Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520785/2/Zo/Pe

Linz, 28.12.2004

 

 

 VwSen-520785/2/Zo/Pe Linz, am 28. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau C E, vom 2.12.2004, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 18.11.2004, VerkR20-1125-2003/BR, wegen Anordnung der Absolvierung der Mehrphasenausbildung, Verlängerung der Probezeit und Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheines, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die zweite Ausbildungsphase innerhalb von vier Monaten ab Zustellung der Berufungsentscheidung zu absolvieren ist.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 67a Abs.1 AVG, §§ 4a Abs.1, 4b Abs.1, 4c Abs.2 und 4 Abs.3 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufungswerberin verpflichtet, anlässlich des erstmaligen Erwerbes der Lenkberechtigung bis längstens 18.3.2005 die im Rahmen der zweiten Ausbildungsphase gemäß § 4a Abs.4 FSG vorgeschriebene Ausbildung im folgenden Umfang zu absolvieren:

Führerscheinklasse B:

1. Perfektionsfahrt

Fahrsicherheitstraining

2. Perfektionsfahrt.

 

Weiters wurde festgestellt, dass sich mit dieser Anordnung der vollständigen Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase die Probezeit um ein weiteres Jahr verlängert. Die Berufungswerberin wurde aufgefordert, ihren Führerschein binnen zwei Wochen ab Übernahme dieses Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft (Bürgerservice) zur Eintragung der Probezeitverlängerung vorzulegen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher die Berufungswerberin vorerst darauf hinweist, dass ihr die Vorlage ihres Führerscheines derzeit nicht möglich ist, weil sie seit Oktober in Wien studiere und erst am 20.12. zum nächsten Mal nach Hause kommen würde.

 

Sie habe sich im Dezember 2002 bei mehreren Fahrschulen hinsichtlich des Erwerbes der Lenkberechtigung erkundigt und dort erfahren, dass sie bereits in die Mehrphasenausbildung fallen würde, weil sie Ende 2002 noch nicht ganz 17 1/2 Jahre alt war. Die Fahrschule H in R habe damit geworben, dass Jugendliche, auch wenn sie noch nicht ganz 17 1/2 Jahre wären, den Führerschein nach dem alten Führerscheinsystem (gemeint ohne zweite Ausbildungsphase) erwerben können. Sie habe sich deshalb für die Fahrschule H entschieden und dort für die Führerscheinausbildung angemeldet. Den Kurs habe sie zu Ostern 2003 absolviert.

 

Eine Bekannte von ihr, welche im Bezirks Schärding wohnt, und gleichzeitig mit ihr die Führerscheinausbildung und die Fahrprüfung absolviert habe, brauche die zweite Ausbildungsphase nicht absolvieren. Sie habe sich vor kurzem bei der Fahrschule H erkundigt und dort sei ihr versichert worden, dass ihr Führerschein auch von der Bezirkshauptmannschaft Braunau so akzeptiert würde. Sie fühle sich ungerecht behandelt, weil scheinbar in einzelnen Bezirken verschiedene Gesetze gelten würden.

 

Wenn sie gewusst hätte, dass sie verpflichtet ist, die zweite Ausbildungsphase zu absolvieren, hätte sie dies bereits letztes Jahr gemacht, weil sie mit der Verlängerung der Probezeit nicht glücklich ist. Außerdem sei es für sie derzeit schwierig, die zweite Ausbildungsphase zu absolvieren, weil sie in Wien studiere und wegen des Studiums keine Zeit dafür habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau/Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, eine mündliche Verhandlung war deshalb nicht erforderlich und eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Berufungswerberin ist am 15.7.1985 geboren. Ihr Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B ist mit 30.4.2003 datiert. Die Lenkberechtigung wurde ihr am 18.7.2003 erteilt. Mit der zweiten Ausbildungsphase hat die Berufungswerberin noch nicht begonnen.

 

Anzuführen ist noch, dass die Berufungswerberin bereits am 2.12.2002 einen Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsfahrten und Erteilung einer vorgezogenen Lenkberechtigung für die Klasse B gemäß § 19 FSG gestellt hat (sogenannte L17-Ausbildung). Dieses Verfahren wurde jedoch nicht weiter verfolgt, im Akt befindet sich eine Mitteilung der als Begleiter vorgesehenen Eltern der Berufungswerberin, dass sie keine Zeit haben, die vorgeschriebene Strecke von 3.000 km zu fahren. Dieser Antrag wurde letztlich am 17.7.2003 von der Berufungswerberin zurückgezogen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4a Abs.1 FSG haben Besitzer einer Lenkberechtigung für die Klassen A oder B unbeschadet der Bestimmungen des § 4c Abs.3 anlässlich des erstmaligen Erwerbes jeder dieser Lenkberechtigungsklassen innerhalb des in § 4b Abs.1 bis 3 vorgesehen Zeitraumes eine zweite Ausbildungsphase zu durchlaufen. Jene Personen, die gleichzeitig eine Lenkberechtigung für die Klasse A und für die Klasse B erworben haben, haben die zweite Ausbildungsphase für jede dieser Klassen zu durchlaufen.

