Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520854/9/Zo/Pe

Linz, 25.04.2005

 

 

 VwSen-520854/9/Zo/Pe Linz, am 25. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn H E, vertreten durch M & M Rechtsanwälte OEG, vom 27.1.2005 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umbebung vom 11.1.2005, VerkR21-12-2003, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf neun Monate, gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides, herabgesetzt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 7 Abs.1 Z2, Abs.3 Z9 und Abs.4 sowie 24 Abs.1 Z1 und 25 Abs.1 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C1, C, F und G für die Dauer von 18 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides (das war der 13.1.2005) entzogen. Weiters wurde der Berufungswerber aufgefordert, den Führerschein unverzüglich beim Gendarmerieposten abzuliefern, der Taxiausweis wurde für ungültig erklärt und einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Die rechtzeitig eingebrachte Berufung richtet sich ausschließlich gegen die Dauer des Führerscheinentzuges. Der Berufungswerber bringt vor, dass er zwar eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z9 FSG verwirklicht habe. Wegen des Vorfalles sei er zu einer Haftstrafe von 20 Monaten, davon aber 17 Monate bedingt, verurteilt worden. Die Wertung der Behörde, wonach er wegen dieses Verhaltens für 43 Monate verkehrsunzuverlässig sei, sei aber nicht richtig. Die Behörde habe sich weder mit seiner Person, dem Grad seiner Schuld, seinem Vorleben und seinem Verhalten vor und nach der Tat auseinandergesetzt. Er sei vor dem 28.12.2002 noch nie strafbar geworden und sein Verhalten an diesem Tag sei ein einmaliges Fehlverhalten gewesen. Er nehme nunmehr eine Therapie beim Verein für Familien- und Sexualberatung in Anspruch, weshalb gewährleistet sei, dass er ein solches Fehlverhalten nicht nochmals setzen würde. Er sei auch seit 6.7.2004 bei der Sozialversicherung abgemeldet und habe das Taxi fahren vollkommen aufgegeben. Seit der Tat habe er sich zwei Jahr wohlverhalten. Unter Berücksichtigung der günstigen Prognosen des Strafgerichtes sei die Annahme der Behörde, dass er über insgesamt 43 Monate verkehrsunzuverlässig sei, nicht aufrecht zu halten.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 21.4.2005, bei welcher der Berufungswerber sowie die Erstinstanz gehört wurden.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber hat am 28.12.2002 in Linz eine 20-jährige Frau mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes genötigt, indem er das von ihm gelenkte Taxi, auf dessen Beifahrersitz die Frau saß auf einen Parkplatz in Stadionnähe lenkte, den Beifahrersitz auf ca. 130° umlegte, die Handgelenke der Frau mit einer Hand über deren Kopf festhielt, ihren Unterleib entkleidete, die Beine gegen ihren Widerstand auseinander zwängte und an ihr einen Geschlechtsverkehr durchführte. Er hat dadurch das Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs.2 erste Alternative StGB begangen und wurde deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten, davon 17 Monate bedingt, verurteilt.

 

Der nunmehr 70-jährige Berufungswerber war aushilfsweise als Taxilenker in Linz unterwegs und hat am 28.12.2002 in den frühen Morgenstunden die 20-jährige Frau, welche stark alkoholisiert war, entgegen seinem Fahrtauftrag nicht nach Hause gebracht, sondern sein Fahrzeug auf einem Parkplatz des Stadionvorplatzes gelenkt. In weiterer Folge führte er trotz des Widerstandes des Opfers an diesem einen Geschlechtsverkehr durch.

 

Als strafmildernd wurde vom Gericht der bisherige untadelige Lebenswandel des Berufungswerbers berücksichtigt. Die bedingte Strafnachsicht für einen Großteil der verhängten Freiheitsstrafe wurde vom Berufungsgericht damit begründet, dass der Berufungswerber das Taxi fahren nunmehr vollkommen aufgegeben hat und eine Therapie beim Verein für Familien- und Sexualberatung in Anspruch nimmt. Auch die höhere Strafempfindlichkeit des nunmehr 70-jährigen wurde dabei berücksichtigt.

 

Der Berufungswerber ist seit 1954 im Besitz der Lenkberechtigung und ist mit Ausnahme dieses Vorfalles strafrechtlich unbescholten. Es scheinen auch nur zwei geringfügige verkehrsrechtliche Übertretungen in den letzten fünf Jahren auf. Er ist nach seiner Pensionierung aushilfsweise als Taxifahrer gefahren und hat aufgrund des Vorfalles vom Dezember 2002 diese Tätigkeit eingestellt. Seit dem gegenständlichen Vorfall hat es weder verkehrsrechtliche- noch strafrechtliche Anzeigen gegeben. Er nimmt nach wie vor an der bereits angeführten Therapie teil und nach seinen Angaben liege aus der Sicht des Therapeuten keine Rückfallgefahr vor.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 hat gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen die Sittlichkeit gemäß den §§ 201 bis 207 oder 217 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit ist gemäß § 25 Abs.3 FSG eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

5.2. Die vom Berufungswerber begangene strafbare Handlung stellt jedenfalls eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z9 FSG dar. Bei der Wertung dieser Tatsache ist zu berücksichtigen, dass sein Verhalten in hohem Maß verwerflich war und gegen wesentliche Grundwerte unserer Gesellschaftsordnung verstößt. Weiters darf nicht übersehen werden, dass der Berufungswerber die Gelegenheit für die strafbare Handlung gerade deswegen erlangt hat, weil er eben als Kraftfahrer mit einem Pkw unterwegs war. Andererseits ist zugunsten des Berufungswerbers zu berücksichtigen, dass er sich über Jahrzehnte lang wohlverhalten hat und nunmehr eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nimmt. Er hat auch keine besonders schwere Gewalt angewendet. Der Berufungswerber hat nach dem Vorfall vom 28.12.2002 bis zur Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides am 13.1.2005, also mehr als 2 Jahre lang, weiterhin Kraftfahrzeuge gelenkt, und in dieser Zeit keine weiteren strafbaren Handlungen begangen. Auch das ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Der Umstand, dass der Berufungswerber nicht mehr als Taxilenker tätig ist, führt sicherlich dazu, dass er nur noch wesentlich schwerer in eine ähnliche Situation kommen kann. Allerdings ist das auch nicht ausgeschlossen, z.B. durch die Mitnahme von Autostopperinnen. Auch das Alter des Berufungswerbers spricht dafür, dass die Rückfallgefahr nicht mehr besonders hoch ist. Unter Abwägung all dieser Umstände muss angenommen werden, dass sich der Berufungswerber für die im Spruch angeführte Zeit weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen würde. Es war daher die Entziehung der Lenkberechtigung mit neun Monaten, gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides festzulegen.

 

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit vom Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung an zu berechnen ist, ergibt dies im Ergebnis eine Verkehrsunzuverlässigkeit für die Dauer von ca. 33 1/2 Monaten. Bei ähnlichen Sachverhalten hat der Verwaltungsgerichtshof die Einschätzung einer Verkehrsunzuverlässigkeit in der Dauer von ca. 36 Monaten als rechtmäßig bestätigt, im Hinblick auf die oben angeführten Überlegungen konnte im vorliegenden Fall mit einer etwas kürzeren Entzugsdauer das Auslangen gefunden werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

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