Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520711/2/Bi/Be

Linz, 13.09.2004

 

 

 VwSen-520711/2/Bi/Be Linz, am 13. September 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau M P, vom 6. September 2004 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 23. August 2004, VerkR20-310-2004, wegen Anordnung einer Nachschulung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

  1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerberin (Bw) gemäß 4 Abs.3 FSG aufgetragen, sich auf ihre Kosten innerhalb von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, einer Nachschulung bei einer hiezu ermächtigten Stelle - vier wurden namentlich mit Adresse und Telefonnummer angeführt - zu unterziehen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 27. August 2004.

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe als äußerst gewissenhafter Mensch im Wissen über den Probeführerschein nach dem Anstoß angehalten, um


einen eventuell entstandenen Schaden zu erkennen und auch zu melden. Da es sich beim Unfallort um eine schlecht beleuchtete Stelle handle, sei ihr das Erkennen des Schadens zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Es habe sich um keine ihr bewusste Fahrerflucht gehandelt. Sie habe ihr Fahrzeug angehalten; im Straferkenntnis sei das falsch niedergeschrieben, was sie aber erst zu Hause bei genauerem Durchlesen bemerkt habe. Sie habe allerdings erst nach Beendigung des Wendemanövers angehalten. Es sei ihr als Führerscheinneuling nicht bewusst gewesen, dass sie unmittelbar anhalten hätte müssen, auch wenn der nachkommende Verkehr dadurch behindert gewesen wäre. Es habe sich hiebei um ihre erste Erfahrung betreffend eines "Unfalls" im Straßenverkehr gehandelt.

Sie sei zur Zeit Schülerin der Bundesbildungsanstalt für Kindergartenpädagogik und verfüge über kein eigenes Einkommen, sie erhalte aber 50 Euro Taschengeld monatlich. 525 Euro für die Nachschulung aufzubringen, sei ihr somit nicht möglich. Aufgrund der oben dargelegten Umstände ersuche sie um Einstellung der Anordnung der Nachschulung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass die Bw am 17. Mai 2004 eine Lenkberechtigung für die Klasse B erworben hat, wobei die Probezeit nach den Bestimmungen des § 4 Abs.1 FSG zwei Jahre beträgt, dh bis 17. Mai 2006.

Aus dem Verfahrensakt ergibt sich weiters, dass die Bw mit nach ausdrücklichem Rechtsmittelverzicht rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17. August 2004, VerkR96-3830-2004-OJ, wegen Übertretungen gemäß 1) §§ 99 Abs.2 lit.a iVm 4 Abs.1 lita StVO und 2) §§ 99 Abs.3 lit.b iVm 4 Abs.5 StVO 1960 bestraft wurde, weil sie am 26. Juni 2004 um 22.30 Uhr den Pkw in Linz, Pfarrplatz gegenüber dem Haus Nr.3 gelenkt und es nach einem dabei verursachten Verkehrsunfall mit Sachschaden unterlassen hat,

  1. das von ihr gelenkte Kraftfahrzeug sofort anzuhalten und
  2. die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl es auch mit dem Geschädigten zu keiner gegenseitigen Namens- und Anschriftsnachweisung gekommen war.

Der Geschädigte fand am nächsten Morgen an seinem Pkw eine Verständigung eines unbekannten Zeugen vor, in der ihm mitgeteilt wurde, dass die Lenkerin des Pkw seinen Pkw beschädigt habe. Die Bw wurde ausgeforscht.

Sie bestätigte am 28. Juni 2004 beim VUK, sie habe am 26. Juni 2004 gegen 22.30 Uhr den Pkw ihrer Mutter, der in Linz, Pfarrplatz gegenüber dem Haus Nr.3 auf einem Schrägparkplatz bei der Kirche geparkt war, nach rechts hinten ausgeparkt, sei dann aber auf die Einbahnregelung aufmerksam geworden und habe den Pkw gewendet. Dabei sei sie mit dem rechten Fronteck gegen das rechte Heckeck des links von ihrem geparkten Pkw gestoßen, was sie auch bemerkt habe. Nachdem sie das Wendemanöver beendet gehabt hatte, habe sie angehalten und


beim geparkten Pkw nachgesehen, jedoch vermutlich aufgrund der schlechten Beleuchtung keinen Schaden erkennen können. Sie sei daher der Meinung gewesen, dass kein Schaden entstanden sei, und sei nach Hause gefahren. Am Pkw ihrer Mutter sei ein leichter Schaden entstanden.

Laut Verkehrsunfallsanzeige waren bei beiden Pkw Abriebe bzw Abschürfungen auf der Stoßstange erkennbar.

Bei der Erstinstanz hat die Bw am 17. August 2004 ausdrücklich die Richtigkeit des ihr vorgehaltenen Sachverhalts zugegeben, aber gegen die Höhe der mit Strafverfügung vom 9. August 2004 verhängten Strafen Einspruch erhoben. Sie hat nach Belehrung über die Möglichkeit der Einbringung eines Rechtsmittels und der Folgen eines Rechtsmittelverzichts auf ein Rechtsmittel ebenso verzichtet wie auf die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des Straferkenntnisses. Beide Erklärungen sind von der Bw unterschrieben. Das Straferkenntnis ist daher am 17. August 2004 in Rechtskraft erwachsen.

Zur nunmehr eingebrachten Berufung ist zu bemerken, dass die Einwendungen der Bw im Rechtsmittel allesamt inhaltlich die Tatanlastung im Straferkenntnis betreffen. Deren Geltendmachung wäre daher ausschließlich im Verwaltungsstrafverfahren möglich gewesen. Die Bw hat gegen den Schuldvorwurf in der Strafverfügung jedoch ausdrücklich keinen Einspruch erhoben, sodass dieser in Rechtskraft erwachsen ist. Rechtskraft bedeutet nicht nur die Vollstreckbarkeit des im Straferkenntnis festgesetzten Strafbetrages, sondern auch, dass die im Schuldspruch umschriebene Verwaltungsübertretung als Grundlage für den nunmehr angefochtenen Bescheid heranzuziehen ist.

Abgesehen davon können die Einwendungen der Bw vom Nicht-Erkennen-Können des Schadens am Pkw wegen schlechter Beleuchtung nicht richtig sein. Der Bw stand nämlich nicht nur die Straßenbeleuchtung zur Verfügung. Hätte sie gemäß ihrer Verpflichtung nach § 4 Abs.1 lit.a StVO tatsächlich nach dem Anstoß sofort angehalten, hätte sie die Anstoßstellen an beiden Pkw im Scheinwerferlicht direkt vor Augen gehabt und die Schäden an beiden Fahrzeugen gesehen. Sie hat aber nach eigenen Angaben zunächst das Wendemanöver abgeschlossen und erst dann die Stoßstange des abgestellten Pkw besichtigt. Dass sie beim Anhalten in Anstoßposition tatsächlich für kurze Zeit "den Verkehr behindert" hätte, ist zum einen angesichts der Unfallzeit unwahrscheinlich; zum anderen hätte sie das gegenüber den nunmehrigen Folgen in Kauf nehmen müssen. Die Bw konnte beim Licht der Straßenbeleuchtung auch nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, einen Sachschaden verursacht zu haben. Ihr darauf folgendes Verhalten, sich trotzdem einfach davonzumachen, ohne dem Eigentümer des abgestellten Fahrzeuges im Fall eines Sachschadens eine Möglichkeit zu geben, einen solchen geltend zu machen, ist bedenklich, zumal die Ausforschung nur anhand eines Zettels, den ein Unbekannter -



jedenfalls nicht die Bw und offensichtlich nicht in ihrem Auftrag - am beschädigten Fahrzeug hinterlassen hat, möglich war.

