Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520949/16/Ki/Jo

Linz, 15.11.2005

 

 

 

VwSen-520949/16/Ki/Jo Linz, am 15. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn F S, A, L, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. F G und Dr. S S, W, E, vom 08.04.2005 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24.11.2003, VerkR21-643-2003/LL (rechtswirksam zugestellt am 25.03.2005), wegen Entziehung der Lenkberechtigung und Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen zu Recht erkannt:

 

In Stattgebung der Berufung wird der angefochtene Bescheid behoben. Gleichzeitig wird die Herrn S von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 16.08.1990 unter Zahl VerkR-1202/3087/1990 für die Klassen A, B und F erteilte Lenkberechtigung für die Dauer eines Jahres, gerechnet ab Zustellung des Berufungsbescheides, befristet und es werden nachstehende Auflagen erteilt:

Herr S hat sich erstmalig drei Monate nach Zustellung des Berufungsbescheides und in weiterer Folge in regelmäßigen Abständen von drei Monaten einer ärztlichen Kontrolluntersuchung zu unterziehen und folgende Befunde eines Facharztes für Labormedizin der zuständigen Führerscheinbehörde (derzeit Bezirkshauptmannschaft Linz-Land) vorzulegen:

Leberfunktionsproben (MCV, CDT, GammaGT, Cholinesterasen) sowie Drogenmetabolite im Harn (Cannabis).

 

Die Befristung bzw. die Anordnung der Auflagen ist gemäß § 13 Abs.2 FSG in den Führerschein einzutragen, zu diesem Zwecke ist der Führerschein, sofern er nicht der Behörde abgeliefert wurde, unverzüglich der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vorzulegen.

 

Die unter Punkt 3 des angefochtenen Bescheides erfolgte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung wird als rechtmäßig festgestellt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 13 Abs.2 und 24 Abs.1 Z2 FSG;

§ 64 Abs.2 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land Herrn S mit Wirkung vom 07.10.2003 die ihm von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 16.08.1990 unter Zahl VerkR-1202/3087/1990 für die Klassen A, B und F erteilte Lenkberechtigung entzogen, gleichzeitig für die Dauer der Entziehung das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen ausgesprochen und einer allfällig eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land stützte diese Entscheidung auf ein amtsärztliches Gutachten vom 11.09.2003 bzw. vom 23.09.2003, wonach Herr S derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B und F sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen nicht geeignet sei. Er betreibe wiederholten Missbrauch mit psychotropen Substanzen. Die vorgelegten Laborwerte würden auf einen wiederholten Alkoholmissbrauch hinweisen. Aus der amtsärztlichen Untersuchung (Anamnese und Vorgeschichte) habe sich der Verdacht auf eine Alkohol- und Cannabisabhängigkeit ergeben. Durch den erheblich erhöhten CD-Tect-Wert von 8,3 % (Grenzwert 3 %) werde der Verdacht auf eine Abhängigkeit noch erhärtet. Er sei offensichtlich nicht in der Lage, seinen Alkoholkonsum einzuschränken. Die Aufforderung eine psychiatrische Stellungnahme im Sinne des § 14 FSG-GV beizubringen habe er verweigert.

 

Im Interesse der Sicherheit aller Straßenbenützer wären Personen, die zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich nicht ausreichend geeignet sind, unverzüglich von der Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrzeuglenker auszuschließen und es sei daher wegen Gefahr im Verzug im Interesse des öffentlichen Wohles einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen.

 

2. Herr S erhob gegen diesen erst am 25.03.2005 an den Rechtsvertreter rechtswirksam zugestellten Bescheid mit Schriftsatz vom 08.04.2005 Berufung mit dem Antrag, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Im Wesentlichen führt er aus, die Annahme der belangten Behörde, er sei zum Lenken von Kraftfahrzeugen und Motorfahrrädern nicht geeignet, sei unbegründet und gründe insbesondere nicht auf einem schlüssigen Gutachten. Insbesondere sei auch der Befund über den CD-Tect-Wert nicht geeignet, die diesbezügliche Annahme der Behörde zu stützen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung weiterer Gutachten.

 

Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat zunächst eine Amtsärztin der Abteilung Landessanitätsdirektion des Landes Oberösterreich ersucht, Herrn S einer amtsärztlichen Untersuchung hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B und F bzw. von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen zu unterziehen bzw. ein amtsärztliches Gutachten zu erstellen.

 

Im Zuge dieser amtsärztlichen Untersuchung wurde dem Berufungswerber aufgetragen, die fachärztliche Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie zu erbringen.

 

Herr S legte daraufhin ein psychiatrisches Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Dr. C Z, vom 12.06.2005 vor. Die Gutachterin stellte fest, dass sowohl der bisherige Alkohol- als auch Drogenkonsum den dringenden Verdacht auf ein Abhängigkeitssyndrom erheben würden. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1, Klasse A und B und der Klasse F durch Herrn S könne somit derzeit nicht befürwortet werden. Das Gutachten beruht laut Angabe der Ärztin auf einer Befunderhebung am 09.06.2005 in ihrer Ordination, einem Begleitschreiben der Amtsärztin sowie Laboruntersuchungen vom 05.08.2003 sowie 25.01.2005.

 

Unter Zugrundelegung dieses psychiatrischen Gutachtens vom 12.06.2005 stellte die Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung gutächtlich fest, dass die Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 Klasse A, B und F nicht gegeben sei und dies ebenso auf Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge zutreffe.

