Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520788/5/Kei/An

Linz, 21.01.2005

 

 

 VwSen-520788/5/Kei/An Linz, am 21. Jänner 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Prof. Mag. Dr. F W, PhD, A, P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 10. Dezember 2004, Zl. VerkR21-321-2004-Br, zu Recht:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a AVG.
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 1. Dezember 2004, Zl. VerkR21-321-2004-Br, lautet:

"I. Die Lenkberechtigung für die Klasse B wird Ihnen für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides entzogen (Führerschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt am 14.08.2001, Zahl: VerkR20-1559-2001).

Rechtsgrundlage: §§ 7; 24 Abs. 1 Ziff. 1; 25 FSG; § 57 AVG

II. Sie haben Ihren Führerschein unverzüglich der Bezirkshauptmannschaft Freistadt abzuliefern.

Rechtsgrundlage: § 29 FSG".

 

2. Gegen diesen Bescheid wurde eine Vorstellung erhoben.

 

3. Der Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 10. Dezember 2004, Zl. VerkR21-321-2004-Br, lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Der Vorstellung wird keine Folge gegeben und der Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wird die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Rechtsgrundlage:

§§ 7; 24 Abs. 1 Ziff. 1; 25; 29 FSG und § 64 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)".

 

4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht eine Berufung erhoben.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise Wiedergabe):

"Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 1.12.2004 wurde mir die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen.

Der Bescheid wurde am 6.12.2004 zugestellt.

Am 7.12.2004 habe ich das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht.

Am 10.12.2004 wurde mir erneut der Entzug per Bescheid zur Kenntnis gebracht.

Ich bringe gegen diesen Bescheid v. 10.12.2004 innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung ein.

Neben meiner beruflichen Tätigkeit als Professor an der U bin ich als Lehrbeauftragter an Fachhochschulen und als Trainer im Erwachsenenbildungsbereich tätig; viele Seminarangebote und berufsbegleitende Studiengänge sind auch als Abendveranstaltungen für Berufstätige eingerichtet, sodass ich nicht auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen kann.

Meine Frau, A W, geb., ist 2003 an Krebs erkrankt und hat mittlerweile zwei schwere Operationen hinter sich. Bei ihr wurde 2003 Brustkrebs diagnostiziert und 2004 wurden zwei Gehirntumore diagnostiziert und operiert. Ihr wurden einige gehirnspezifische Medikationen verschrieben und der Neurologe hat ihr empfohlen, auf das Lenken von Kraftfahrzeugen noch zu verzichten. Wir gehen mit dieser schweren Erkrankung sehr aktiv und engagiert um, deshalb habe ich auch die Fahrten zu den verschiedensten schul- und komplementärmedizinischen Therapiemaßnahmen durchzuführen.

Seit 1974 bin ich im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung und seit 30 Jahren in verkehrsrechtlicher Hinsicht unbescholten. Durch meine berufliche Tätigkeit in den verschiedensten Lehrgängen, Institutionen und Firmen bin ich im Jahr durchschnittlich zwischen 45.000 und 50.000 Kilometer unterwegs. Auch diese Tatsache kann als Hinweis gewertet werden, dass meine Verkehrszuverlässigkeit im Hinblick auf meine verkehrsrechtliche Unbescholtenheit in keiner Weise in Frage zu stellen ist. Bei dem gegenständlichen Vergehen handelt es sich um ein einmaliges Fehlverhalten meinerseits, von dem ich auch geglaubt hatte, es mit der verhängten Geldstrafe auch getilgt zu haben.

Bei meiner persönlichen Vorsprache im Rahmen der Lenkererhebung bei der Bundespolizeidirektion Linz erklärte mir die zuständige Referentin auch sinngemäß, dass ich aufgrund des Tatbestandes zwar mit einer entsprechend hohen Geldstrafe zu rechnen hätte, aber dennoch froh sein könne, noch ohne Führerscheinentzug davon zu kommen. (Meine Tochter V L W, geb., war bei diesem Gespräch anwesend).

Persönlich schwer irritiert hat mich zudem folgender Umstand - und ich gestehe, dass ich in der Folge ersten Zweifeln an rechtsstaatlichen Prinzipien nachgehangen bin: Ich habe meine Situation mit einem mir bekannten Juristen (Professor für Verfahrensrecht an der U) besprochen und er eröffnete mir folgendes Szenario (das ich hier im Vertrauen auf dessen Expertenstatus einfach wiedergebe): Wäre ich der Aufforderung zur Lenkererhebung nicht nachgekommen, hätte die Behörde kaum Möglichkeiten gehabt, ein Verfahren zum Entzug der Lenkberechtigung einzuleiten und der Tatbestand wäre bloß auf der Strafverfahrensebene abzuhandeln gewesen.

