Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104112/2/Br

Linz, 11.11.1996

VwSen-104112/2/Br Linz, am 11. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau C, vertreten durch die RAe Dres. H, K, H, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 2.

Oktober 1996, Zl. III/S 20.817/96-3, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden der Berufungswerberin als Kosten für das Berufungsverfahren 400 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über die Berufungswerberin wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz wegen der Übertretung nach § 64 Abs.1 iVm § § 64 Abs.5 u. § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil sie am 7. Juli 1996 um 19.35 Uhr ein nach dem Kennzeichen bestimmtes KFZ mit einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung gelenkt habe, obwohl dies nicht mehr zulässig gewesen sei, weil seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes bereits mehr als ein Jahr verstrichen war.

1.1. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung auf den Zeitpunkt der Wohnsitzbegründung, welche laut Aktenlage am 8. Mai 1995 an der obigen Adresse erfolgt sei. Die Erstbehörde führte weiter aus, dass die Berufungswerberin sich nicht auf einen Rechtsirrtum berufen könne, weil sie sich eben mit den einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften vertraut zu machen gehabt hätte. Ebenfalls erblickte die Erstbehörde in der Übertretung keine bloß unbedeutende Folgen und kein geringes Verschulden, sodaß die Anwendung des § 21 VStG für sie nicht in Betracht kam. Vielmehr vermeinte die Erstbehörde, dass einer derartigen Übertretung mit Strenge entgegenzutreten sei, weil es sich beim Lenken ohne Lenkerberechtigung um einen der gröbsten Verstöße gegen des Kraftfahrgesetz handle.

Die Erstbehörde ging von einem Einkommen in der Höhe von 10.000 S monatlich aus.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führen die Rechtsvertreter der Berufungswerberin eingangs aus, dass ein Verschulden der Berufungswerberin ohnedies nicht in Abrede gestellt werde und somit der Hinweis der Erstbehörde über die bestehende Informationspflicht betreffend der spezifischen Rechsvorschriften überflüssig wäre. Jedoch, so die Berufungswerberin, sei ihr Verschulden ein äußerst geringes.

Ferner wird vermeint, es sei nicht für jedermann einzusehen, dass ein Verhalten welches ein Jahr erlaubt sei, einen Tag später schon verboten sein soll. In der Folge wird zum Teil weitschweifig dargelegt, dass durch eine von der Fremdenbehörde zu vertretende Verzögerung für die Antragstellung zur Erteilung der Aufenthaltsbewilligung die Jahresfrist eben erst mit dem Zeitpunkt der Antragstellung zu laufen begonnen hätte. Die Ausführungen in der Berufung verbreitern sich in der Folge auf rechtspolitische Überlegungen, wobei (in juristisch nicht mehr nachvollziehbaren Weise) vermeint wird, dass der Eindruck entstünde, Gesetze verfolgten oft gar keinen Zweck.

Die Berufungswerberin tritt ferner der Ansicht der Erstbehörde entgegen, dass diese Übertretung einen der gröbsten Verstöße im Kraftfahrrecht darstelle und verweist diesbezüglich auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes.

Abschließend wird noch eine beweisbare Falschauskunft durch die Behörde und die diesbezüglich unterbliebene Einvernahme eines Zeugen gerügt. Nämlich dass ein Antrag nach § 64 Abs.6 KFG nur bei Vorliegen einer Aufenthaltsbewilligung zulässig sei.

Die Berufungswerberin beantragt abschließend die Verfahrenseinstellung oder in eventu die Anwendung des § 21 VStG.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt in ausreichendem Umfang.

3.1. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da die Berufung sich im Ergebnis nur auf rechtliche Rügen und im Ergebnis auch nur gegen das Strafausmaß bezieht, ferner auch eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und letztlich ein gesonderter Antrag auf eine Berufungsverhandlung nicht gestellt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.1 und 2 VStG).

3.1.1. Der unabhängige Verwaltungssenat erblickt die seit 8. Mai 1995 bestehende polizeiliche Meldung als die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes. Die Berufungswerberin vermag mit der angeblich verspäteten Erteilung der Aufenthaltsberechtigung nicht darzutun, dass sie den Wohnsitz mit diesem Zeitpunkt noch nicht begründet hätte oder dieser Umstand einer Wohnsitzbegründung entgegenstehen könnte. Vielmehr ist das Betreiben der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung ein schlüssiges Indiz für die Begründung eines Wohnsitzes, welche eben in dem dadurch zum Ausdruck kommenden Willen einen Beweis erkennen lässt, sich dort nicht bloß vorübergehend aufhalten zu wollen.

