Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-520803/2/Bi/Be

Linz, 30.12.2004

 

 

 

 
VwSen-520803/2/Bi/Be
Linz, am 30. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J P, vertreten durch RA Dr. A, vom 12. November 2004 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 27. Oktober 2004, VerkR21-697-2004/LL, wegen einer Aufforderung, binnen drei Monaten nach Zustellung des Bescheides ein vom Amtsarzt erstelltes beizubringen und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:
 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.2 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.4 iVm 8 FSG aufgefordert, innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung des Bescheides ein vom Amtsarzt erstelltes Gutachten beizubringen. Weiters wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 2. November 2004.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Bw rügt die Bescheiderlassung ohne Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens und beantragt die Aufhebung, in eventu der Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Es werde nicht einmal angeführt, ob Bedenken gegen seine gesundheitliche Eignung oder seine fachliche Befähigung bestünden. Er selbst sei im ggst Verfahren nie befragt worden. Er habe vor ca 30 Jahren ein Haus gebaut und die Nachbarn hätten damals zugestimmt, dass der Zubau knapp an die Grundgrenze gebaut wurde. Seit dieser Zeit gebe es Probleme mit dem Zubau, bei dem jedoch ein tatsächlicher Abriss einem Totalabriss nahekommen würde, weil dann der 2. Stock nicht mehr zugänglich wäre. Er sei zusammen mit seiner Lebensgefährtin R B zu Frau Mag. S bei der Erstinstanz geladen worden, wobei offenbar über die Verhinderung eines zwangsweisen Abbruches des Zubaues gehen sollte. Er habe bei seinem Erscheinen festgestellt, dass sein Nachbar, Herr H, mit dem er zerstritten sei, weil dieser schon einmal unrichtige negative Äußerungen über ihn gegenüber Behördenorganen gemacht habe, und den das Zubauproblem nur sehr periphär berühre, gerade bei Mag. S gewesen sei. Er befürchte, dass dieser gegen ihn bei Mag. S Stimmung gemacht habe, weil diese beim folgenden Gespräch gesagt habe, er gelte als stur und uneinsichtig und sie wisse gar nicht, ob sie mit ihm überhaupt reden könne. Sie habe ihm den Rat gegeben, er solle Geld aufnehmen, um einen rechtskonformen Zustand herzustellen; das wolle er aber nicht. Nach dem Gespräch habe Mag. S einen Aktenvermerk angefertigt, bei dem sie Tatsachen verdreht und ihn schlecht dargestellt habe. Weiters habe sie eine Meldung an das Bezirksgericht Linz-Land erstattet zur Prüfung, ob er zurechnungsfähig sei oder einen Sachwalter benötige. Im übrigen habe er sich bereits mehrmals hinsichtlich des Zubaues um eine einvernehmliche Lösung bemüht und, dass angeblich beim BG Linz-Land ein Verfahren gegen ihn anhängig sei, wisse er nicht.

 

Aufgrund des Aktenvermerks bestehe kein Anlass, eine Untersuchung beim Amtsarzt durchzuführen. Es sei wohl noch erlaubt, vor der Behörde seine Meinung zu sagen. Das müsse auch Mag. S zur Kenntnis nehmen, die offensichtlich beleidigt überreagiert habe und ihm nun Schwierigkeiten machen wolle, weil er nicht in ihr Bild des gefügigen Staatsuntergebenen passe. Außerdem bestehe keine Gefahr im Verzug, weil er sich im Straßenverkehr stets wohlverhalten habe. Die Erstinstanz habe eine solche Gefahr auch nicht begründet. Sollte es sich bei dem angefochtenen Bescheid um einen Mandatsbescheid handeln, erhebe er mit den obigen Argumenten Vorstellung und beantrage die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Da der Bescheid dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt wurde, keinen Hinweis auf § 57 AVG enthält und auch die Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich von
"Berufung" spricht, ist davon auszugehen, dass es sich nicht um einen Mandatsbescheid handelt.

Zu bemerken ist auch, dass die Berufung am 16. November 2004 bei der Erstinstanz eingelangt ist, der Vorlagebericht das Datum 2. Dezember 2004 trägt, der Akt tatsächlich aber erst am 21. Dezember 2004 beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt ist.

