Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520903/4/Br/Wü

Linz, 11.04.2005

 

 VwSen-520903/4/Br/Wü Linz, am 11. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H K,
K Nr, G, vertreten durch RA Dr. G S, M, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft
Urfahr-Umgebung, vom 24. Februar 2005, Zl. VerkR20-1541-1992, zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Entzugsdauer auf 8 (acht) Monate ermäßigt wird;

 

Rechtsgrundlagen:

§ 7 Abs.3 Z3, § 24 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz - FSG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002;

§ 66 Abs.4, § 67d Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 10/2004;
 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz entzog mit dem hier angefochtenen Bescheid in Bestätigung ihres Mandatsbescheides (gleiche AZ) vom 14.9.2004, dem Berufungswerber die Lenkberechtigung der Klasse B für den Zeitraum von 12 (zwölf) Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides mit diesem Datum unter Hinweis auf § 7 iVm § 3 Abs.1 Z2 und 24 Abs.1 Z1 FSG entzogen. Nach § 64 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG wurde einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

1.1. Inhaltlich gestützt wurde der Entzug auf das als erwiesen erachtete Ereignis am 12.9.2004, um ca. 09:28 Uhr, wonach er mit einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw auf der A7 von Linz Richtung Gallneukirchen mit bis zu 235 km/h unterwegs gewesen sei. Dies wurde als besonders rücksichtsloses und unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangenes Fahrverhalten qualifiziert, welches die Verkehrszuverlässigkeit in der genannten Dauer nicht gegeben erscheinen lasse.

 

2. Der Berufungswerber tritt diesem Bescheid mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung entgegen. Im Ergebnis wird die angenommene Gefährlichkeit des Fahrverhaltens u. die daraus gezogene rechtliche Schlussfolgerung bestritten.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung am 15.3.2005 vorgelegt. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

Eine Berufungsverhandlung konnte hier unter Hinweis auf die gewährte Einschau in die Videoaufzeichnung unter Hinweis auf keinen diesbezüglich gesondert gestellten Antrages unterbleiben (§ 67d Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Dem Akt angeschlossen findet sich das hinsichtlich des Schuld- u. Strafausspruches, rechtskräftige Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 21.12.2004, VerkR96-4739-2004-OJ worin diese Geschwindigkeitsüberschreitung von durchschnittlich 97 km/h iSd § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 qualifiziert wurde. Beigeschafft wurde das zum letztgenannten Strafverfahren erstellte Gutachten der Abteilung Verkehrstechnik, VT-010000/5865-2004-LJ. Abschließend wurde die im Zuge der Nachfahrt erstellte Videoaufzeichnung (ProViDa) digitalisiert beigeschafft. Den Verfahrensparteien wurde dieses im Rahmen des Parteiengehörs in Form der Abspielung am 11.4.2005 zur Kenntnis gebracht.

4.1. Zur Sache:

In Bindung an den mit dem o.a. Straferkenntnis der Behörde erster Instanz rechtskräftigen Schuldspruch hat der Berufungswerber am 12.9.2004 um 09.28 Uhr auf der A7 in Richtung Gallneukirchen einen BMW 540i über mehrere Kilometer mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von mindestens 227 km/h gelenkt. Das Motiv dieser Fahrt war eine sogenannte Vergleichsfahrt in Absprache mit zwei weiteren Fahrzeuglenkern, welche angeblich ebenfalls zum Gegenstand eines derartigen Administrativ- und Strafverfahrens wurden. Die Bestrafung wurde auf § 99 Abs.2 lit.c iVm § 20 Abs.1 u. Abs.2 StVO gestützt. Dieses Verhalten wurde im gegenständlichen Verfahren als unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen qualifiziert. Auch diese Qualifikation ist Inhalt des rechtskräftigen Ausspruches. Die Geldstrafe wurde mit 500 Euro festgesetzt.

Mit Blick auf diese rechtskräftige Feststellungen ist der Antrag des Berufungswerbers auf Neuaufrollung dieses Sachverhaltes im Rahmen dieses Administrativverfahrens unzulässig.

