Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520742/10/Sch/Pe

Linz, 11.11.2004

 

 

 VwSen-520742/10/Sch/Pe Linz, am 11. November 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn M H vom 10. Oktober 2004, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. E L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 1. Oktober 2004, VerkR21-86-2004, wegen Entziehung der Lenkberechtigung nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9. November 2004, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung mit fünf Monaten festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oa Bescheid wurde Herrn M H, gemäß § 24 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz (FSG) die von der Bezirkshauptmannschaft Perg erteilte Lenkberechtigung der Klassen A und B für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab dem Tag der Führerscheinabnahme, sohin ab 30. Juni 2004, das ist bis einschließlich 30. Dezember 2004, entzogen. Weiters wurde er gemäß § 24 Abs.3 FSG verpflichtet, sich auf eigene Kosten einer besonderen Nachschulung (Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Lenker) zu unterziehen sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme und ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung beizubringen. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer allfälligen Berufung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) gegeben.

 

3. Dem angefochtenen Entziehungsbescheid liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Berufungswerber an einem im Bescheid näher umschriebenen Zeitpunkt von einem Straßenaufsichtsorgan zur Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt aufgefordert worden war. Diese Untersuchung verweigerte er dadurch, dass er die Luft nicht ausreichend in das Gerät hineinblies, sondern am Mundstück vorbei.

 

Der Berufungswerber war von den amtshandelnden Beamten neben seinem Motorrad angetroffen worden. Aufgrund der noch näher zu erörternden Umstände dieses Vorfalles ist von der Behörde davon ausgegangen worden, dass der Rechtsmittelwerber unmittelbar vorher dieses Kfz auch gelenkt hatte.

 

4. Der Berufungswerber rügt eingangs in formeller Hinsicht den Umstand, dass die ihm zugegangene Ausfertigung des erwähnten Bescheides weder vom Behördenorgan, das die Erledigung genehmigt hat, unterfertigt ist, noch einen Genehmigungsvermerk der Kanzlei aufweist.

 

Anlässlich der eingangs erwähnten Verhandlung wurde diese Bescheidausfertigung zur Einsichtnahme vorgelegt und finden sich darauf tatsächlich weder eine Unterschrift noch ein Genehmigungsvermerk.

 

Das im vorgelegten Verfahrensakt einliegende Bescheidkonzept ist vom genehmigenden Behördenorgan eigenhändig unterfertigt.

 

Im Sinne des § 18 Abs.4 AVG hat eine schriftliche Erledigung einer Behörde u.a. entweder die Unterschrift des Genehmigenden oder an deren Stelle die Beglaubigung der Kanzlei aufzuweisen. Bei Vervielfältigung schriftlicher Erledigungen bedarf nur das Original der Unterschrift oder der Beglaubigung.

 

Es kann nach Ansicht der Berufungsbehörde im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, ob hier ein solcher Fall der Vervielfältigung vorliegt, zumal der Erledigungsentwurf mit den Computerausdrucken für den Berufungswerber bzw. die Gendarmerie völlig identisch ist, oder nicht bzw. auch die Frage der Bedeutung einer der Bescheidausfertigung möglicherweise anhaftenden Rechtswidrigkeit. Da ein solcher Mangel von der bescheiderlassenden Behörde ohne weiteres zu berichtigen gewesen wäre, hätten diesbezügliche Veranlassungen durch die Berufungsbehörde letztlich nur zu einer Verlängerung des Berufungsverfahrens, welcher Umstand nicht im Interesse des Berufungswerbers gelegen hätte sein können, zu führen gehabt.

 

In der Sache selbst ist zu bemerken:

Anlässlich der eingangs erwähnten Berufungsverhandlung wurde die Meldungslegerin zeugenschaftlich einvernommen. Sie hinterließ einen glaubwürdigen Eindruck und schilderte ihre Wahrnehmungen schlüssig und widerspruchsfrei.

