches Verhalten, indiziert wohl zweifelsfrei die Frage nach der Verkehrszuverlässigkeit eines solchen Verkehrsteilnehmers im Rahmen eines Administrativverfahrens zu stellen.

Dies hätte die Erstbehörde bei so umfangreicher Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt durchaus aufgreifen können.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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