Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520780/7/Br/Sta

Linz, 30.12.2004

 

 

 VwSen-520780/7/Br/Sta Linz, am 30. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G K, S, L, gegen den Bescheid der Bundspolizeidirektion Linz vom 16. November 2004, Zl. FE-818/2004, zu Recht:

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass sowohl der ausgesprochene Entzug als auch die Befristung behoben wird; dem Berufungswerber wird jedoch die Auflage erteilt, dass er für die Dauer eines Jahres der Behörde erster Instanz alle drei Monate [beginnend mit 15.1.2005 bis 15.1.2006 - bei einer Toleranzfrist von einer Woche] unaufgefordert normwertige alkoholrelevante Laborparameter (Gamma-GT, GOT, GPT, MCV u. CDT) vorzuweisen hat.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG, § 24 Abs.1 Z2 iVm § 3 Abs.1 Z3, § 5 Abs.5, § 8 Abs.1 und 2 Führerscheingesetz - FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde I. Instanz entzog mit dem o.a. Bescheid dem Berufungswerber die ihm am 14.5.1997 mit dem Bescheid F 1984/1997 für die Klassen A u. B erteilte Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung. Die aufschiebende Wirkung wurde in diesem Bescheid aberkannt. Gestützt wurde der Entzug auf das amtsärztliche Gutachten vom 8.11.2004, welches wiederum auf die verkehrspsychologische Untersuchung und die darauf erfolgende Stellungnahme vom 3.11.2004 Bezug nahm.

 

1.1. Im Ergebnis wurde in der Bescheidbegründung beim Berufungswerber eine unkritische Selbstwahrnehmung in Bezug auf Alkoholkonsum angenommen. Seine Angaben wurden als wenig glaubhaft erachtet, weil sie ausweichend waren und erst auf Nachfragen ein höherer Alkoholkonsum zugegeben worden sei. Demnach sei es im Zusammenhang mit sozialen Trinksituationen wahrscheinlich schon gelegentlich zu Fahrten in alkoholisiertem Zustand gekommen. Die Auseinandersetzung mit dem gegenständlichen Vorfall - gemeint die Alkofahrt am 3.7.2004 - sei oberflächlich erfolgt. Eine Bereitschaft zur Verkehrsanpassung könne daher nicht abgeleitet werden; so aus den Ausführungen in der ersten verkehrspsychologischen Stellungnahme.

 

 

2. Der Berufungswerber tritt dem in seiner Berufung entgegen indem er sinngemäß vermeint, es sei nicht richtig, wenn in der verkehrspsychologischen Stellungnahme "von wiederholten Alkofahrten" die Rede sei. Ebenfalls wendet sich der Berufungswerber gegen die Feststellung des D. T, wonach es "wahrscheinlich schon gelegentlich zu deutlichen Kontrollverlusten gekommen sei."

 

 

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde I. Instanz dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2.Absatz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier angesichts der im Rahmen des Berufungsverfahrens geschaffenen Faktenlage und des dazu gewährten Parteiengehörs unterbleiben.

 

 

3.1. Dem Berufungswerber wurde mit h. Schreiben vom 6. Dezember 2004 verdeutlicht, dass er mit seiner Berufung der auf Gutachten gestützten Entscheidung auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten habe. Der Berufungswerber unterzog sich folglich einer neuen verkehrspsychologischen Untersuchung und legte diesbezüglich eine Stellungnahme des D. S vom 23.12.2004 mit einem positiven Kalkül vor. Dieses wurde wiederum dem Chefarzt der Bundespolizeidirektion Linz und der Behörde erster Instanz am 29.12.2004 mit dem Ersuchen um Erstattung eines Abschlussgutachtens übermittelt, welches h. am 30.12. 2004 per FAX einlangte.

 

 

4.1. Anlass für dieses Verfahren war - wie oben schon ausgeführt - eine Alkofahrt des Berufungswerbers am 3.7.2004 mit einem Atemalkoholgehalt von 0,94 mg/l. Nach dem per Mandatsbescheid vom 6.7.2004 ausgesprochenen Entzug wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit in der Dauer von vier Monaten und der Anordnung von begleitenden Maßnahmen wurde obligatorisch die Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens und einer VPU eingefordert.

In der VPU des Dr. T wurde auf einen Entzug der Lenkberechtigung bereits im Jahr 1992 in der Dauer von sechs Monaten mit einem BAW von 1,6 Promillen Bezug genommen. Ebenfalls wurde der Vorfall vom Juli 2004 in das Kalkül einbezogen. Schließlich gelangt der Verkehrspsychologe in seiner zusammenfassenden Beurteilung zu den zur gesundheitlichen Nichteignung führenden Annahmen.

Diesbezüglich ist aus der Sicht der Berufungsbehörde zu bemerken, dass darin offenbar Angaben die im Rahmen der freien Willens- und Überzeugungsbildung eines Menschen durchaus sachgerecht anmuten, zu einem die gesundheitliche Eignung in Frage stellenden Kalkül hochgewertet wurden. In diesem Punkt weist der Berufungswerber zutreffend darauf hin, dass es wahrlich nicht nachvollziehbar scheint, wenn der Psychologe sich in Vermutungen ergeht, wonach "im Zusammenhang mit sozialen Trinksituationen es gelegentlich zu deutlichen Kontrollverlusten hinsichtlich des Alkoholkonsums gekommen sein dürfte." Wenn ferner eine "selbstkritische Einstellung im Umgang mit seinem Alkoholverhalten" als nicht ausreichend bezeichnet wird, bleiben solche auf wissenschaftlicher Basis gestützt anmutenden Schlussfolgerungen letztlich jeglicher sachlichen Überprüfung und Nachvollziehbarkeit vorenthalten.

 

4.2. Wenn hier dem Berufungswerber im Jahr 1992 und dann in diesem Jahr eine Alkofahrt zur Last zu legen ist, lässt dies selbst bei laienhafter Betrachtung noch keineswegs auf eine fehlende Risikoeignung in Form einer überdurchschnittlichen Wahrscheinlichkeit, Fahren und Trinken nicht trennen zu können, schließen.

Der VPU vom 23.12.2004 lagen im Rahmen der Exploration weitgehend gleichlautende Angaben als dies im Rahmen der Begutachtung bei D. T der Fall gewesen ist vor. Während der zuletzt genannte Gutachter in seiner Beurteilung etwa ausführte, dass "beim Berufungswerber eine realistische Auseinandersetzung mit seinem Alkoholkonsum vom Juli 2004 und selbstkritische Auseinandersetzung mit seinem Rückfallrisiko nicht zu erkennen vermochte", sieht D. S "keine Verhaltensmuster, welche mit verkehrsauffälligem Verhalten, konkret mit mangelnder Bereitschaft zur Verkehrsanpassung in Verbindung gebracht werden könnten". Da grundsätzlich von jedem vernunftbegabten Individuum anzunehmen ist, dass es sich grundsätzlich normgerecht verhalten will, wird dies insbesondere von jemanden angenommen werden können, welcher sich bereits wegen einer Alkofahrt einer Nachschulung und einem Strafverfahren mit empfindlicher Strafe zu unterziehen hatte und hier darüber hinaus den Beweis zu führen wagte, sich einer neuerlichen VPU - mit erheblichem Kosten- und Müheaufwand zu unterziehen. Mit Blick darauf folgt die Berufungsbehörde mit Überzeugung der die Fahr- bzw. gesundheitliche Eignung bestätigenden Stellungnahme, welcher sich nicht zuletzt auch der Amtsarzt anschloss.

Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass es nicht nur rechtsstaatlich, sondern auch mit Blick auf die Grund- und Menschenrechte problematisch erscheint, wenn gänzlich unbelegt und nicht wirklich nachvollziehbare, sehr wohl aber weittragend in die Rechtssphäre und letztlich auch die Würde eines Menschen eingreifende Schlussfolgerungen über ein zukünftiges Verhalten und Vermutungen zu einem zurückliegenden Verhalten angestellt werden, wie dies hier im Rahmen der VPU vom 3.11.2004 geschehen scheint. Auch aus der Praxis mit derartigen Berufungsverfahren ist kein Fall bekannt, dass zwei Alkofahrten innerhalb von zwölf Jahren einen sachlichen Schluss auf eine "fehlende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung" zulassen könnten. Dem konnte hier der Berufungswerber mit dem Gutachten von D. S auf gleicher fachlicher Ebene überzeugend entgegen treten.

Mit Blick auf die nunmehr vorliegende Faktenlage erweist sich selbst eine Befristung der Lenkberechtigung als sachlich unbegründet.

Sehr wohl als sachgerecht kann jedoch die Empfehlung der Vorlage von alkoholspezifischen Laborparametern alle drei Monate für die Dauer eines Jahres erachtet werden. Darin kann ein Motivationsfaktor zu einem verkehrsrelevanten Abstinenzverhalten erblickt und somit als sachgerecht gewertet werden.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Nach § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Z 2).

Die hier ausgesprochene Befristung scheint daher auf Grund der durchaus intakten Zukunftsprognose sachlich nicht geboten. Auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens ist die gesundheitliche Eignung uneingeschränkt gegeben, sodass eine Befristung auf das Ergebnis eines Entzuges auf bloßen Verdacht in Form einer Unterstellung einer möglichen gesundheitlichen Nichteignung nach einem Jahr hinauslaufen würde.

Eine derart weit vorgreifende, eines medizinischen Indizes entbehrende Maßnahme, ist daher mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot nicht gerechtfertigt (vgl. dazu insb. VwGH 18.3.2003, 2002/11/0254 mit Hinweis auf VwGH 24. April 2001, Zl. 2000/11/0337, sowie auf VwGH 28. Juni 2001, Zl. 99/11/0243, jeweils mwN). Die eine Alkofahrt im Jahr 1992 und die nächste im Jahr 2004 lassen nach h. Auffassung einen solchen Schluss wohl noch nicht zu, wenngleich die Alkoholbeeinträchtigung jeweils hoch war.

Beschränkungen und auch Auflagen haben - wie ebenfalls oben schon erwähnt - dem sich aus der Rechtsordnung ableitenden Grundsatz des Verhältnismäßigkeits- und Übermaßverbotes standzuhalten (vgl. etwa HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 147 ff).

Verläuft das mit den Auflagen beigeschaffte Ergebnis jeweils positiv, d.h. ändert sich an den Parametern nichts zum Negativen, wird - ohne damit allenfalls sich in der Zukunft dennoch herausstellender begründeter medizinischer Bedenken vorzugreifen - schon damit bestätigt, dass der Berufungswerber "Fahren und einen allfälligen Konsum von Alkohol" in einer für jedermann geltenden Weise trennen kann und folglich die Berechtigung uneingeschränkt belassen werden kann.

Unabhängig von den obigen Betrachtungen sollten nicht zuletzt auch verwaltungsökonomische Aspekte, als ein in jüngster Zeit zunehmend erklärtes Staatsziel, gegen eine bloß "routinemäßig" anempfohlene, inhaltlich jedoch nicht mehr nachvollziehbare Befristung von Lenkberechtigungen verbunden häufig auch mit verwaltungsaufwändigen Auflagen, in die rechtsgestaltenden behördlichen Entscheidungsfindungen einbezogen werden. In diesem Sinne lassen sich auch Entscheidungen des VwGH interpretieren (insb. VwGH 4.3.2002, 2001/11/0266).

Aspekte der sogenannten Grenznutzen und Grenzkosten mögen ebenfalls einen illustrativen Ansatz für vertiefte Überlegungen über die Zweckerreichung von Auflagen denen noch Substanz im Sinne der Verkehrssicherheit zugeordnet werden kann, bilden.

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 
 

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