 

4.1.1. Das eingeholte Sachverständigengutachten qualifiziert dieses Fahrverhalten im Ergebnis als mit besonderen Gefahren begleitet. Im Detail stützt dies der Sachverständige auf die Gefahrensichtweiten von 250 bis 330 m, welche im Bereich der Auffahrt Treffling kürzer als der bei dieser Geschwindigkeit unter Annahme einer höchstmöglichen Bremsverzögerung (7,5 m/sek2) liegt. Ebenfalls verweist der Sachverständige auf die sich bei dieser Fahrgeschwindigkeit ergebenden Gefahrenquelle durch die in diesem Bereich liegende Autobahnauffahrt Treffling. Ebenfalls wird auf die erreichte Kurvengrenzgeschwindigkeit verwiesen.

Die von h. vorgenomme Sichtung des Videos lässt die rechnerische Überlegung des Sachverständigen als plausibel erscheinen. Auch die vom Unabhängigen Verwaltungssenat vorgenommene Berechnung des Anhalteweges aus einer Geschwindigkeit von 235 km/h erbrachte unter der Annahme einer Reaktionszeit von einer Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden bei einer als maximal anzunehmenden Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2, einen Anhalteweg von knapp 356 m (Berechnung mit Analyzer Pro 4,5). Jene Stelle an der das Fahrzeug aus
130 km/h zum Stillstand gelangte, ist bei der vom Berufungswerber gefahrenen Ausgangsgeschwindigkeit noch mit etwa 211 km/h passiert worden. Schon mit Blick darauf führt dies zum zwingenden Schluss, dass jedes unvorhersehbare Hindernis auf der Autobahn zwingend zu einem Unfall mit den wohl logischen Konsequenzen führen hätte müssen.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Eingangs wird auf die ausführliche Begründung des Bescheides durch die Behörde erster Instanz und die dort zitierte Judikatur verwiesen (siehe Punkt 1.1.).

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr ............... gefährden wird, oder
  2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer Handlungen schuldig machen wird;

nach § 7 Abs.3 Z3 leg.cit. gilt als solche bestimmte Tatsache, wenn jemand

"als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, dass an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat;........."

Für die Wertung einer solchen in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Dem Fahrverhalten des Berufungswerbers liegt eine mit anderen Fahrzeuglenkern abgestimmte und bewusst in Kauf genommene exzessive Hochgeschwindigkeitsfahrt zu Grunde. Dies auf einem Autobahnbereich, welcher angesichts des in Kurven und Kuppen sich gestalteten Verlaufes zum Teil nicht dem jeweiligen Anhalteweg entsprechende Sichtweiten aufgewiesen hat.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch noch auf die in Absprache mit zwei weiteren Lenkern geplante Hochgeschwindigkeitsfahrt, was zusätzlich als Wertungskriterium zum Tragen kommt.

Der vom Berufungswerber angezogene Sonderfall einer Entziehung iSd § 26 Abs.3 iVm § 7 Abs.3 Z4 FSG, kommt daher wegen der hier erwiesenen besonders gefährlichen Verhältnisse und besonderer Rücksichtslosigkeit in Verbindung mit der hinter einem solchen Entschluss zu vermutenden Sinnesart, nicht in Betracht.

 

5.2. Wie oben festgestellt, ist es angesichts des in diesem Verfahren vorliegenden rechtskräftigen Schuldspruch dem Unabhängigen Verwaltungssenat grundsätzlich verwehrt diese Tatsache als Vorfrage allenfalls anders zu beurteilen. Vielmehr besteht lt. gesicherter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Bindung an ein rechtskräftiges Straferkenntnis (vgl. VwGH 20.2.2001, 98/11/0306 mwN).

