Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520852/12/Br/Wü

Linz, 01.03.2005

 

 

 VwSen-520852/12/Br/Wü Linz, am 1. März 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn S I, D. K R., S-P, vertreten durch Rechtsanwalt, D. R S, M, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, vom 20. Jänner 2005, Zl.: VerkR21-572-2004 BE, nach der am 1. März 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1 u. Abs.3 iVm 7 Abs.1 Z1 u. Abs. 3 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3,
26 Abs.2, § 29 Abs.4 Führerscheingesetz - FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002;

§ 66 Abs. 4, § 67d Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 10/2004.
 

 

Entscheidungsgründe:
 

1. Mit dem hier angefochtenen Bescheid wurde in Bestätigung des Mandatsbescheides dem Berufungswerber wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit die Lenkberechtigung für die Klasse "B" auf die Dauer von
8 Monaten, gerechnet ab 11. Oktober 2004 entzogen; ebenfalls wurde ihm das Lenken eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges bis 11.06.2005 verboten und die Durchführung einer Nachschulung sowie die Vorlage eines Nachweises und einer amtsärztlichen Untersuchung angeordnet.

Gestützt wurde dieser Spruch auf die §§ 24 Abs. 1 und 3, 7 Abs.1 und 3, 25 Abs.1 und 3, 25 Abs. 2 iVm. 8 Abs., 26 Abs.2 und 32 Abs. 1 Z1 des Führerscheingesetzes 1997 - FSG; einer Berufung wurde nach § 64 Abs.2 AVG eine aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

1.2. In der ausführlichen und im Detail auf die Aktenlage eingehenden Begründung führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Mit Schreiben vom 12.11.2004 brachten Sie eine Vorstellung ein und begründen diese im Wesentlichen damit, dass Sie beim Unfall eine Gesichtsverletzung erlitten haben, welche am nächsten Tag im Krankenhaus festgestellt worden sei und daher wegen Schmerzen im Mundbereich die Durchführung des Alkotestes nicht möglich gewesen sei.

 

Bei Ihrem weiteren Schreiben vom 10.01.2005 verweisen Sie neuerlich darauf, dass Sie wegen Schmerzen den Alkotest nicht machen konnten und verweisen auf die Krankengeschichte.

 

Bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 19.01.2005 gab R. I. W folgendes an:

Mir wurde die Rechtfertigung der Partei zur Kenntnis gebracht.

Diese Angaben entsprechen nicht den Tatsachen.

Ich habe Herrn I, bei welchem keinerlei Verletzung ersichtlich war, noch seitens diesen irgendeine Verletzung geltend gemacht wurde, zur Durchführung des Alkotestes aufgefordert, dem dieser auch nachgekommen ist. Obwohl kein Ergebnis zustande kam, sagte die Partei bis zum Ende nichts darüber, dass er verletzungsbedingt diesen nicht durchführen konnte.

Herr H A, welcher während des Alkotestes anwesend war, sagte ebenfalls nichts darüber, dass die Partei den Alkotest nicht machen könne.

Herr H äußerte sich mir gegenüber jedoch, dass Herr I normalerweise nichts trinke, heute es jedoch offensichtlich sei, dass dieser Alkohol getrunken habe. Es wird nochmals wiederholt, dass die Partei weder offensichtliche Verletzungen, auch keine Schwellungen zum Zeitpunkt der Aufforderung hatte und auch nicht geltend gemacht hat.

 

Nach Kenntnis der Zeugenaussage von R.I. W vom 19.01.2005 wurde auf jede weitere Stellungnahme verzichtet.

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Ziffer 1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis lb StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 26 Abs. 2 FSG hat die Entziehungsdauer, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wurde, mindestens vier Monaten zu betragen.

 

Gemäß § 24 Abs.3 hat die Behörde bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder la StVO 1960 unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen. Bei einer Übertretung nach § 99 Abs.1 StVO ist zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen.

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor der (Wieder) Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie haben am 11.10.2004 um 19.35 Uhr den PKW VW Passat, mit dem Kennzeichen auf der B 144 Gmundenerstraße im Ortsgebiet von Stadl-Paura vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, wobei Sie bei Strkm 0,300 auf die linke Fahrbahnseite kamen, gegen den entgegenkommenden PKW stießen und Herr H verletzt wurde.

