Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520816/36/Zo/Pe

Linz, 02.05.2005

 

 

 VwSen-520816/36/Zo/Pe Linz, am 2. Mai 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Mag. J F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. L J K, vom 7.12.2004, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 23.11.2004, VerkR21-15310-2004, wegen der Aufforderung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20.1. und 17.2.2005, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm § 67a Abs.1 und 67d AVG sowie §§ 24 Abs.4 FSG und 17 Abs.1 FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufungswerber aufgefordert, innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung des Bescheides ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen. Dieser Bescheid wurde von der Erstinstanz damit begründet, dass der Berufungswerber im Verdacht steht, einen Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang verursacht zu haben, indem er beim Herannahmen einer Motorradlenkerin die Straße unmittelbar vor dieser betrat und durch wildes Gestikulieren mit den Armen diese derart erschreckte, dass sie eine Notbremsung mit Fahrstreifenwechsel durchführte. Ein nachfolgender Motorradlenker sei aufgrund dieses vom Berufungswerber verursachten Fahrmanövers in den Gegenverkehr gefahren und hat sich bei diesem Zusammenstoß tödliche Verletzungen zugezogen. Von zahlreichen anderen Personen sei im Zuge der Unfallserhebungen bekannt gegeben worden, dass der Berufungswerber auch in den Jahren davor ähnliche gefährliche Situationen für vorbeifahrende Motorradfahrer heraufbeschworen habe. Dieses Verhalten würde erhebliche Bedenken begründen, ob der Berufungswerber noch die erforderliche Bereitschaft zur Verkehrsanpassung besitzt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorerst darauf hinweist, dass das ihm - zu Unrecht - vorgeworfene Verhalten beim gegenständlichen Verkehrsunfall nicht im Zusammenhang mit seiner Lenkberechtigung steht. Im Übrigen habe der Berufungswerber die Fahrbahn gar nicht betreten und auch aus der Aussage von Frau A lasse sich lediglich ableiten, dass diese subjektiv befürchtet habe, er werde dies machen. Selbst nach ihrer Aussage sei er aber lediglich in Richtung Straße gegangen und habe angeblich mit der Hand gestikuliert. Es treffe ihn jedenfalls am gegenständlichen Verkehrsunfall keinerlei Verschulden und er sei wegen seines Verhaltens auch nicht verurteilt worden.

 

Die von anderen Motorradfahrern erhobenen Vorwürfe seien offenbar durch eine medienmäßige Hetzkampagne gegen den Berufungswerber veranlasst worden und liegen schon jahrelang zurück.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20.1.2005 und 17.2.2005, bei welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie die Erstinstanz gehört wurden sowie die Zeugen A A, Dr. P W, E O, J M und E F unter Erinnerung an die Wahrheitspflicht einvernommen wurden. Weiters wurde in das Urteil des Bezirksgerichtes Peuerbach vom 31.3.2005, Zl. U32/04y-22, Einsicht genommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Am 3.9.2004 um ca. 16.45 Uhr ereignete sich auf der Aschachtal Landesstraße bei Strkm. 6,550 ein Verkehrsunfall, an welchem laut Anzeige des Gendarmeriepostens Waizenkirchen zwei Motorradfahrer, eine Pkw-Lenkerin sowie der Berufungswerber beteiligt waren. Laut dieser Anzeige lenkte die Zeugin A A ihr Motorrad in Richtung Hartkirchen. Auf Höhe des Hauses K verringerte sie ihre Fahrgeschwindigkeit, weil sie an einem am rechten Straßenrand unmittelbar vor der Hauszufahrt geparkten Pkw vorbeifahren musste. Während dieses Fahrmanövers sei der Berufungswerber mit schnellen Schritten von der Hauszufahrt in Richtung Straße geeilt und habe dabei mit den Armen gestikuliert. Als der Berufungswerber die Fahrbahn betreten wollte, habe Frau A ihr Motorrad nochmals abgebremst, weil sie sich erschreckte. Der hinter Frau A nachfahrende Motorradfahrer C A dürfte dieses Bremsmanöver und den gleichzeitigen Fahrstreifenwechsel übersehen haben und mit seinem Motorrad gegen die linke Hinterseite des Motorrades seiner Schwester gestoßen sein. In der Folge sei das Motorrad des C A nach links katapultiert worden und gegen den linken vorderen Kotflügel eines entgegenkommenden Pkw gestoßen. Bei diesem Zusammenstoß wurde C A vom Motorrad geschleudert und kam auf der Fahrbahn zu liegen. Er erlitt lebensgefährliche Brustkorbverletzungen und wurde mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus Wels eingeliefert, wo er am selben Tag verstarb.

 

Dieser Unfallanzeige sind neben den Angaben der Beteiligten zum konkreten Verkehrsunfall Aussagen von elf weiteren Personen angeschlossen, in denen dem Berufungswerber vorgeworfen wird, dass er in den Jahren vor dem Unfall durch Betreten der Fahrbahn, einen Schritt in Richtung Fahrbahnmitte, wildes Gestikulieren und ähnliche Handlungen sowohl Motorradfahrer als auch Pkw-Lenker erschreckt und teilweise auch zum Anhalten veranlasst habe.

 

Wegen des gegenständlichen Verkehrsunfalles vom 3.9.2004 wurde gegen den Berufungswerber beim Bezirksgericht Peuerbach Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben, weil er dadurch, dass er von der Hauszufahrt des Hauses K gestikulierend auf die Aschachtal Landesstraße gelaufen sei, weshalb die mit ihrem Motorrad fahrende A A ihr Fahrzeug abbremsen und der mit seinem Motorrad nachkommende C A versuchen mussten, nach links auszuweichen, wobei er gegen einen entgegenkommenden Pkw stieß, fahrlässig den Tod des C A herbeigeführt habe.

