Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104024/2/Br

Linz, 07.10.1996

VwSen-104024/2/Br Linz, am 7. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn Eduard R, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 4. September 1996, Zl.: VerkR96-6952-1996-Za, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, daß die Geldstrafe auf 4.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24 und § 51 Abs.1 § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Für das erstinstanzliche Verfahren ermäßigen sich die Kosten demnach auf 400 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Straferkenntnis vom 4. September 1996, Zl.:

VerkR96-6952-1996-Za, wegen der Übertretung nach § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 5.000 S und für den Nichteinbringungsfall sieben Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er auf der A1 zu der im Spruch angeführten Zeit u. Örtlichkeit die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 58 km/h überschritten habe.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde zur Strafzumessung an, daß straferschwerend die enorme Geschwindigkeitsüberschreitung, mildernd demgegenüber kein Umstand zu werten gewesen wäre. Die Erstbehörde ging von einem Monatseinkommen von 18.000 S, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus.

2. Der Berufungswerber rügt in seiner fristgerecht erhobenen Berufung lediglich das Ausmaß der verhängten Strafe. Er legt einen weder unterfertigten noch beglaubigten Lohnzettel seiner Firma, aus welchem sich ein Monatsnettoeinkommen in der Höhe von 7.333 S ergibt, bei. Abschließend ersucht er um die Zusendung einer "neue Vorschreibung" (gemeint wohl:

einer Abänderung des Straferkenntnisses im Hinblick auf eine geringeren Strafe).

3.1. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts der nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe gerichteten Berufung nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Zl.: VerkR96-6952-1996-Za. Ferner durch Erhebung im Hinblick auf verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen bei der Bundespolizeidirektion Wien, Koat Wieden und durch die Einholung eines Firmenbuchauszuges.

5. Der Berufungswerber hat im Rahmen des ordentlichen Ermittlungsverfahrens dem im Rechtshilfeweg von der Bundespolizeidirektion Wien, Koat Wieden, erlassenen Ladungsbescheid am 20.8.1996 um 08.00 Uhr trotz eigenhändiger Übernahme dieses Bescheides am 16. Juli 1996 unentschuldigt keine Folge geleistet. Die Erstbehörde hat daraufhin das angefochtene Straferkenntnis erlassen und ging dabei von einem geschätzten Monatseinkommen von 18.000 S, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus.

Der Berufungswerber ist gemeinsam mit Theresia R Gesellschafter und alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma Eduard R Gesellschaft m.b.H (Geschäftsbuchauszug vom 7.10.1996). Er vertritt die Firma seit 1.9.1988 selbständig.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

6.1. Vorweg ist festzustellen, daß es für eine derart eklatante Geschwindigkeitsüberschreitung objektiv grundsätzlich keine wie immer geartete Rechtfertigung bzw.

Entschuldigung gibt. Der Raserei auf den Straßen und der damit einhergehenden Gefahrenpotenzierung ist mit spürbaren Strafen zu begegnen. Auch Gründe der General- und der Spezialprävention erfordern eine strenge Bestrafung (vgl.

auch VwGH 18. September 1991, Zlen. 91/03/0043, 91/03/0250).

6.2. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.3. Konkret wird zur Strafzumessung ausgeführt, daß der Tatunwert derartiger Übertretungen hoch ist und insbesondere darin liegt, daß mit dem Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erwiesenermaßen eine erhebliche Gefahrenpotenzierung und somit erhöhte Unfallsneigung ausgeht. Diese gründet beispielsweise darin, daß bei der vom Berufungswerber getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung der Anhalteweg um über 106 Meter verlängert gewesen wäre.

Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h bei einer starken Bremsung (= 6,5 m/sek/2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) 89,90 Meter beträgt, liegt dieser bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit unter diesen Bedingungen bei über 196 Metern. Jene Stelle, wo bei der Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit das Kfz zum Stillstand gelangt, wird bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit noch mit knapp über 133 km/h passiert (Berechnung mittels "EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm v. Prof. Dr. Gratzer). Immerhin darf jedermann darauf Vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn andere Verkehrsteilnehmer demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten, ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei so gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitungen leicht zu nicht mehr beherrschbaren Konstellationen kommen kann, selbst wenn diese vom Schnellfahrer nicht unmittelbar herbeigeführt oder verschuldet wurden. Dies sind eben dann jene Verkehrsunfälle, die sich nicht zugetragen hätten, wären die erlaubten Fahrgeschwindigkeiten eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt diesfalls - abstrakt besehen - (auch) in einer derartigen Schutznormverletzung begründet.

6.4. Dem von der Erstbehörde festgesetzten Strafausmaß wäre an sich auch bei einem bloß unterdurchschnittlichen Einkommen objektiv nicht zwingend entgegenzutreten gewesen.

Es kann an sich dahingestellt bleiben, ob die vom Berufungswerber belegten Einkommensverhältnisse tatsächlich bloß etwas über 7.000 S betragen. Es könnte aber angenommen werden, daß der Berufungswerber über ein nicht unbeträchtliches Vermögen (Firmenbesitz), was die Erstbehörde bei ihrer Strafzumessung nicht berücksichtigte, verfügt. Die Ausschöpfung des Strafrahmens im Ausmaß von 50 % wäre daher angesichts des hohen Tatunwertes dieser so exzessiven Fahrgeschwindigkeit durchaus gerechtfertigt.

6.4.1. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf Autobahnen im Ausmaß von 50 km/h hat etwa auch der Verwaltungsgerichtshof eine Strafe in der Höhe von 4.000 S als durchaus angemessen erachtet. Selbst wenn sonst keine nachteilige Folgen mit der Übertretung verbunden gewesen sind (VwGH 91/03/0014, 13.2.1991).

6.5. Hier wurde jedoch ein gesetzlicher Milderungsgrund nicht berücksichtigt, sodaß daher unter diesem Aspekt mit einer Herabsetzung der Strafe vorzugehen gewesen ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Dr. B l e i e r

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