Eine Neuaufrollung der Frage, ob der Lenker die in Rede stehende Verwaltungsübertretung begangen hat, kommt im Entziehungsverfahren nach dem FSG 1997 somit nicht mehr in Betracht (VwGH 30.6.1998, 98/11/0134 VwGH 11.7.2000, 2000/11/0126 mit Hinweis auf VwGH 21.2.1990, 90/03/0013, 18.12.1997, 96/11/0038). An dieser Stelle sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat zur Feststellung veranlasst, dass die Behörde erster Instanz im Strafverfahren das Fahrverhalten durchaus sachgerecht als besonders gefährlich qualifizieren konnte.

 

5.2.1. Für die Festsetzung der konkreten Entziehungsdauer ist nun die - unter Berücksichtigung der Wertungskriterien des § 7 Abs.4 FSG zu erstellende - Prognose maßgebend, wann der Betreffende die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen werde (vgl. VwGH vom 20.9.2001, 2001/11/0190) bzw. wann er die Sinnesart gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG, deretwegen die Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen ist überwunden haben wird. Als Wertungskriterium der Verwerflichkeit fällt hier die hohe Fahrgeschwindigkeit welche in Absprache und im Verband mit anderen Fahrzeuglenkern gefahren wurde besonders ins Gewicht. Dies lässt auf ein mangelhaft ausgeprägtes Gefahrenbewusstsein und mangelhaft wertbewusste Einstellung zu den Schutznormen des Straßenverkehrs schließen. Mit Blick darauf konnte auch mit der Mindestentzugsdauer der Annahme fehlender Verkehrszuverlässigkeit von drei Monaten nicht das Auslangen gefunden werden
(§ 25 Abs.3 FSG).

Andererseits scheint aber die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit für die Dauer eines Jahres als doch übertrieben. Es soll auch nicht der Eindruck entstehen, dass die Wertung einer solchen Tatsache allenfalls dadurch zum Nachteil eines Betroffenen ausschlägt, weil dieser Vorfall in den Medien besonderen Niederschlag gefunden hatte. Immerhin wurden selbst dem Verfahrensakt zwei Zeitungsartikel angeschlossen, welche bei objektiver Betrachtung die betroffenen Lenker in pauschalierender Weise "als Autofanatiker" abzuqualifizieren scheinen. Mit dem Hinweis, dass auf der A7 immer wieder "illegale Rennen" veranstaltet würden, darf eine derartige nicht im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens geschöpfte und in medialer Aufmache übertriebene und dramatisierende Beurteilung bzw. Fallschilderung für den Betroffenen keinesfalls dazu führen, dass dieser als "Mehrfachtäter und Mitveranstalter illegaler Autorennen" abqualifiziert bzw. präsumtiv vorverurteilt wird.

Aus dem Verfahrensakt ist der Berufungswerber als völlig unbescholten zu qualifizieren. Daraus kann durchaus der Schluss gezogen werden, dass diese in Absprache erfolgte "Vergleichsfahrt" - die an einem Sonntag bei möglichst geringer Verkehrsdichte veranstaltet wurde - als singulärer Einzelfall angesehen werden könnte. Damit soll keineswegs die im öffentlichen Interesse liegende Verwerflichkeit eines solchen Verhaltens relativiert, andererseits muss aber jede pauschalierende und von unsachlichen Betrachtungsweisen begleitete Beurteilung vermieden werden.

Unter Hinweis auf die Qualifikation etwa einer wiederholten Alkofahrt und eine in diesem Zusammenhang in der Regel ausgesprochene Aberkennung der Verkehrszuverlässigkeit scheint hier daher die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit bereits acht Monate nach dem Vorfall durchaus sachgerecht.

Abschließend ist in diesem Zusammenhang auch noch auf die Präventionswirkung der Bestrafung und den "erzieherischen und problembewusstseinsbildenden Faktor" auch dieser Entzugsdauer hinzuweisen. Dem Antrag den Entzug der Lenkberechtigung auf nur vierzehn Tage zu reduzieren kam keine inhaltliche Berechtigung zu.

 

 

5.3. Nach ständiger Judikatur des VwGH kann (hat!) die Behörde iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann auszuschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsstrafverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG.

 

 

6. Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden. Auf die zu entrichtenden Gebühren in der Höhe von 13 Euro wird an dieser Stelle noch hingewiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

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