 

Demnach habe sie den Berufungswerber in einem Kreuzungsbereich im Gemeindegebiet von Mauthausen neben seinem Motorrad stehend und dieses am Lenker festhaltend zu mitternächtlicher Stunde angetroffen. Bei näherer Nachschau wurde noch festgestellt, dass sich neben dem Motorrad auf dem Boden liegend ein Sturzhelm und der Teil einer Regenbekleidung für Motorradfahrer befanden. Über entsprechendes Befragen hin habe sich der Berufungswerber als kaum auskunftswillig gezeigt, so etwa angegeben, die am Boden liegenden Utensilien gehörten nicht ihm. Aufgrund festgestellter Alkoholisierungssymptome sei der Genannte sodann auf den nächstgelegenen Gendarmerieposten verbracht worden, wo eine Alkomatuntersuchung durchgeführt werden sollte. Nach zwei Fehlversuchen, bei denen er die Luft augenscheinlich am Mundstück des Gerätes vorbeiblies - diese Tatsache wurde vom Berufungswerber selbst auch gar nicht bestritten - ,habe er die Räumlichkeiten des Gendarmeriepostens quasi "fluchtartig" verlassen. Die amtshandelnden Beamten hätten ihn in der Folge im Ortsgebiet von Mauthausen nach erfolgter Nachschau wieder angetroffen und zum Posten zurückgebracht um ihm den Zulassungsschein des Motorrades und die Abnahmebestätigung für den Führerschein auszuhändigen.

 

Aufgrund der von der Zeugin vorgefundenen Situation, insbesondere auch der Tatsache, dass der Motorblock des Motorrades, wie durch Angreifen festgestellt worden sei, noch warm gewesen war, habe für sei kein Zweifel bestehen können, dass der Berufungswerber unmittelbar vor seinem Antreffen mit dem Fahrzeug gefahren sein musste. Er dürfte offenkundig zu Sturz gekommen sein. Der Zeugin war auch eine geringfügige Verletzung an einer Hand des Berufungswerbers erinnerlich.

 

Während nach Ansicht der Rechtsmittelbehörde diese Schilderungen der Zeugin einen schlüssigen und lebensnahen Geschehnisablauf wiedergeben, kann dies der Berufungswerber für die von ihm bei der Berufungsverhandlung gemachten Angaben nicht in Anspruch nehmen. Diesen zufolge sei er mit seinem Motorrad gegen 18.00 Uhr des Vorfallstages zu einem Tennisspiel unterwegs gewesen. Auf dem Weg dorthin sei ihm der Motor abgestorben und habe sich dieser nicht mehr starten lassen. Deshalb sei das Motorrad an einer geeigneten Stelle in dem schon oben erwähnten Kreuzungsbereich abgestellt worden und habe sich der Berufungswerber zu Fuß zum Tennisplatz begeben. Dort hätte er sich nach seinen Schilderungen etwa sechs Stunden aufgehalten und sich gegen Mitternacht wiederum zu seinem abgestellten Motorrad begeben. Er habe dieses, um es (nach sechs Stunden) aus dem Sichtbereich anderer zu entfernen, zu einer nahegelegenen Tankstelle schieben wollen. Dabei sei er mit einem Randstein kollidiert, das Motorrad umgefallen, ihm der Helm vom Arm gerutscht und zusammen mit einem Teil seiner Motorradbekleidung, die sich einem am Fahrzeug angebrachten Koffer befunden hätte, auf die Fahrbahn gefallen. Just in diesem Moment seien ein anderer Fahrzeuglenker, der hier keine relevante Rolle spielt, sowie in der Folge sogleich die Gendarmerie an die Örtlichkeit gekommen und habe die Angelegenheit demnach aufgenommen. Er habe sohin das Motorrad keinesfalls - nach einem nicht in Abrede gestellten Alkoholkonsum nach dem Tennisspiel - gelenkt, sondern wesentliche Zeit vorher. Auf diesen Umstand habe er die Beamten auch aufmerksam gemacht. Auch seine Verweigerung der Alkomatuntersuchung durch Vorbeiblasen der Atemluft am Mundstück des Gerätes wurde damit begründet.

 

Es kann dahingestellt werde, wie dezidiert der Berufungswerber tatsächlich behauptet hat, das Motorrad in zeitlicher Nähe zur Alkomatuntersuchung nicht gelenkt zu haben. Die Zeugin konnte in diesem Zusammenhang im Wesentlichen nur auf die mangelnde Auskunftswilligkeit des Berufungswerbers und die ihr erinnerliche Aussage des Berufungswerbers vor Ort, dass er hier einfach warte, verweisen. Lediglich mit dem Bestreiten des vorangegangenen Lenkens eines Fahrzeuges kann ein derartig gravierender Verdacht, wie er aufgrund der gegenständlichen Situation bei den Gendarmeriebeamten geradezu entstehen musste, aber ohnehin nicht entkräftet werden. Es ist völlig lebensnah, anzunehmen, dass eine Person verunfallt sein dürfte, die in einem Kreuzungsbereich neben einer Grüninsel bei einem Motorrad angetroffen wird und sich daneben auf dem Boden liegend diverse Utensilien für einen Motorradfahrer befinden. Wenn hier nicht sogleich schlüssig und auch unter Bekanntgebung von Beweismitteln, die die Lenkereigenschaft in Frage stellen, von dem Betreffenden argumentiert wird, verbleibt lebensnah nur die Annahme, dass eben unmittelbar vorher das Motorrad von der angetroffenen Person gelenkt wurde. Nach Ansicht der Berufungsbehörde hätte wohl an der Begründetheit des Verdachtes des Lenkens aber auch der Umstand nichts geändert, wenn der Rechtsmittelwerber seine - konstruiert wirkende - Verantwortung gleich vor Ort abgegeben hätte. Aufgrund der von den Beamten wahrgenommen Situation hätte diese durchaus zumindest vorerst als wenig glaubwürdig abgetan werden müssen. Die Aufforderung zur Alkomatuntersuchung wäre auch diesfalls rechtens gewesen. Ob und in welcher Form dann die Verantwortung in einem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 5 Abs.1 StVO, also bei Vorliegen eines Alkomatergebnisses, von Bedeutung gewesen wäre, ist hier nicht zu beurteilen.

 

Auch eine Person, die lediglich verdächtig ist, ein Fahrzeug gelenkt zu haben, darf nämlich wegen der Weigerung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, unabhängig davon bestraft werden, ob im darauffolgenden Verwaltungsstrafverfahren der Beweis des Lenkens des Fahrzeuges erbracht wird oder nicht. Wird aufgrund einer abgelegten Alkoholprobe jedoch eine relevante Alkoholisierung des Probanden festgestellt, so obliegt es in der Folge der Behörde sehr wohl, dass "tatsächliche" Lenken im Zuge eines Beweisverfahrens festzustellen, um dem so Beschuldigten dann eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 zur Last legen zu können (VwGH 23.2.1996, 95/02/0567 u.a.).

 

5. Gemäß § 26 Abs.2 FSG ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird.

 

Wenngleich die Begründung des vorerst erlassenen Mandatsbescheides den Eindruck erweckt, der Berufungswerber wäre erstmalig wegen eines Alkoholdeliktes belangt worden, dürfte dies nach dem übrigen Akteninhalt nicht den Tatsachen entsprechen, sofern wiederum der Auszug über Verwaltungsstrafen (und Führerscheinentzüge) des Berufungswerbers vom 5. Juli 2004 richtig ist.

 

Unbeschadet dessen erscheint es der Berufungsbehörde nicht unbedingt geboten, die Entziehungsdauer mit sechs Monaten festzusetzen, vielmehr ist auch ein Zeitraum von fünf Monaten noch ausreichend, um den Wertungskriterien des § 7 Abs.4 FSG - ausgehend von einer Mindestentzugsdauer von vier Monaten - zu entsprechen. Geht man von einem laut vorgelegtem Verfahrensakt gegebenen "Vorentzug" im Jahr 1997 aus, so ist seither doch ein gewisser Zeitraum verstrichen. Auch die Gefährlichkeit der Verhältnisse, die ein reines Formaldelikt wie eine Übertretung des § 5 Abs.2 StVO 1960 darstellt, muss in Relation zu jener Gefahr gestellt werden, die ein Fahrzeuglenker verursacht, der einen Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille oder mehr aufweist.

 

Weitere Beweisaufnahmen, insbesondere die Einvernahme der Lebensgefährtin des Berufungswerbers, die nach der Aktenlage als Zeugin vom "Hörensagen" gelten könnte, konnten unterbleiben, zumal hievon keine andere Entscheidung zu erwarten gewesen wäre.

 

Die übrigen behördlichen Verfügungen im Zusammenhang mit dem Entziehungsbescheid sowie der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung sind in den zitierten Gesetzestellen - und der dazu ergangenen einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

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