Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104065/8/Br

Linz, 26.11.1996

VwSen-104065/8/Br Linz, am 26. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn L, vertreten durch Dr. J Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 19. September 1996, Zl.: VerkR96-17216-1995, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 26. November 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben; hinsichtlich der Strafe wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 4.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 138 Stunden ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr.

52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 400 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem Straferkenntnis vom 19. September 1996, Zl.:

VerkR96-17216-1995, wegen der Übertretungen nach § 20 Abs.2 StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Nichteinbringungsfall 276 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 26.10.1995 um 13.42 Uhr das Motorrad mit dem Kennzeichen auf der K in Richtung H gelenkt und dabei bei Strkm 6,914 in H, die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 65 km/h überschritten habe.

1.1. Die Erstbehörde hielt die Übertretung auf Grund des Meßergebnisses mittels geeichtem Geschwindigkeitsmeßgerät als erwiesen.

Im Hinblick auf die Strafzumessung ging die Erstbehörde von einem Monatseinkommen von 20.000 S, einer Sorgepflicht für die Gattin und keinem Vermögen aus. Straferschwerend wertete die Erstbehörde das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung.

2. Der Berufungswerber führt in der fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung im Ergebnis aus, daß Verfolgungsverjährung eingetreten sei, weil im Tatvorwurf nur von einem "Motorrad HONDA" die Rede sei. Er verweist diesbezüglich auf VwGH v. 23.2.1983, Slg.

10.981 A, wonach im Falle der Ausgabe eines Wechselkennzeichens die bloße Angabe des Kennzeichens, ohne nähere Bezeichnung des Fahrzeuges im Sinne des § 44a Z1 VStG nicht ausreichend sei.

Schließlich rügt der Berufungswerber noch die Höhe der verhängten Strafe, indem mit der Tat keine nachteiligen Folgen verbunden gewesen wären und er bislang völlig unbescholten sei. Es könne demnach mit einer Geldstrafe in der Höhe von 4.000 S das Auslangen gefunden werden.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde zwecks inhaltlicher Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung anberaumt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Zl. VerkR96/17216-1995, welcher am 23. Oktober 1996 vorgelegt wurde. Beweis erhoben wurde ferner durch Vornahme eines Ortsaugenscheines und die Vernehmung des die Messung durchführenden Gendarmeriebeamten als Zeugen anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

5. Der Berufungswerber lenkte das Motorrad der Marke Honda mit dem o.a. Kennzeichen auf der K Landesstraße in Richtung H (Fahrtrichtung Süden). Bei Kilometer 6.914 betrug seine Fahrgeschwindigkeit 165 km/h. Die Fahrbahn verläuft in der Fahrtrichtung des Berufungswerbers an diesem Punkt auf eine Strecke von etwa 600 Meter hinter und 800 Meter vor dem Lenker in dessen Fahrtrichtung völlig geradlinig. Lediglich gegenüber dem Meßstandort (bei Strkm 6,614) findet sich ein Zufahrtsweg rechtsseitig dieses Straßenzuges. Die Fahrbahn war zu diesem Zeitpunkt trocken und es herrschte gute Sicht.

Ferner befand sich auch kein weiteres Fahrzeug in diesem insgesamt auf 1.400 Meter übersichtlichen Streckenbereich.

Dieser Straßenzug weist in diesem Bereich zwei durch eine Leitlinie gekennzeichnete Fahrstreifen auf. Die Fahrbahnbreite beträgt auf der Höhe des Meßbereiches insgesamt 6,15 Meter.

5.1. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mittels geeichtem Lasermeßgerät der Marke LTI 20.20 TS/KM-E, Nr. 5812, welches laut Eichschein (Blatt 25 des Aktes) bis zum 31. Dezember 1997 geeicht war. Der Meßbeamte, GrInsp. K. W, führte im Sinne der Betriebsanleitung vor dieser Messung die erforderlichen Tests (Nullabgleich, Kalibrierung) durch und gelangte folglich am Dach des Funkwagens abgestützt, aus einer Entfernung von 300 Meter zu diesem Meßergebnis. Der Berufungswerber vermochte sein Fahrzeug über das vom Meldungsleger vom gegenüberliegenden Straßenrand gegebene Anhaltezeichen bis zur Höhe des Meßortes (Standort des Meldungslegers) zum Stillstand bringen.

Aus der Fahrgeschwindigkeit von 165 km/h kann ein Motorrad unter den hier herrschenden Fahrbahnbedingungen, schon von einen durchschnittlich routinierten Motorradfahrer mühelos erreichbaren Bremsverzögerung (7,5 m/sek/2) und unter Zugrundelegung einer optimalen Reaktionszeit von 0,5 Sekunden und bei einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden auf 167,53 Meter zum Stillstand gebracht werden (vgl. auch jüngste Untersuchung v. Vavryn u.a. in ZVR 11/1996, S 376 ff.) Der reine Bremsweg beträgt dabei 135,5 Meter. Die Gefahrensichtweiten lagen im Meßbereich weit über diesen Bereich, sodaß gegenständlich auf eine Gefahrensituation rechtzeitig reagiert und diese auch aus dieser Geschwindigkeit problemlos beherrscht werden hätte können.