Die Einwendungen der Bw im Rechtsmittel im Hinblick auf die hohen Kosten einer Nachschulung gehen damit ins Leere. Dass die Bw nicht gewusst hätte, dass es sich beim Anstoß an einem abgestellten Pkw um einen Verkehrsunfall handelt und deshalb nicht "bewusst" Fahrerflucht begangen hätte, vermag ihr Verhalten in keinem anderen Licht darzustellen.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 FSG unterliegen Lenkberechtigungen für die Klassen A, B, C und D oder die Unterklasse C1, die Personen erteilt werden, die vorher keine in- oder ausländische Lenkberechtigung für eine dieser Klassen besessen haben, einer Probezeit von zwei Jahren. Diese Probezeit ist in den Führerschein nicht einzutragen.

Gemäß § 4 Abs.3 FSG ist, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs.6) begeht oder gegen die Bestimmungen des Abs.7 verstößt, von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung der Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Zentralen Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheins hat diesen der Wohnsitzbehörde zwecks Eintragung vorzulegen.

Gemäß § 4 Abs.5 FSG hat die Behörde, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der dritten Verlängerung der Probezeit einen neuerlichen Verstoß gemäß Abs.6 oder 7 begeht, unverzüglich das Entziehungsverfahren gemäß § 24 einzuleiten.

Gemäß § 4 Abs.7 FSG darf der Lenker während der Probezeit ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb nehmen und lenken, wenn der Alkoholgehalt des Blutes nicht mehr als 0,1 %o oder der Alkoholgehalt der Atemluft nicht mehr als 0,05 mg/l beträgt. Er darf während der Fahrt - einschließlich der Fahrtunterbrechungen - keinen Alkohol zu sich nehmen. Verstöße gegen diese Bestimmung sind nur mit der Anordnung einer Nachschulung zu ahnden, sofern nicht auch ein Verstoß gegen die StVO 1960 oder § 14 Abs.8 FSG (dh Lenken oder Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges durch einen Lenker mit einem Alkoholgehalt des Blutes zwischen 0,5 und 0,8 %o oder der Atemluft zwischen 0,25 und 0,4 mg/l) vorliegt.

Gemäß § 4 Abs.6 Z1 lit.a FSG gelten als schwerer Verstoß gemäß Abs.3 Übertretungen gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO (Fahrerflucht).

Die laut rechtskräftigem Straferkenntnis von der Bw zweifellos begangene Übertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 stellt somit einen schweren Verstoß im Sinne des § 4 Abs.6 FSG dar, sodass gemäß § 4 Abs.3 FSG von der Wohnsitzbehörde, das ist die Erstinstanz, unverzüglich nach Rechtskraft eine Nachschulung anzuordnen war. Dabei handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, sondern um eine gesetzliche Verpflichtung, der die Erstinstanz mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid nachgekommen ist.

Da die Probezeit für die Bw erst mit 17. Mai 2006 (dh zwei Jahre ab Erwerb der Lenkberechtigung) abgelaufen wäre, befand sie sich zum Zeitpunkt der Deliktsetzung am 26. Juni 2004 noch in der Probezeit, sodass sich diese aufgrund gesetzlicher Anordnung um ein weiters Jahr, dh bis 17. Mai 2007, verlängert hat.

Diese Verlängerung ist in den Führerschein einzutragen, weshalb auch die unter der Rubrik "Hinweis" im angefochtenen Bescheid enthaltene Aufforderung an die Bw, ihren Führerschein der Erstinstanz zur Eintragung der Verlängerung der Probezeit vorzulegen, im Sinne der Bestimmung des § 4 Abs.3 FSG rechtmäßig war.

Zu betonen ist, dass die von der Bw eingebrachte Berufung keine aufschiebende Wirkung hat, dh die Anordnung, sich binnen vier Monaten ab Zustellung des angefochtenen Bescheides, das war laut dem von der Bw persönlich unterschriebenen Rückschein am 27. August 2004, dh bis 27. Dezember 2004, einer Nachschulung zu unterziehen, bleibt aufrecht und wird durch die Berufungserhebung weder unterbrochen noch verlängert.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Nichtanhalten nach Verkehrsunfall = schwerer Verstoß iSd § 4 Abs.6 FSG.
Nachschulung + Probezeitverlängerung in gesetzlicher Folge = Bst.

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