 

Obwohl Sie deutliche Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung aufwiesen, weigerten Sie sich am 11.10.2004 um 20.00 Uhr auf dem Gendarmerieposten Lambach in 4650 Lambach gegenüber einem hiezu besonders geschulten und ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt überprüfen zu lassen.

 

Dieser Sachverhalt ist aufgrund der Anzeige des Gendarmeriepostens Lambach vom 12.10.2004 im Zusammenhalt mit der Zeugenaussage von R. W vom 19.01.2005 als erwiesen anzusehen.

 

Auch gaben Sie bei Ihrer niederschriftlichen Einvernahme beim Gendarmerieposten Lambach am 15.10.2004 um 17.24 Uhr selbst an, nach dem Unfall keine Verletzung verspürt zu haben.

 

Mit Ihrer Rechtfertigung können Sie für sich nichts gewinnen. Diese kann lediglich als Schutzbehauptung angesehen werden, um einer Entziehung der Lenkberechtigung zu entgehen.

Bei Vorliegen auf Alkoholverdacht sind Sie verpflichtet, einer Aufforderung zur Durchführung des Alkotestes nachzukommen. Etwaige Gründe, einen Alkotest nicht durchführen zu können, wurden nicht geltend gemacht.

Zu diesem Zeitpunkt wäre dann noch die Möglichkeit gewesen, eine Blutabnahme durchzuführen.

 

Auch bestätigte Herr H gegenüber dem Gendarmeriebeamten, dass Sie Alkohol konsumiert haben.

 

Die Feststellung des Amtsarztes im Zusammenhang mit der Krankengeschichte ist für den konkreten Fall kein Beweis dafür, ob Ihnen zum Zeitpunkt der Aufforderung ein Alkotest möglich war, da zu diesem Zeitpunkt keine Verletzung ersichtlich war und von Ihnen auch nicht geltend gemacht wurde.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land ist aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens zwingend zu der Auffassung gekommen, dass Sie im Sinne des § 7 FSG verkehrsunzuverlässig sind. Die genannten Umstände wiegen in ihrer Gesamtheit so schwer, dass es des festgesetzten Verbotes bedarf, bis Sie Ihre Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen.

 

Es war Ihnen sohin die Lenkberechhtigung zu entziehen und das Lenken vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen zu verbieten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Da Personen, welche die Verkehrszuverlässigkeit nicht besitzen, eine unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen, war im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug einer etwaigen gegen diesen Bescheid einzubringenden Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen."

 

2. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wie folgt entgegen:

"In umseits bezeichneter Rechtssache erhebe ich gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20.1.2005, VerkR21-572-2004, zugestellt am 24.1.2005, daher innerhalb offener Frist die

 

Berufung.

 

Der gegenständliche Bescheid wird seinem gesamten Umfang nach angefochten.

 

Als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

Der Einschreiter hat zum Beweis dafür, dass er nach dem gegenständlichen Verkehrsunfall von A H nach Hause gefahren und in weiterer Folge das Haus nicht mehr verlassen hat, die Einvernahme des A H als Zeugen beantragt.

Soferne aus dem angefochtenen Bescheid hervorgehen sollte, dass die Behörde davon ausgeht, dass die vom Amtsarzt festgestellte Lippenschwellung erst nachträglich eingetreten ist, wird die Nichteinvernahme des A H als Verfahrensmangel gerügt.

Wäre der genannte Zeuge einvernommen worden, hätte die Behörde davon ausgehen müssen, dass die Lippenschwellung unfallkausal entstanden ist.

In diesem Fall hätte die Erstbehörde der Vorstellung Folge geben müssen, zumal der Amtsarzt in seinem Gutachten ausführt, dass bei der gegebenen Lippenschwellung die Abgabe eines gültigen Alkoholtestergebnisses verhindert worden sein kann.

Bekämpft wird die Feststellung, dass sich der Einschreiter geweigert hätte, seine Atemluft auf Alkoholgehalt überprüfen zu lassen. Vielmehr hat sich der Einschreiter redlich bemüht, der aufgetragenen Überprüfung Folge zu leisten. Wegen der deutlichen Lippenschwellung ist dem Einschreiter dies jedoch nicht geglückt. Es wird diesbezüglich auf das Gutachten des Amtsarztes vom 4.1.2005 verwiesen, wonach dieser zum Ergebnis kommt, dass "..... knapp nach dem Unfall der Zustand der Lippe (Schwellung) und des Kieferknochens nach einer Prellung die Abgabe eines gültigen Alkoholtestergebnisses verhindert haben könnte......"

 

Die Aussage des Amtsarztes steht im Einklang mit der Darstellung des Einschreiters, sodaß die Erstbehörde richtigerweise die Feststellung hätte treffen müssen, dass sich der Einschreiter nicht geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt überprüfen zu lassen. Die bekämpfte Feststellung wäre wesentlich gewesen, da gegebenenfalls der bekämpfte Bescheid aufzuheben gewesen wäre.

 

Dem Einschreiter kann auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er bei seinem Bemühen, den Alkotest abzulegen, nicht darauf hingewiesen hat, dass ihm dies wegen der Lippenschwellung nicht möglich wäre.

Vielmehr hätte gemäß der Bestimmung des § 5 Abs. 4 a StVO das Organ der Straßenaufsicht den Einschreiter zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen oder bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zur Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes bringen müssen. Dies deshalb, da für das Organ der Straßenaufsicht erkennbar war, dass beim Einschreiter eine Untersuchung gemäß Absatz 2 leg. cit. aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich war.

 

Gestellt wird daher der

 

A n t r a g

 

1. der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

2. eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

 

Lambach, 25.1.2005 S I"

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hatte demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war hier in Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte - nämlich den Schutz des hier in den Kernbereich "civil rights" betreffenden Rechtssphäre - geboten
(§ 67d Abs.2 AVG).

Da die im Sinne des § 38 AVG betreffende rechtskräftige Entscheidung noch nicht vorliegt, musste in Wahrung der gesetzlichen Entscheidungspflicht die Basis geschaffen werden, diese (Vor-)frage im Rahmen dieses Berufungsverfahrens inhaltlich zu klären.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt. Ferner wurde Beweis erhoben durch Beiziehung eines technischen Amtssachverständigen zur Beurteilung der Beatmungssituation mit Blick auf die festgestellte Verletzung im Mundbereich. Ergänzend beigeschafft wurde diesbezüglich die Krankengeschichte des Klinikums der Kreuzschwestern Wels, welche der Sanitätsdirektion zwecks Erstattung einer Stellungnahme zugeleitet wurde.

Beweis erhoben wurde ferner durch Anhörung des Berufungswerbers und Einvernahme der einschreitenden Gendarmeriebeamten, GrInsp. K und RevInsp. W sowie des A H als Zeugen.

 

4. Zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber gelangte am 11.10.2004 um ca. 19.35 Uhr auf der B 144 aus Lambach kommend in Richtung Ortsgebiet Stadl Paura, als Lenker eines Pkw auf die linke Fahrbahnseite und kollidierte dabei mit einem entgegen kommenden Pkw. Bei diesem Verkehrsunfall entstand Personen- u. Sachschaden. Der Berufungswerber selbst wurde u.a. auch im Gesichtsbereich verletzt. Dies zeigte sich lt. Krankengeschichte anlässlich des am nächsten Tag erfolgenden ambulanten Klinikaufenthaltes bei den Kreuzschwestern.

Die beim Berufungswerber nach dem Verkehrsunfall rechtmäßig durchgeführte Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt führte mangels ausreichender Beatmung zu keinem verwertbaren Ergebnis.

Festzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass bei insgesamt vier Beatmungsversuchen jeweils das Blasvolumen zu klein war, während zweimal eine Beatmungszeit von über sechs Sekunden angezeigt wurde.

Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens zur schon damals behaupteten verletzungsbedingten bzw. unverschuldeten Fehlbeatmung wurde der Amtsarzt befragt. In seiner Stellungnahme vom 10.12.2004 hielt er vorerst eine korrekte Beatmung des Atemluftmessgerätes für möglich. Am 4.1.2005 ergänzte er, offenbar nach Kenntnisnahme der Krankengeschichte vom Berufungswerber beim KH der Kreuzschwestern in Wels, seine Stellungnahme aber dahingehend, dass innerhalb 14 Stunden "starke Lippen- und Kieferschmerzen deutlich an Intensität verlieren und die Lippenschwellung zurückgehen könne. Somit müsse aus ärztlicher Sicht ausgesagt werden, dass diese Verletzungen die Abgabe einer gültigen Atemluftuntersuchung verhindert haben könnten."

Nach h. Beischaffung und Übermittlung der Krankengeschichte im Wege des Parteiengehörs an die Behörde erster Instanz übermittelte der Amtsarzt abermals eine Stellungnahme im Wege der Behörde erster Instanz vom 16.2.2005, worin er das zuletzt zitierte Kalkül (Hindernis an der Beatmung) abermals bekräftigte.

Diesbezüglich wurde mit h. Schreiben vom 15.2.2005 auch die Sanitätsdirektion mit einer fachlichen Beurteilung betraut.

Diese langte durch ein Organisationsversehen bis zur Berufungsverhandlung nicht mehr zum Akt, obwohl sie im Sinne des Ersuchens fristgerecht von der Sanitätsdirektion dem Unabhängigen Verwaltungssenat zugeleitet wurde.

Eine technische Stellungnahme über den erforderlichen Blasdruck konnte seitens der Verkehrstechnik nicht abgegeben werden.

 

4.1. Im Rahmen der Berufungsverhandlung bekräftige der nur sehr mangelhaft der deutschen Sprache mächtige Berufungswerber sein redliches Bemühen nach einer korrekten Beatmung des Atemluftmessgerätes. Dessen als Zeuge einvernommene Stiefsohn H fungierte als Dolmetscher. Der Berufungswerber beteuerte ferner nicht alkoholisiert gewesen zu sein, weil er wegen seines muslimischen Glaubensbekenntnisses kaum Alkohol zu sich nehme.

Die zeugenschaftlichen Gendarmeriebeamten gaben ihrer Überzeugung Nachdruck, dass sie keine Anhaltspunkte für eine Verletzung am Berufungswerber erkennen konnten. Die in der Anzeige angeführten Alkoholisierungssymptome - abgesehen vom angeblichen Geruch nach Alkohol - kann durchaus in der unfallsbedingten Krafteinwirkung auf den Berufungswerber und dessen vorerst unerkannt gebliebene Verletzung resultiert haben.

Sehr wohl mussten die Gendarmeriebeamten aber einräumen, dass der Schadensumfang an den unfallbeteiligten Fahrzeugen sehr wohl auf eine Verletzung der Insassen schließen lassen konnte. Auch der Zweitbeteiligte erklärte an der Unfallstelle nicht verletzt zu sein, was sich in der Folge jedoch ebenfalls als unzutreffend herausstellte. Die Berufungsbehörde kann es nicht ausschließen, dass hier Schwierigkeiten auf der kommunikativen Ebene zu keiner weiteren Hinterfragung der vermeintlich verschuldeten Fehlbeatmung führten. Faktum ist, dass bereits das Ergebnis der Beatmung eher auf keine Verweigerungsabsicht schließen lässt. Immerhin wurden mehrfach Ergebnisse mit relativ langer Beatmungszeit erzielt, wobei das Luftvolumen zweimal ganz knapp unter dem Mindesterfordernis lag (1,2 und 1,4 Liter). Alleine dies kann als Indiz auf ein Hindernis im Mund- bzw. Lippenbereich herhalten.

Der Zeuge H wurde durch den Berufungswerber von der Unfallstelle verständigt. Als er sich dorthin begab hat der Berufungswerber tatsächlich auch ihm gegenüber auf keine Verletzung hingewiesen. Auch bei der nachfolgenden Atemluftuntersuchung am Gendarmerieposten war H dabei. Dort wurde mit dem Berufungswerber eher wenig freundlich umgegangen weil dieser kein verwertbares Atemluftuntersuchungsergebnis zu Stande brachte. Erst nach dem Verlassen des Gendarmeriepostens habe ihm sein Stiefvater gesagt, dass er offenbar wegen seiner zwischenzeitig auftretenden Schmerzen im Gesicht das Gerät nicht ordentlich bedienen habe können.

