Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520674/2/Ki/Wü

Linz, 04.08.2004

 

 

 VwSen- 520674/2/Ki/Wü Linz, am 4. August 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn H S, B, L, vom 13.7.2004 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 30.6.2004, VerkR21-4043-2004, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 67 AVG iVm §§ 7, Abs.1, 7 Abs.3 Z3, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 FSG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des gegenständlichen Bescheides, entzogen.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 13.7.2004 Berufung erhoben und die Aufhebung des Entzugsbescheides beantragt.

Er bemängelt, die Behörde habe in der Bescheidbegründung ohne nähere Begründung angeführt, dass bei einer Unterschreitung von 0,3 Sekunden Zeitabstand "und weniger" eine besondere Rücksichtslosigkeit im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG vorliege. Die Feststellung habe keinerlei Begründungswert und finde im Gesetz keine Deckung. Er besitze seit über dreißig Jahren den Führerschein und habe sich in diesem Zeitpunkt nie etwas zu Schulden kommen lassen. Bei der ihm zur Last gelegten Übertretung handle es sich um einen Aufmerksamkeitsfehler seinerseits und keinesfalls um ein Verhalten, dass den in § 7 Abs.3 Z3 FSG namentlich genannten bestimmten Tatsachen an Bedeutung und Schwere im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit gleichzuhalten wäre. Darüber hinaus sei er seit dem Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung weiterhin im Besitz der Lenkberechtigung und habe sich auch in diesem Zeitraum wohl verhalten. Solche Fehler seien den in § 7 Abs.3 Z3 FSG genannten bestimmten Tatsachen auch nicht ohne Bedeutung und Schwere im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit gleichzuhalten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

Laut Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich (Verkehrsabteilung) vom 16.4.2004 lenkte der Berufungswerber am 13.4.2004 um 10.04 Uhr den Pkw GM in Vorchdorf auf der Westautobahn A1 in Fahrtrichtung Wien, wobei er auf Höhe des Strkm. 210,500 nicht einen solchen Abstand eingehalten hat, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,16 Sekunden festgestellt.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 21.6.2004 unter VerR96-4043-2004 ein Straferkenntnis erlassen, dem Berufungswerber wurde zur Last gelegt, er habe unter besonderer Rücksichtslosigkeit (§ 99 Abs.2 lit.c StVO 1960) eine Übertretung gemäß § 18 Abs.1 StVO 1980 begangen. Dieses Straferkenntnis ist rechtskräftig.

 

5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2-4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Diese ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person unter anderem als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, dass an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auch auf Schutzwegen oder Radfahrüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Wie bereits oben dargelegt wurde, wurde der Berufungswerber rechtskräftig bestraft, weil er beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht einen solchen Sicherheitsabstand eingehalten hat, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Mittels Videomessung wurde ein zeitlicher Abstand von 0,16 Sekunden festgestellt, deshalb wurde die Tatbegehung auch als unter besonderer Rücksichtslosigkeit begangen qualifiziert.

 

Zunächst wird dazu darauf hingewiesen, dass laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Kraftfahrbehörden (und damit auch der unabhängige Verwaltungssenat im Berufungsverfahren) an die rechtskräftigen Bestrafungen durch die Strafbehörden (Strafverfügungen, Straferkenntnisse) gebunden sind (VwGH 2000/11/0126 vom 11.7.2000 u.a.). In Anbetracht des rechtskräftigen Straferkenntnisses ist es daher der Berufungsbehörde verwehrt, eine weitere Beurteilung des Sachverhaltes vorzunehmen.

 

Wenn auch das Nichteinhalten eines entsprechenden Sicherheitsabstandes in § 7 Abs.3 Z3 FSG nicht ausdrücklich angeführt ist, es handelt sich dort um eine bloß demonstrative Aufzählung vom Verhalten, so ist doch im konkreten Falle davon auszugehen, dass der Berufungswerber durch sein Verhalten mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Vorschriften verstoßen hat bzw. dass sein Verhalten an sich geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen.

 

Zwar ist, was den richtigen Abstand anbelangt, dieser nicht gesetzlich festgelegt, faktisch richtet sich dieser vor allem nach der Geschwindigkeit, Fahrbahnbeschaffenheit, Bremsenqualität, Ladung, Sichtverhältnisse, Reifenzustand udgl. Er muss jedenfalls der Länge des Reaktionsweges entsprechen. Für diesen Reaktionswert gilt in der Regel ein Richtwert von etwa 0,8 bis 1,2 Sekunden, bei längeren monotonen Fahrten bis zu 2,5 Sekunden. Von den Gerichten werden in Fällen, in denen vom Lenker eine erhöhte Aufmerksamkeit erwartet werden kann, aber auch niedrigere Werte bis zu 0,6 Sekunden angenommen.

 

Im gegenständlichen Falle wurde mittels Abstandsmessgerät ein vorwerfbarer Abstandswert von 0,16 Sekunden festgestellt. Dieser im vorliegenden Falle festgestellte Wert unterschreitet die oben dargelegten Richtwerte bei weitem und es ist davon auszugehen, dass selbst bei optimalem Reaktionsverhalten es dem Berufungswerber nicht mehr gelungen wäre, sein Fahrzeug so rechtzeitig anzuhalten, dass im Falle eines plötzlichen Abbremsens des vorderen Fahrzeuges ein Auffahrunfall mit zu erwartenden gravierenden Folgen vermieden hätte werden können. Alleine diese Tatsache hat zur Folge, dass sowohl besondere gefährliche Verhältnisse als auch besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützer (§99 Abs.2 lit.c StVO 1960) festgestellt werden müssen und es ist daher jedenfalls von einer die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 in Verbindung mit § 7 Abs.3 FSG auszugehen.

 

Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Personen, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis genommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

 

Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit hat der Gesetzgeber bereits dahingehend eine Wertung vorgenommen, als eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen ist. Eine Wertung wäre sohin im vorliegenden Falle nur dann vorzunehmen, wenn eine höhere Entzugsdauer für erforderlich erachtet wird. In Anbetracht der konkreten Umstände, wonach der Berufungswerber - seiner Behauptung nach - über dreißig Jahre den Führerschein besitzt und sich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie etwas zu Schulden kommen ließ, erachtet es die Berufungsbehörde für ausreichend, dass lediglich die Mindestentzugdauer von drei Monaten festgelegt wurde.

 

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Berufungswerber durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war. Es wird darauf hingewiesen, das die Berufung im gegenständlichen Fall mit 13 Euro zu vergebühren ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 
 

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