Es ist mir ein großes Anliegen, besonders darauf hinzuweisen, dass ich es schwer mit meiner staatsbürgerlichen Verantwortung vereinbaren kann, dass mir aus eben dieser Bereitschaft, mich den Konsequenzen eines einmaligen Fehlverhaltens zu stellen, ein unvergleichlich erheblicherer Nachteil entstehen soll, als wenn ich mich dieser Verantwortung unter Verwendung von für mich als ‚unsauber' einzustufenden Methoden nicht gestellt hätte. Eine derartige Logik wäre für mich sowohl in general- wie in spezialpräventiver Hinsicht nicht nachvollziehbar.

Ich bin bestürzt, dass aufgrund dieses Deliktes gem. § 7 FSG mir ganz generell die ‚Sinnesart' der prinzipiellen Verkehrsuntüchtigkeit zugesprochen wird. Es fällt mir auch schwer, der Argumentation zu folgen, dass dieser Entzug mit ‚Gefahr im Verzug' bzw. als ‚unaufschiebbare Maßnahme' (vgl. § 57 AVG) begründet wird. Ich habe das Fehlverhalten am 17. Juni gesetzt und mich bis zum heutigen Tage wie die 30 Jahre zuvor als zuverlässiger Verkehrsteilnehmer verhalten.

Meinen Lebensalltag bestreite ich nun ohne die (selbstverständliche wie notwendige) Grundlage der Mobilität und mache die schmerzliche Erfahrung der konkreten Folgen eines Entzugs der Lenkberechtigung. Mir ist bewusst, dass für die prüfende und entscheidende Behörde rechtlich relevante Aspekte im Vordergrund stehen - eine Entscheidung in Analogie zur sog. ‚Weihnachtsamnestie' würde für den auch durch schwerste Krankheit belasteten Lebensalltag der Fam. W eine wesentliche Erleichterung bedeuten.

Ich ersuche die zuständige Behörde im Hinblick auf die Prüfung meiner generellen ‚Sinnesart' diese von mir vorgebrachten Fakten, meine allgemeinen Lebensumstände und mein bislang 30-jähriges unbescholtenes Verkehrsverhalten entsprechend zu würdigen, der Berufung stattzugeben und von dem Entzug der Lenkberechtigung Abstand zu nehmen."

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den gegenständlichen Verwaltungsakt Einsicht genommen.

 

 

6. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

6.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz (FSG) ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7).

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

6.2. Dem gegenständlichen Verwaltungsakt ist Folgendes zu entnehmen.

Der Bw lenkte am 17. Juni 2004 um 17.36 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in Linz auf der A7, Richtungsfahrbahn Nord. Bei Strkm. 15,7 hielt der Bw - während er eine Geschwindigkeit von 124 km/h fuhr - mit dem KFZ, mit dem er unterwegs war, zu dem vor ihm fahrenden KFZ nur einen Abstand von 8 Metern - das entspricht 0,24 Sekunden - ein.

Wegen diesem angeführten Verhalten wurde der Bw mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 22. November 2004, Zl. VerkR96-2183-2004, bestraft (Übertretung des § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.2 lit. c StVO 1960).

 

Das Nichteinhalten eines erforderlichen Sicherheitsabstandes ist in § 7 Abs.3 Z3 FSG nicht ausdrücklich angeführt. Es handelt sich bei den in § 7 Abs.3 Z3 FSG angeführten Verhaltensweisen um eine demonstrative Aufzählung.

 

Das Nichteinhalten des erforderlichen Sicherheitsabstandes im gegenständlichen Ausmaß ist ein besonders rücksichtsloses Verhalten. Ein so geringer Abstand ist immer wieder Ursache für schwerste Verkehrsunfälle. Ein rechtzeitiges Abbremsen bei einem so geringen Abstand ist nicht möglich und schon bei einem geringen Fahrfehler des vor dem Bw fahrenden KFZ-Lenkers oder bei einem plötzlichen Abbremsen des vorderen KFZ wäre es zu einer Kollision gekommen.

Eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z3 FSG liegt vor.

Das gegenständliche Verhalten des Bw ist verwerflich.

Zum Vorbringen des Bw im Hinblick auf seine private bzw. familiäre Situation und seine berufliche Situation wird bemerkt, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes private und berufliche Umstände bei einer Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses, u.a. verkehrsunzuverlässige Lenker von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen, außer Betracht zu bleiben haben (siehe z.B. das Erkenntnis vom 14. November 1995, Zl. 95/11/0300).

Bei der gegenständlichen Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um die gesetzlich vorgesehene Mindestdauer.

Die Entziehung der Lenkberechtigung im Ausmaß von 3 Monaten ist insgesamt angemessen.

Der Ausspruch betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung hat die Grundlage in der Bestimmung des § 64 Abs.2 AVG und dieser Ausspruch erfolgte durch die belangte Behörde zu Recht.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Keinberger
 

 
 

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