 

Es wurde am 31.3.2005 ein Lokalaugenschein im Beisein eines Sachverständigen durchgeführt und die am Unfall beteiligten Personen einvernommen. Dabei ergab sich hinsichtlich des Unfallherganges Folgendes:

Die Zeugin A A musste ihr Motorrad wegen des auf der rechten Fahrbahnseite abgestellten Pkw abbremsen und nach links verlenken. Nach ihren Angaben ist sie durch den in Richtung Fahrbahn laufenden Berufungswerber erschreckt worden und hat deshalb ihr Motorrad angehalten. Der hinter ihr nachfahrende tödlich verunglückte Motorradfahrer ist über die Fahrbahnmitte nach links gekommen und dabei gegen die linke Vorderseite eines entgegenkommenden Pkw geprallt. Er stürzte auf die Fahrbahn, während das Motorrad noch ein kurzes Stück aufrecht weiterfuhr und dann umgefallen ist. Der Grund, weshalb der tödlich Verunglückte sein Motorrad nach links über die Fahrbahnmitte gelenkt hat, konnte auch im gerichtlichen Verfahren nicht geklärt werden. Er hatte jedenfalls Sicht auf den Gegenverkehr und hätte aus technischer Sicht ausreichend Platz gehabt, um sein Motorrad entweder hinter dem Motorrad seiner Schwester anzuhalten oder an dieser links vorbeizufahren. Letztlich wurde der Berufungswerber von der gegen ihn erhobenen Anklage freigesprochen, weil seine Schuld im Gerichtsverfahren nicht bewiesen wurde.

 

Das vom Oö. Verwaltungssenat durchgeführte Ermittlungsverfahren ergab zwar deutliche Hinweise darauf, dass der Berufungswerber in einigen Fällen durch sein Verhalten als Fußgänger tatsächlich auf das Fahrverhalten vorbeifahrender Motorräder Einfluss genommen hat. Es können aber nicht alle Angaben der Zeugen als zweifelsfrei erwiesen angesehen werden. So hat der Berufungswerber z.B. hinsichtlich eines angeblichen Vorfalles vom 29.8.2004 glaubhaft dargelegt, dass er sich an diesem Tag in Wien aufgehalten hat. Insgesamt hat der Berufungswerber offenkundig ein durchaus problematisches Verhalten zu dem unmittelbar an seinem Haus vorbeiführenden Motorradverkehr und er hat nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des Oö. Verwaltungssenates auch durchaus versucht, den Motorradfahrern das Befahren der unmittelbar an seinem Haus vorbeiführenden Aschachtal Landesstraße zu verleiden. Eine bewusste Gefährdung von Motorradfahrern durch Handlungen, welche diese in konkrete Sturzgefahr gebracht hätten, konnte aber nicht bewiesen werden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist gemäß § 24 Abs.4 FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Fristen einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Gemäß § 17 Abs.1 FSG-GV ist die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht

  1. auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder
  2. auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erwecken.

Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde oder wenn ein Lenker wegen Übertretungen gemäß § 99 Abs.1 lit.b oder c StVO 1960 bestraft wurde.

 

Gemäß § 18 Abs.3 FSG-GV ist für die Erfassung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung insbesondere das soziale Verantwortungsbewusstsein, die Selbstkontrolle, die psychische Stabilität und die Risikobereitschaft des zu Untersuchenden zu untersuchen sowie zu prüfen, ob eine Tendenz zu aggressiver Interaktion im Straßenverkehr besteht und ob sein Bezug zum Autofahren kritisch von der Norm abweicht.

 

5.2. Wie bereits dargelegt wurde, konnte dem Berufungswerber nicht bewiesen werden, dass er den Verkehrsunfall vom 3.9.2004 tatsächlich verursacht habe. Eine verkehrspsychologische Untersuchung könnte gemäß § 17 Abs.1 FSG-GV deshalb nur dann verlangt werden, wenn er mehrere Verkehrsverstöße begangen hätte, welche den Verdacht auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung begründen. Dabei geht es - weil ja die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen überprüft werden soll - im Wesentlichen nur um Übertretungen, welche als Lenker von Kraftfahrzeugen begangen werden. Derartige Verkehrsübertretungen liegen aber nicht vor.

 

Verkehrsverstöße eines Fußgängers können einen Mangel in der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur dann begründen, wenn es sich um ein entsprechend schwerwiegendes, mit gravierenden Gefahren für die übrigen Verkehrsteilnehmer verbundenes Verhalten handelt. Es müsste gemäß § 18 Abs.3 FSG-GV eine Tendenz zu aggressiver Interaktion im Straßenverkehr bestehen. Das vorsätzliche Erschrecken von Motorradfahrern und die unmittelbare Einflussnahme auf deren Fahrlinie, wobei Stürze von Motorradfahrern bewusst in Kauf genommen werden, würde ein derartiges Verhalten darstellen. Die Ermittlungsergebnisse weisen zwar darauf hin, dass der Berufungswerber mit unterschiedlichen Handlungen versucht hat, auf das Fahrverhalten von Motorradfahrern Einfluss zu nehmen, eine unmittelbare bewusste Gefährdung von Motorradlenkern konnte aber nicht nachgewiesen werden. Es war daher im Ergebnis der Berufung stattzugeben, wobei abschließend noch darauf hinzuweisen ist, dass selbst eine Entziehung der Lenkberechtigung nichts daran ändern würde, dass der Berufungswerber selbstverständlich auch weiterhin als Fußgänger am Straßenverkehr teilnehmen würde und die ihm vorgeworfenen - aber ohnedies nicht ausreichend bewiesenen - Verhaltensweisen weiter setzen könnte.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Z ö b l

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