 

Grundlage für den angefochtenen Bescheid ist der vom Bw im Rechtsmittel zitierte Aktenvermerk von Frau Mag. G S vom 15. September 2004 zu BauR-61/12-29-1974, den diese noch am selben Tag dem BG Linz-Land, Außerstreitabteilung, mit dem Ersuchen um weitere Veranlassung übermittelt hat. Beim (nunmehr) Bezirksgericht Traun ist laut telefonischer Auskunft zu 14 P 293/04-b betreffend den Bw ein Verfahren bzgl Sachwalterschaft anhängig.

Im Aktenvermerk vom 15. September 2004 führt Mag. S an, sie habe den mit seiner Lebensgefährtin, die seit 15 Jahren bei ihm wohnhaft sei, erschienenen Bw darauf hingewiesen, dass, falls kein Konsens hinsichtlich des illegalen Zubaus erwirkt würde, die Ersatzvornahme durchzuführen bzw das im Grundbauch eingetragene Pfandrecht in Anspruch zu nehmen sei. Er sei daher ersucht worden, sich um eine einvernehmliche Lösung mit der Baubehörde zu bemühen, da sich bei einer nachträglichen Baubewilligung und gleichzeitiger Abänderung des konsenslosen Zubaus eine Vollstreckung erübrigen würde. Der Bw habe dazu angegeben, er sei zu nichts bereit, und seine Lebensgefährtin habe sich dahingehend geäußert, im Fall einer Vollstreckung werde es zur Tragödie kommen, indem der Bw das Haus in die Luft sprenge und dies ernst zu nehmen sei. Der Bw habe sehr aggressiv gewirkt und sei hinsichtlich seiner Lebensgefährtin beinahe handgreiflich geworden. Es bestehe daher der Verdacht, dass er nicht im Besitz seiner vollen geistigen Fähigkeiten sei. Es gebe im Zusammenhang mit seiner Aggressivität angeblich ständig irgendwelche Anzeigen und bei do Gericht seien angeblich einige Verfahren anhängig.

 

R B erschien am 19. Oktober 2004 bei der Erstinstanz und wurde zu Sich51-1-96-2004-Md wegen Verhängung eines Waffenverbots gegen den Bw zeugenschaftlich vernommen. Dabei äußerte sie sich hinsichtlich des Vorfalls vom 15. September 2004 dahingehend, es sei nicht richtig, dass ihr Lebensgefährte damals aggressiv gewesen sei, und zwar weder gegen Mag. S noch gegen sie selbst. Er habe dieser nur zu verstehen gegeben, er habe das Geld nicht, und mehrmals gefragt, wozu der Zubau auf einmal abgerissen werden solle. Sie habe den Bw in Schutz nehmen wollen, weil ihn Mag. S sehr herablassend behandelt habe. Sie habe das mit dem Haus in die Luft sprengen auch nicht gesagt bzw nicht so gemeint, sondern dies aus existentieller Angst so herausgesagt. Der Bw habe sie nur zurückhalten wollen, weil er wisse, dass sie einen hohen Blutdruck und Zucker habe, er sei aber nicht handgreiflich gegen sie geworden. Er habe sie noch nie tätlich angegriffen und die fürchte sich auch nicht vor ihm. Sie habe gar nicht
gewusst, dass er eine Waffe habe. Er sei 73 Jahre alt und sie würde ihm keine Untat zutrauen. Er werde auch nicht aggressiv, wenn er einmal etwas getrunken habe. Ihre Emotionen seien damals deshalb so hochgegangen, weil sie seit 14 Jahren bei ihrem Lebensgefährten wohne und auch sie ihr Geld in das Haus investiert habe, daher treffe sie diese Situation auch persönlich.

