Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103988/9/Br

Linz, 24.10.1996

VwSen-103988/9/Br Linz, am 24. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 29. August 1996, Zl: S 1476/ST/96, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach der am 24. Oktober 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass dessen Spruch zu lauten hat:

"Sie haben am 20.2.1996 um 14.55 Uhr in Kreuzung S, als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen 1) die Anordnung eines Straßenaufsichtsorganes, nämlich die Fahrt wegen des gesperrten Stadtplatzes in Richtung D fortzusetzen, weil dies die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs erforderte und dessen Befolgung ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre nicht befolgt, indem Sie Ihr Fahrzeug auf den in Richtung T führenden Fahrstreifen anhielten und 2) dadurch andere Fahrzeuglenker am Vorbeifahren gehindert wurden, weil Sie dadurch die Fahrspur der S in Richtung Westen nahezu gänzlich blockierten." Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 u.2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr.

52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren insgesamt 360 S (20% der verhängten Strafen) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem Straferkenntnis vom 29.8.1996, Zl. S 1476/ST/96, wider den Berufungswerber ad 1) 1.000 S und im Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe und ad 2) 800 S und im Nichteinbringungsfall 20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er zu o.a. Zeit einerseits eine Weisung in eine bestimmte Richtung weiterzufahren nicht befolgt habe und andererseits durch das nachfolgende Abstellen seines Fahrzeuges andere Fahrzeuglenker am Vorbeifahren gehindert habe.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die zur Last gelegten Übertretungen auf Grund des Ermittlungsverfahrens feststehen. Insbesondere stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung auf die Angaben des Meldungslegers.

2.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht Berufung.

In der diesbezüglichen Begründung führte er aus, daß er die Weisung des Polizisten sehr wohl befolgt habe. Ebenfalls habe er auch keine anderen Verkehrsteilnehmer an der Weiterfahrt behindert. Er beantragte die Vornahme eines Lokalaugenscheines, anläßlich dessen er seine Verantwortung beweisen werde.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Ferner wurde Beweis erhoben durch die Vernehmung des RevInsp. N als Zeugen und des Berufungswerbers als Beschuldigten, anläßlich der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

4. Da keine 10.000,- S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Zumal die Tatbegehung dem Grund nach bestritten wurde und auch der Antrag auf Durchführung eines Ortsaugenscheines gestellt wurde, war im Sinne einer möglichst unmittelbaren und umfassenden Wahrheitsfindung eine öffentliche mündliche Verhandlung (im Rahmen eines Ortsaugenscheines) durchzuführen gewesen.

4.1. Der Berufungswerber lenkte am 20. Februar 1996 um 14.55 Uhr seinen Pkw in Richtung S und wollte in der Folge zum Stadtplatz einbiegen. Die Einfahrt war durch ein linksseitig, am ca. fünf Meter breiten "Abbiegeast", aufgestelltes Scherengitter gesperrt, wobei rechtsseitig eine Lücke von etwa einer Fahrzeugbreite frei war. Der Berufungswerber hielt vorerst sein Fahrzeug auf der Linksabbiegespur des in Richtung E führenden Straßenzuges an und erklärte dem unmittelbar im dortigen Bereich auf einer begrünten Verkehrsinsel stehenden Polizeibeamten, RevInsp.

P, dass er wegen verderblicher Waren in seinem Fahrzeug in den Stadtplatz fahren müsse. Dies wurde dem Berufungswerber verweigert, wobei damit eine verbale Konfrontation einherging. Es wurde ihm mehrfach die Weisung erteilt in gerader Richtung über die Brücke (Richtung E) weiterzufahren. Der Berufungswerber fuhr in der Folge linksabbiegend einige Meter bis unmittelbar vor dem "Zufahrtsast" zum Stadtplatz weiter und hielt dort sein Fahrzeug für etwa eine Minute an um mit dem Polizeibeamten weiter zu diskutieren. Dabei wurde die gesamte Geradeausfahrspur in Richtung stadtauswärts (in Fahrtrichtung Westen) verstellt, sodaß sich folglich eine ca. 60 Meter lang, bis zur Brücke zurückreichende Kolonne, bildete. Zwischenzeitig hatte sich bereits der in unmittelbarer Nähe befindliche RevInsp. N zum Vorfallsort begeben. In weiterer Folge umfuhr er die Fahrbahnteiler des Abbiegeastes in Richtung Zentrum und fuhr in der Gegenrichtung jenes Straßenzuges, auf welchem er gekommen war weiter, um folglich am Wachzimmer bei der Polizeidirektion Beschwerde über die Verweigerung der Zufahrt zum Stadtplatz zu führen.

