Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520954/10/Bi/Be

Linz, 04.07.2005

 

 

 VwSen-520954/10/Bi/Be Linz, am 4. Juli 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn G P, vom 25. April 2005 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 21. April 2005, FE-461/2005, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung, aufgrund des Ergebnisses der am 23. Juni 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Entziehungsdauer auf fünf Monate, gerechnet ab 29. März 2005, dh bis zum 29. August 2005, herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) unter Bestätigung des Mandatsbescheides vom 31. März 2005 die von der BPD Linz am 24. September 1998, F 6193/1998, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 7, 24, 25 und 29 FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab 29. März 2005, entzogen, eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker angeordnet, wobei die Nachschulung spätestens bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung zu absolvieren sei, und spätestens bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung die Beibringung eines amtsärzlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme verlangt. Weiters wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG einer Berufung die aufschiebende Wirkung versagt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 21. April 2005.

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Am 23. Juni 2005 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, des Vertreters der Erstinstanz Mag. Xx sowie der Zeugen C N, D H und RI A L durchgeführt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe keine Gelegenheit gehabt, den angeblichen Schaden bei der Polizei zu melden, weil diese ohnehin aufgrund des Anrufes des "Unfallgegners" am Tatort erschienen sei. Er habe keinen Schaden am gegnerischen Fahrzeug feststellen können, bei seinem Pkw habe nur ein Splitter von Blinkerglas gefehlt. Daher sei es auch zum Disput mit dem Anzeiger gekommen. Es treffe nicht zu, dass er besonders verkehrsunzuverlässig wäre, auch wegen seines bisherigen Verhaltens im Straßenverkehr - er sei ca 20 Jahre unfallfrei gefahren. Die Verweigerung des Alkotests sei eine Panikreaktion gewesen, er sei wegen des vorherigen Disputes aufgeregt gewesen. Er habe mit der Justiz noch nie zu tun gehabt und sei unbescholten, deshalb beantrage er die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf das Mindestmaß von 4 Monaten.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht gemäß § 289 StGB einvernommen wurden..

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw lenkte am 29. März 2005 gegen 21.00 Uhr seinen Pkw L-6911P in Linz, Siemensstraße, und versuchte, auf Höhe des Hauses Nr.22 parallel einzuparken. Seine Umständlichkeit dabei wurde von den Zeugen N und H beobachtet. Der Zeuge Nl beobachtete auch, dass der Bw schließlich die Stoßstange des von der Zeugin H eingeparkten Pkw, der auf deren Mutter zugelassen ist, streifte. Da der Bw nach dem Einparken im Fahrzeug sitzen blieb, besah der Zeuge mittels einer Taschenlampe den Pkw H und stellte fest, dass an beiden Pkw insofern ein Sachschaden entstanden war, als der Pkw H Schleifspuren an der linken hinteren Stoßstange und der Pkw des Bw rechts vorne ein zerbrochenes Blinkerglas und ebenfalls Abriebspuren an der Stoßstange aufwies.

Er klopfte dem im Fahrzeug sitzenden Bw und stellte nach dem Öffnen der Fahrzeugtür eine Alkoholfahne fest. Der Bw bestritt die Verursachung eines Verkehrsunfalls ebenso wie die Beschädigung und behauptete, er sitze schon zwei Stunden im Pkw. Als er ausstieg, lehnte er sich an seinen Pkw, weil er nach Eindruck des Zeugen fast nicht mehr stehen konnte. Im Lauf des darauffolgenden Streitgespräches rief der Zeuge die Polizei. Der Bw versuchte, in Richtung seines Wohnhauses - dem Zeugen N war der Bw vom Sehen her bekannt, allerdings weder der Name noch die genaue Adresse - zu gehen, jedoch wurde er dabei vom Zeugen insofern "begleitet", als ihn dieser zwar nicht festhielt, jedoch dirigierte. Auf diese Weise kamen beide zu den Unfallfahrzeugen zurück, als der Meldungsleger RI L (Ml) eintraf. Der Bw behauptet auch diesem gegenüber, keinen Verkehrsunfall und keinen Schaden verursacht zu haben, wobei er sich insofern widersprach, als er einmal das Lenken des Pkw abstritt und dann wieder zugab. Da der Bw nach Alkohol roch und einen schwankenden Gang aufwies, forderte ihn der Ml zum Alkotest auf, den der Bw trotz mehrmaliger Aufforderung verweigerte, sodass die Amtshandlung um 21.45 Uhr beendet wurde.