 

Das amtsärztliche Gutachten vom 22.06.2005 einschließlich des diesem Gutachten zu Grunde liegenden psychiatrischen Gutachtens wurde Herrn S im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnisnahme übermittelt und er legte in der Folge ein weiteres neurologisches und psychiatrisches Gutachten des Univ. Prof. Dr. E D vom 25.07.2005 vor. Dr. D stellte in seinem Gutachten zusammenfassend fest, dass es sich beim CDT-Wert um einen Biomarker handle, der eine Funktion von vorhergehendem Alkoholkonsum sei, dass aber konstante zahlenmäßige Korrelationen zwischen Alkoholkonsum und Höhe des CDT-Wertes nicht verlässlich genug gegeben seien. Es sei zu befürworten, Herrn S den Führerschein zu belassen. Inhaltlich befasst sich dieses Gutachten im Wesentlichen mit der Problematik von CDT-Werten.

 

Das neurologische und psychiatrische Gutachten wurde wiederum der Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung mit dem Ersuchen um amtsärztliche Beurteilung übermittelt.

 

In ihrem Gutachten vom 29.09.2005 stellte die Amtsärztin fest, dass den beiden inhaltlich völlig konträren fachärztlichen Stellungnahmen auf fachlich gleicher Ebene zu begegnen wäre und die Einholung einer weiteren fachärztlich psychiatrischen Stellungnahme für eine weitere Beurteilung erforderlich sei. Sie vertrat jedoch auch die Auffassung, dass aus ihrer Sicht denkbar wäre, dass nach Beibringung normaler Leberfunktionsparameter (MCV, CDT, Gamma-GT, Cholinesterasen bzw. eines negativen Tests auf Drogenmetabolite, Cannabis im Harn) vorerst die Lenkberechtigung mit einer zeitlichen Befristung auf ein Jahr unter Vorlage regelmäßiger Leberfunktionsproben (MCV, CDT, Gamma-GT, CHE) sowie Drogenmetabolite im Harn (Cannabis) im Abstand von drei Monaten ausgestellt werden könne.

 

In einer weiteren Stellungnahme vom 24.10.2005 führte die Amtsärztin dann aus, dass Herr S einen labormedizinischen Befundbericht, erstellt am 07.10.2005, vorgelegt hat. Aus diesem Laborbefund sei ein CDT-Wert von 2,13 % zu entnehmen, welcher insofern zu interpretieren sei, dass ein Hinweis auf chronischen Alkoholabusus (bei einem Wert größer als 1,8 %) bestehe und weitere Kontrollen angeraten wären. Unter Alkohlabusus verstehe man den schädlichen Gebrauch von Äthylalkohol, der körperliche, psychische und soziale Schäden nach sich ziehen könne. Es sei deshalb unbedingt notwendig, nachweislich kontrollierte Alkohol- und Drogenabstinenz mit regelmäßigen Kontrollen von alkoholspezifischen Laborparametern (MCV, CDT, Gamma-GT, Cholinesterasen) sowie Drogenmetabolite im Harn (Cannabis) als Voraussetzung für den Erhalt der Lenkberechtigung zu fordern.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2-4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

 

Das durchgeführte Berufungsverfahren hat ergeben, dass Herr S zur Zeit zwar gesundheitlich geeignet ist, Kraftfahrzeuge der Klassen A, B und F sowie auch Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge oder Invalidenkraftfahrzeuge zu lenken, weshalb aus diesem Grunde der Entzug der Lenkberechtigung bzw. das Lenkverbot zu beheben waren, andererseits jedoch ein schädlicher Gebrauch von Alkohol bzw. Drogen nicht so ohne weiteres ausgeschlossen werden kann.

 

Das im Berufungsverfahren erstellte amtsärztliche Gutachten, welches unter Zugrundelegung der oben angeführten psychiatrischen Gutachten erstellt wurde, erscheint dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schlüssig und widerspruchsfrei, sodass keine Bedenken bestehen, dieses der Entscheidung zu Grunde zu legen.

 

Im Ergebnis kann daher, wie bereits dargelegt wurde, davon ausgegangen werden, dass Herr S derzeit die gesundheitliche Eignung in ausreichendem Maße aufweist, dass aber konkret nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch allfälligen Alkohol- bzw. Drogenmissbrauch eine Gesundheitsschädigung eintreten könnte, welche die Eignung letztlich ausschließen würde.

 

Entsprechend dem Vorschlag der Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung war daher die Lenkberechtigung zunächst für die Dauer von einem Jahr zu befristen und es waren überdies die im Spruch bezeichneten Auflagen vorzuschreiben.

 

Der Berufungswerber wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, sollte er den Auflagen nicht entsprechen bzw. falls die Laborwerte auf eine gesundheitsschädigende Tendenz hinweisen würden, mit dem sofortigem Entzug der Lenkberechtigung bzw. dem Ausspruch eines Lenkverbotes zu rechnen ist. Weiters wäre rechtzeitig vor Ablauf der Befristung ein entsprechender Antrag auf (Weiter-) Erteilung der Lenkberechtigung bei der zuständigen Führerscheinbehörde einzubringen.

 

Der Auftrag zwecks Vorlage des Führerscheines gründet sich auf § 13 Abs.2 FSG.

 

Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung wird festgestellt, dass grundsätzlich davon ausgegangen werden muss, dass Verkehrsteilnehmer, welche die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Fahrzeugen nicht besitzen, eine enorme Gefahr für die allgemeine Verkehrssicherheit bedeuten, diesbezüglich kann die Behörde natürlich nur eine Prognosenentscheidung treffen.

 

Auf den konkreten Fall bezogen hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Recht eine Gefahr in Verzug angenommen und daher im Interesse des öffentlichen Wohles die aufschiebende Wirkung aberkannt. Herr S wurde hiedurch nicht in seinen Rechten verletzt.

 

6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei darauf hingewiesen wird, dass die Berufung im gegenständlichen Fall mit 13 Euro zu vergebühren ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

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