Das Vorbringen der Berufungswerberin ist letztlich über weite Bereiche nicht nachvollziebar. Unerfindlich ist, wenn die anwaltlich vertretene Berufungswerberin nicht einsehen zu können vermeint, dass quasi von einem Tag auf den anderen etwas nicht mehr erlaubt sein sollte. Hier verkennt sie offenbar das der gesamten Rechtsordnung inhärente Wesen von Fristen an sich.

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. § 64 Abs.5 KFG 1967 lautet:

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet ist zulässig, wenn seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist. § 79 Abs.3 bleibt unberührt. § 84 und § 86 Abs. 1a und Abs.2 zweiter Satz gelten sinngemäß.

Nach Ablauf eines Jahres, gerechnet ab der Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich, kommt ein Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einer ausländischen Lenkerberechtigung nicht mehr in Betracht (VwGH 23.2.1993, Zl. 92/11/0197 u.a.). Die Berufungswerberin vermochte wie oben dargelegt - nicht darzutun, dass sie sich ab ihrer polizeilichen Meldung in Österreich nicht auch hier aufgehalten hätte (VwGH 27.2.1992, 92/02/0035). Dem Kraftfahrgesetz ist nicht zu entnehmen, dass es etwa betreffend den Lauf der Frist auf die Legalität eines Aufenthaltes abstellte. Noch weniger könnte dem Gesetzgeber zugesonnen werden, dass sich etwa bei einem - aus welchen Gründen immer - nicht legalisierten Aufenthalt diese Frist verlängern sollte.

4.1.1. Nach § 1 Abs.1 MeldeG ist, wer in einer Wohnung oder in einem Beherbergungsbetrieb Unterkunft nimmt oder eine solche Unterkunft aufgibt, zu melden.

Eine Unterkunftnahme und eine damit (auch) einhergehende Wohnsitzbegründung wird daher überall dort anzunehmen sein, wo Räume von einer oder mehreren Personen zur Befriedigung eines, wenn auch nur vorübergehenden Wohnbedürfnisses (nämlich sich darin aufzuhalten, dort zu nächtigen, seine Sachen zu verwahren und hievon andere grundsätzlich auszuschließen), benützt werden. Ob überhaupt ein, bzw. welcher Rechtstitel hiefür besteht, ist für den Begriff der Unterkunft nicht rechtserheblich (öst. Recht; Kurzkommentar zum MeldeG).

4.1.2. Auch allfällige vorübergehende Aufenthalte im Ausland - von solchen war hier mangels diesbezüglicher Behauptungen ohnedies nicht auszugehen gewesen - würde den Lauf der Jahresfrist nicht unterbrechen (VwGH 27.1.1975, ZVR 1975/251; 30.10.1981, ZVR 1983/5).

Die Berufungswerberin hat, wie ebenfalls oben schon dargelegt, ab 8. Mai 1995 einen Wohnsitz im Inland unterhalten.

Der Erstbehörde ist daher in ihrer Rechtsansicht im Ergebnis vollinhaltlich beizupflichten.

4.2. Nicht geteilt vermag jedoch die Auffassung werden, dass hier ein grober Verstoß gegen kraftfahrrechtliche Vorschriften vorliegt; bei einer "bloßen" Fristüberschreitung geht es typischer Weise nicht um die Infragestellung der fachlichen Befähigung ein Kraftfahrzeug zu lenken und die Verkehrsvorschriften einzuhalten an sich, sondern um das nutzlose Verstreichenlassen einer Frist und damit eintretender Rechtsfolgen (vgl. VwGH 4.5.1994, Zl. 94/18/0093).

4.3. § 21 Abs.1 VStG lautet:

Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Hier trifft nach h. Rechtsansicht für die Anwendung dieser Gesetzesbestimmung keine der beiden (kumulativ vorzuliegen habenden) Voraussetzungen zu.

Einerseits muß von einem in Österreich Aufenhalt nehmenden Fremden erwartet werden können, dass er sich mit spezifischen Rechtsvorschriften seines Aufenthaltsstaates vertraut macht und rechtzeitig entsprechende Erkundigungen einholt. Andererseits ist es ein nicht bloß unbedeutendes Regelungsziel eines Staates festzulegen, dass ein Fahrzeuglenker innerhalb eines Jahres sich um die Ausstellung einer österreichischen Lenkerberechtigung zu kümmern hat.

5. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

5.1. Wenn die Erstbehörde eine Geldstrafe verhängt hat, welche im untersten Bereich des gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens liegt, so kann dieser Strafe selbst dann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn die Berufungswerberin über ein noch geringeres Einkommen als von der Erstbehörde angenommen verfügen würde. Auch die h.

nicht als groben Verstoß vorgenommene Wertung, vermag an der festgesetzen Strafe keine Änderung herbeizuführen.

Immerhin scheint zumindest diese Strafe erforderlich um der Berufungswerberin den Unrechtsgehalt der Übertretung ausreichend vor Augen zu führen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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