Die insgesamt drei auf die Krankengeschichte gestützten ärztlichen Stellungnahmen bestätigen eine verletzungsbedingte Unmöglichkeit der Beatmung des Atemluftmessgerätes. Die gutachterliche Stellungnahme der Sanitätsdirektion verweist auf eine Prellung des Brustkorbes, eine leichte Prellung der Oberlippe und Zerrung der Halswirbelsäule. Da die Untersuchung im Krankenhaus erst 14 Stunden nach dem Unfall erfolgte, wird im Gutachten eine durchaus stärkere Schwellung zum Unfallszeitpunkt als möglich dargestellt. Die fachlichen Schlussfolgerungen, sowohl des Amtsarztes der Behörde erster Instanz als auch der Sanitätsdirektion, bestätigen den Einwand des Berufungswerbers den Alkotest nicht durchzuführen in der Lage gewesen zu sein.

 

4.2. In Würdigung dieses Beweisergebnisses ergeben sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö. unwiderlegbare Fakten für die Annahme einer nicht vom Berufungswerber zu vertretenden Fehlbeatmung des Atemluftmessgerätes. Diese Annahme muss vor allem auf die diesbezüglich schlüssigen und letztlich auch aus der Sicht eines Laien gut nachvollziehbaren Hinderungsgrundes zu einer ordnungsgemäßen Beatmung gestützt werden. Dies vor dem Hintergrund, dass eine Verletzung an den Lippen zu einer weitgehenden Gefühllosigkeit und somit einerseits zum Ausfall einer (luftdichten) Umschließung des Mundstückes, andererseits zu einem möglichen physischen Hindernis der diesbezüglichen Kontrollmöglichkeit führt. Wenn der hier beigezogene technische Sachverständige informativ die Auskunft erteilt, dass für eine korrekte Beatmung ein bestimmter Mindestdruck am Mundstück zu überwinden ist, verdeutlicht dies zusätzlich die Darstellung des Berufungswerbers.

Somit kann dem Berufungswerber nicht vorgeworfen werden die Atemluftuntersuchung verweigert zu haben, wenn dies mit einer durchaus als hoch einzuschätzenden Wahrscheinlichkeit physisch gar nicht möglich war.

Diese Sichtweise wird zusätzlich durch die offenkundig durchaus bereitwillig durchgeführte Beatmung und die zum Teil erzielte Blasdauer gestützt. Somit kann auch nicht von einer sogenannten konkludenten Verweigerung ausgegangen werden.

Jedenfalls nicht zur Last des Betroffenen fällt die hier unterbliebene alternative Möglichkeit, zu einer Bestimmung des möglichen Alkoholisierungsgrades durch eine Blutabnahme. Dabei muss dahingestellt bleiben, ob der Berufungswerber diesbezüglich auf seine vermeintliche Unfähigkeit zur Beatmung des Atemluftmessgerätes hinwies oder nicht. Auch in diesem Zusammenhang ist bei realistischer und lebensnaher Betrachtung auf die eingeschränkte Dispositionsfähigkeit einer bei einem Unfall verletzten Person kurz nach dem Unfallereignis hinzuweisen.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Nach § 38 AVG ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden sind, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.

Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

 

5.1.1. Nach § 7 des Führerscheingesetzes gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3 leg.cit.) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses

Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, ....

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 leg.cit. hat insbesondere (auch) zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat (§ 7 Abs.3 Z1 FSG).

Für die Wertung der in § 7 Abs.3 FSG beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verwerflichkeit eines Verweigerungsdeliktes einer erwiesenen Alkoholbeeinträchtigung gleichzuhalten (VwGH 22.1.2002, 201/11/0401 mit Hinweis auf VwGH 20.3.2001, 2001/11/0078).

Dem Berufungswerber ist es hier gelungen glaubhaft zu machen, dass er eine die Verkehrszuverlässigkeit ausschließende Tatsache nicht begangen hat und daher auch von einem hinter der Atemluftuntersuchung stehendem Zustand nicht ausgegangen werden kann. Der Beweis einer vermeintlichen Alkoholbeeinträchtigung wäre im gegenständlichen Fall nur im Rahmen einer Blutabnahme zu führen gewesen.

Von einer im Sinne des § 7 definierten die Verkehrszuverlässigkeit ausschließendes bestimmten Tatsache konnte hier nicht ausgegangen werden.

 

5.2. Auf die übrigen erstinstanzlichen Aussprüche braucht angesichts der ersatzlosen Behebung des Bescheides nicht weiter eingegangen werden. Sie waren die Folge der von der Behörde erster Instanz getätigten Beweiswürdigung und die sich daraus an sich folgerichtig ergebenden Rechtsfolgen.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.
 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. B l e i e r
 
 

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