Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103977/2/Br

Linz, 17.09.1996

VwSen-103977/2/Br Linz, am 17. September 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S L gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 29.

Juli 1996, Zl. VerkR96-2564-1996-OJ, wegen der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben; der Bescheid vom 29. Juli 1996, Zl. VerkR96-2564-1996-OJ, wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes ersatzlos aufgehoben.

Das Verfahren tritt in den Stand wie es sich vor Ablauf der Einspruchsfrist betreffend die Strafverfügung vom 17.6.1996 befunden hat.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4, § 71 Abs.1 Z1 und Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.471/1995 iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurden von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung mit der Strafverfügung vom 17.

Juni 1996, Zl.: VerkR96-2564-1996 wegen zweier Übertretungen nach der StVO zwei Geldstrafen von je 3.000 S im Nichteinbringungsfall je 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

1.1. Diese Strafverfügung wurde für den Berufungswerber mit 19. Juni 1996 eigenhändig zugestellt.

2. Mit dem mit 2. Juli 1996 durch seinen Rechtsvertreter verfaßten und am 4. Juli 1996 der Post zur Beförderung übergebenen Schriftsatz erhebt der Berufungswerber gegen diese Strafverfügung Einspruch. Die Erstbehörde hält daraufhin dem Berufungswerber mit Schreiben vom 8. Juli 1996 die voraussichtliche Verspätung seines Einspruches vor.

Dieses Schreiben wurde dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers am 9. Juli 1996 zugestellt. Daraufhin stellt der Rechtsvertreter des Berufungswerbers einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründet diesen mit einem Fehler der bis dato stets fehlerfrei arbeitenden Kanzleiangestellten, welche irrtümlich falsch terminisiert gehabt hätte. Derartiges sei bislang noch nie passiert. Gleichzeitig holt er den Einspruch nach bzw.

bringt diesen neuerlich ein. Er fügt eine eidesstattliche Erklärung seiner Kanzleikraft bei, welche darin zum Ausdruck bringt, daß ihr eine solche Fehlterminisierung noch nicht passiert sei.

2.1. Daraufhin erläßt die Erstbehörde den hier angefochtenen Bescheid, worin sie begründend im wesentlichen ausführt, daß es sich bei der vorgetragenen Fehlterminisierung durch die Kanzleikraft um kein unabwendbares Ereignis gehandelt habe.

Ferner sei auch der Wiedereinsetzungsantrag, zur Post gegeben am 23. Juli 1996, zu spät eingebracht worden.

2.2. Dagegen wiederum richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung. Sinngemäß wird darin der Standpunkt vertreten, daß die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag mit 9. Juli 1996 (mit der Zustellung des Verspätungsvorhalts betreffend den Einspruch gegen die Strafverfügung) zu laufen begonnen habe.

Damit sei mit der postamtlichen Übergabe zur Beförderung mit 23. Juli 1996 der Wiedereinsetzungsantrag fristgerecht gestellt worden.

Ebenfalls sei er seiner Aufsichtspflicht über die Sekretärin nachgekommen. Diese handle seit langer Zeit zuverlässig und zu seiner Zufriedenheit und habe noch nie eine Frist versäumt. Daher könne, wenn überhaupt, nur von einem sehr leichten Verschulden die Rede sein. Er beantragt die Aufhebung des Bescheides und die Bewilligung der Wiedereinsetzung (wohl fälschlich bezeichnet im Antrag als Wiederaufnahme).

3. Die Erstbehörde hat den Akt, ohne zum Berufungsvorbringen Stellung zu nehmen, ohne die Fällung einer Berufungsentscheidung vorgelegt. Die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ist somit gegeben. Dieser hat, da jeweils keine 10.000 S übersteigenden Strafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war nicht erforderlich, weil sich bereits aus der Aktenlage ergibt, daß der angefochtene Bescheid aus mehreren Gründen mit Rechtswidrigkeit behaftet ist (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Der Berufungswerber machte glaubhaft, daß es sich bei seiner Kraft um eine verläßliche Person handelt, welcher bislang noch nie ein derartiger Fehler unterlaufen ist.

Dieser in einer Fehlterminisierung gründender Fehler ist schließlich auch dadurch evident, weil der Einspruch bereits am 2. Juli 1996 verfaßt wurde, jedoch erst am 4. Juli 1996 zur Post gelangte. Dieses Vorbringen wird letztlich auch durch eine persönliche eidesstattliche Erklärung der Kanzleikraft des Rechtsvertreters des Berufungswerbers bestätigt.

Der unabhängige Verwaltungssenat sieht keine objektive Veranlassung an diesen Angaben zu zweifeln.

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

4.1. Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, .... (§ 71 Abs.1 AVG).

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden (§ 71 Abs.2 AVG).

Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen (§ 71 Abs.3 AVG).

Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat (§ 71 Abs.4 AVG).

4.1.1. In diesem Fehler einer sonst immer zuverlässigen Kanzleikraft, welcher bei praktischer und lebensnaher Sicht der alltäglichen Berufs- und Lebenspraxis jedem Menschen einmal passieren kann, ist hier kein Verschulden des Rechtsvertreters zu erblicken (vgl. unter vielen VwGH 29.9.1993, Zl. 93/03/0206, 29.9.1994, Zl.94/18/0526). Aus dem Umstand allein, daß eben die Frist versäumt wurde, kann nicht schon grundsätzlich und ohne sachliche Würdigung des entsprechenden Vorbringens die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung verneint werden. Schließlich werden hiedurch nicht zuletzt die Rechtschutzinteressen einer jedenfalls diesen Fehler nicht zu verantworten habenden Partei berührt. Nicht nachvollziehbar ist, wenn die Erstbehörde vermeint, daß bereits bei der Abfassung des Einspruches (am 2. Juli 1996) die falsche Fristeintragung auffallen hätte müssen und daher schon damals die Frist für die Stellung des Wiederaufnahmeantrages (gemeint wohl Wiedereinsetzungsantrages) zu laufen begonnen hätte. Wesen einer Säumnis bei einer falschen Fristeintragung ist eben, daß diese nicht rechtzeitig erkannt wurde.

4.1.2. Der Bescheid war daher ersatzlos mit dem Hinweis aufzuheben, daß gemäß des vorliegenden, nun als rechtzeitig zu wertenden Einspruches, im Rahmen eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens das Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz durchzuführen sein wird.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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