Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520705/2/Bi/Be

Linz, 09.09.2004

 

 VwSen-520705/2/Bi/Be Linz, am 9. September 2004

DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M R, vom 30. August 2004 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 17. August 2004, VerkR21-81-2004, wegen Anordnung einer Nachschulung innerhalb von vier Monaten sowie unverzügliche Vorlage seines Führerscheines zur Eintragung einer Probezeitverlängerung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gemäß § 4 FSG angeordnet, der Berufungswerber (Bw) müsse innerhalb von vier Monaten ab Zustellung des Bescheides eine Nachschulung absolvieren. Weiters habe er unverzüglich seinen Führerschein, ausgestellt von der BH Perg am 29. August 2002, VerkR20-1718-2001/PE, für die Klassen BV, B, zur Eintragung einer Probezeitverlängerung vorzulegen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 18. August 2004.

Begründet wurde der Bescheid damit, der Bw habe am 19. Juni 2004 den auf der Münzbacherstraße L1423 gelenkt und sei im Ortschaftsbereich Forndorf einem Alkotest unterzogen worden, der einen AAG von 0,62 mg/l ergeben habe. "Eine aufgrund der ungültigen Messung erfolgte Rückrechnung ergab einen BAG von 0,28 mg/l. Daher war spruchgemäß zu entscheiden."

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, eine sogenannte Rückrechnung sei für ihn nicht nachvollziehbar bzw unrichtig. Das Ergebnis der Rückrechnung sei ihm nicht vor Erhalt des Bescheides mitgeteilt worden, womit ihm die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen genommen worden sei.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus der Anzeige geht hervor, dass der Bw als Lenker des genannten Pkw auf Straßen mit öffentlichem Verkehr am 19. Juni 2004 um ca 2.15 Uhr - die Gendarmeriebeamten kamen im Zuge einer Streifenfahrt um 2.27 Uhr zur Unfallstele, der Unfall musste sich kurz zuvor ereignet haben - auf der Münzbacherstraße im Ortsgebiet Forndorf einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursachte, wobei außer dem Pkw ein vor dem Haus abgestellter Klein-LKW, ein Müllcontainer und ein Gartenzaun beschädigt wurden.

Bei der Verkehrsunfallsaufnahme wurde der Bw aufgrund von Alkoholisierungssymptomen - er bestätigte auch, beim Sonnwendfeuer in Münzbach von 20.45 Uhr des 18. Juni 2004 bis 2.15 Uhr des 19. Juni 2004 2-3 Halbe Bier getrunken zu haben - von Abt.Insp. J M, GP Grein, zum Alkotest mit dem Atemalkoholmessgerät Alcomat A243, Hersteller Fa S, aufgefordert. Die neben mehreren Fehlversuchen um 2.51 Uhr und 2.55 Uhr zustandegekommenen Messungen ergaben jeweils einen AAG von 0,62 mg/l und 0,74 mg/l und waren wegen der zu großen Probendifferenz nicht verwertbar, was auch ausdrücklich im Messprotokoll angeführt ist.

Trotzdem wurde dem Bw laut Bescheinigung gemäß § 39 Abs.1 FSG am 19. Juni 2004 um 3.00 Uhr wegen übermäßigen Alkoholgenusses der Führerschein vorläufig abgenommen.

Die Anzeige wurde wegen Verdachts nach §§ 99 Abs.1a iVm 5 Abs.1 StVO erstattet und ihr ein Atemluftalkoholwert von 0,62 mg/l zugrundegelegt. Aus der Anzeige geht nicht hervor, dass der Bw zu weiteren Blasversuchen aufgefordert worden wäre, die er verweigert hätte.

Aus dem Verfahrensakt geht weiters hervor, dass dem Bw, dem der Führerschein laut handschriftlichem Aktenvermerk am 28. Juni 2004 ausgefolgt wurde, unbescholten ist und die Probezeit bis 11. August 2005 reicht.

Obwohl der Erstinstanz das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 2000, 2000/11/0029, nach einem Hinweis vom 24. Juni 2004 bekannt war, wurde die Amtsärztin Dr. E S um Rückrechnung des Grades der Alkoholisierung zur Tatzeit auf der Grundlage der Angaben des Bw, von ca 20.45 Uhr des 18. Juni 2004 bis ca 2.15 Uhr des 19. Juni 2004 drei Halbe Bier getrunken zu haben, ersucht.

