Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520781/8/Ki/Da

Linz, 02.02.2005

 

 

 VwSen-520781/8/Ki/Da Linz, am 2. Februar 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung von Herrn M S, L, B, vom 30.11.2004 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 11.11.2004, GZ. Fe-1317/2004, wegen Entziehung der Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass der Ausspruch betreffend Entzug der Lenkberechtigung behoben und statt dessen die mit Führerschein der Bundespolizeidirektion Linz vom 3.3.1995 zu F 6227/1994 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung bis zum Ablauf des 23.12.2005 befristet wird.

 

Weiters wird die Auflage erteilt, dass der Berufungswerber unaufgefordert Befunde über alkoholrelevante Laborparameter MCV, CDT, Gamma-GT sowie Cholinesterasen, erstmalig bis spätestens 23. März 2005 und in der Folge im Abstand von jeweils drei Monaten, der Bundespolizeidirektion Linz vorzulegen hat.

 

Der Ausspruch bezüglich Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm § 24 Abs.1 Z2 FSG bzw. § 64 Abs.2 AVG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde Herrn M S gemäß § 24 Abs.1 FSG die mit Führerschein der Bundespolizeidirektion Linz vom 3.3.1995 zu F 6227/1994 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung ab Zustellung des Bescheides mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bis zur behördlichen Feststellung, dass er wieder geeignet ist, entzogen. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz stützt diese Entscheidung auf eine amtsärztliche Untersuchung am 2.9.2004, eine verkehrspsychologische Stellungnahme vom 16.9.2004 sowie alkoholrelevante Laborparameter vom 30.8.2004.

 

Argumentiert wurde mit einer Leistungsschwäche im Bereich der kreativen-konzentrativen Belastbarkeit. Der Persönlichkeitsbefund zeige deutlich erhöhte Alkoholtoleranz, da er einen hohen Blutalkoholwert beim aktuellen Delikt aufgewiesen habe, er aber trotzdem noch ausreichend handlungsfähig gewesen sei und die Alkoholwirkung subjektiv nur mittelmäßig verspürt hätte. Auf Grund der hohen Alkoholtoleranz sei auf regelmäßigen und fallweise deutlich erhöhten Alkoholkonsum zu schließen. Weiters würden deutliche Beschönigungs- und Dissimulationstendenzen abgeleitet werden, da die Ausführung zu den Trinkgewohnheiten, dass diese seit Jahren unverändert seien und er nur mäßig trinken würde, im Widerspruch zu den deutlich erhöhten Alkoholkonsumgewohnheiten stünden.

 

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 30.11.2004 Berufung erhoben.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

Im Wesentlichen widerspricht der Berufungswerber dem verkehrspsychologischen Gutachten, er übe völlige Alkoholabstinenz aus und habe auch eine Nachschulung absolviert. Er ersuche um eine neuerliche Überprüfung der gesundheitlichen Eignung, wo man seine positive Einstellung erkennen könne. Er sei bereit normwertige alkoholrelevante Laborparameter auf jeden Fall regelmäßig vorzulegen. Im Ergebnis strebt er die Behebung des angefochtenen Bescheides an.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Weiters hat der Berufungswerber ein psychiatrisch neurologisches Gutachten vorgelegt. Unter Zugrundelegung dieses Gutachtens erfolgte durch eine medizinische Sachverständige des Amtes der Oö. Landesregierung eine weitere ärztliche Untersuchung nach § 8 FSG.

 

Der Berufungswerber lenkte am 9.4.2004 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, der Alkoholgehalt der Atemluft betrug 0,93 mg/l. Wegen dieser bestimmten Tatsache wurde ihm zunächst wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit die Lenkberechtigung für die Dauer von sechs Monaten entzogen, wobei bei der Wertung auch berücksichtigt werden musste, dass ihm bereits im Jahre 2002 die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten entzogen wurde. Weiters wurden eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen.

 

Am 16.9.2004 unterzog sich der Berufungswerber einer verkehrspsychologischen Untersuchung, dabei wurde festgestellt, dass er vom Standpunkt der verkehrspsychologischen Begutachtung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B derzeit nicht geeignet sei. Die kraftfahrspezifischen Leistungen wurden zwar als in ausreichendem Maß ausgebildet attestiert, Herr S sei jedoch bisher nicht in ausreichendem Maße bereit, sich mit seiner auffälligen Vorgeschichte selbstkritisch und problembewusst auseinander zu setzen, um dadurch seine Einstellungen und sein Verhalten entscheidend zu ändern. Damit sei konkret zu befürchten, dass er wieder in alkoholbeeinträchtigtem Zustand am Straßenverkehr teilnehmen werde, die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sei derzeit nicht gegeben.

 

Unter Zugrundelegung dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme stellte der Amtsarzt der Bundespolizeidirektion Linz gutächtlich fest, dass Herr S zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B nicht geeignet sei, wobei in der Befundung jedoch festgestellt wurde, dass beigebrachte alkoholrelevante Laborparameter vom 30.8.2004 weitgehend normwertig wären.

 

In dem vom Berufungswerber vorgelegten psychiatrisch neurologischen Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie (Dr.med. J W) vom 10.1.2005, welches auf einer Untersuchung vom 23.12.2004 basiert, stellte der Gutachter nach ausführlicher Befundaufnahme die psychiatrischen und neurologischen Diagnosen, dass die diagnostischen Kriterien für ein Alkoholabhängigkeitssyndrom oder für die Diagnose schädlicher Gebrauch nicht erfüllt werden. Nach den Kriterien des diagnostischen und statistischen Manuals psychischer Störungen kommt die Diagnose Substanzmissbrauch in Betracht, allerdings bei gegenwärtig glaubhafter Abstinenz seit nunmehr ca. fünf Monaten.

 

Zusammenfassend stellte der Gutachter fest, dass Herr S aus psychiatrisch-neurologischer Sicht bedingt zum Lenken von KFZ der Klasse B geeignet ist. In Anbetracht der Vorgeschichte (zweimaliges nachgewiesenes Lenken von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss) werde ein Aufrechterhalten der gegenwärtigen Abstinenz empfohlen. Die Kontrolle der alkoholrelevanten Laborparameter werde in dreimonatigen Abständen empfohlen um weiteren Missbrauch und der Entwicklung eines Suchtverhaltens entgegen zu wirken. Weiters wurde die Führerscheinbefristung auf ein Jahr mit fachärztlicher Verlaufskontrolle im Anschluss empfohlen.

 

Unter Berücksichtigung dieses psychiatrisch-neurologischen Gutachtens erstellte die Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung ein weiteres Gutachten nach § 8 FSG und stellte darin fest, dass Herr S befristet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B geeignet ist. Als Befristung wurde ein Jahr vorgeschlagen, dies unter Kontrolle der alkoholrelevanten Laborparameter MCV, CDT, Gamma-GT sowie Cholinesterasen in Abständen von drei Monaten. Nach Abschluss eines Jahres sollte der Berufungswerber eine neuere fachärztliche Stellungnahme eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie bzw. der Verlaufskontrolle der Behörde vorlegen.

 

5. In freier Beweiswürdigung stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass sowohl das oben angeführte psychiatrisch-neurologische Gutachten als auch das Gutachten der Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung schlüssig sind und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen stehen. Das psychiatrisch-neurologische Gutachten wurde nach ausführlicher Befundaufnahme, welche eine Anamnese, eine Verkehrsanamnese, die aktuelle Situation, eine Alkoholanamnese und die soziale Situation umfasst und für die auch verschiedene vorliegende anderweitige Befunde berücksichtigt wurden, erstellt. Die Ausführungen der Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung basieren auf dem psychiatrisch-neurologischen Gutachten und sind ebenfalls im erforderlichen Ausmaß begründet.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

 

6.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die Alkohol, Sucht- oder Arzneimittel abhängig waren, oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Wenn auch im gegenständlichen Falle eine verkehrspsychologische Stellungnahme vorliegt, welche auf Defizite des Berufungswerbers in Hinblick auf seine Bereitschaft zur Verkehrsanpassung schließen lassen könnte, so läßt sich aus dem zusätzlich vorgelegten psychiatrisch-neurologischen Gutachten, gestützt durch das ärztliche Gutachten der Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung, ableiten, dass der Berufungswerber derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gesundheitlich geeignet ist, wobei jedoch in Anbetracht des episodischen Substanzmissbrauches in der Vergangenheit zunächst eine Verlaufskontrolle als erforderlich erachtet wird. Aus diesem Grunde musste die Lenkberechtigung zunächst auf ein Jahr (bezogen auf die Untersuchung durch den Facharzt für Psychiatrie und Neurologie am 23.12.2004) befristet werden und war überdies die Vorschreibung der Auflage betreffend Vorlage der alkoholrelevanten Laborparameter geboten.

 

6.2. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

 

Die Berufungsbehörde schließt sich diesbezüglich der Begründung durch die Erstbehörde an, wonach es sich dabei (grundsätzlich) aus Gründen der Verkehrssicherheit um eine unaufschiebbare Maßnahme zur Verhinderung von Schäden für Personen oder Sachen handelt und daher bei Gefahr im Verzug der Berufung die aufschiebende Wirkung zu versagen war. Dass letztlich der Berufung Folge gegeben werden konnte schadet nicht, zumal die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung letztlich eine Prognoseentscheidung darstellte.

 

7. Die von der Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung vorgeschlagene Maßnahme, wonach nach Abschluss eines Jahres eine neuere fachärztliche Stellungnahme eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie bezüglich der Verlaufskontrolle der Behörde vorzulegen sei, war nicht spruchgemäß festzustellen, zumal nach Fristablauf die Lenkberechtigung ohnedies als erloschen gelten würde. Es wird aber dem Berufungswerber nahe gelegt, rechtzeitig vor Fristablauf um eine Verlängerung der Lenkberechtigung anzusuchen und die von der Amtsärztin vorgeschlagene neuerliche fachärztliche Stellungnahme vorzulegen.

 

Weiters wird der Berufungswerber darauf hingewiesen, dass, falls er der erteilten Auflage bezüglich Vorlage der alkoholrelevanten Laborparameter, nicht fristgerecht nachkommt, mit einem sofortigen Entzug der Lenkberechtigung zu rechnen hat.

 

Bezüglich Ausfolgung der Lenkberechtigung wird dem Berufungswerber empfohlen, sich unter Vorlage des gegenständlichen Berufungsbescheides an die Bundespolizeidirektion Linz zu wenden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

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