 

Gemäß § 4b Abs.1 FSG hat die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer der Lenkberechtigung für die Klasse B - unbeschadet des Abs.2 - folgende Inhalte in der genannten Reihenfolge zu umfassen:

  1. eine Perfektionsfahrt im Zeitraum von zwei bis vier Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung;
  2. ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologischen Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist, im Zeitraum von drei bis neun Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung sowie
  3. eine weitere Perfektionsfahrt im Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung.

Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse B bereits im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasse A ist. Zwischen der Perfektionsfahrt gemäß Z1 und der Perfektionsfahrt gemäß Z3 hat ein Zeitraum von mindestens drei Monaten zu liegen.

 

§ 4c Abs.2 FSG lautet: Werden eine oder mehrere der in § 4b genannten Stufen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3 nicht innerhalb von zwölf Monaten (neun Monaten im Fall der Klasse A) nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert, ist der Führerscheinbesitzer zwölf Monate (neun Monate im Fall der Klasse A) nach Erteilung der Lenkberechtigung darüber zu verständigen. In diesem Schreiben ist auf die Verlängerung der Probezeit hinzuweisen, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufen nicht innerhalb von vier Monaten nachgewiesen wird, sowie auf die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufen nicht innerhalb einer weiteren Frist von vier Monaten nachgewiesen wird. Werden die fehlenden Stufen nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf der im ersten Satz genannten Fristen absolviert, hat die Behörde den Betreffenden ausschließlich die Absolvierung dieser Stufen anzuordnen. Mit der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufen verlängert sich die Probezeit unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs.3 zweiter bis vierter Satz. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufen nicht innerhalb von weiteren vier Monaten nach, ist gemäß § 24 Abs.3 sechster Satz vorzugehen. Hat der Betreffende in der Zwischenzeit seinen Hauptwohnsitz verlegt, hat die Behörde gegebenenfalls das Verfahren an die nunmehr zuständige Behörde abzutreten.

 

5.2. Die sogenannte zweite Ausbildungsphase ist mit BGBl. I 2002/129 eingeführt worden und am 1.1.2003 in Kraft getreten. In § 40 Abs.8 FSG ist eine Übergangsbestimmung vorgesehen, wonach jene Anträge auf Erteilung einer Lenkberechtigung, die vor dem Inkrafttreten der §§ 4a bis 4c bei der Behörde eingebracht wurden, nach der bisherigen Rechtslage zu behandeln sind. Diese Übergangsregelung diente dazu, dass jene Personen, die vor dem 1.1.2003 einen Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung stellten, keine Mehrphasenausbildung absolvieren mussten. Der Antrag der Berufungswerberin, welcher letztlich zur Erteilung der Lenkberechtigung führte, ist mit 30.4.2003 datiert. Daher kann die Übergangsbestimmung nicht angewendet werden und die Berufungswerberin ist verpflichtet, die zweite Ausbildungsphase zu absolvieren. Daran ändert auch der Umstand, dass die Berufungswerberin am 2.12.2002 einen Antrag auf Erteilung der vorgezogenen Lenkberechtigung gemäß § 19 FSG gestellt hat (sogenannte L17-Ausbildung) nichts, weil die Berufungswerberin diesen Antrag am 17.7.2003 zurückgezogen hat. Für die behördliche Entscheidung kann es nur auf das Datum jenes Antrages ankommen, welcher letztlich zur Erteilung der Lenkberechtigung geführt hat.

 

Für die Entscheidung ist auch unerheblich, ob sich die Berufungswerberin bereits vorher bei einer Fahrschule angemeldet hat. Auch die Zusicherung der Fahrschule ändert nichts daran, dass die Behörde die geltende Rechtslage anzuwenden hat und daher nicht anders entscheiden kann. Sollte der Berufungswerberin im Dezember 2002 tatsächlich von der Fahrschule verbindlich zugesichert worden sein, dass sie die Mehrphasenausbildung nicht absolvieren müsse, so müsste sie sich wegen eventueller Nachteile, die ihr durch diese Zusicherung entstanden sind, an die Fahrschule wenden.

 

Da die Berufungswerberin mit der Mehrphasenausbildung noch nicht begonnen hat, muss sie nun alle drei Phasen innerhalb von vier Monaten absolvieren. Diese im Gesetz festgelegte Frist kann von der Behörde nicht verlängert werden, allerdings beginnt die Frist erst mit Rechtskraft der Berufungsentscheidung zu laufen, weil der Berufung nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechtes selbstverständlich aufschiebende Wirkung zugekommen ist. Diese wurde von der Erstinstanz zu Recht nicht aberkannt, weil kein Hinweis auf eine unmittelbar drohende Gefahr vorliegt. Die viermonatige Frist beginnt daher mit Zustellung dieser Entscheidung an die Berufungswerberin zu laufen.

 

Die Verlängerung der Probezeit um ein Jahr ergibt sich aus der gesetzlichen Anordnung des § 4c Abs.2 vierter Satz FSG. Die Verpflichtung der Berufungswerberin zur Vorlage ihres Führerscheines zwecks Eintragung der Verlängerung der Probezeit erfolgte von der Erstinstanz entsprechend § 4 Abs.3 FSG zu Recht.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

3. Sollte die Berufungswerberin die zweite Ausbildungsphase nicht innerhalb der festgesetzten Frist absolvieren, müsste ihr die Lenkberechtigung entzogen werden.

 

Mag. Z ö b l

 
 

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