4.1.1. Diese Fakten wurden anläßlich der Vernehmung des Zeugen RevInsp. N anläßlich des Ortsaugenscheines festgestellt. Der Zeuge legte in glaubwürdiger und den Denkgesetzen entsprechender Form den Vorfallsverlauf mit dem Berufungswerber dar. Für den unabhängigen Verwaltungssenat ergaben sich keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Schilderungen, wobei diese unter zeugenschaftlicher Wahrheitspflicht abgelegt wurden. Der Vorfall spielte sich in unmittelbarer Nähe zweier Polizeibeamter ab und wurde von diesen (der Zeuge P war krankheitsbedingt an der Teilnahme bei der Berufungsverhandlung verhindert) im Ergebnis übereinstimmend dargelegt. Dies ist auch aus der zeugenschaftlichen Aussage des RevInsp. P im erstbehördlichen Verfahren ersichtlich.

Im Gegensatz dazu mußten die Angaben des Berufungswerbers als zu seinem Vorteil geschönt und weniger glaubwürdig erachtet werden.

5. Rechtlich ist folgendes zu erwägen:

5.1. Der § 97 Abs.4 StVO 1960 lautet:

Die Organe der Straßenaufsicht sowie die nach Abs. 3 betrauten Organe sind, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs erfordert, berechtigt, einzelnen Straßenbenützern für den Einzelfall Anordnungen für die Benützung der Straße zu erteilen, und zwar auch solche, die von den sonstigen diesbezüglichen Bestimmungen abweichen. Diese Anordnungen dürfen a) nur gegeben werden, wenn ihre Befolgung ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist, b) nur befolgt werden, wenn dies ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

Demnach genügt als Voraussetzung für die Anordnung durch ein Organ der Straßenaufsicht, wenn entweder die Sicherheit oder die Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs diese Anordnung im Einzelfall erfordert. Dies war hier in der Verweigerung der Einfahrt in den wegen eines Umzuges gesperrten Stadtplatzes von S gegeben (vgl. VwGH 4.9.1986, Zl. 86/02/0062).

5.1.1. Der § 23 Abs.1 StVO 1960 lautet:

Der Lenker hat das Fahrzeug zum Halten oder Parken unter Bedachtnahme auf die beste Ausnützung des vorhandenen Platzes so aufzustellen, daß kein Straßenbenützer gefährdet und kein Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder am Wegfahren gehindert wird.

Die Abstellung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges auf einer zum Geradeausfahren bestimmten Fahrspur ist - wenn dies auch nur eine Minute dauert - und dadurch andere Fahrzeuglenker an der Weiterfahrt behindert werden oder über die eine Sperrlinie in die Gegenfahrspur ausweichen müßten, ein typischer Verstoß gegen diese Bestimmung (OGH 13.1.1977, 2 Ob 277/76, ZVR 1977/160).

5.2. Der Spruch des Straferkenntnisses war hier im Sinne des § 44a Abs.1 VStG auf sämtliche Tatbestandselemente hin zu ergänzen. Insbesondere war in die Tatumschreibung aufzunehmen, welche konkrete Verhalten den Tatvorwurf bestimmten.

Die alleinige Wiedergabe des Gesetzestextes - ohne Nennung des konkreten Verhaltens - wird den gesetzlichen Erfordernissen nicht gerecht.

5.2.1. Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des VwGH.

Insbesondere im Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984, Slg.

11466 A wurde dargelegt, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 leg.cit. erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat auch nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit.Judikat).

Durch den dem Berufungswerber noch innerhalb der offenen Verfolgungsverjährungsfrist (am 11. April 1996) zur Kenntnis gelangten Anzeigeinhalt ist eine innerhalb der Frist nach § 31 Abs.1 VStG gesetzten Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 VStG) zu erblicken.

Dem Berufungswerber wurde dadurch evident gemacht, welche Verhaltensweisen ihm konkret angelastet werden und worunter diese zu subsumieren sind. Er konnte sich daher stets auf die Tatvorwürfe hin verteidigen und es bestand objektiv besehen auch dadurch nie die Gefahr einer Doppelbestrafung.

6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7. Das Verhalten des Berufungswerbers lief rechtlich geschützten Interessen im erheblichen Ausmaß zuwider.

Insbesondere ist in beiden Punkten von der Schuldform des Vorsatzes auszugehen, zumal der Berufungswerber offenbar geneigt war sich mit der Weisung der Polizeibeamten nicht abzufinden und seinen subjektiven Rechtsstandpunkt mit Nachdruck und ohne Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer durchzusetzen.

Unter Bedachtnahme auf die doch zahlreichen und als straferschwerend zu wertenden Vormerkungen sind die hier verhängten Strafen als sehr milde zu bezeichnen. Spezialpräventive Gründe hätten bei den sicherlich auch nicht überhöht grundgelegten Einkommensverhältnissen auch eine höhere Strafe gerechtfertigt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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