Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-520672/6/Zo/Pe

Linz, 20.09.2004

 

 

 VwSen-520672/6/Zo/Pe Linz, am 20. September 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn A C, vertreten durch Rechtsanwalt D. H A, L, vom 30.6.2004, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 23.6.2004, VerkR21-199-2004, wegen Entziehung der Lenkberechtigung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.9.2004, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 67a Abs.1 und 67d AVG, §§ 7 und 24 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen. Weiters wurde der Berufungswerber aufgefordert, den Führerschein unverzüglich nach Rechtskraft dieses Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzuliefern. Der Berufung wurde die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt. Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass der Berufungswerber den Pkw mit dem Kennzeichen am 4.3.2004 in Pasching auf dem Langholzfeld gelenkt hat, obwohl ihm wegen eines außergewöhnlichen Erregungszustandes zuvor von einem Beamten des Gendarmeriepostens Pasching der Führerschein gemäß § 39 FSG vorläufig abgenommen worden war.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass ihm nicht ausreichend Parteiengehör gewährt worden sei, weil ihm anlässlich seiner Vorsprache am 23.6.2004 lediglich der nunmehr bekämpfte Bescheid übergeben wurde, ohne dass er über die Ergebnisse der Beweisaufnahme ausdrücklich informiert worden sei und ihm dazu die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gegeben worden sei. Die Behörde habe den Sachverhalt falsch angenommen, weil zu jenem Zeitpunkt, als er seinen Pkw in Betrieb nahm, das Lenkverbot noch nicht bestanden habe bzw. ihm noch nicht mitgeteilt worden sei. Entscheidend sei jener Zeitpunkt, zu welchem die Abnahme des Führerscheines durch den Gendarmeriebeamten ausgesprochen worden sei. Dies sei jedoch erst nach der Inbetriebnahme des Pkw erfolgt. Der Tatbestand des § 7 Abs.3 Z7 FSG sei damit nicht gegeben.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.9.2004, bei welcher der Berufungswerber gehört sowie der Meldungsleger C. D unter Erinnerung an die Wahrheitspflicht als Zeuge einvernommen wurde. Der Vertreter der Erstinstanz hat an der Verhandlung entschuldigt, der Rechtsvertreter des Berufungswerbers ohne Angabe von Gründen nicht teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am Vorfallstag um etwa 8.00 Uhr seinen Pkw in Pasching auf der Adalbert-Stifter-Straße. Von einem Gendarmeriebeamten wurde eine Verkehrskontrolle wegen verschiedener Verkehrsdelikte durchgeführt, wobei im Zuge dieser Amtshandlung der Berufungswerber immer erregter wurde. Der Gendarmeriebeamte hat den Berufungswerber angedroht, dass er ihm den Führerschein abnehmen und das weitere Lenken des Kraftfahrzeuges untersagen müsse, wenn er sich nicht beruhigen würde. Letztlich hat der Gendarmeriebeamte dem Berufungswerber die Lenkberechtigung wegen seines außergewöhnlichen Erregnungszustandes abgenommen und ihm das weitere Lenken des Pkw untersagt. Der Berufungswerber ist nach wenigen Minuten trotzdem mit seinem Pkw losgefahren, wobei er in Richtung zum abgestellten Gendarmeriefahrzeug gefahren ist. Dort wurde er vom Gendarmeriebeamten neuerlich angehalten und ihm mitgeteilt, dass er wegen dieser Übertretung angezeigt wird.

 

Einige Stunden später ist der Berufungswerber mit einem Bekannten zum Gendarmerieposten Pasching gekommen und hat sich dort für das Verhalten am Morgen entschuldigt. Er hatte sich zu diesem Zeitpunkt offenbar wiederum beruhigt, weshalb ihm der Führerschein vom Gendarmeriebeamten wieder ausgefolgt wurde.

 

Die Gründe, weshalb es zu dieser Eskalation einer an sich routinemäßigen Verkehrskontrolle gekommen ist, konnten auch im Berufungsverfahren nicht geklärt werden, diese sind jedoch für die Entscheidung auch nicht von wesentlicher Bedeutung. Der Berufungswerber wurde wegen dieses Vorfalles von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit Strafverfügung vom 13.5.2004 rechtskräftig bestraft, weil er das Kraftfahrzeug gelenkt hatte, obwohl dies vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheines unzulässig war.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z7 lit.a FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung oder bestehenden Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommen Führerscheines lenkt.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG ist für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

5.2. Aufgrund der rechtskräftigen Strafverfügung steht für die Führerscheinbehörde - und damit auch für den Unabhängigen Verwalungssenat im Führerscheinentzugsverfahren - bindend fest, dass der Berufungswerber eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z7 lit.a FSG begangen hat. Dieses Verhalten muss aber einer Wertung im Sinne des § 7 Abs.4 FSG unterzogen werden. Im konkreten Fall hängt die Gefährlichkeit der Verhältnisse davon ab, wie stark erregt der Berufungswerber zum Vorfallszeitpunkt tatsächlich gewesen ist und ob er allenfalls eine größere Strecke oder nur - so wie er behauptet - die kurze Fahrstrecke bis zum Gendarmeriefahrzeug auf einer wenig befahrenen Straße befahren wollte. Für die Beurteilung der Verwerflichkeit der Handlung des Berufungswerbers kommt es wesentlich darauf an, ob ihm das Fahrverbot auch tatsächlich bewusst war, das heißt, ob ihm dieses vom Gendarmeriebeamten so eindeutig erklärt wurde, dass er dies trotz seiner schlechten Deutschkenntnisse auch verstehen konnte.

 

Alle diese Fragen konnten auch im Berufungsverfahren nicht zur Gänze gelöst werden, dies ist aber aus folgendem Grund auch nicht notwendig: Auch wenn das Verhalten des Berufungswerbers verwerflich und gefährlich war, so ist gemäß § 7 Abs.4 FSG weiters zu beurteilen, wie lange der Vorfall zurückliegt und wie sich der Berufungswerber in dieser Zeit verhalten hat. Der Vorfall ereignete sich am 4.3.2004, also vor ca. sechseinhalb Monaten. In dieser Zeit hat der Berufungswerber weiterhin zulässigerweise Kraftfahrzeuge gelenkt und dabei keinerlei Verkehrsübertretungen begangen. Auch vor dem Vorfall war der Berufungswerber verkehrsrechtlich weitgehend unauffällig, er weist lediglich eine Bestrafung wegen einer geringfügigen Übertretung im Jahr 1999 auf. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände ist der Berufungswerber nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr als verkehrsunzuverlässig anzusehen. Er hat seit diesem Vorfall ca. sechseinhalb Monate lang bewiesen, dass er grundsätzlich bereit und in der Lage ist, die Verkehrsregeln einzuhalten. Es ist daher zum jetzigen Zeitpunkt wegen dieses Vorfalles eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht mehr gerechtfertigt. Letztlich darf auch nicht übersehen werden, dass die Umstände, welche zur vorläufigen Abnahme des Führerscheines geführt haben, wohl zumindest teilweise auch auf die schlechten Deutschkenntnisse des Berufungswerbers und damit einhergehende Missverständnisse während der Amtshandlung zurückzuführen sind.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Mag. Z ö b l

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum