Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520755/27/Br/Sta

Linz, 16.02.2005

 

 

 

 
VwSen-520755/27/Br/Sta
Linz, am 16. Februar 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn F K R W, vertreten durch R D. R S, F W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels, vom 6. Oktober 2004, III-FE-332/2004, nach der am 7. Dezember 2004 und 16. Februar 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen und Verkündung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Lenkberechtigung für die Gruppe 2 (Kraftfahrzeuge der Unterklassen C1 und C1+E sowie der
Klassen C, D, C+E, D+E und G)
auf ein Jahr befristet erteilt wird (bis einschließlich den 16.2.2006); hinsichtlich der Gruppe 1 wird die ausgesprochene Befristung und Auflage ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 3 Abs.1, § 24 Abs.1 Z1 und 2; § 8 Abs.1, 2 u.3 Führerscheingesetz - FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002 iVm § 3 Abs.1 Z4 und § 17 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 427/2002;

§ 66 Abs.4 und § 64 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 10/2004;

 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem anlässlich einer Niederschrift bei der Behörde erster Instanz am
6.10.2004 mündlich verkündeten Bescheid wurde dem Berufungswerber,

1.) die Lenkberechtigung für die Gruppe 2 (Klassen C1; C; D; E zu C1; E zu C; und E zu D;) für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung, gerechnet ab Verkündung des Bescheides entzogen und

2.) dessen Lenkberechtigung für die Gruppe 1 (Klassen A, B, E zu B und F) aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 13.09.2004 auf ein Jahr, konkret bis zum 13.09.2005 befristet;

3.) wurde die Auflage erteilt, alle 4 Monate eine Kontrolluntersuchung der Leberwerte bei der BPD Wels vorzulegen und eine Alkoholberatungsstelle zu kontaktieren, sowie das dort geforderte Programm zu absolvieren;

4. erkannte die Behörde erster Instanz einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab.

Rechtlich wurde diese Entscheidung auf § 24 Abs.1 Z1 und 2; § 3 Abs.1 FSG; § 8 Abs.1 FSG, § 8 Abs. 3 FSG, § 13 Abs. 2 FSG, § 15 Abs. 1 FSG, § 25 FSG und § 29 Abs. 3 FSG sowie § 5 Abs. 1 Z4 lit.b FSG-GesundheitsV gestützt.

 

 

2. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:

"§ 24 Abs. 1 FSG besagt, Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 FSG in den Führerschein einzutragen.

 

§ 3 Abs. 1 FSG besagt, eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die

1. das für die angestrebte Klasse erforderliche Mindestalter erreicht haben (§ 6 FSG);

2. verkehrszuverlässig sind 7 FSG);

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9 FSG)

4. fachlich zum Lenken eines Kraftfahrzeuges befähigt sind (§§ 10 und 11 FSG)

§ 8 Abs.1 FSG besagt, dass vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen hat, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchfuhrt, in die Ärzteliste eingetragene sachverständigen Arzt gemäß § 34 FSG zu erstellen.

§ 8 Abs. 3 FSG besagt, das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen: geeignet;

bedingt geeignet; nicht geeignet. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

1 . gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten "geeignet" für diese Klassen zu lauten;

2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwenden oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;

3. zum Lenken nur eines bestimmten Fahrzeuges nach § 2 Ziffer 24 KFG 1967 geeignet, so hat das Gutachten "beschränkt geeignet" zu lauten und anzugeben durch welche körperlichen Mängel die Eignung beschränkt ist und in welcher Form diese körperlichen Mängel ausgeglichen werden können;

§ 15 Abs.1 FSG bestimmt, ein neuer Führerschein darf nur von der Behörde ausgestellt werden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Führerscheinbesitzer seinen Hauptwohnsitz hat, nach Bestätigung der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, dass keine Bedenken gegen die Ausstellung bestehen; dies gilt auch für die Vornahme von Ergänzungen im Sinne des § 13 Abs. 2 FSG. Hat ein Besitzer eines österreichischen Führerscheines seinen Hauptwohnsitz (§ 5 Abs. 2 dritter Satz) in einen Nicht-EWR-Staat verlegt, so ist ein neuer Führerschein von der letzten Ausstellungsbehörde auszustellen.

§ 13 Abs. 2 FSG bestimmt, in den Führerschein ist jede gemäß § 8 Abs. 3 Ziffer 2 oder 3 FSG ausgesprochene Befristung oder Beschränkung der Lenkberechtigung sowie die Vorschreibung etwaiger Auflagen einzutragen. Bei Erteilung der Lenkberechtigung für eine weitere Führerscheinklasse oder - Unterklasse (Ausdehnung der Lenkberechtigung) oder zwecks Eintragung nachträglich ausgesprochener Befristungen, Beschränkungen oder Auflagen ist der Führerschein der Behörde zur Ergänzung oder Neuausstellung gemäß § 15 Abs. 1 FSG vorzulegen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 4 lit.b FSG-GesundheitsV gilt eine Person als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund und damit geeignet, wenn keine Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften vorliegen.

§ 25 FSG bestimmt, dass bei einer Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung aufgrund des gemäß § 24 Abs.4 FSG eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen ist.

Aufgrund der Bestimmung des § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

Aufgrund einer Anzeige vom 07.06.2004 bestand begründete Verdacht, dass bei Ihnen die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen auf Straßen mit öffentlichen Verkehr nicht gegeben ist, weshalb Sie mit Bescheid vom 12.07.2004 von der Bundespolizeidirektion Wels zu einer amtsärztlichen Untersuchung geladen wurden. Bei der amtsärztlichen Untersuchung wurden seitens des Amtsarztes von Ihnen Leberbefunde und eine verkehrspsychologische Untersuchung gefordert. Bei der verkehrspsychologischen Stellungnahme ergab sich dann das Ergebnis Ihrer Nichteignung für die Gruppe 2 der österreichischen Lenkberechtigung und eine bedingte Eignung der Gruppe 1 der österreichischen Lenkberechtigung. Eine vorerst abschließende Untersuchung durch den Pol.Arzt bestätigte aufgrund des Gutachtens vom 13.09.2004 das Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung.

Außerdem wurde seitens des Amtsarztes im Zuge der § 8 FSG-Untersuchung angeordnet, dass Sie alle 4 Monate Leberwerte bei der BPD Wels vorzulegen haben und außerdem Sie bei einer Alkoholberatungsstelle das dort vorgesehene Programm zu absolvieren haben.

 

Bei der amtsärztlichen Untersuchung gem. § 8 FSG wurde lt. dem Akt beiliegenden Gutachten vom 13.09.2004 vom Amtsarzt festgestellt, dass Sie zum Lenken von Kraftfahrzeugen für die Gruppe 2 (Kl. C, Cl" D, E zu C, E zu Cl und E zu D) nicht geeignet sind und zum Lenken von Kraftfahrzeugen für die Gruppe 1 (A, B, E zu B und F) lediglich eine auf ein Jahr befristete Eignung besitzen. Dies ergibt sich ihrer verkehrspsychologischen Nicht- bzw. Bedingteignung, schlüssig nachvollziehbar aus dem Gutachten des Amtsarztes und dem Gutachten des verkehrspsychologischen Institutes.

Laut Amtsarzt und verkehrspsychologischer Stellungnahme lassen sich Defizite in den Bereichen "reaktive Belastbarkeit", "motorische Reaktionszeit" und "Überblicksgewinnung" erkennen. Dadurch ist die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 nicht mehr gegeben.

Da die Weiterbelassung Ihrer Lenkberechtigung in vollem Umfang unter den gegebenen Umständen mit Gefahr für die übrigen Straßenbenützer verbunden wäre und die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge dringend geboten ist, handelt es sich beim Entzug Ihrer Lenkberechtigung um eine unaufschiebbare Maßnahme im Sinne des § 64 Abs. 2 AVG 1991 und berechtigt die Behörde, einer eventuellen Berufung die aufschiebende Wirkung zu versagen. Auf persönliche, wirtschaftliche oder berufliche Interessen kann daher keine Rücksicht genommen werden."

 
 

2.1. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen und inhaltlich wie folgt ausgeführten Berufung:

"In umseits bezeichneter Rechtssache erhebe ich gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels III-FE-332/2004 vom 06.10.04 durch meinen ausgewiesenen Vertreter in offener Frist das Rechtmittel der

 

B e r u f u n g

Diese begründe ich wie folgt:

 

Gegen mich wurde am 07.06.04 eine anonyme Anzeige erstattet, nach der ich einige Wochen zuvor eine aggressive Fahrweise getätigt hätte und jeweils am Abend 1 bis 1 1/2 Liter Wein getrunken hätte. Diese anonyme Anzeige konnte durch keinerlei Beweisergebnisse erhärtet werden und ist diese auch so unbestimmt, dass keinerlei konkretes Fehlverhalten nachgewiesen werden kann. Der Anzeiger weigerte sich, seinen Namen anzugeben.

 

Aufgrund dieser Anzeige wurde ich aufgefordert, ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen, wobei ich auch einen Psycho-Test und den Test der Leberwerte beibringen musste. Der Test der Leberwerte war unauffällig. In der verkehrspsychologischen Stellungnahme D.B G (richtig: K) vom 31.08.04 führte dieser aus, dass ich vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 "bedingt geeignet", zum Lenken von Fahrzeugen der Gruppe 2 "derzeit nicht geeignet" sei. Der Gutachter führte aus, dass in den kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen Defizite in den Bereichen "reaktive Belastbarkeit", "notorische Reaktionszeit" und "Überblicksgewinnung" erkennen lasse. Diese Defizite seien jedoch aufgrund meiner Fahrerfahrung für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 ausreichend kompensierbar. Aufgrund der höheren Anforderungen, die an die beim Lenken der Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 gestellt werden, könne keine positive Stellungnahme abgegeben werden. Er führte auch an, dass die Persönlichkeitsbefundlage keine konkreten Eignungswidrigkeiten erkennen lasse, dass weder eine erhöhte Aggressionsneigung im Straßenverkehr noch eine potenzielle Alkoholgefährdung abgrenzbar sei. Mein Persönlichkeitsprofil sei ausreichend harmonisch.

 

Dabei ist auszuführen, dass die Zusammenfassung, in der die Leistungsdefizite angeführt sind, im teilweisen Widerspruch zur Interpretation der Testbefunde steht. So wird auf Seite 4 des Gutachtens ausgeführt, dass bei der Beobachtungsfähigkeit und Überblicksgewinnung eine noch ausreichend genaue Detailerfassung kurzzeitig dargebotener komplexer Straßenverkehrssituation gegeben sei. Auch unter dem Punkt Reaktionsverhalten ist ausgeführt, dass die Reaktionszeit ausreichend gegeben sei. Bei der reaktiven Belastbarkeit ist angeführt, dass während der ersten Testphase normgerechte Testwerte vorliegen. Nur in der zweiten und dritten Testphase sei ein Leistungsrückgang erkennbar. Die reaktive Dauerbelastbarkeit sei vermindert.

 

Dazu ist auszuführen, dass ich 68 Jahre alt bin und bislang noch nie mit einem Computer zu tun hatte und auch noch nie ein Computerspiel gespielt habe. Aus diesem Grund ist es klar, dass ich bei einem Test am Computer nicht dieselbe Leistung bringen kann, wie eine Person, die an einen Computer oder insbesondere an Computerspiele gewöhnt ist.

 

Darüber hinaus war für mich zum Zeitpunkt des Computertests eine Streßsituation gegeben, da ich natürlich genau wusste, dass vom Ausgang dieses Tests mein Führerschein und damit ein wesentlicher Teil meines Einkommens abhängen werde. Die im Testverfahren angegebenen Defizite sind allein auf meine große Nervosität und meine Unerfahrenheit im Umgang mit Computern zurückzuführen. Es kann wohl niemand behaupten, dass jemand, der vor dem Computerbildschirm ausreichende Leistungen erbringt, dadurch automatisch auch zum Lenken von Kfz im realen Straßenverkehr geeignet ist. Genausowenig kann umgekehrt ein schwächeres Testergebnis in bestimmten Punkten vor dem Computer schon abschließend die Nichteignung im realen Straßenverkehr aussagen.

 

In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass ich schon Jahrzehnte aktiv am Straßenverkehr teilnehme, wobei ich mehrere Millionen Kilometer zurückgelegt habe. In all diesen Jahren habe ich nur ein einziges Mal einen selbstverschuldeten Unfall verursacht, wobei es sich um einen reinen Sachschadensunfall handelte, der überdies rund 40 Jahre zurückliegt. Danach habe ich nicht den geringsten Unfall mehr gehabt.

 

Ebenfalls habe ich in den vergangenen Jahrzehnten mit Ausnahme eines Führerscheinentzuges wegen Alkohol am Steuer vor mehr als einem Jahrzehnt keine wesentlichen Strafen wegen irgendwelchen Verkehrsdelikten gehabt. Ich hatte nur einige wenige Organstrafmandate wegen geringfügiger Vergehen, was aufgrund der vielen gefahrenen Kilometer passieren kann. Wenn ich tatsächlich, wie in der anonymen Anzeige angeführt, eine derartig aggressive Fahrweise an den Tag legen würde, hätten sich einerseits in den vergangenen 40 Jahren wohl mehrmals Fahrgäste bei meinem Dienstgeber beschwert und wäre daher jedes Arbeitsverhältnis sofort beendet worden und hätte ich wohl andererseits eine Vielzahl von Anzeigen erhalten.

 

Wie durch Einsichtnahme in meinen - nicht vorhandenen - Strafakt leicht festgestellt werden kann, wurde gegen mich in den letzten Jahren keinerlei Strafe verhängt. Aus diesem Umstand lässt sich leicht erkennen, dass diese anonyme Anzeige an den Haaren herbeigezogen ist und mir nur Schaden sollte. Es ist unbestritten, dass die Reaktion im Alter naturgemäß nachlässt. Ein Mensch ist nun einmal ca. im Alter von 25 Jahren körperlich am belastbarsten und nehmen sämtliche körperlichen Fähigkeiten ab diesem Zeitpunkt ab.

 

Trotz dieser Tatsache zeigt sich jedoch, dass mit Abstand die meisten Unfälle in einem Alter von 17 bis 24 Jahren verursacht werden, wo die jeweiligen Lenker körperlich und sicherlich auch im Bezug auf die Reaktion und das bloße Auffassen von Tatsachen sich am Höhepunkt ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit befinden. Die Erfahrung zeigt, dass gerade ältere Lenker oft nicht nur versuchen, Gefahrensituationen zu meistern, sondern vielmehr schon vorsorglich dafür Sorge tragen, dass sie gar nicht in diese gefährliche Situationen kommen. Gerade durch meine Fahrpraxis von mehreren Mio. Kilometer glaube ich, dass ich sehr wohl in der Lage bin, ein Fahrzeug auch der Gruppe 2 gefahrlos zu lenken. Dies wird auch durch die Tatsache unterstrichen, dass ich trotz dieser hohen Fahrleistungen bei jedem Wetter in den letzten Jahrzehnten keinerlei Unfall gehabt habe.

 

Am 11.10.04 unterzog ich mich einem zweiten Gutachten. Bei diesem war entgegen den Aussagen des SV kein Übungseffekt gegeben, da ich den Test an einem anderen Gerät absolvieren musste. Hier wurden wieder Leistungseinbußen festgestellt, die jedoch zur Gänze ebenfalls auf meine Ungeübtheit im Umgang mit Computern zurückzuführen ist und die durch erhöhte Aufmerksamkeit und durch meine langjährige Erfahrung im Straßenverkehr leicht kompensiert werden können.

 

Wenn im Gutachten etwas über mein geringes Problembewusstsein bezüglich Alkohol und eine erhöhte Neigung zum Alkoholmissbrauch geschrieben wird, ist dies für mich absolut nicht nachvollziehbar. Ich trinke selbstverständlich vor der Fahrt mit Fahrzeugen der Gruppe 2 keinen Tropfen und trinke dann, wenn ich überhaupt kein Kfz lenken muss, nur ein bis zweimal wöchentlich ein Bier. Nur zu sehr seltenen Anlässen trinke ich etwas mehr. Dies kann den Verdacht, einer Neigung zum Alkoholmissbrauch wohl nicht im Geringsten verifizieren. Wenn ich tatsächlich - wie in der anonymen Anzeige ausgeführt - während der Toskana-Reise täglich 1 bis 1 1/2 Liter Wein getrunken hätte, wäre dafür Voraussetzung, dass ich es gewohnt sei, täglich größere Alkoholmengen zu trinken, da man ansonsten eine derartige Menge wohl nicht verträgt.

 

In diesem Fall müssten aber bei meinen Leberwerten irgendwelche Anhaltspunkte für einen derart übermäßigen Alkoholkonsum ersichtlich sein. Dies ist naturgemäß nicht der Fall.

 

 

Zusammenfassend ist auszuführen, dass für mein angebliches Alkoholproblem ausschließlich die anonyme Anzeige einen Anhaltspunkt bietet. Der Gutachter führt ja auch aus, dass derzeit von dem erhöhten Risiko einer Alkoholfahrt bzw. von einer erhöhten Neigung zu riskantem Fahrverhalten bei mir nicht ausgegangen werden kann (Seite 8 des Gutachtens).

 

Für die Befristung der Lenkberechtigung für die Gruppe 1 auf 1 Jahr und die Auflage, alle
4 Monate eine Kontrolluntersuchung der Leberwerte bei der BPD Wels vorzulegen und eine Alkoholberatungsstelle zu kontaktieren und das dort geforderte Programm zu absolvieren, bestehen keinerlei Rechtsgrundlagen.

 

Hier wurde nur diese anonyme Anzeige zugrunde gelegt, die völlig an den Haaren herbeigezogen ist und durch keinerlei sonstige Beweismittel zu erhärten ist.

 

Die hier gemachten Auflagen wiedersprechen eklatant dem Artikel 6 MRK, da sie mir praktisch unterstellen, dass ich tatsächlich dem Alkohol übermäßig zuspreche, obwohl dafür außer der anonymen Anzeige keinerlei Anhaltspunkte vorliegen. Hier könnte jedem Unschuldigen vorgeworfen werden, ein mangelndes Unrechtsbewußtsein zu haben, da er das Unrecht einer von ihm nicht begangenen Tat naturgemäß nicht einsehen kann, da dazu auch keinerlei Anlass besteht.

 

Aus all diesen Gründen stelle ich daher den

 

Antrag:

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge in Stattgebung dieser Berufung den angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 6.10.2004,
III-FE-332/2004, vollinhaltlich aufheben, in eventu derart abändern, daß die Auflage, alle
4 Monate eine Kontrolluntersuchung der Leberwerte vorzulegen und eine Alkoholberatungsstelle zu kontaktieren sowie das dort geforderte Programm zu absolvieren, aufgehoben wird und die Lenkerberechtigung für die Gruppe 1 unbefristet erteilt wird.

 

 

Wels, am 20.10.2004 F K

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war hier in Wahrung der durch Art. 6 Abs.1 EMRK zu garantierenden Rechte geboten
(§ 67d Abs.1 AVG).

 

 

3.1. Dem Verfahrensakt angeschlossen finden sich neben dem hier entscheidungswesentlichen amtsärztlichen Gutachten die verkehrspsychologische Stellungnahme des Instituts "fair - care" v. Dr. B K sowie das darauf Bezug nehmende medizinische Gutachten des Chefarztes der Bundespolizeidirektion Wels und ein nachgereichtes VPU-Gutachten des Institutes "Drive", M. W.

Ergänzend Beweis erhoben wurde durch abgesonderte Einvernahme mehrerer an der fraglichen Fahrt zwischen 3. bis 7.4.2004 teilnehmenden Businsassen, welche durch Beischaffung der entsprechenden Passagierliste des Reiseunternehmens S ausgeforscht wurden. Deren Aussagen wurden im Rahmen der Berufungsverhandlung verlesen. Verlesen wurde im Übrigen der gesamte von der Behörde erster Instanz vorgelegte Verfahrensakt.

Zusätzlich zeugenschaftlich einvernommen wurde der die anonyme Anzeige aufnehmende Beamte, Herr RR, A P, sowie der Verkehrspsychologe
D. K und der das Gutachten erstellende Chefarzt der Bundespolizeidirektion Wels, D. K. Der Berufungswerber wurde als Verfahrenspartei zum Sachverhalt und dem Verfahrensgang befragt.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde vorerst noch zur Frage der Kompensierbarkeit von testmäßig festgestellten kraftfahrspezifischen Leistungsdefizite eine Stellungnahme der Sanitätsdirektion eingeholt. Am 1.2.2005 unterzog sich der Berufungswerber abermals einer VPU bei D. H S dessen positives Kalkül abschließend abermals dem Chefarzt bei der Behörde erster Instanz D. K zwecks Erstattung eines Abschlussgutachtens zugeleitet und im Rahmen der fortgesetzten Berufungsverhandlung erörtert wurde.

 

4. 1. Zum Sachverhalt:

 

Verfahrensauslösend war hier der über eine telefonisch anonym erstattete Anzeige von der Behörde erster Instanz. Dieser Anzeigeinhalt wurde mit dem nachfolgend wiedergegebenen Aktenvermerk festgehalten:

"Am 7.6.2004, 11.45 Uhr, erstattete eine unbekannte männliche Person telefonisch folgende Anzeige:

Ich möchte gegen den Buslenker F K, 25.9.1936 geb., Anzeige erstatten, weil ich mich durch seine aggressive und uneinsichtige Fahrweise bei der Fahrt in die Toskana vor ca 5 Wochen wiederholt gefährdet gefühlt habe und ich der Meinung bin, dass der Mann aus dem Verkehr gezogen werden muss. K fährt was der Bus hergibt. Er hält absolut nichts von Geschwindigkeitsbeschränkungen oder von der Einhaltung eines Sicherabstandes. Er schloss beim Nachfahren hinter einem Pkw bis 1 oder 1 1/2 Meter auf, wodurch der Pkw-Lenker aus Angst vor uns auf den Pannenfahrstreifen auswich. Wir Fahrgäste haben uns insbesondere bei der Fahrt über den Apennin wiederholt gefürchtet und waren froh heil anzukommen. Als wir ihn ersuchten etwas vorsichtiger zu fahren wurden wir unwirsch mit den Worten: "Ich fahre. Ich schaffe an. Ich bin der Chef" zurechtgewiesen. Jeden Abend konnte wir beobachten, dass unser Chauffeur kräftig dem Alkohol zusprach. Er trank immer seine 1 bis 1 1/2 Liter Wein. Aus Gesprächen erfuhren wir, dass er vor 10 Jahren krankheitshalber seinen Job als Busfahrer aufgeben musste und Busfahrerkollegen mit seiner Fahrweise und Einstellung nicht einverstanden sind. Jetzt soll er ständig für die Firma S unterwegs sein, da er mit 65 unbeschränkt zur Pension dazuverdienen kann.

Der Anrufer erklärte sich nicht bereit seinen Namen anzugeben. Er ersucht um dringendes Einschreiten der Behörde, da beim Lenken des K die Businsassen und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. K ist ihm bereits im Vorjahr bei einer Busfahrt nach Prag aufgefallen, wo er sich ähnlich verhalten hat."

 

 

4.2. Es war hier der Würdigung der Behörde erster Instanz anheim gestellt diese Mitteilung als sachliche Grundlage zur Einleitung einer Überprüfung der gesundheitlichen Eignung und Zuführung zum Amtsarzt heranzuziehen. Diesbezüglich ist auf das Erfordernis begründeter Bedenken hinsichtlich der Voraussetzungen iSd § 24 Abs.4 iVm 3 Abs.1 Z3 FSG iVm § 3 Abs.2 Z2 und § 5 Abs.1 Z4 lit.b FSG-GV zu verweisen (vgl. auch VwGH 23.1.2001, 2000/11/0240 u.a.). Offenbar ging die Behörde erster Instanz von einer möglichen (anderen) Abhängigkeit des Berufungswerbers aus, die einem sicheren Beherrschen eines Kfz entgegen stehen hätte können (§ 5 Abs.1 Z4 lit.b FSG-GV).

 

 

4.2.1. Die den nachfolgenden Entzug stützende verkehrspsychologische Untersuchung und Stellungnahme wird nachstehend dem gesamten Inhalt nach wieder gegeben:

"Vorgeschichte / lt. Angaben des Untersuchten:

 

Da beim Untersuchten, der mittels Reisepass (Nr. E 04050865) seine Identität bestätigt, Verdachtsmomente hinsichtlich einer verminderten kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit und unzureichenden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung bestehen, unterziehe er sich auf Veranlassung der zuständigen Bundespolizeidirektion dieser verkehrspsychologischen Untersuchung.

 

Nach Absolvierung der Grundschule in Form von 8 Klassen Volksschule Lehre zum Friseur, die er mit der Lehrabschlussprüfung beendet habe. Nach einer fortgesetzten vierjährigen Tätigkeit im erlernten Beruf sei der Untersuchte überwiegend als Berufskraftfahrer, wo er als Tankwagenfahrer und Busfahrer eingesetzt gewesen sei, angestellt gewesen. Zudem berichtet er von einer Außendiensttätigkeit in der Werbebranche und Vertretertätigkeit im Elektrobereich. Seit dem Pensionsantritt im Jahre 1994 sei er nebenberuflich als Busfahrer tätig. Konfrontiert mit der aktuellen wöchentlichen Arbeitsleistung erklärt er, etwa 40 bis 50 Stunden pro Woche zu arbeiten. Der verheiratete Untersuchte habe zwei Kinder im Alter von 40 und 44 Jahren, zu denen ein positiver Sozialkontakt bestünde. Auch die Ehe gestalte sich zufrieden stellend. In seiner Freizeit zeige er Interesse für Hausarbeiten, Schwimmen, Radfahren und Fischen.

 

An Vorfällen im Straßenverkehr werden ein bis zwei jährlich Geschwindigkeitsüberschreitungen mit dem Reisebus, drei bis vier Parkstrafen und ein Auffahrunfall, der sich vor etwa 40 Jahren ereignet habe, angegeben. Konfrontiert mit bisherigen Führerscheinentzügen bringt er zum Ausdruck, vor etwa 15 Jahren infolge einer alkoholisierten Verkehrsteilnahme für die Dauer von 4 Wochen die Lenkberechtigung abgegeben zu haben. Die Alkoholisierung habe 0,85 Promille betragen. Der Untersuchte sei im Besitz der Lenkberechtigung der Klassen A, B, C, E, F und G und lege jährlich etwa 60.000 km zurück. Die bisherige Gesamtkilometerleistung betrage mit Sicherheit mehr als 1.000.000 km. Die Lenkberechtigung der Gruppe 1 benötige er aus privaten, der Gruppe 2 aus nebenberuflichen Gründen. In diesem Zusammenhang erklärt er, nach wie vor Reisebusfahrten ins Ausland zu absolvieren, wobei er als angestrebte Fahrziele Istrien, die Toskana und den Schwarzwald nennt.

 

Konfrontiert mit dem Grund dieser Untersuchung bringt er zum Ausdruck, von einem angestellten Arbeitskollegen, der ihm seinen ]ob neidig sei, angezeigt worden zu sein. Nun sei er beschuldigt worden im Zuge einer Italienreise einen zu geringen Abstand eingehalten, Geschwindigkeitsübertretungen gesetzt und am Tag vor der Rückreise übermäßig dem Alkohol zugesprochen zu haben. Er wisse aus sicherer Quelle, dass keiner der mitreisenden Fahrgäste jemals Beschwerden gegenüber dem Busunternehmen geäußert habe. Sein Fahrstil sei verantwortungsbewusst und keinesfalls riskant. Auch der zur Last gelegte auffällige Alkoholkonsum entspreche nicht der Realität. Er könne zum heutigen Zeitpunkt garantieren, während der Fastenzeit keinen Alkohol getrunken zu haben. Vor anstehenden Reisebusfahrten halte er sich an die gesetzlichen Vorgaben. Aufgrund der eingebrachten anonymen Anzeige habe die zuständige Bundespolizeidirektion eine amtsärztliche Untersuchung, die Beibringung einer verkehrspsychologischen Untersuchung und Abgabe von alkoholspezifischen Laborparametern erwirkt.

 

Konfrontiert mit zu fordernden bzw. notwendigen Persönlichkeitsvoraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B nennt der Untersuchte ein gutes Sehvermögen und Fahrkönnen, insbesondere bei der Bewältigung von Bergstraßen, die er bevorzugt bewältige. Er habe schon zahlreiche Erfahrungen beim Lenken von Bussen, unter anderem auch beim Lenken von Doppeldeckerbussen, gesammelt.

 

Der Untersuchte lebe seit ca. 20 Jahren nikotinabstinent und konsumiere etwa ein bis zwei Mal pro Woche im Zuge von Gasthausbesuchen, beim Essen und bei Sparvereinseinzahlungen etwa Alkohol in Form von Bier. Zumeist handle es sich jedoch nur um ein Glas. Eine subjektiv wahrnehmbare Wirkung verspüre er nach dem Konsum von zwei Gläsern Bier. Zum Konsum von größeren Trinkmengen komme es nur selten. Am Tag von geplanten Reisebusfahrten meide er generell Alkohol.

 

 

Bestehende Krankheiten, Verletzungen, Behinderungen, Strafen außerhalb des Straßenverkehrs eine regelmäßige Medikation werden negiert. Infolge von Ischiasschmerzen fallweise Einnahme von Schmerzmitteln, deren Name er zum Zeitpunkt dieser Untersuchung nicht benennen könne.

 

 

Interpretation der Testbefunde zu den kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen:

 

Beobachtungsfähigkeit und Überblicksgewinnung

 

Visuelle Auffassung (LVT).

Normgerechtes visuelles Auffassungstempo (PR 45, RW 3.87) bei adäquater

Sorgfaltsleistung (PR 65, RW 35). Die visuelle Auffassung ist ausreichend gegeben.

 

Überblicksgewinnung (TAVTMB):

Bei Würdigung des Konfidenzintervalls noch ausreichend genaue Detailerfassung

kurzzeitig dargebotener, komplexen Straßenverkehrssituationen (PR 10, RW 5).

 

Reaktionsverhalten:

 

Reaktionszeit (RT):

Bei Würdigung des Konfidenzintervalls ist sowohl die motorische Umsetzung von Reaktionen (motorische Reaktionszeit PR 10, RW 258) als auch die Zeit das bewussten Erkennens eines Reizes (kognitive Reaktionszeit PR 67, RW 391) ausreichend gegeben.

 

Reaktionssicherheit (RT).

Sehr gut gegeben. Es zeigen sich weder falsche noch ausgelassene Reaktionen.

 

Belastbarkeit (DT):

Während in der ersten Testphase normgerechte Testwerte vorliegen (PR 23 bis 79) ist in der zweiten und dritten Testphase ein merkbarer Leistungsrückgang, der durch eine erhöhte Anzahl verzögerter und ausgelassener Reaktionen bedingt wird, erkennbar. Die reaktive Dauerbelastbarkeit ist zusammenfassend vermindert.

 

 

Konzentrationsvermögen (Cognitrone):

 

Sowohl in qualitativer (PR 88, RW 79) als auch in quantitativer Hinsicht (PR 25, RW

3.21) normgerecht ausgebildet. Konzentrative Defizite sind aktuell nicht abgrenzbar.

 

Sensomotorik (2Hand):

 

Die sensomotorischen Fähigkeiten sind als normgerecht einzustufen (Gesamtbeurteilung: 3). Der Untersuchte arbeitet bei durchschnittlichem Selbstwahltempo ausreichend genau.

 

Intelligenz (SPM) und Erinnerungsvermögen(Corsi):

Der Untersuchte ist auf intellektuellem Gebiet durchschnittlich begabt (PR 18, RW 20). Auch im Bereich des Erinnerungsvermögens zeigen sich keine merkbaren Einschränkungen (RW 5)

 

Fahrverhaltensrelevante Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale / Interpretation der Befunde aus Anamnese, Exploration und Verhaltensbeobachtung:

 

Die durchgeführten Persönlichkeitsverfahren (AVIS, ATV und 16 PF) lassen zusammenfassend bei ausreichend offener Antworthaltung keine Auffälligkeiten erkennen. Dementsprechend zeigen sich gegenwärtig weder Hinweise auf eine erhöhte Aggressionsneigung im Straßenverkehr unter Normal- und Stressbedingen noch eine potenzielle Alkoholgefährdung. In einem umfassenden Persönlichkeitsverfahren, das Aussagen über überdauernde Verhaltensneigungen gibt, zeigen sich zusammenfassend keine Normabweichungen. Dementsprechend liegt ein ausreichend harmonischer Persönlichkeitsbefund, der durch eine im Normbereich liegende Normorientierung, soziale Anpassungsbereitschaft, emotionale Stabilität und adäquate Widerstandsfähigkeit gegenüber Gruppenzwängen determiniert wird, vor.

 

 

Die in der Vorgeschichte zur Last gelegten Delikte können aufgrund eines noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens hinsichtlich der Beurteilung der persönlichkeitsbedingten Voraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 nicht berücksichtigt werden. Wenngleich der Untersuchte im Zuge der heutigen Untersuchung grundsätzlich sehr oberflächlich und wenig problembezogen wirkt, finden sich mit Ausnahme eines vor 15 Jahren gesetzten Alkoholdeliktes keine konkreten Auffälligkeiten, die gegen eine Wiedererteilung der Lenkberechtigung der Gruppe 1 und 2 sprechen würden. Zudem ist aufgrund der bisher erworbenen Kilometerleistung mit Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 von einer sehr großen Fahrerfahrung, die grundsätzlich als positiv zu bewerten ist, auszugehen. Konkrete Eignungswidrigkeiten sind im Zuge des heutigen Explorationsgespräches nicht abgrenzbar.

 

Zusammenfassung der Befunde / Gutachten:

 

Die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen lassen Defizite in den Bereichen "reaktive Belastbarkeit", "motorischen Reaktionszeit" und "Überblicksgewinnung" erkennen. Hinsichtlich dem Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 erscheinen diese Defizite aufgrund der bisherigen Fahrerfahrung des Untersuchten jedoch ausreichend kompensierbar. Da zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 erhöhte Anforderungen zu stellen sind, kann derzeit keine positive Stellungnahme bezüglich dieser Führerscheinklasse abgegeben werden.

 

Die intellektuellen Voraussetzungen liegen im unteren Normbereich und sind als ausreichend einzustufen. Im Bereich des Erinnerungsvermögens zeigen sich keine Einschränkungen.

 

Die derzeitige Persönlichkeitsbefundlage lässt trotz des zur Last gelegten inadäquaten Straßenverkehrsverhaltens keine konkreten Eignungswidrigkeiten erkennen. Beim Untersuchten sind weder eine erhöhte Aggressionsneigung im Straßenverkehr unter Normal- und unter Stressbedingungen noch eine potenzielle Alkoholgefährdung abgrenzbar. Das derzeitige Persönlichkeitsprofil ist als ausreichend harmonisch einzustufen.

 

 

Vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung aus ist Herr K F zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1

 

"bedingt geeignet",

 

zum Lenken von Kraftfahrzeuge der Gruppe 2

 

"derzeit nicht geeignet".

 

 

 

 

Anmerkung:

 

Aufgrund der bestehenden Defizite im Bereich der reaktiven Belastbarkeit Überblicksgewinnung und motorischen Reaktionszeit und des zur erwatenden fortgesetzten Leistungsabbaus ist nach Ablauf von 3 Jahren hinsichtlich dem Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 eine neuerliche Überprüfung der Leistungsfähigkeit zu fordern. Bei Würdigung des bereits fortgeschrittenen Alters des Untersuchten wird von einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung hinsichtlich dem Erwerb der Lenkberechtigung der Gruppe 2 abgeraten.

 

Für die Untersuchungsstelle:

 

D. B K

Verkehrspsychologe gemäß § 20 FSG - GV

Fachpsychologe für Klinische und Gesundheitspsychologie"

 

 

4.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Eingangs ist hier der auf einer rechts- und wahrheitswidrigen Anschuldigung basierende Sonderfall einer Zuführung zum Amtsarzt und von diesem zur verkehrspsychologischen Untersuchung hervor zu stellen. Die Zuführung zur VPU konnte auf die ein "verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten" nicht näher determinierende Bestimmung des § 8 Abs.2 FSG gestützt werden. Dies geschah jedoch unter der sich später als unhaltbar herausstellenden Prämisse, weil beim Berufungswerber weder eine Alkoholdisposition noch eine mangelhaft ausgeprägte Verkehrsanpassungsneigung anzunehmen ist. Jedenfalls gibt es hierfür, wie sich im Berufungsverfahren, insbesondere durch Befragungen von Fahrgästen der hier anlassbezogenen Fahrt herausstellte, keinerlei tragfähigen Anhaltspunkte.

Die insgesamt acht im Rahmen des Berufungsverfahrens befragten Zeugen machten alle keine Wahrnehmungen die den Wahrheitsgehalt der anonymen Anzeige stützen hätten können. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht daher diesbezüglich von einer verleumderischen Anschuldigung aus. Diesen Anschuldigungen wurde wohl in legitimer Weise nachgegangen was zu dem hier angefochtenen Verfahrensergebnis führte. Angesichts der Tragweite der mit dieser unzutreffenden Anschuldigung einhergehenden Beeinträchtigung eines rechtlich geschützten Interesses - hier in Form einer unbeschränkten Lenkberechtigung aller Klassen - war umfangreich Beweis aufzunehmen und in Verbindung damit dem Berufungswerber sämtliche Möglichkeiten des Nachweises seiner gesundheitlichen Eignung zu eröffnen. Die Beweise waren insbesondere was den Bereich der VPU betrifft entsprechend dem sich aus einer umfangreichen Literatur ergebenden Stand der Wissenschaft und im Speziellen die Kompensationsmöglichkeiten von testmäßig festgestellten Leistungsdefiziten sorgfältigst zu würdigen.

Schon eingangs schien die auf eine Alkoholdisposition oder Trinkaffinität gestützte Gutachtensbasis wegen der gänzlich normwertigen Laborwerte in Verbindung mit der Aussage im Rahmen der Berufungsverhandlung hinterfragenswürdig.

Medizinisch negative Aspekte ergaben sich offenkundig schon nicht für den die Untersuchung einleitenden Amtsarzt D. A am 27. Juli 2004 (vor der Zuweisung zur VPU). Der Berufungswerber machte medizinisch betrachtet auf den Amtsarzt schon damals einen positiven Eindruck. Dieser Eindruck wurde offenbar in Bindung an das Ergebnis der VPU-Stellungnahme von D. K vorerst nicht mehr berücksichtigt. Die vom anonymen Anzeiger offenkundig gezielt herbeigeführten Fehlinformationen und wohl auch seine Kenntnis der damit einhergehenden Rechtsfolgen wurden tatsächlich auch zum Inhalt des gutachterlichen Kalküls in der VPU. Die der Untersuchung zu Grunde liegenden spezifischen Laborparameter ergaben sich aber als normwertig, sodass von einem die gesundheitliche Eignung fraglich erscheinen lassenden Alkoholkonsum nicht ausgegangen werden kann. Unter Hinweis auf die VPU hatte sich der Amtsarzt wohl ohne einen zusätzlichen medizinischen Fachaspekt einfließen lassen zu können - wie etwa die Kompensierbarkeit von testmäßigen Leistungsdefiziten durch hohe Praxiserfahrung die Eignung zum Lenken von Fahrzeugen der Gruppe 2 - mit dem Hinweis auf die fehlende Leistungsfähigkeit anzuschließen.

Als hervorzuheben gilt es seitens der zur vollen Tatsachenkognition verpflichteten Berufungsbehörde, dass es kaum sachgerecht erachtet werden kann, wenn hier der Verkehrspsychologe eine bereits fünfzehn Jahre zurückliegende - angebliche - Alkofahrt seinem Kalkül ebenfalls noch einbezog. Dies würde im Ergebnis zu einer gleichsam immerwährenden Stigmatisierung führen. Die den Tilgungsfristen inhärenten Grundsätze würden dadurch über dem Umweg der Psychologie unterlaufen. In Verbindung mit abermals falschen Fakten - hier durch verleumderische Behauptungen - würde dies zu einer Art "unüberwindbaren - und in der Praxis nur schwer widerlegbaren Lebens(schuld)hypothek" eines Menschen anwachsen.

Gemäß dem in der Judikatur und Lehre zum Ausdruck gelangenden Prinzip "eines vorbehaltslosen Grundrechtsschutzes", welcher auf alle staatlichen Maßnahmen gerichtet erstreckt zu sehen ist, kann selbst die auf freiwilliger Basis aber letztlich ohne entsprechende Rechtsbelehrung erfolgende Datengewinnung unter dem rechtsstaatlichen Blickwinkel sich nicht selbst belasten zu müssen, nicht ausgenommen sein. Wenn wohl diese Schutzbestimmung - etwa der sich aus Art. 90 Abs.2 B-VG Anklagegrundsatz - das Strafverfahren im Auge hat, ist im Hinblick auf die weittragende Wirkung der im Rahmen eines Explorationsgesprächs preisgegebenen Daten jedenfalls nicht zu verleugnen. Negative Eignungskalküle werden vom Betroffenen subjektiv letztlich als Strafe empfunden, wenngleich diese auf das öffentliche Interesse der Verkehrssicherheit gestützt werden. Daher müsste dieser Bereich der Datenerhebung mit Blick auf dem sich aus dem Verfassungsrecht und den Grundrechten - nämlich der Freiheit und Würde des Menschen - ableitenden "höchst persönlichen Interessenschutz" - zumindest eine entsprechende Rechtsbelehrung vorausgehen. Sollte damit der Verfahrenszweck nicht erreichbar sein, müsste jedenfalls dem VPU-Gutachter die noch evidenten Vormerkungen zur Verfügung gestellt und damit der Rahmen der Exploration determiniert werden.

Abgesehen von der Mitwirkungspflicht gibt es hierfür rechtlich ohnedies keine Grundlage für die Erhebung solcher Daten. Die Wertung eines eineinhalb Jahrzehnte zurückliegenden Ereignisses im Rahmen der gesundheitlichen Eignungsprüfung ist daher durchaus geeignet die rechtlich geschützte Würde eines Menschen zu verletzen, wenn, wie schon gesagt, ein solches Faktum zwangsläufig als über jeden Zeitlauf fortzuschreibendes Vorurteil - als Art Lebensführungsschuld - zur Wirkung gebracht werden kann. Diesem Beurteilungsansatz wird sich auch die Verkehrspsychologie nicht verschließen dürfen.

Stellt man demgegenüber die in diesem Fall hohe und unfallsfreie und im Ergebnis unauffällig bleibende Fahrpraxis und das auf empirischen Fakten resultierende Kalkül des Arbeitgebers des Berufungswerbers gegenüber (Schreiben des Busunternehmers S v. 28.4.2004), so erweisen sich die auf offenkundigen unzutreffenden Annahmen gestützten Schlussfolgerungen im hier fraglichen VPU-Gutachten (Stellungnahme) schon bei lebensnaher Betrachtung als nicht überzeugend.

Der im Berufungsverfahren zu seinem Gutachten zeugenschaftlich einvernommene Chefarzt erklärte im Rahmen der Berufungsverhandlung am 7.12.2004 zusammenfassend, dass letztlich nur das Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung auch zu seinem negativen amtsärztlichen Gutachten geführt hätte. Nicht unproblematisch scheint wenn dem Arzt als Hauptgutachter für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung im Falle einer bloßen Übernahme des Kalküls aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme überhaupt kein Raum des Abwägens von Defiziten aus der VPU mehr eröffnet bliebe.

Die normwertigen Laborwerte ergaben für den Chefarzt keine sachlichen Anhaltspunkte für einen gesundheitlichen Mangel. Lediglich die aus Anlass der auf unzutreffenden Annahmen fußenden testmäßig erhobenen Leistungsdefizite galt es im fortgesetzten Verfahren noch abzuklären.

 

4.4. Im Rahmen der Berufungsverhandlung schilderte der einen völlig gesunden Eindruck erweckende Berufungswerber seine derzeitige Lebenssituation. Wie bereits in der Berufung verweist er auf seine umfassende und im Ergebnis unfallfreie verlaufene Fahrpraxis im Umfang von vier Millionen Fahrkilometern.

Der Berufungswerber legte unaufgefordert alkoholrelevante Daten vom 6.10.2004 vor. Diese liegen - wie bereits jene vom 29.6. 2004 und 20.8.2004 - im Normbereich.

Die nachteilige Darstellung und Beurteilung der festgestellten Leistungsdefizite in der VPU erklärt er sinngemäß - was nicht gesondert protokolliert wurde - mit seiner fehlenden Praxis im Umgang auf dem Computer (gemeint: der Bedienung des Testgerätes) und hebt gleichzeitig seine Fahrpraxis von etwa vier Millionen Kilometer hervor. Der Verkehrspsychologe verneint demgegenüber eine ausreichende Kompensationsmöglichkeit der im Rahmen des Tests hervorgekommenen Leistungsdefizite für die Eignungsvoraussetzungen der Gruppe 2. Dieser Vortrag in der Berufung war daher berechtigt. Anzumerken ist ebenfalls die aus dem Explorationsgespräch von D. K im Plural hervorgehobene Anmerkung auf "bisherige Führerscheinentzüge". Evident ist, dass nur ein kurzzeitiger Entzug vor fünfzehn Jahren stattfand. Dies könnte auf erhöhte aber subjektiv gefärbte Konzentration des VPU-Gutachters in Richtung Alkoholaffinität schließen lassen.

D. K gab über die durchschnittlichen Leistungsparameter einer Person gleichen Alters befragt an, dass ihm ein Fall eines Probanden der Altersklasse des Berufungswerbers bekannt sei der die Leistungsparameter für die Gruppe 2 erreicht habe. Diese könnten bei den für die Gruppe 2 situativ anzunehmenden Gegebenheiten auch durch die Fahrpraxis nicht kompensiert werden. Näher begründet wurde diese fachliche Schlussfolgerung letztlich nur mit dem Hinweis auf die vom Bundesministerium für Verkehr diesbezüglich in einem Handbuch festgelegten Werte. Diese vermochte er jedoch nicht näher darzustellen. Diese pauschale Sichtweise muss einerseits bereits durch klar gegensätzliche Fachmeinungen und andererseits hier konkret durch ein positives VPU-Gutachten als widerlegt gelten (siehe Literaturhinweise unten). Aus dem Blickwinkel des Fahrzeuglenkers ergeben sich in der täglichen Fahrpraxis keine im Sekundentakt auftretende und minutenlang anhaltende Belastungssituationen, was wohl dem Leistungstest keine abschließende Aussagekraft zuerkennen lässt.

Dem Berufungswerber wurde daher angesichts ungeklärt bleibender Fragen am Schluss der Berufungsverhandlung anheim gestellt seine Leistungsfähigkeit durch ein weiteres "VPU-Gutachten" glaubhaft zu machen.

Zur Frage der Kompensierbarkeit der angeblich festgestellten kraftfahrspezifischen Leistungsdefiziten wurde in Fortsetzung des Beweisverfahrens unter Hinweis auf die nachzitierten Literaturquellen, mit h. Schreiben vom 9.12.2004 und unter Übermittlung der VPU D. K und des aä. Gutachtens von D. K, eine Anfrage an die Sanitätsdirektion über die Relevanz der Fahrpraxis des Berufungswerbers gestellt. Auch die dortige Stellungnahme blieb bar jeglicher medizinisch fachlichen Betrachtung und gelangte unter dem lapidaren Hinweis auf das Ergebnis der VPU zum Ergebnis "nicht geeignet für die Gruppe 2". Auf die von der Berufungsbehörde unter einschlägigen Literaturhinweisen aufgeworfene Frage der Kompensierbarkeit von testspezifisch ermittelten Leistungsdefiziten ging die zwischenbegutachtende Amtsärztin nicht ein.

Der Berufungswerber benannte schließlich einen VPU-Gutachter und unterzog sich folglich über h. Zuweisung am 1.2.2005 abermals einer VPU, welche zu einem positiven Ergebnis führte.

 

4.4.1. Mit Blick auf diese sich gemäß dem Stand der einschlägigen Wissenschaften als komplex erweisenden Betrachtungen zu den Leistungsanforderungen für die Fahreignung, wobei das Faktum der Kompensierbarkeit von Mängel durch Routine und Erfahrung durchaus auch aus laienhafter Sicht nachvollziehbar scheint, war das Beweisverfahren fortzusetzen. Dem von Berufungswerber ausgewählten VPU-Gutachter wurden die o.a. Überlegungen hinsichtlich der Kompensationsstrategien iVm der gesundheitlichen Eignungsbegutachtung für die Gruppe 2 als spezifische Fragenstellungen der Berufungsbehörde bereits vor der Untersuchung zur Kenntnis gebracht.

Zusammenfassend wurden abermals testmäßige Leistungsmängel erhoben, indem in 68,4% der für den "D"-Schein - testmäßig - zu fordernde Prozentrang 33 nicht erreicht wurde. Dieser Prozentrang ist im führerscheinrechtlichen Normenwerk wohl mit gutem Grund nicht festgeschrieben und bleibt damit der Beurteilung im Einzelfall offen. Abschließend beurteilte der VPU-Gutachter D. S dieses Ergebnis jedoch wie folgt:

"....... Weil vom Probanden in den kraftfahrspezifischen Leistungsbereichen in jedem Fall jene Kriterien erfüllt werden (PR<16), die das Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse "B" erfordern, kann unter Berücksichtigung der umfassenden Fahrpraxis des Probanden, nämlich 3 bis 4 Millionen am Steuer gefahrene Kilometer, angenommen werden, dass allfällige altersspezifische Leistungsdefizite mit großer Wahrscheinlichkeit kompensiert werden können. Dies insbesondere auch deshalb, weil nicht nur die Verfahren zur Erfassung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, sondern auch die Blutparameter keine objektivierbaren Anhaltspunkte für eine allfällige Alkoholdisposition ergeben haben.

Das aus den derzeit erhobenen Leistungsresultaten zu erschließende allfällige kraftfahrspezifische Restrisiko beim Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse "D" ist daher mit großer Wahrscheinlichkeit kompensierbar, weil derzeit Verkehrsanpassung gegeben und Alkoholdisposition nicht gegeben sind."

Der Gutachter gelangt am 9.2.2005 zu folgendem Ergebnis:

"Aufgrund der Hinweise aus der Exploration, der Verhaltensbeobachtung in der Untersuchungssituation und der Befundergebnisse kann dem Probanden für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse "D" daher derzeit eine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung zugesprochen werden.

Aus verkehrspsychologischer Sicht ist Herr F K

daher derzeit für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse "D"

geeignet.

 

4.4.2. Laut einschlägiger Literatur gerät bei der Beurteilung der Fahreignung die Überprüfung der Leistungsmöglichkeiten zunehmend in die fachliche Diskussion (vgl. Brenner-Hartmann u. Bukasa, 2001). Es wird als hinreichend bekannt angesehen, dass durch angemessene Kompensationsstrategien auch mit einem reduzierten Leistungsvermögen eine sichere Verkehrsteilnahme möglich ist (vgl. zB Maag, 1995, Weinand, 1997).

Die Verwendung verkehrspsychologischer Testverfahren zur Beurteilung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit erfordert den empirischen Nachweis des Bezugs zu Verkehrssicherheitskriterien bzw. zum realen Fahrverhalten....; potentielle korrelierende Störvariablen wie Alter, Fahrpraxis und Intelligenz wurden bei diesen Analysen mitberücksichtigt (D. B B; 3. Beitrag, Kuratorium für Verkehrssicherheit, Verkehrspsychologisches Institut, Wien; mitzitiert: zweite Fahrverhaltensvalidierung der ART2020 Testverfahren, R C, E P-Sr, S P, M S, U W).

W S/M B, Zu einigen methodischen Fragen der Anwendung von psychologischen Testverfahren im Rahmen der Fahreignungsbegutachtung, Zeitschrift für Verkehrssicherheit (ZVS) 2001, Seite 10, vertreten dazu auszugsweise folgende Auffassung:

"......In vielen Fällen geht es auch um die Kompensierbarkeit von Leistungsversagen bei vorher durchgeführten Testverfahren, verursacht durch andere Verhaltensbedingungen als das jeweils abgeforderte Fähigkeitsgebiet (z. B. durch Apparate-Angst). Die Fahrprobe erbringt am ehesten jedoch nicht in jedem Falle, Gewissheit darüber, ob die geistigen und körperlichen Voraussetzungen zum sicheren Führen von Fahrzeugen gegeben sind. Fehlerquellen liegen in der Situationsabhängigkeit der Fahrprobe, wodurch bestimmte Anforderungen an geistige Voraussetzungen unterrepräsentiert sein oder ganz fehlen können. Charakterliche Nichteignung ist mit Fahrproben in der Regel nicht feststellbar, da es Betroffenen in dieser zeitlich begrenzten Situation überwiegend gelingt, sich sozial angepasst zu verhalten und Fehlverhalten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern zu vermeiden. Ziel dieser Maßnahmen ist oft auch die Erhaltung der Mobilität trotz eingeschränkter Leistungsvoraussetzungen. Es wird dabei von dem wissenschaftlich bekannten Sachverhalt ausgegangen, dass durch angemessene Kompensationsstrategien/Verhalten (z. B. besondere Umsicht und Gewissenhaftigkeit) auch mit einem reduzierten psychofunktionalen Leistungsvermögen eine sichere Verkehrsteilnahme möglich sein kann. Mehr zu diesem Problemkreis findet man z. B. bei K (1995), H (1982), K & P (1973), Maag (1992, 1995), R, B & Z (1994), R & B (1985), S, 1990, W (1997)."

 

4.4.3. Im Licht der auszugsweise zitierten einschlägigen Studien und Abhandlungen, wurde im Zuge der Fortsetzung der Berufungsverhandlung am 16.2.2005 das ergänzende Beweismaterial ausführlich erörtert. Dabei schloss sich der Amtsarzt in einem schriftlich vorbereiteten Kurzgutachten dem Kalkül des VPU-Gutachters
Dr. S an. Sehr wohl traten auch darin Defizite bei der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit hervor. Diese wurden aber unter dezidiertem Hinweis auf die überaus reiche Fahrpraxis von bis zu vier Millionen Kilometer als kompensierbar erachtet. Dies steht durchaus im Einklang mit der einschlägigen und umfangreichen Fachliteratur, sodass diesen vom Amtsarzt letztlich unterstützen Überlegungen von der Berufungsbehörde zu folgen war. Wenngleich durch das Testergebnis wahrscheinlich altersbedingte Leistungsschwächen erkennbar wurden, können diese durch überdurchschnittliche vorhandene Fahrerfahrung und die dadurch erworbenen Routinen oder aufgrund von kompensierenden Verhaltensstrategien ausgeglichen werden, sodass auch ein Fahrzeug der Gruppe 2 sicher geführt werden kann, d. h. dass sich die Leistungsmängel beim Fahren also nicht erkennbar oder verkehrsrelevant auswirken. Dies mit der Überzeugung, dass letztlich einer über Jahrzehnte überdurchschnittlichen und weitestgehend unfallfreien Fahrpraxis letztlich mehr Aussagekraft zukommt als einem in kurzer Zeiteinheit zu erbringenden testmäßigen Dauerbelastung. Wie oben bereits bemerkt, treten derart intensive Dauerbelastungssituationen beim Lenken von Kraftfahrzeugen in dieser Form nicht auf. In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus auf eine Studie der Universität Erlangen-Nürnberg, P. D. O, hingewiesen. Der zur Folge sei die Forschung zu stark fixiert auf den Zusammenhang zwischen Fahrverhalten und Leistungsfähigkeit. Bei der Betrachtung der Fahrsicherheit sollte aber viel stärker der Aspekt des Sozialverhaltens beachtet werden. Auszugsweise werden folgende Überlegungen genannt:

 

4.5. Als durchaus fragwürdig erweist sich abschließend, ob nicht die Altersklasse über 65 überproportional an den für die Klasse 2 geforderten Prozenträngen generell scheitern würde? Dies würde letztlich ein dem Gesetzgeber vorbehaltenes, durch eine Altersklausel zu bestimmendes Lenkverbot unterlaufen. Mit Blick darauf gilt es allein schon im Sinne der individuellen Beurteilung des Einzelfalles in Verbindung mit der Erkenntnis, den Menschen nicht ausschließlich an Testergebnissen messen zu dürfen, einer Gesamtbeurteilung den Vorzug zu geben.

Aus hierarchischer Anordnung von Anforderungsformen der Fahraufgabe und der ebenfalls als hierarchisch anzunehmenden Organisation der kognitiven Handlungsregulation folgt, dass sich durch Übung, Erfahrungsbildung und Fahrpraxis die psychische Leistungsfähigkeit ausdifferenziert und sich in komplexe mentale Repräsentationen, Schemata und Ausführungsroutinen zur Handlungskontrolle entwickeln, die im Einzelfall von psychologischen Testsystemen nicht hinreichend erfasst werden können und das Testergebnis daher die tatsächliche Leistungsfähigkeit nur unvollständig widerspiegelt. Andererseits kann die Spezifik der Testsituation und -durchführung im Einzelfall beim zu Begutachtenden Reaktionen begünstigen (zB Testängstlichkeit; Probleme bei der Umstellungsfähigkeit auf eine neuartige Testsituation), die das Testergebnis zusätzlich ungünstig beeinflussen können. Abschließend soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Datenbasis auf die sich die Prozentränge in den VPU-Untersuchungen stützt, in einem überproportionalen Verhältnis auf ein wesentlich jüngeres Durchschnittsalter stützt. Laut Interpretationsschema der VPU-Begutachtungspraxis "wird der jeweils erzielte Testwert mit einer großen Zahl anderer Klienten aus der verkehrspsychologischen Fahreignungsdiagnostik (für alle Testverfahren mehr als 1000 Personen) verglichen und das Ergebnis in einem Prozentrang-Wert" ausgewiesen. Der Prozentrang gibt an, wieviele von je 100 getesteten Personen einen geringeren oder maximal gleich hohen Testwert wie der/die Untersuchte erzielen. Ein Prozentrang zwischen 25 und 75 bedeutet ein normgerechtes Ergebnis. Da 68-jährige offenkundig bereits unterproportional in dieses Vergleichspotential einfließen, entsteht zumindest in der Tendenz eine Verschiebung des Bewertungsmaßstabes in Richtung einer jüngeren und (noch) leistungsfähigeren Population.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Nach § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt und demnach auch nur belassen werden, die iSd Z3 "gesundheitlich geeignet" sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9 leg.cit). Im Falle des Vorliegens der gesetzlich normierten Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung (Wiedererteilung) einer (der) Lenkberechtigung.

Nach § 8 FSG hat vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist.

Der § 24 Abs.4 FSG lautet:

"Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen."

Mit einer bloßen anonymen Anzeige, die darüber hinaus offenkundig auch noch aus böswilligen Motiven erstattet worden sein dürfte, erwiesen sich diese Bedenken letztlich als objektiv nicht haltbar.

Was hier dahingestellt zu bleiben hat, hätte hier der Berufungswerber wohl bereits dem sogenannten "Aufforderungsbescheid" iSd § 24 Abs. 4 letzter Satz FSG 1997 - wahrscheinlich mit Erfolg - entgegen treten können. Es bedarf für die Erlassung eines solchen Bescheides begründeter Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hierbei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (unter vielen, VwGH 20.4.2004, 2003/11/0243 mit Hinweis auf VwGH 30.9.2002, 2002/11/0120, sowie VwGH 13.8.2004, 2004/11/0063). Es lag hier jedoch sehr wohl noch in der Würdigungssphäre der Behörde erster Instanz diese Voraussetzungen zu erblicken. Vielmehr mag aus der Sicht der Behörde erster Instanz durchaus ein dringend gebotener Handlungsbedarf dargeboten haben, welcher jedoch durch die angesichts der im Rahmen des Berufungsverfahren ausforschbar gewesenen Zeugen widerlegt wurde. Der hier auf Grund der Gutachten erstinstanzlich ausgesprochene Entzug für die Klassen 2 und die Einschränkungen für die Klasse 1 erfolgte daher vorerst wohl doch zu Recht. Es kann daher letztlich dahingestellt bleiben ob die Inhalte der anonymen Anzeige einen tragfähigen Zuweisungsgrund indiziert hätten (vgl. VwGH 21.1.2003, 2002/11/0244 mit Hinweis auf VwGH 24.4. 2001, 2000/11/0231).

Aus § 8 Abs.5 letzter Halbsatz u. § 5 Abs.2 FSG leitet sich ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Lenkberechtigung ab. Geringfügige Abweichungen von einzelnen, jedoch durch die überdurchschnittliche Fahrpraxis kompensierbaren Leistungsparametern - bei sonst ausschließlich positiven gesundheitlichen Voraussetzungen - dürfen auch nicht zur Versagung der Lenkberechtigung für die Gruppe 2 führen.

Die allgemeinen Bestimmungen über die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen besagt im § 3 Abs.3 FSG-GV: "wenn sich aus der Vorgeschichte oder anlässlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes ergibt, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, so ist gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen. Diese Stellungnahmen sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten, wobei die zusätzlichen Risiken und Gefahren, die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 verbunden sind, besonders zu berücksichtigen sind.

Da solche Gefahren zumindest konkretisierbar sein müssen und sich nicht bloß in mehr oder weniger stichhaltige Meinungen erschöpfen dürfen, ist ein Entzug einer Berechtigung entsprechend streng zu prüfen und scheint nur auf Grund harter Fakten zulässig. Solche konnten hier jedenfalls nicht erblickt werden. Vielmehr scheinen in einer dem Sachlichkeitsgebot gerecht werdenden Gesetzesauslegung die Voraussetzungen für die uneingeschränkte Voraussetzung der Gruppe 1 der Lenkberechtigungen zu sprechen.

Nach § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Z 2). Die Befristung für die Klasse D für über 60-jährige auf zwei Jahre ergibt sich aus § 21 Abs.2 FSG.

Als wohl sachgerecht und plausibel erschien die im Rahmen der Berufungsverhandlung am 16.2.2005 dargelegte Befristungsempfehlung des Amtsarztes mit der fachlichen Begründung einer "Bewährungskontrolle" des Berufungswerbers in der Praxis. Diese über den gesetzlich bereits determinierten Rahmen hinausgehende Befristung für die Klasse 2 kann angesichts des Lebensalters des Berufungswerbers und der offenbar darin bedingten, derzeit aber noch kompenisierbaren Leistungsminderungen auf § 2 Abs.5 FSG-GV gestützt werden. Dem trat auch der Berufungswerber nicht entgegen.

Abschließend ist noch festzustellen, dass angesichts der umfangreichen Beweisaufnahme die gemäß § 29 Abs.1 FSG normierte Entscheidungsfrist nicht eingehalten werden konnte. Dies jedoch unter vorheriger Kenntnisnahme der Verfahrensparteien.

Auf Grund des Beweisergebnisses kam der Berufung im weitem Umfang Berechtigung zu und es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 
 

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