Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520983/2/Fra/He

Linz, 12.08.2005

 

 

 

VwSen-520983/2/Fra/He Linz, am 12. August 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn JA vertreten durch die Anwaltsgesellschaft mbH H & P gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 12.5.2005, VerkR21-457-2004-Lai, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, F und G, Führerschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 8.1.1996, Zl. VerkR20-37-1996/Gm, für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen. Gemäß 3 29 Abs.3 FSG wurde angeordnet, dass der Bw den Führerschein unverzüglich nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides auszuliefern hat.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

 

3. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage:

 

Der Bw wurde mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 18.5.2004, Zl. 15.12004/1636, bestraft, weil er am 8.4.2004 um 12.12. Uhr in der Gemeinde Seltzhal, auf der A 9/Freiland, Strkm. 1,7, Richtung Liezen, als Lenker des Pkw´s GM-......... die in diesem Bereich kundgemachte höchst zulässige Geschwindigkeit von 80 km/h um 60 km/h überschritten hat, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen wurde. Die belangte Behörde hat nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens am 21.6.2004 diesen Sachverhalt dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt und ist davon ausgegangen, dass der Bw eine Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z4 FSG verwirklicht hat.

 

 

4. Der unter Punkt 3. dargestellte Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr ........... gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z4 hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs.3 Z3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs.1, 2 oder 4 vorliegt - die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

 

Der Bw argumentiert, dass der angefochtene Bescheid deshalb rechtwidrig sei, weil diesem offenbar die Auffassung zugrunde liegt, er würde die Verkehrszuverlässigkeit erst ca. 11 Monate nach Zustellung des Schreibens vom 21.6.2004 und weit mehr als ein Jahr nach Begehung nach der Übertretung vom 8.4.2004, wiedererlangen. Die belangte Behörde erkenne richtig, dass er keine Vorstrafen aufweise, dazu komme, dass er nach der Tat bis Zustellung des angefochtenen Bescheides, also länger als ein Jahr, weiterhin im Besitz einer Lenkberechtigung gewesen ist und sich in dieser Zeit wohlverhalten habe. Die Auffassung der belangten Behörde, dass er nicht mehr verkehrszuverlässig wäre und die Verkehrszuverlässigkeit erst wieder nach Ablauf der Entziehungsdauer wiedererlangt werden könne, sei verfehlt.

 

Der Bw ist mit seinem Vorbringen aus folgenden Gründen im Ergebnis im Recht:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt ein Delikt iSd § 7 Abs.3 Z4 FSG jedenfalls dann nicht mehr die Entziehung der Lenkberechtigung der betreffenden Person, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen und die betreffende Person in dieser Zeit im Verkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (vlg. VwGH vom 24.4.2001, 99/11/0210 uva). Im konkreten Fall ist zwar zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens kein Jahr verstrichen, doch der angefochtene Bescheid wurde erst nach mehr als einem Jahr nach der Tat zugestellt. Es ist jedoch auch ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine Entziehung der Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) zufolge § 25 Abs.3 leg.cit. nur dann rechtmäßig ist, wenn die Behörde aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides annehmen darf, es liege Verkehrsunzuverlässigkeit vor und es werde die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von drei Monaten eintreten (vgl. VwGH 23.4.2002, 2001/11/0149 mit weiteren Nennungen).

 

Analog betrachtet ist somit der Bw mit seinem Argument im Recht, wenn er vorbringt, dass dem angefochtenen Bescheid implizit die Auffassung zugrunde liegt, er würde die Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf des Zwei-Wochen-Entzuges erlangen, obwohl er in der Zwischenzeit im Besitz der Lenkberechtigung war. Geht man von der Einleitung des Verwaltungsverfahrens aus, würde dies, gerechnet ab Zustellung des angefochtenen Bescheides ca. 11 Monate betragen, geht man vom Datum des Begehens der Übertretung aus, weit mehr als ein Jahr. Geht man vom Zeitpunkt der Zustellung der Berufungsentscheidung aus, verlängert sich dieser Zeitraum entsprechend der Dauer des Berufungsverfahrens.

 

Der Oö. Verwaltungssenat geht nun mit der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes insofern konform, dass, ausgehend von der Überlegung, dass eine Entziehung ohne Wertung der zugrunde liegenden bestimmten Tatsache für eine im Gesetz selbst fixierte verhältnismäßig kurze Zeit - wie gegenständlich - in möglichst großer zeitlicher Nähe zu der bestimmten Tatsache (hier: der Geschwindigkeitsüberschreitung) erfolgen soll. Dem Umstand der seit der Tat verstrichenen Zeit und dem Verhalten in dieser Zeit muss Bedeutung beigemessen werden, da es nicht angeht, die Entziehung für eine verhältnismäßig geringfügige pauschale Dauer auch noch lange Zeit nach der Begehung des entsprechenden Deliktes bei anschließendem Wohlverhalten zu verfügen, zumal zu diesem Zeitpunkt von einer aktuellen Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person nicht mehr gesprochen werden kann (VwGH 17.12.1998, 98/11/0227). Da zum Zeitpunkt dieser Berufungsentscheidung die vom Bw verwirklichte Tatsache rund 16 Monate und der Zeitpunkt der Einleitung des Ermittlungsverfahrens rund 14 Monate zurückliegt, ist die Annahme, der Bw wäre zum Zeitpunkt dieser Berufungsentscheidung noch verkehrsunzuverlässig, nicht mehr gerechtfertigt.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Dr. F r a g n e r

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