Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104107/2/Br

Linz, 11.11.1996

VwSen-104107/2/Br Linz, am 11. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn J, vertreten durch Dr. M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 30. September 1996, VerkR96-10816-1996/Mr, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.

471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat über den Berufungswerber mit dem Straferkenntnis vom 30. September 1996, Zl.: VerkR-96-10816-1996/Mr, wegen der Übertretung nach § 134 Abs.1 iVm § 75 Abs.4 KFG und dem Bescheid dieser Behörde vom 25. Juni 1996, Zl.

VerkR21-720-1996/LL/Mr, eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall vier Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil es der Berufungswerber trotz eingetretener Vollstreckbarkeit des Lenkerberechtigungsentzugsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 25. Juni 1996, Zl. VerkR21-720-1996-/LL/Mr, bis einschließlich 25.6.1996 unterlassen habe, der Behörde weder den über die entzogene Lenkerberechtigung ausgestellten Führerschein noch eine diesbezügliche Verlustbestätigung abzuliefern.

1.1. Die Erstbehörde wies begründend im wesentlichen auf die bezogene Gesetzesstelle hin, wonach einzige Voraussetzung für die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines die Vollstreckbarkeit des Entzugsbescheides sei.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit der fristgerecht durch seinen ag. Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Er führt inhaltlich aus, dass die Bestimmung des § 75 Abs.4 KFG nicht derart extensiv ausgelegt werden dürfe, weil die Ablieferungspflicht des Führerscheines nicht auch jene der Verlustbestätigung hinsichtlich dieses Führerscheines umfasse. Wegen des (behaupteten) zwischenzeitigen Verlustes des Führerscheines sei ihm die Abgabe nicht möglich gewesen. Es sei ihm - entgegen der Annahme der Erstbehörde - nicht bewußt gewesen, dass er anstelle des Führerscheines eben diese Bestätigung abgeben hätte sollen.

Er beantragte die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung.

2.1. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Recht! 3. Die Erstbehörde hat den Akt in Form eines losen und nicht durchnumerierten Konvolutes zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war wegen der in der Berufung im Ergebnis bloß auf rechtliche Belange hinauslaufende Rügen und weil ferner vom Berufungswerber eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht beantragt wurde und letztlich sich schon aus der Aktenlage die Notwendigkeit zur Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses ableitete, nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in das von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vorgelegte Aktenmaterial. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung erforderliche Sachverhalt in schlüssiger Weise.

5. Folgender Sachverhalt war als erwiesen anzusehen:

5.1. Dem Berufungswerber wurde mit dem oben näher bezeichneten Bescheid vom 25. Juni 1996 in dessen Punkt I.

die Lenkerberechtigung der Gruppen A u. B für die Dauer von 18 Monaten entzogen. Dieser Bescheid wurde dem Berufungswerber an einem aus dem vorgelegten Akt nicht ersichtlichen Datum (wohl nicht - wie im Straferkenntnis ausgeführt - am 23. Juni 1996) zugestellt. Es ist nicht nachvollziehbar, auf Grund welchen Auftrages (laut Bericht des Gendarmeriepostens E vom 23. Juni 1996) bereits der Führerschein schon zu diesem Zeitpunkt eingezogen werden sollte, wenn der Entzugsbescheid erst mit 25. Juni 1996 datiert und daher frühestens wohl mit diesem Datum erlassen worden sein konnte. Aus den im Akt erliegenden inhaltsgleichen Berichten des GP E (die vermutlich gesondert ausgefertigt und gegengezeichnet wurden) findet sich ein Rückschein angeschlossen, nach welchem unter gleicher Aktenzahl dem Berufungswerber am 23. Juni 1996 bereits ein Bescheid vom 20. Juni 1996 zugestellt worden ist.

Im Punkt II. des Bescheides vom 25. Juni 1996 wurde ferner die Verpflichtung zur unverzüglichen Ablieferung des Führerscheines bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ausgesprochen. Dieser Aufforderung kam der Berufungswerber nicht nach, weil er seinen Führerschein, wie er anläßlich einer Anzeige vom beim GP E vom 3. Juli 1996 angab, angeblich schon um den 23. Juni 1996 verloren gehabt hätte. Die diesbezügliche Bestätigung wurde dem Berufungswerber wegen des erfolgten Entzuges der Lenkerberechtigung nicht ausgefolgt, sondern mit einem Bericht des GP E vom 3. Juli 1996 der Erstbehörde eingesandt.

5.2. Die Tatsache des angeblichen Führerscheinverlustes ist, wenn auch angesichts der Sachlage wohl hinterfragenswürdig, letztlich aber als unwiderlegbare Tatsache anzusehen. Immerhin würde eine diesbezüglich wahrheitswidrige Angabe allenfalls sogar einen gerichtlich strafbaren Tatbestand erfüllen.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgendes erwogen:

6.1. Es trifft wohl zu, dass gemäß § 75 Abs.4 KFG, nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkerberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern ist.

Nun ist aber von einem Beweisergebnis auszugehen, dass diese Ablieferung wegen des vorliegenden Verlustes dieses Dokumentes, diesem gesetzlichen Befehl objektiv nicht nachgekommen werden konnte. Dabei vermochte der Erstbehörde nicht dahingehend gefolgt werden, dass im Falle dieses Verlustes anstatt des Führerscheines eben eine Verlustbestätigung (unverzüglich) abgegeben werden hätte müssen. Grundsätzlich ist auch ein Bescheid zuerst in seinem objektiven Erklärungsinhalt (grammatikalisch) auszulegen. Allfällige andere Willensinhalte, selbst wenn diese durchaus logisch scheinen, vermögen weder einen über den Erklärungsinhalt hinausgehenden, noch einen hinter diesem zurückbleibenden normativen Charakter entfalten.

Die Abgabeverpflichtung auch einer Verlustbestätigung kann im normativen Inhalt des Bescheides vom 25. Juni 1996 nicht erblickt werden.

Nachdem im Strafverfahren ein Analogieverbot herrscht, ist eine Ausdehnung der im Bescheid ausgesprochenen Anordnung - nämlich auf die unverzügliche Abgabe auch einer Verlustbestätigung - nicht zulässig.

6.2. Der Schuldspruch ist somit mit Rechtswidrigkeit behaftet. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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