Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520997/2/Fra/He

Linz, 03.08.2005

 

 

 VwSen-520997/2/Fra/He Linz, am 3. August 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn HU gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30. Mai 2005, VerkR21-270-2005, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 11.7.2000 unter Zahl VerkR20-3018-2000/LL, für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung entzogen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass dem Bw die Lenkberechtigung für den Zeitraum von drei Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung entzogen wird und vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden darf. Weiters wurde der Bw aufgefordert, den über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerschein unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzuliefern, widrigenfalls er sich strafbar mache.

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Der Bw bringt vor, er habe noch nie eine strafbare Handlung durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr begangen. Er habe seinen schweren Fehler eingesehen und natürlich daraus gelernt. Für ihn wäre ein Führerscheinentzug eine Katastrophe, weil er derzeit mit seiner kleinen dreijährigen Tochter allein lebe, die er mindestens viermal pro Woche wegfahren müsse. Zudem komme noch, dass er vor kurzer Zeit eine Bandscheibenoperation hatte und er dreimal pro Woche zur Therapie fahren müsse. Seinen Vater, der schwer herz- und lungenkrank sei, müsse er ebenfalls mehrmals zum Arzt fahren. Er sei sich sicher, dass er nie wieder einen so schwerwiegenden Fehler im Straßenverkehr machen werde.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Für den Berufungsfall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG, maßgebend:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung der Lenkberechtigung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Absatz 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

3.2. Die belangte Behörde ging sachverhaltsmäßig davon aus, dass der Bw am 17.10.2004 um 13.32 Uhr im Gemeindegebiet von Linz, auf der A 1, Westautobahn, bei Strkm. 164,900, in Fahrtrichtung Wien, das Kraftfahrzeug Pkw, Kz: LL-....... gelenkt und dabei eine Übertretung gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 begangen hat. Er habe bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 130 km/h nur einen Sicherheitsabstand von 0,3 Sekunden eingehalten. Diese Übertretung sei mit dem in dem Dienstkraftwagen des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Kennzeichen: BG ........, eingebauten, geeichten Verkehrskontrollsystem festgestellt worden.

 

Unstrittig ist, dass der Bw mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.3.32005, GZ: VerkR96-7109-2005, wegen Übertretung des § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 rechtskräftig bestraft wurde. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist an diese rechtskräftige Strafverfügung gebunden.

 

Nach § 7 Abs.3 Z3 FSG kommt es nicht darauf an, ob das Verhalten des Lenkers tatsächlich zu einer gefährlichen Situation geführt hat oder tatsächlich besonders rücksichtslos war, sondern darauf, ob dieses an sich geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften zu verstoßen.

 

Der Bw hat sohin mit der von ihm begangenen Verwaltungsübertretung eines seine Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z3 leg.cit. verwirklicht.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 Abs.1 StVO 1960 muss der Sicherheitsabstand beim Hintereinanderfahren immer so gewählt werden, dass ein rechtzeitiges Anhalten auch dann möglich ist, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird: Wer selbst den erforderlichen Sicherheitsabstand unterschreitet, darf iSd § 3 StVO 1960 auch nicht darauf vertrauen, dass das vordere Fahrzeug nicht plötzlich abgebremst wird. Es muss bedacht werden, dass das vordere Fahrzeug auch aus Gründen plötzlich abgebremst werden könnte, die nur für den Lenker dieses Fahrzeuges erkennbar sind und mit der sonstigen Verkehrssituation nichts zu tun haben (beispielsweise kann der Fahrzeuglenker erschrecken oder aus rein subjektiven Gründen eine aus der Verkehrssituation objektiv nicht notwendige Vollbremsung durchführen). Der Bw hat sohin durch das erhebliche Unterschreiten des notwendigen Sicherheitsabstandes jedenfalls im hohen Grad die abstrakte Gefahr eines Auffahrunfalls hervorgerufen. Dieser Auffahrunfall wäre im Falle einer bloß geringfügigen Abbremsung des Vorderfahrzeuges für den Bw nicht mehr vermeidbar und sohin geeignet gewesen, in dieser Situation einen Verkehrsunfall mit daraus resultierenden schwerwiegenden Folgen auszulösen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass ein derartiger Geschehensablauf für viele Massenkarambolagen geradezu typisch ist. Das daraus resultierende hohe Gefahrenpotential ist erheblich, woraus ersichtlich ist, dass das Verhalten des Bw an sich geeignet war, in abstrakter Form besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen.

 

Gemäß § 7 Abs.3 iVm Abs.1 FSG wird nicht jemand durch seine Bestrafung verkehrsunzuverlässig, sondern durch das Begehen des Deliktes, also durch die Tathandlung selbst. Der Bw war sohin durch die Verwirklichung einer Tatsache
iSd § 7 Abs.3 Z3 leg.cit. mit Sicherheit drei Monate verkehrsunzuverlässig (siehe
§ 25 Abs.3 FSG). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss im Zeitpunkt der Bescheiderlassung die Annahme gerechtfertigt sein, dass die Verkehrsunzuverlässigkeit zumindest noch eine Zeitspanne von drei Monaten (weiter) bestehen muss, mit anderen Worten: Eine Entziehung der Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) ist zufolge § 25 Abs.3 leg.cit. nur dann rechtmäßig, wenn die Behörde aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides annehmen darf, es liege Verkehrsunzuverlässigkeit vor und es werde die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von drei Monaten eintreten (vgl. VwGH vom 23.4.2001, 2001/11/0149 mit weiteren Nennungen).

 

Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist jedoch die Annahme, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Bw nicht vor Ablauf von drei Monaten eintreten wird, nicht mehr gerechtfertigt, denn dies käme einer Verkehrsunzuverlässigkeit von rund 10 1/2 Monaten gleich. Umso weniger ist die Annahme gerechtfertigt, der Bw wäre zum Zeitpunkt dieser Berufungsentscheidung noch weitere drei Monate verkehrsunzuverlässig.

 

Aus den genannten Einwänden war spruchgemäß zu entscheiden.

 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 
 

Dr. F r a g n e r

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