 

Die Amtsärztin wies im Gutachten vom 8. Juli 2004, San20-8-5-2004, ausdrücklich auf den ungültigen Alkotest hin und errechnete bei einem Körpergewicht des Bw laut Anzeige von 73 kg einen BAG von 1,17 %o für drei Halbe Bier, wovon allerdings ein Resorptionsverlust von 30 % und ein stündlicher Verbrennungswert von 15 %o für 6 Stunden abzuziehen seien, daher für die Unfallzeit 2.15 Uhr einen Nullwert. Sollte die letzte Halbe Bier kurz vor 2.15 Uhr getrunken worden sein, ergebe sich ein theoretischer BAG von 0,28 %o.

Auf dieser Grundlage wurde - allerdings ohne Wahrung des Parteiengehörs - der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen, dem aber eine "Blutalkoholgehalt von 0,28 mg/l" zugrundegelegt wurde.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 FSG unterliegen Lenkberechtigungen für die Klassen A, B, C und D oder die Unterklasse C1, die Personen erteilt werden, die vorher keine in- oder ausländische Lenkberechtigung für eine dieser Klassen besessen haben, einer Probezeit von zwei Jahren. Diese Probezeit ist in den Führerschein nicht einzutragen.

Gemäß § 4 Abs.3 FSG ist, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs.6) begeht oder gegen die Bestimmungen des Abs.7 verstößt, von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung der Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Zentralen Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheins hat diesen der Wohnsitzbehörde zwecks Eintragung vorzulegen.

Der angefochtene Bescheid enthält ebenso wie der vorliegende Verfahrensakt einen Hinweis auf einen schweren Verstoß gegen § 4 Abs.6 FSG.

Gemäß § 4 Abs.7 FSG darf der Lenker während der Probezeit ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb nehmen und lenken, wenn der Alkoholgehalt des Blutes nicht mehr als 0,1 %o oder der Alkoholgehalt der Atemluft nicht mehr als 0,05 mg/l beträgt. Er darf
während der Fahrt - einschließlich der Fahrtunterbrechungen - keinen Alkohol zu sich nehmen. Verstöße gegen diese Bestimmung sind nur mit der Anordnung einer Nachschulung zu ahnden, sofern nicht auch ein Verstoß gegen die StVO 1960 oder § 14 Abs.8 FSG (dh Lenken oder Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges durch einen

 

Lenker mit einem Alkoholgehalt des Blutes zwischen 0,5 und 0,8 %o oder der Atemluft zwischen 0,25 und 0,4 mg/l) vorliegt.

Damit ist aber ein Alkoholgehalt der Atemluft bzw des Blutes zu verstehen, der im Rahmen einer ordnungsgemäß zustandegekommenen Untersuchung der Atemluft bzw des Blutes auf Alkoholgehalt festgestellt wurde. Eine Blutuntersuchung fand im ggst. Fall nicht statt. Die bei der Untersuchung der Atemluft des Bw auf Alkoholgehalt zustande gekommenen Messwerte waren wegen zu großer Probendifferenz nicht verwertbar, dh auch der niedrigere AAG von 0,62 mg/l ist nicht heranziehbar. Auf dieser Grundlage erübrigte sich auch jegliche Rückrechnung, die von einem solchen Wert ausgeht. Die Annahme, der Bw könnte eine Halbe Bier kurz vor Fahrtantritt konsumiert haben, findet im Akteninhalt keine Deckung. Zusammenfassend war daher davon auszugehen, dass auch eine Übertretung der "Alkoholbestimmungen für Fahranfänger", wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt, nicht zugrundegelegt werden kann. Daher war auch die Anordnung einer Nachschulung sowie der unverzüglichen Vorlage des Führerscheins zur Eintragung einer Probezeitverlängerung auf der Grundlage des § 4 FSG unzulässig und damit spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 
Beschlagwortung:
Alkotest nicht vertretbar, kein Hinweis auf schweren Verstoß gemäß § 4 Abs.6 FSG - keine Grundlage für Nachschulung oder Eintritt der Verlängerung einer Probezeit - behoben

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