Auf Grund des Umstandes, daß der Berufungswerber zwei Motorräder besitzt, welche auf ihn bereits seit dreieinhalb Jahren zugelassen sind, kann davon ausgegangen werden, daß der Berufungswerber ein gut routinierter Motorradfahrer ist.

5.1.1. Diese Tatsachen sind angesichts des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen anzusehen. Es ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine mangelnde Funktionsfähigkeit des Meßgerätes oder einer Verwechslung hinsichtlich des gemessenen Fahrzeuges. Der Zeuge GrInsp. W legte im Zuge der Verhandlung überzeugend dar, daß er das Gerät sachgemäß bediente. Auch die Vornahme des Ortsaugenscheines zeigte, daß sich diese Stelle geradezu ideal für derartige Messungen eignet, wenngleich damit auch ebenso zweifelsfrei belegt werden konnte, daß mit dieser Übertretungshandlung keinerlei über das tatbestandsmäßige Verhalten hinausreichende nachteilige Folgen verbunden gewesen sind. Die Berechnung des Anhalteweges erfolgte mittels EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm von Prof. Dr. Gratzer, KFZ-Sachverständiger). Der Berufungswerber hielt diesem Beweisergebnis inhaltlich nichts entgegen.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

6.1. Die gesetzlich erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf Freilandstraßen beträgt gemäß § 20 Abs.2 StVO grundsätzlich 100 km/h.

6.1.1. Eine Geschwindigkeitsmessung mittels Lasermeßgerät stellt grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von Fahrzeugen eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar.

Einem mit derartigen Messungen betrauten Beamten ist aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten.

6.2. Der Rüge der eingetretenen Verfolgungsverjährung kommt keine inhaltliche Relevanz zu.

Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt wohl im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis Z5 VStG festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 VStG erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob eine auf den Tatvorwurf bezogene Verfolgungshandlung und der Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit.Judikat). Das an die Tatumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt - siehe auch VwGH 14.12.1985, 85/02/0013 - sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen, zu messendes Erfordernis sein.

Hier wurde der Berufungswerber mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug angehalten. Die bloße Bezeichnung des Motorrades mit dem Kennzeichen und der Type Honda, vermochte ihn in keinen vom § 44a Z1 VStG bezeichneten Schutzzweck verkürzen.

Nicht vergleichbar ist daher das vom Berufungswerber zit.

Erkenntnis vom 23.2.1983, Zl. 82/03/0047. Dieses stellte auf eine Bestrafung wegen der Verwendung eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Verkehr ohne einer angebrachten Begutachtungsplakette ab, wobei die Verfolgungshandlung nur nach dem Kennzeichen erfolgt war, wobei für dieses Kennzeichen als ein Wechselkennzeichen ausgegeben war. In diesem Fall ist offenkundig, daß der Tatvorwurf für eine zweckmäßige Verteidigung u.a. auch das Fahrzeug näher zu bezeichnen hat.

7. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Die von der Erstbehörde hier festgesetze Strafe mit 8.000 S kann jedoch unter den gegebenen spezifischen Umständen nicht gehalten werden.

Hier liegt dem bereits im Tatbestand vertypten Unrecht der denkbar geringste - für derartige Übertretungshandlungen denkbare - objektive Tatunwert zugrunde. Dieser wird einerseits in der unter idealen Bedingungen auf ein Motorrad grundsätzlich zutreffenden anderen Fahrdynamik erblickt.

Hohe Geschwindigkeiten werden in besonders kurzer Zeit erreicht und können typischerweise auch nur auf völlig einsehbaren und gerade verlaufenden Strecken und unter optimalen Bedingungen entwickelt werden. Ebenfalls kann auf Grund der erreichbaren hohen Bremsverzögerungswerte die Geschwindigkeit sehr schnell abgebaut werden, soaß hier die an sich nachteiligen Folgen einer hohen Fahrgeschwindigkeit in Form eines akuten Gefährungspotentials für andere Verkehrsteilnehmer so gut wie auszuschließen waren. Die Schädlichkeit des Verhaltens erschöpfte sich hier (was wohl in den seltensten Fällen in dieser Form zutrifft) daher im Ergebnis bloß auf den nachhaltigen Ungehorsam gegenüber der Gesetzesvorschrift in Form des hohen Überschreitungswertes.

Aus diesem Grund konnte letztlich auch mit einer Geldstrafe von nur 4.000 S das Auslangen gefunden werden. Zu berücksichtigen war zusätzlich noch, daß der Berufungswerber auch noch für zwei Kinder sorgepflichtig ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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