Die Zeugen N und H schilderten das Verhalten des Bw und seinen Zustand in der mündlichen Verhandlung anschaulich und glaubhaft. Der Ml bestätigte die Verweigerung des Alkotests. Der Bw machte geltend, die Haftpflichtversicherung habe den Schaden schon bezahlt und gab die Verweigerung des Alkotests zu, führte aber aus, er habe nur vom Hörensagen gewusst, dass die Folgen einer Verweigerung mit denen bei einem bestimmten Alkoholwert gleichgesetzt würden. Der Ml betonte, der Bw habe sich bei seinem Eintreffen ca 50 m von den Fahrzeugen weg befunden, sei aber anstandslos mit dem Zeugen N mitgegangen, als ihn dieser zurückdirigiert habe.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz zu beurteilen ist.

Gemäß § 26 Abs.2 FSG ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens steht unzweifelhaft und auch von Bw unbestritten fest, dass der Bw nach dem Lenken eines Pkw am 29. März 2005, 21.00 Uhr, der Aufforderung des Ml, dessen Vermutung, der Bw könnte sich beim Lenken des Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben, durch die geschilderten Alkoholisierungssymptome wie Alkoholgeruch der Atemluft und "Gleichgewichtsprobleme" nachvollziehbar ist, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, keine Folge geleistet hat. Er hat damit den Tatbestand gemäß §§ 5 Abs.2 iVm 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 erfüllt und daher - erstmalig - eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht.

Fest steht auch, dass der Bw beim Einparken in der Siemensstraße 22 einen Verkehrsunfall mit Sachschaden beim dort geparkten, auf die Mutter der Zeugin H zugelassenen Pkw verursacht hat. Der Vorwurf der Fahrerflucht insofern, als der Bw sich von der Unfallstelle entfernt hat, konnte in der Verhandlung weitgehend entkräftet werden, weil der Bw mit dem Zeugen N von sich aus mitgegangen und damit freiwillig zum Unfallort zurückgekehrt ist, als die Polizei eintraf. Eine Nichtmitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung im Sinne des § 4 Abs.1 lit.c StVO war daher nicht gegeben.

Die Mindestentziehungsdauer für Übertretungen gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 beträgt gemäß § 26 Abs.2 FSG vier Monate. Darin ist aber das zusätzliche Verschulden eines Verkehrsunfalles nicht mitberücksichtigt. Schon im Hinblick darauf kann mit einer Mindestentziehungsdauer von vier Monaten nicht das Auslangen gefunden werden.

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss gefährdet massiv die Verkehrssicherheit, weshalb diese an sich schon gefährliche Tätigkeit des Lenkens nur Menschen gestattet werden kann, die das erforderliche Verantwortungsbewusstsein und die charakterliche Einstellung haben und nicht noch zusätzlich zu einer Erhöhung der Gefahren beitragen. Der Bw hat nach Alkoholgenuss einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht, wobei im Hinblick auf die Verwerflichkeit zu betonen ist, dass er beim Einparken gegen einen ordnungsgemäß abgestellten Pkw gestoßen ist, dh ein Fahrzeug, dessen Position er schon beim Herannahen wahrzunehmen in der Lage war, und damit nicht erst im Verkehrsgeschehen falsch reagiert hat sondern schon nicht mehr in der Lage war, gegebene, vorhersehbare und berechenbare Umstände in sein Verhalten "einzubauen". Die Verkehrszuverlässigkeit des Bw besteht daher zweifellos nicht mehr und es bedarf jedenfalls eines Zeitraumes von jedenfalls 5 Monaten, um ihm die Möglichkeit zu geben, diese wiederzuerlangen.

Die Herabsetzung der Entziehungsdauer gegenüber der seitens der Erstinstanz ausgesprochenen von sechs Monaten ist insofern gerechtfertigt, als, wie oben ausgeführt, der Bw von sich aus mit dem Zeugen N an die Unfallstelle zurückgekehrt ist und daher nicht anzunehmen ist, dass er Fahrerflucht begehen wollte.

Es ist somit anzunehmen, dass der Bw seine Einstellung im Hinblick auf seine aktive Teilnahme am Straßenverkehr nach Alkoholkonsum nach Ablauf des Entziehungszeitraumes insoweit geändert haben wird, dass er wieder verkehrszuverlässig ist.

Die Entziehung der Lenkberechtigung ist keine Strafe, sondern eine Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor verkehrsunzuverlässigen Personen (vgl VwGH 30.5.2001, 2001/11/0081, mit Hinweis auf 24.8.1999, 99/11/0166).

Gemäß § 24 Abs.3 FSG hat die Behörde unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Im Rahmen eines amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen ... Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme abzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht ..., endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

Die Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker entspricht der gesetzlich vorgesehenen Folge der Entziehung der Lenkberechtigung. Die Vorschreibung einer amtsärztlichen Untersuchung und der Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme war auf dieser Grundlage ebenfalls gerechtfertigt.

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 
 

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