 

Danach erging der nunmehr angefochtene Bescheid mit der Begründung, bei der oben erwähnten Amtshandlung sei der Bw äußerst aggressiv und gegenüber seiner Lebensgefährtin beinahe handgreiflich geworden. Aufgrund dieses Verhaltens bestehe der Verdacht, dass er nicht mehr im Besitz seiner vollen geistigen Fähigkeiten sei, sodass die Erstinstanz auch an das Außerstreitgericht zur allfälligen Prüfung seiner Zurechnungsfähigkeit herangetreten worden sei. Da daher auch Bedenken betreffend seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bestünden, sei ihm die Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufzutragen. Da Fahrzeuglenker, bei denen die gesundheitliche Eignung nicht mit Sicherheit feststehe, eine Gefährdung der öffentlichen Verkehrssicherheit darstellten, sei im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug einer eventuellen Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

 

Die bescheidmäßige Erteilung eines Auftrages zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens nach Abs.4 setzt die begründete Annahme der Behörde voraus, dass seit Erteilung der Lenkberechtigung eine der für ihre Erteilung maßgeblichen Eignungsvoraussetzungen weggefallen ist (vgl ua VwGH 24.4.2001, 2001/11/0231).

 

Grundsätzlich ist aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates davon auszugehen, dass ein amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG den Zweck hat, die gesundheitliche Eignung des Untersuchten zum Lenken von Kraftfahrzeugen aus medizinischer Sicht festzustellen.

Wie auch aus dem vorgelegten Verfahrensakt einwandfrei hervorgeht, bestand beim in Rede stehenden Vorfall keinerlei Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges. Dass der Bw mit seinem Nachbarn zerstritten ist, der vor dem Termin des Bw bei Mag. S schon mit dieser gesprochen hat, worauf diese von "angeblichen" ständigen Anzeigen wegen der Aggressivität des Bw und "angeblichen" gerichtsanhängigen Verfahren spricht, ist auffällig. Auffällig ist aber auch, dass seit den (einzigen) drei Vormerkungen des Bw vom Juli 2001 keine weiteren mehr aufscheinen und im Akt der Vermerk "EKIS 0" enthalten ist, sodass nicht gänzlich von der Hand zu weisen ist, dass im ggst Fall doch Verunglimpfungen des Nachbarn zum Schaden des Bw führen sollten und letztlich überbewertet wurden.

Dass beim Gespräch mit Mag. S am 15. September 2004 beim Bw Aggressionen offenkundig wurden, ist schon deshalb nachzuvollziehen, weil die Drohung mit dem zwangsweisen Abriss eines wesentlichen Hauszubaus viel Ärger und viel Geld bedeutet, wobei die Entscheidung zur Lösung finanzieller Fragen durch Kreditaufnahme wohl dem Bw und seiner finanziell involvierten Lebensgefährtin persönlich vorbehalten bleiben muss. Allerdings hilft dem Bw auch ein bloßes Bemühen um einvernehmliche Lösung hinsichtlich des Zubaus nicht weiter, wenn dieses Bemühen ohne jeden Erfolg geblieben ist - davon kann ausgegangen werden, wenn die Stadt Leonding einen Vollstreckungsantrag an die Erstinstanz stellt. Dass der Bw, wenn seine Lebensgefährtin, aus welchen Gründen immer, plötzlich eine gänzlich unqualifizierte Äußerung von sich gibt und von "Haus in die Luft sprengen" spricht, nicht ruhig bleibt, ist ebenfalls nachvollziehbar und sogar verständlich.

All diese Umstände bilden aber noch keinen ausreichenden Anlass für eine Anordnung gemäß § 24 Abs.4 FSG. Ob auf der Grundlage dieses Vorfalls gleich die Zurechnungsfähigkeit des Bw in Zweifel zu ziehen ist - alles andere ist "angeblich", dh im ggst Fall nicht zu verwerten - bleibt dahingestellt.

Abgesehen davon, dass gemäß dem Wortlaut des § 24 Abs.4 FSG idFd 5. FSG-Novelle, BGBl.I.Nr.81/2002 seit 1. Oktober 2002 der Bw aufgefordert hätte werden müssen, sich binnen einer Frist ärztlich untersuchen zu lassen, vermag der UVS den ggst Vorfall nicht als geeignet zu erkennen, begründete Bedenken zu erzeugen, ob die gesundheitliche Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B noch besteht.

Nicht nachvollziehbar ist auch, ob und inwieweit Fahrzeuglenker, bei denen nur die Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung bestehen, unmittelbar eine Gefährdung der öffentlichen Verkehrssicherheit darstellen und aus diesem Grund einer Berufung die aufschiebende Wirkung wegen "Gefahr im Verzug" abzuerkennen sein soll.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum